Die Weltwirtschaft seit der Krise



  • Die ungleichen Wachstumsraten der Weltwirtschaft setzen sich fort. Der eigentliche „Motor“ der Weltwirtschaft, die entwickelten OECD-Länder, stottern und stolpern so vor sich hin. Der große Schwung in den „emerging markets“ ist geschwunden, aber nach wie vor wächst die kapitalistische Peripherie schneller als die Kernzone.


    Es dauert nur noch wenig, und das wirtschaftliche Gewicht des entwickelten Kapitalismus ist unter die 50-Prozent-Marke gerutscht.


    In der kapitalistischen Kernzone konzentrieren sich die Krisensymptome: private und öffentliche Überschuldung, geringe Investitionsneigung, Überalterung, Stagnation oder gar Rückgang beim Lebensstandard der Lohnabhängigen.


    Das Kapital flieht seit Jahren aus der Kernzone in die Peripherie, begleitet von einigen wohlhabenden Rentiers. Der Masse der Lohnabhängigen in den Metropolen ist dieser Ausweg aus der Krise verwehrt,
    meint Wal Buchenberg

  • Hallo Wal,


    gemäß dem folgenden Artikel im Handelsblatt wäre dein Vergleich nicht zutreffend.



    WENIG WACHSTUM FÜR ARME


    Gerade reiche Länder profitieren von Globalisierung - 24.03.2014, 10:32 Uhr


    Globalisierung nützt allen, sagt eine neue Studie. Allerdings nutzt sie Industrienationen viel stärker als ärmeren Länder. Unter dem Strich öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr.


    Gütersloh. Die Exportnation Deutschland gehört wie viele Industriestaaten einer Studie zufolge zu den größten Gewinnern der Globalisierung. Rechnerisch nütze die Globalisierung allen Ländern, überall wachse das Pro-Kopf-Einkommen, heißt es in der am Montag veröffentlichten Prognos-Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Allerdings wachsen die Industrienationen so schnell, dass sich der Abstand zu den Schwellen- und Entwicklungsländern noch vergrößert. ....


    Beste Grüße
    Kim

  • Hallo Kim,
    meinst du diesen Artikel? Handelsblatt
    Die Frage im Handelsblatt, "wem die Globalisierung nützt", ist schief gestellt. Die Kapitalisten handeln nirgends für den "allgemeinen Nutzen". Die Weltmarktkapitalisten ebenso wenig wie die lokalen Kapitalisten. Außerdem unterstellt diese Frage, dass man/die Kapitalisten die "Globalisierung" einfach lassen könnten. Das ist Unsinn.


    Den Lohnarbeitern in den kapitalistischen Metropolen "nützt" die Globalisierung jedenfalls nicht. Das ist allgemeine Erfahrung und das zeigen auch meine Daten.
    Dass die "Globalisierung" den Armen (wer genau ist damit gemeint?) in der dritten Welt nützt, kann und muss man in Zweifel ziehen. Etwas anders sieht es bei den Lohnarbeitern in der dritten Welt aus. Die haben durchaus materielle Vorteile durch den kapitalistischen Aufschwung in ihrem Land - ähnlich wie die Lohnarbeiter im Nachkriegsdeutschland der 50er Jahre.
    Du müsstest also genauer zeigen, wo der Handelsblattartikel meinen obigen Daten (und meiner Interpretation) widerspricht.


    Im übrigen: Ich mache die Daten, die ich als Grafik präsentiere nicht selbst. Sie entstammen aus keinen anderen Quellen als die auch vom Handelsblatt benutzt werden.


    Gruß Wal

  • Wal... noch immer auf der Jagd nach dem verlorenen Profitratenfall?
    Die Messung von "Wachstum" in Gestalt des BIP ist eine genuin staatliche, "volkswirtschaftliche" Betrachtungsweise - nicht zuletzt, weil die Berechnung des Steueraufkommens an dieser Grösse "Volkseinkommen" (dem "allgemeinen Nutzen", wie du es in deiner Antwort ansprichst) ansetzt.
    Die eigentlichen Akteure der kapitalistischen Produktionsweise orientieren sich an ganz anderen Erfolgs-Grössen (und dann kaum an denen von "Volkswirtschaften"), ein heisser Kandidat fürs erste wäre das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien, das langfristig irgendwo zwischen 15 und 30 pendelt - und dann schau dir mal die Aktienindices (spätestens auf dieser Basis) an. Da kommen ganz andre Wachstumszahlen raus.
    Wer sagt denn, dass stagnierende oder sinkende Reallöhne ein MISSerfolg sein sollen? Die sind doch das MITTEL der Reichtumsproduktion, nicht ZIEL. Was aber "real" bedeutet, ist ein weites Feld.
    Grundsätzlich gilt: Produktivität erhöhen heisst: Produkte verbilligen, Kaufkraft (aller möglichen Käufer: Unternehmen, "Verbraucher", öffentliche Hand) stärken. Hinter der BIP-Zahl steckt durchaus Ausweitung des Produktionsvolumens (und des Umsatzes) - bloss in immer geringerem Masse mit fortschreitender Produktivkraftentfaltung; denn dann nehmen die Verbilligungen zu. So wie die Reservearmee. Die Einkommen aus Kapitaleinkünften. Die Lebenserwartung. Und der (Staats)Reichtum, mit dem die wachsenden Nebenkosten für das alles zumimdest teilweise bezahlt werden sollen...
    Wenn es schon kein Zusammenbruchs-Szenario sein soll - dann ein Verarmungs- und Verfalls-Szenario? Warum bist du darauf (allem Anschein nach) so festgelegt - warum geht dein politisches Denken immer nur von dieser Prognose aus, und weiss sonst nicht weiter?


  • Wal... noch immer auf der Jagd nach dem verlorenen Profitratenfall?


    Hallo Franziska,
    welche Laus ist denn dir über die Leber gelaufen? Seit wann gehen wir uns gegenseitig mit pauschalen Unterstellungen an die Gurgel?
    Die oben gezeigte Grafik zeigt gerade wohin die Kapitalisten bei und vor dem ("verlorenen"??? - ich habe nichts verloren!) Niedergang der Profitrate ausweichen: Kapitalexport ist eine vorzügliche Methode, um den Profitratenfall an einem oder zwei Standorten zu kompensieren.


    Die Messung von "Wachstum" in Gestalt des BIP ist eine genuin staatliche, "volkswirtschaftliche" Betrachtungsweise - nicht zuletzt, weil die Berechnung des Steueraufkommens an dieser Grösse "Volkseinkommen" (dem "allgemeinen Nutzen", wie du es in deiner Antwort ansprichst) ansetzt.
    Die eigentlichen Akteure der kapitalistischen Produktionsweise orientieren sich an ganz anderen Erfolgs-Grössen ...


    Das mag durchaus sein. Bei anderer Gelegenheit kann ich ja mal auf fiktive Börsengewinne eingehen.
    Wenn wir aber davon ausgehen, dass Wirtschaftswachstum nicht nur das Versprechen, sondern auch der innere Zwang des Kapitalismus ist, dann gibt halt die Wachstumsrate einer Volkswirtschaft einen - wenn auch groben - Anhaltspunkt, wie es um den Kapitalismus in einem Land steht.
    Für dich ist das BIP uninteressant. Okay, das kann ich akzeptieren.
    Dass das BIP oder BSP für andere Leute interessant ist, beweist diese Meldung des Spiegel.
    Der Spiegel meldete: „Bislang zählten Bereiche der Schattenwirtschaft wie Rauschgifthandel und Tabakschmuggel nicht zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands. Das wird sich aber bald ändern. Künftig werden auch diese illegalen Geschäfte in die Berechnungen des Statistischen Bundesamts aufgenommen. ...
    Die Folge: Das BIP, das den Wert aller innerhalb eines Jahres hergestellten Waren und Dienstleistungen misst, werde so im Vergleich zur bisherigen Berechnungsmethode zulegen ....“

    Ja, in den Kernzonen steckt einige "staatliche Luft" in diesen Wachstumszahlen und auch anderswo werden solche Zahlen gerne "verbessert".
    Mit solchen "Feinheiten" gebe ich mich aber nicht ab. Ich nehme die Zahlen, wie sie von offizieller und einigermaßen seriöser Quelle kommen.
    Oder besser: Ich nehme und kommentiere die Zahlen, die alle verstehen, und die allgemein bekannt sind.
    Wenn du meinst, das bringt nix, müsstest du an der Sache selbst aufzeigen, dass ich etwa falsche Schlussfolgerungen aus den hier präsentierten Zahlen ziehe.


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    Wenn es schon kein Zusammenbruchs-Szenario sein soll - dann ein Verarmungs- und Verfalls-Szenario? Warum bist du darauf (allem Anschein nach) so festgelegt - warum geht dein politisches Denken immer nur von dieser Prognose aus, und weiss sonst nicht weiter?


    Erst pauschale Unterstellungen, hier auch noch üble Nachrede. Von einer sachbezogenen Antwort ist das weit entfernt. Das ist nicht der Diskussionsstil, der hier üblich ist und den du bisher hier gezeigt hast. Wird das eine Abschiedsvorstellung? ?(


    Gruß Wal

  • Nein Wal, an deine Gurgel will ich bestimmt nicht, was soll ich da - was ich sage, bezieht sich durchaus streng auf die Sachverhalte, die du ansprichst. Es sind da in der Tat zwei sehr grundsätzliche Anfragen an dich:
    In der einen geht es darum, was für ein "Erfolgsmass" das BIP denn darstellt, und was man daraus tatsächlich ablesen kann. Haben wir nicht schon bei Marx gelernt, dass die Selbstdarstellung kapitalistischen Wirtschaftens mit Vorsicht zu geniessen ist? Und das garnicht mal immer nur wegen einer jederzeit unterstellbaren absichtlichen Irreführung der Öffentlichkeit - viele Täuschungen wurden doch schon als Selbsttäuschung entarnt.
    Zum andern geht es um die Frage, welchen Stellenwert deine hartnäckig verfolgten Recherchen und deren Aufbereitung hier für uns im Rahmen unserer Titel-Fragestellung haben: was ist deine Arbeitshypothese? Wenn ich sie hier ein bisschen zugespitzt zu benennen versuche, dann geschieht das auch ein wenig aus Verzweiflung: Einsam gehst du deinen Weg, und die Strecke der Froschgrafiken und Thesen wird länger. Aber wieso ist es wichtiger und besser, DIESE Datenlagen ins Auge zu fassen, als zB Nationalismus, oder Religion, oder die Finanzkrise oder... ich will sagen: Man kann Themen sowohl inhaltlich behandeln, als auch hinsichtlich ihrer Wichtigkeit-für... Und bei uns hier gibts ja eine klare Vorgabe, wofür die Diskussion gut sein soll. Diese Verbindung zur Lohnabhängigen-Emanzipation kann ich aber derzeit nur erraten - sie wurde früher, etwas expliziter, durchaus schon vorgetragen, und da - wenn ich mich recht entsinne - als Verarmung der Kommunen im Sinne der untersten Ebene des Staatsaufbaus (aber auch, eignes Thema!, hypothtetische Versorgungseinheit...wir denken da etwa mit Marx an die französische Stadt des 19.Jahrhunderts...). An einer solchen Entwicklung wollte, wenn ich es nicht ganz falsch in Erinnerung habe, das Bochumer Programm anknüpfen. Das Bindeglied müsste dann wohl eine Prämisse der Form sein: Eine Existenzkrise der Stadtgemeinden und der Lebensmöglichkeiten von Menschen in solchen Gemeinden ist oder könnte sein eine GÜNSTIGE Bedingung, wenn nicht ein Zwang, durch den sie in Richtung einer Aneignung der lokalen Produktion und Lebensmittelversorgung usw gedrängt werden - vor allem, wenn diese Existenzkrise auch noch mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und hoher Lohnarbeitslosigkeit einhergeht.
