Macht durch Allwissenheit?

  • Die FAZ enragiert sich: "Edward Snowden hat den Schleier ein wenig gelüftet, und wir erblicken die jüngste Inkarnation eines uralten Traums: totale Macht durch Allwissenheit."
    Totale Macht durch Allwissenheit ist totaler Blödsinn. Wer alles weiß, der hat noch längst nicht die Mittel, dem, was er da weiß, seinen eigenen WIllen entgegenzusetzen. Die Unternehmenscontroller zum Beispiel wissen so gut wie alles über ihr Unternehmen - jedenfalls viel mehr als ihre Chefs. Was Chefs als "Managementpräsentation" aufgetischt werden, ist meist nur eine dünne Suppe all der Informationen, die ein Controller kennt. Gibt das den Controllern Macht? Überhaupt nicht.
    Oder noch genauer nachgefragt: Dieser Edward Snowden wusste lange Zeit über die Abhörpraktiken der britischen und amerikanischen Geheimdienste Bescheid. Gab ihm das die Macht, diese Praktiken zu stoppen? Keineswegs!
    Und weiter: Nun ist die Weltöffentlichkeit über diese Abhörpraktiken informiert. Gibt dieses Wissen der Weltöffentlichkeit die Macht, irgendetwas gegen das Abhören im Netz zu tun? Keineswegs.
    Dieser alte Slogan "Wissen ist Macht" ist falsch. Macht kommt nicht durch Wissen, sondern durch Machtmittel ökonomischer und politischer Art. An Wissen hat uns die herrschende Klasse wenig voraus,
    meint Wal

    Ich schaue mit Optimismus in die Zukunft, auch wenn sie ohne mich stattfindet.

Kommentare 3

  • Hallo Franziska,
    Ich denke nicht, dass aus meinem Text ablesbar ist, dass ich mir über die Weltöffentlichkeit Illusionen mache, aber ich denke, dass überall in der Welt mit mehr Interesse verfolgt wird, was dieser Snowdon macht, als das, was z.b. eine Frau Merkel macht.
    Gruß Wal
  • Ich weiss nicht, ob die Illusion nicht noch schlimmer ist: dass "(Welt)Öffentlichkeit" irgendwie drauf rausläuft: ALLE wissen, hinreichend viele wissen, machen sich den gleichen Reim drauf, sind aufs selbe aufmerksam.
    Wenn es wirklich so wäre... dann wär der andre Spruch nämlich erheblich wahrer. Ich fürchte, die Öffentlichkeits-Illusion ist die eigentliche.
  • Edward Snowden ist in zweierlei Hinsicht eine tragische Figur.

    1. Ob seine Enthüllungen der beherrschten Klasse nutzt, erscheint mir ungewiss. Einerseits können Illusionen über den demokratischen Charakter westlicher Nationen zerstört werden, andererseits können diese Enthüllungen einen einschüchternden Effekt haben.

    2. Das "Weltproletariat" kann zur Zeit seine körperliche und geistige Intergrität de facto nicht sicherstellen. Daher ist E.S. auf konkurrierende Nationalstaaten angewiesen. Dass diese Nationalstaaten ein hohes Interesse an E.S.s Expertise haben, erscheint mir gewiss.