Rechter Diebstahl linker Themen

  • Linke jammern gerne darüber, dass Rechte ihnen die Themen und die Methoden „stehlen“. Weder ist das neu noch vermeidbar.

    Gehen wir in die Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung zurück: Damals entwickelte sich eine „katholische Arbeiterbewegung“, von der Gert Zang (Der katholische Arbeiterverein, 1987) schreibt: „Die zahlreicher werdenden Aktivitäten waren nicht zuletzt eine Reaktion auf das sprunghafte Anwachsen der SPD und der Gewerkschaften“.


    Ein Beispiel für diese reaktionäre Aktivitäten ist der katholische Arbeiterverein in Singen, der 1896 aus der Taufe gehoben wurde. Zum religiösen Leiter wurde ein Pfaffe gewählt und zu seinem weltlichen Vorsitzenden ein Schreinermeister (!). Aber das breite Tätigkeitsfeld des Vereins ist schon beeindruckend: „Neben der religiösen und sozialen Bildungsarbeit (!) und der Pflege des gesellschaftlichen Lebens sollte der Verein auch ein praktische Hilfe in den Existenzfragen des Arbeiters sein“ (Gert Zang). „Deshalb wurde Ackergelände gekauft und den Vereinsmitgliedern für Gemüsegärten zu günstigem Pachtzins zur Verfügung gestellt. ... Gleichzeitig wurde den Mitgliedern die Möglichkeit zu verbilligtem Warenbezug geboten, und es wurden eine Krankengeldzuschusskasse, eine Lebensversicherungs- und Sterbekasse, eine Pfennigsparkasse sowie eine Kinder- und Vereinssparkasse gebildet. Aus der Warenversorgung entstand die sogenannte ‚Wohlfahrt‘ mit einem eigenen Ladengeschäft.“ (Herbert Berner, Singener Stadtgeschichte 2, 1990)


    Vermeidbar ist der reaktionäre Diebstahl linker Selbstverwaltungsstrukturen nicht. Schlimmer wirkte sich aus, dass die Selbstverwaltungsstrukturen der Arbeiterbewegung nicht vor den Reaktionären, aber vor der Staatsmacht kapitulierten. Was Bismarck begann - die "Verstaatlichung der Arbeiterbewegung", hatte Hitler vollendet. Deren Erbe lebt heute noch fort. SPD wie KPD setzten in der Nachkriegszeit ganz auf „Staatshilfe“. Obrigkeitliche Staatshilfe mit dem Label "Sozialstaat" wurde zum Totengräber der Arbeiterbewegung.

    Auch die heutigen Befürworter des „Grundeinkommens“ stehen – ohne es zu wissen - ganz in dieser obrigkeitlichen Staatshilfe-Tradition von Bismarck über Hitler bis Erhard.

    Wal Buchenberg


    Siehe auch:


    Politische Ökonomie des Sozialstaats


    Der Sozialstaat ist eine kapitalistische Einrichtung


    Ist ein bedingungsloses Grundeinkommen antikapitalistisch?


    Eine Kritik des Sozialstaats

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