    ((Im letzten SZ-Magazin stand eine auf Langzeit-Recherchen im Banker-Milieu beruhende (so beteuern die Autoren, Hagelüken ist einer der wichtigsten Wirtschaftsredakteure dort), man muss sagen: Illustration einer Vor-Horror-Krisenlage. Die endet mit einem Kurzausflug in den Europawahlkampd eines FPÖ-Kandidaten und insinuiert: Wehe wehe, noch so eine Krise (un die kommt, und was für eine! so die Autoren..), und die EU als ganze fällt den Rechtspopulisten in die Hände... Insinuiert, legt es nahe... aufgrund von Prämissen, die offenbar einfach als geteilt unterstellt werden...))
    Wal, schau, es gibt doch ein viel einfacheres Argument, warum nach höheren Wachstumraten es so nicht weitergehen kann, und das hat zu tun mit den Verhältnissen von Gütermengen bzw. Ausstattung von Haushalten und Betrieben mit ihnen, und der schieren ZAHL zu versorgender Betriebe und Haushalte, die nicht mitwächst. Es ist leicht, und geschieht natürlich auch ständig, eine bestehende erfolgreiche Produktionslinie auszuweiten - sie WÄCHST. Dieses quantitative Wachstum wird vor allem im BIP als Grössenänderung dargestellt. Innovation und speziell Produktivitätssteigerung - was wesentlich die sog. Wettbewerbsfähigkeit ausmacht - ist in Grössen eines Preisvolumens nicht erfassbar. Bei Rankings der wettbewerbsfähigsten Industriestaaten wie zb diesem liegen keineswegs die Staaten mit den Spitzen-BIPs vorne.
    ((Das ist sicher lang nicht alles, was man zur Indikatorfunktion des BIP oder auch Zweifeln daran sagen kann. Aber es genügt vielleicht, um die Signifikanz des BIP für die Anzeige von Profitraten infragezustellen. Und bitte, Wal - dies ist kein generelles Herumnörgeln an Statistik und empirischen Daten, sondern eine spezifizierte Anfrage hinsichtlich einer spezifischen Anzeigefunktion eines bestimmten Indikators.))
    Was meine generellen Absichten hier angeht, so muss ich sagen, dass eine Ausdrucksweise wie "Wal hat eine Agenda, und franziska hat eine" usw mir mittlerweile irreführend erscheint, soweit es dabei um mich geht. Ich komme hier selbstverständlich wie alle andern herein mit einer Reihe Arbeitshypothesen, Aufmerksamkeitsorientierungen, Relevanzkriterien. Aber ich komme eben darum damit hier herein, um dann Fortschritte zu machen, produktive Hinweise und vor allem Korrekturen zu bekommen. Ich mache nicht gerne Fehler. Darum haben meine "Einwände" grundsätzlich Anfrage-Charakter, so wie auch meine Thesen. Mir geht es NICHT um Behaupten, Durchsetzen, Geltendmachen und in Geltung-Versetzen eines bestimmten Inhalts. Mir geht es um Klärung, und KANN es garnicht um andres gehen. Denn... du hast mich pessimistisch genannt, Wal. Tatsächlich aber bin ich verzweifelt und deprimiert über das Ausmass meiner, und, wie mir zu meinem grossen Schrecken immer deutlicher wird, auch aller anderen Leute Verwirrung und Unklarheit bei beinah allen existenziellen Themen, von denen unser Leben abhängt. Für Hauen und Stechen hab ich da sowieso keine Kraft übrig, und auch kein Motiv.

  • Nein Wal, an deine Gurgel will ich bestimmt nicht ...


