Was ist Ausbeutung?

Ausbeutung kann man nicht mit den Augen sehen und nicht mit Händen greifen. Dennoch gibt das Foto vom Rammelsberg bei Goslar einen guten Eindruck, was Ausbeutung ist.

Bevor das Bergwerk Rammelsberg im Jahr 1988 seinen Betrieb einstellte, wurden dort 1000 Jahre lang ununterbrochen Erze abgebaut. Zunächst Kupfer, dann Silber, zuletzt Zink und Blei. Nach Schätzungen der PreussagAG Metall, der letzten Eigentümerin, haben die Goslarer Bergleute aus dem Rammelsberg im Laufe dieser 10 Jahrhunderte 27 Millionen Tonnen Erz herausgeholt.
Nach meiner Rechnung (zur Rechnungsweise siehe die Tabelle unten) entspricht das in heutigen Preisen einem Wert von rund 920 Milliarden Euro.

Wo ist dieser Reichtum des Rammelsbergs von knapp einer Billion Euro abgeblieben?
Weder am Bergwerk selbst noch in seinem Umkreis bis in die Stadt Goslar sind Anzeichen von Reichtum oder Luxus zu sehen. Die Fabrikgebäude und Anlagen, die wir heute sehen, stammen überwiegend noch aus der Hitlerzeit.

Haben die Erze des Rammelsbergs den Bergleuten Reichtum gebracht? Immerhin gehörten in früherer Zeit Bergleute zu den bestbezahlten Lohnabhängigen – vergleichbar heutigen Ingenieuren oder Informatikern.
Wie die Bergleute und Hüttenarbeiter gelebt haben, sieht man noch an der Goslarer Bebauung aus dem 17. Jahrhundert. Es sind kleine, windschiefe Fachwerkhäuschen – für die damaligen Verhältnisse sicherlich ein bescheidener Wohlstand, jedenfalls kein Reichtum.

Wo also ist der metallene Reichtum aus dem Rammelsberg geblieben?
Das werden wir nicht mehr erfahren. Mit dem Silber vom Rammelsberg haben mittelalterliche Könige ihre Staatskosten bestritten und neuzeitliche Fürsten Schlösser gebaut. Mit diesem Reichtum hat die Kirche jahrhundertelang Bischöfe bezahlt und Kathedralen errichtet. Mit den Erzen des Rammelsbergs hat Hitler seine Armeen aufgerüstet und Eroberungskriege finanziert.

Für die Arbeit der Bergleute und Hüttenarbeiter von Goslar gilt das Gleiche wie für heutige Lohnarbeiter: Lohnarbeit macht andere reich, nicht die Lohnabhängigen.
Die Lohnabhängigen erhalten von ihrem eigenen Arbeitsprodukt einen Teil, der mehr oder minder für ihren Lebensunterhalt reicht. Das ist der sogenannte „Lohn- oder Arbeitsfonds“.
Der andere Teil ihres Arbeitsprodukts fällt als Profit, Zins, Handelsgewinn und Grundrente an die Herrschaften, denen der Berg oder die Produktionsmittel gehören, die die Lohnarbeit beaufsichtigen, die das Arbeitsprodukt weiterverkaufen und die für all diese Geschäfte Kredite vergeben.
Wal Buchenberg, 11.01.2016

Anhang meine Rechenweise: