1
Nach dem langen Regen
humpeln Frauen den Berg herab.
Einige klammern sich
auf den Rücken von Bauern.
Sie sind so alt,
dass ich glaube,
sie stiegen als Mädchen hinauf
und kommen als alte Weiber
an diesem Morgen mir entgegen,
um ins Grab zu steigen.
2
Versiegte Quelle
neben dem Bergpfad.
Eine Bauersfrau
zündet Räucherstäbchen an
und trinkt dankbar
von meinem Wasser.
Kinderhände –
gelb, blau oder schwarz bemalt
flattern als Schmetterlinge vorbei.
Aber die Sonne lastet
schwer auf meinem Rücken.
Wird mich der Kuli
mit zwei vollen Wassereimern
noch überholen?
3
Auf einer Bergspitze -
Zweitausend Meter hoch
neben einem schlichten Tempelchen
in den letzten Sonnenstrahlen
sitzen und
sich die Fußnägel schneiden.
Das ist Annehmlichkeit.
4
Abends verkriecht sich die Sonne
hinter Gewitterwolken
tröstet mit farbigen Seidentüchern.
Der Sonnenaufgang gestern
fand erst nach elf Uhr statt.
5
Heute singe ich
mein frühes Lied
Vor dem neuen roten Ball.
Während auf Hawaii
zum selben Moment
sich die Fischer vor
derselben Sonne verkriechen,
während in Chile
in diesem Moment
die Bauern ihr Tagwerk
müde beenden,
Lache ich, fluchen sie und
atmen die anderen auf.
6
Während das Rotschwänzchen
Wache hält
unter dem Türbalken,
kommen Spinnen, Mönche,
Tausendfüßler, Kleiber,
Bauersfrauen, Raben und
Schmetterlinge vorbei.
Jener Alte ist „ba shi sui“ –
achtzig Jahre alt,
wie er mir stolz sagt.
Er packt meine Hand
und zeigt mir in der Tempelhütte,
die meine Behausung ist,
selbstgemachte Kultgegenstände
und klopft sich dann heftig
auf seine Brust.
Die Geste verstehe ich,
seine wortreichen Erklärungen nicht.
Anmerkung:
Was noch keiner gedacht
und verstanden hat:
Unwissen der Menschheit.
Was einige begriffen, aber
andere weder gelernt
noch durchgedacht haben:
Unkenntnis der Individuen.
Unwissen ist ein Weltmeer
mit wenigen Inseln.
Dazwischen bewegt sich Religion
auf bunten Papierschiffchen.