    Hallo Franziska,
    eine Entschuldigung ist das nicht. Daher bleibt es ein denkbar schlechter Einstieg, um über "grundsätzliche Anfragen" zu diskutieren.

    Es sind da in der Tat zwei sehr grundsätzliche Anfragen an dich:
    In der einen geht es darum, was für ein "Erfolgsmass" das BIP denn darstellt, und was man daraus tatsächlich ablesen kann.


    Dazu habe ich mich schon geäußert. Ich nehme die Zahlen und Daten, die da sind und die alle kennen, und kommentiere sie. Wenn ich sie falsch kommentiere, dann bitte ich um sachliche und konkrete Kritik.
    Du verwendest in deinen Beiträgen grundsätzlich (?) keine Zahlen und Daten, das ist eine andere Herangehensweise an die Wirklichkeit.
    Zum konkreten Sachverhalt (Anteile der Peripherie und der Kernzone an der Weltwirtschaft) wolltest du dich (bis jetzt) nicht äußern. Relevant ist diese Frage dann, wenn es um die Standortbestimmung des Kapitalismus geht. Viele Linken glauben, der Kapitalismus befinde sich insgesamt in einer "finalen Krise". Ich denke, diese Vorstellung ist falsch. Ich glaube, der Kapitalismus in der Kernzone befindet sich in der Krise, aber global gesehen ist für die Kapitalistenklasse alles im grünen Bereich. Das Kapital verfügt über Auswege, die den Lohnabhängigen versperrt sind.
    Es hilft also nichts, wenn Linke "die Massen" mit Krisenpanik aufrütteln wollen. Das geht an der Wirklichkeit vorbei.
    Im übrigen wünschte ich mir, wir hätten mehr und bessere Zahlen und Daten, zum Beispiel über den Input und Output einer Kommune oder die internen betriebswirtschaftlichen Daten eines Industriebetriebes.
    Wenn ich diese Daten bekomme, werde ich sie hier im Forum vorstellen.

    Zum andern geht es um die Frage, welchen Stellenwert deine hartnäckig verfolgten Recherchen und deren Aufbereitung hier für uns im Rahmen unserer Titel-Fragestellung haben: was ist deine Arbeitshypothese?


    Solche "grundsätzlichen" Fragen an die Person und über die Person gehören nicht hierher. Wir diskutieren im Marx-Forum nicht über Personen und ihre Grundüberzeugungen, sondern über Sachverhalte. Du kannst versichert sein: Ich weiß was ich tue und ich weiß, warum ich es tue. Aber ich bin dir und aller Welt, die hier mitliest darüber keine Rechenschaft schuldig. Wir befassen uns hier mit Sachverhalten, nicht mit persönlichen Einstellungen und Vorlieben.
    Im übrigen kommt es auf meine "Absicht" gar nicht an, es zählt allein das Ergebnis. Ich stelle alle meine Gedanken über unsere Welt hier ins Forum. Was meine politischen Vorstellungen angeht, bin ich vollständig durchsichtig, ein gläsernerer Mensch. Dahinter ist nichts verborgen. Daher gibt es mit mir auch nichts politisch zu diskutieren, außer den Thesen und Gedanken, die ich hier veröffentliche.


    Was meine generellen Absichten hier angeht, so muss ich sagen, dass eine Ausdrucksweise wie "Wal hat eine Agenda, und franziska hat eine" usw mir mittlerweile irreführend erscheint, soweit es dabei um mich geht.


    Das sehe ich ganz anders. Das Marx-Forum ist ein strömungsübergreifendes Forum, kein Organ mit einer einheitlichen Agenda.
    Kein Linker allein und keine linke Strömung kann mehr von sich glauben oder behaupten, dass sie "die Klasse" oder "die Emanzipationsbewegungen" insgesamt repräsentiert und vertritt. Jeder einzelne Linke vertritt irgendwo einen wichtigen Aspekt der Emanzipation und schleppt andererseits eine Menge historischen oder auch zeitgenössischen Schrott mit sich herum.
    Allenfalls als Kooperation der Verschiedenen kann die Linke was bewegen. Dazu gehört eben auch, dass man die Verschiedenheit aushält. "Strömungsübergreifend" und "einheitlich" sind Gegensätze, die sich ausschließen. Es geht nur das eine oder das andere.


    Liebe Franziska, ich halte deine Verschiedenheit (unbekannterweise) aus, und hoffe und erwarte, dass du auch meine Verschiedenheit aushältst. Wir beide sollten die Verschiedenenheit von allen anderen Diskussionsteilnehmern hier aushalten.
    Notwendigerweise bleiben dann "grundsätzliche Anfragen" an die Grundüberzeugung des Anderen unbeantwortet. Notwendigerweise bleiben dann auch mal Äußerungen und Statements unverstanden. Nochmals: Die Personen und Persönlichkeiten sind nicht Thema. Wo sie zum Thema werden, läuft was verkehrt. Wenn wir uns gegenseitig mit "grundsätzlichen Anfragen" bombardieren, dann wird unsere Verschiedenheit schnell unerträglich.


    Robert Schlosser versuchte in diesem Forum eine bestimmte ("Marx-im-Original") Richtung durchzusetzen und wollte mit seinem "einheitlichen" Anspruch dich, Franziska, aus dem Marx-Forum vertreiben, weil du die Theorie von Marx kritisch siehst oder gar ablehnst. Damals hatte ich dich, deine Verschiedenheit und deine "eigene Agenda" gegen den Anspruch der "Einheitlichkeit" verteidigt, sogar um den sehr hohen Preis, dass Robert das Marx-Forum verlassen hat. Politisch steht mir Robert sehr viel näher als Du, aber ich bin überzeugt, dass "politische Einheitlichkeit" eine Sackgasse ist. (Ich hoffe immer noch, Robert hat das Einsehen, dass deine und andere nichtmarxistischen Ansichten ihm und seinen Zielen nicht im Wege stehen, und meldet sich hier wieder zu Wort.)


    Kurz vor dem Jahreswechsel wolltest du und Kim B. eine "einheitliche Agenda" in diesem Forum etablieren - so stellte sich der Sachverhalt wenigstens für mich dar. Das führte beinahe zur Sprengung des Forums. Das war ein Desaster.
    Soll dies nun einen neuer Versuch werden, diesem Forum eine "gemeinsame" oder "einheitliche" Agenda überzustülpen? Ich hoffe nicht.
    Gruß Wal


    P.S. Falls du das Reiz-Thema "einheitliche Agenda" trotz alledem weiter diskutieren willst, dann am besten intern mit den Moderatoren, oder wenigstens in einem eigenen Thread im Forum "Sonstiges", nicht in dem Forum "Kapitalkritik". Da gehört es nicht hin.

  • Hallo Wal,


    die widersprüchlichen Aussagen gemäß der von dir veröffentlichten Graphik und dem von mir angespochenen Text im Handelsblatt ergeben sich wohl daraus, dass die einen (Graphik) mit relativen und die andern (Text) mit absoluten Zahlen arbeiten. Tatsächlich ist es so, dass wegen der unterschiedlichen stark differierenden Ausgangswerte (BIP, BNE, Löhne) bei den Länder mit sehr niedrigen Werten trotz höhere Raten die Deltas (Zuwachsraten der Raten) anfänglich niedriger liegen können als bei den Ländern mit hohen Werten und niedrigen Raten. Schematisch gesehen würden die Deltas der Länder mit sehr niedrigen Werten langfristig aber höher sein als die der Länder mit hohen Werten, und (erst sehr viel später) würden jene diese Länder irgendwann überholen.


    Kurz: Schematisch gesehen träfen deine Schlussfolgerungen zu. Ob es allerdings so kommt ist eine andere Frage. Dazu reicht eine Graphik als Beweis nicht aus.


    „Das Kapital flieht seit Jahren aus der Kernzone in die Peripherie,“


    Diese Aussage ist mW verkehrt. Die USA z.B. sind (tendenziell) mit Abstand der größte Nettokapitalimporteur, während das bei China umgekehrt gilt.


    "Ich glaube, der Kapitalismus in der Kernzone befindet sich in der Krise, aber global gesehen ist für die Kapitalistenklasse alles im grünen Bereich.“


    Ich halte es für falsch zu schließen, weil es den Lohnarbeitern in den kapitalistisch entwickelten Ländern immer mehr an den Kragen geht, auch der Kapitalismus befände sich dort in der Krise. Das zeigt gerade Deutschland mit seiner Agenda 2010, die auf Kosten der Lohnarbeiter der hiesigen Kapitalistenklasse äußerst ertragreiche Geschäfte auch im eigenen Land beschert. (während andererseits das soziale Elend eher zunimmt).


    „Kurz vor dem Jahreswechsel wolltest du und Kim B. eine "einheitliche Agenda" in diesem Forum etablieren“


    ?? Ich war für freie Diskussion für alle, die sich an unsere Diskussionsprinzipien halten, z. B. auch dafür, dass Neoprene in diesem Forum diskutiert. Ich war dafür, dass man Diskussionen nicht zu sehr mit Sperrungen und Rausschmiss gängelt. Das war’s im Kern aber auch. Und das ist doch wohl eher „strömungsübergreifend“ als „einheitlich“.


    Beste Grüße
    Kim

  • Hallo Wal,


    die widersprüchlichen Aussagen gemäß der von dir veröffentlichten Graphik und dem von mir angespochenen Text im Handelsblatt ergeben sich wohl daraus, dass die einen (Graphik) mit relativen und die andern (Text) mit absoluten Zahlen arbeiten. Tatsächlich ist es so, dass wegen der unterschiedlichen stark differierenden Ausgangswerte (BIP, BNE, Löhne) bei den Länder mit sehr niedrigen Werten trotz höhere Raten die Deltas (Zuwachsraten der Raten) anfänglich niedriger liegen können als bei den Ländern mit hohen Werten und niedrigen Raten. Schematisch gesehen würden die Deltas der Länder mit sehr niedrigen Werten langfristig aber höher sein als die der Länder mit hohen Werten, und (erst sehr viel später) würden jene diese Länder irgendwann überholen.
    Kurz: Schematisch gesehen träfen deine Schlussfolgerungen zu. Ob es allerdings so kommt ist eine andere Frage. Dazu reicht eine Graphik als Beweis nicht aus.


    Hallo Kim,
    da bin ich ganz bei dir! :thumbsup:




    „Das Kapital flieht seit Jahren aus der Kernzone in die Peripherie,“
    Diese Aussage ist mW verkehrt. Die USA z.B. sind (tendenziell) mit Abstand der größte Nettokapitalimporteur, während das bei China umgekehrt gilt.


    Ja, da muss ich meine pauschale Aussage präzisieren. Ich machte diese Aussage im Zusammenhang mit der Herausbildung einer globalen Durchschnittsprofitrate (die es zu Marx Zeiten so nicht gab.) Für diese globale Profitrate spielen Ankäufe von US-Staatsanleihen keine entscheidende Rolle. Das sind eher Gelder, die "geparkt" sind, nicht Gelder, die in den Kapitalkreislauf zurückwandern.
    Eine Übersicht in Summe sieht so aus:



    Um der Sache auf den Grund zu gehen, müsste man den Wegen der verschiedenen Geldströme nachgehen.



    Ich halte es für falsch zu schließen, weil es den Lohnarbeitern in den kapitalistisch entwickelten Ländern immer mehr an den Kragen geht, auch der Kapitalismus befände sich dort in der Krise. Das zeigt gerade Deutschland mit seiner Agenda 2010, die auf Kosten der Lohnarbeiter der hiesigen Kapitalistenklasse äußerst ertragreiche Geschäfte auch im eigenen Land beschert. (während andererseits das soziale Elend eher zunimmt).


    Das sehe ich etwas anders. Ich denke, ohne Krisendruck denken sich die Kapitalisten keine Grausamkeiten für die Lohnarbeiter aus. Kapitalisten sind nicht von Natur aus "grausam". Sofern ihr Profit genug Spielraum lässt, konkurrieren sie gerne mit "Zucker für ihre Lohnarbeiter".
    Grausamkeiten wie HartzIV sind meines Erachtens deutliche Indikatoren für eine Verwertungskrise des Kapitals. Nicht umsonst werden sie den südeuropäischen Krisenländern als "Medizin" angepriesen.


    „Kurz vor dem Jahreswechsel wolltest du und Kim B. eine "einheitliche Agenda" in diesem Forum etablieren“


    Das hast du verkürzt dargestellt. Da fehlt meine Einschränkung: "so stellte sich der Sachverhalt wenigstens für mich dar."
    Um so besser, dass ich mich damals getäuscht hatte. :thumbsup:


    Gruß Wal

  • Wal: „Das Kapital flieht seit Jahren aus der Kernzone in die Peripherie,“


    Kim B.: „Diese Aussage ist mW verkehrt. Die USA z.B. sind (tendenziell) mit Abstand der größte Nettokapitalimporteur, während das bei China umgekehrt gilt.“


    Wal: „Ja, da muss ich meine pauschale Aussage präzisieren. Ich machte diese Aussage im Zusammenhang mit der Herausbildung einer globalen Durchschnittsprofitrate (die es zu Marx Zeiten so nicht gab.) Für diese globale Profitrate spielen Ankäufe von US-Staatsanleihen keine entscheidende Rolle. Das sind eher Gelder, die "geparkt" sind, nicht Gelder, die in den Kapitalkreislauf zurückwandern.“


    Hallo Wal,


    wenn heimisches Kapital im Ausland produktiv angelegt wird, dann mit dem Zweck, das (heimische) Kapital zu vergrößern. Das (heimische) produktive Kapital geht also dort hin, wo sich gute Standortverhältnisse (Infrastukur, Besteuerung, Ausbildung etc.) bieten, um von dort den Mehrwert zu retransferieren. Das ist inzwischen in einigen Ländern in Asien der Fall geworden.


    Die Standorte in den entwickelten kap. Ländern sind aber weiterhin für das produktive Kapital interessant. In Deutschland ist 2011 das Verhältnis des ausländischen Direktinvestitionenbestandes (Prod.Kapital) zu dem Direktinvestitionenbestand im Ausland: 741 Milliarden zu 1097 Milliarden (BuBa; Bestandserhebung deutscher Direktinvestitionen) also 2 zu 3, wobei diese Verhältnis in den letzten beiden Jahren etwa gleich geblieben ist. Von einer Kapital f l u c h t in die Peripherie kann aus dieser Sicht nicht die Rede sein.


    Ich würde also eher sagen, dass eine Umstrukturierung des weltweiten Reproduktionsprozesses stattgefunden hat, bei der gewisse Teile der Industrieproduktion (z.B. Textilproduktion) oder Massenfertigung für Zulieferung von den Kernländern in die Peripherie verlagert wurden, während sich die Industrie in den kap. Kernländer auf "hochwertige" und spezialisierte Produktion konzentriert hat bzw. hier neue Billiglohnsektoren vor allem im Dienstleistungsbereich neu kreiert wurden.


    Beste Grüße
    Kim

  • Hallo Kim,
    ja das sind gewichtige Einwände. Und den Ausdruck "Kapitalflucht" nehme ich zurück, der Begriff ist zu "zugespitzt".


    Ich werde in den kommenden Tagen noch einige Daten und Thesen zum Verhältnis Kernzonen - Peripherie nachliefern, die meine These stützen, dass sich diese Kräfteverhältnisse grundlegend ändern.
    Ich gehe davon aus, dass du dann noch mehr Anlass findest, mir zu widersprechen :thumbup:


    Gruß Wal

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