Fragen zur Arbeitswertlehre

  • Hallo ihr,
    ich habe schon etwas Sekundärliteratur zum ersten Band des Kapitals gelesen. Aber da gibt es eine Sache die ich immer noch nicht so richtig verstehe. Ich hoffe, dass es vielleicht hier mir mal jemand für ganz Doofe :D erklären kann.


    Also, die Quelle des Werts einer Ware ist ja die Arbeit die in ihr vergegenständlicht ist. Das verstehe ich auch und finde ich auch richtig. Ein paar Fragen sind aber bei mir noch offen geblieben.
    1. Wie ist das Verhältnis von Wert und Preis? Warum haben 2 Waren, für die gleich lang gearbeitet wurde, nicht den selben Preis? Es wurde doch gleichviel Arbeitszeit für sie aufgewendet.
    2. Kann man die Arbeitswertlehre beweisen? Marx sagt ja, dass keine Gesellschaft überlebensfähig ist wenn sie die Arbeit einstellt, aber ist das wirklich alleine schon genug Beweis für die Arbeitswertlehre?


    Wäre super, wenn jemand mir das erklären könnte. Irgendwie komme ich alleine an den Punkt nicht weiter.

  • Hallo ihr,
    ich habe schon etwas Sekundärliteratur zum ersten Band des Kapitals gelesen. Aber da gibt es eine Sache die ich immer noch nicht so richtig verstehe. Ich hoffe, dass es vielleicht hier mir mal jemand für ganz Doofe :D erklären kann.


    Also, die Quelle des Werts einer Ware ist ja die Arbeit die in ihr vergegenständlicht ist. Das verstehe ich auch und finde ich auch richtig. Ein paar Fragen sind aber bei mir noch offen geblieben.
    1. Wie ist das Verhältnis von Wert und Preis? Warum haben 2 Waren, für die gleich lang gearbeitet wurde, nicht den selben Preis? Es wurde doch gleichviel Arbeitszeit für sie aufgewendet.
    2. Kann man die Arbeitswertlehre beweisen? Marx sagt ja, dass keine Gesellschaft überlebensfähig ist wenn sie die Arbeit einstellt, aber ist das wirklich alleine schon genug Beweis für die Arbeitswertlehre?


    Wäre super, wenn jemand mir das erklären könnte. Irgendwie komme ich alleine an den Punkt nicht weiter.


    Hallo Cengiz,
    ich kenne keine Sekundärliteratur zum "Kapital", die klarer und besser zu verstehen wäre als der Originaltext. Der kostet allerdings mehr Zeit! ;( 
    Zu deinen Fragen:
    1. Der Wert ist in der Regel/im Idealfall der Schwerpunkt, um den die Preise schwanken.
    Der Wert der Waren besteht aus der Summe von toter Arbeit (Material+Werkzeug, das zur Herstellung nötig ist) plus lebendiger Arbeit. Ein Fahrrad aus Carbon ist deshalb teurer als ein identisches Fahrrad aus Stahl oder Alu, weil das Material teurer ist, das verarbeitet wurde. Die bei der Montage aufgewandte Arbeitszeit ist aber bei beiden mehr oder minder gleich.


    2. Was kann in irgendeiner Wissenschaft bewiesen werden? Kannst du beweisen, dass sich das Weltall ausdehnt? Kannst du beweisen, dass Wasserstoff nur ein Elektron hat? ich nicht.


    Wissenschaft kann etwas verstehbar machen. Wenn man anschließend mit dem Verstandenen dann auch noch praktische Lösungen finden kann, dann gilt das als "Beweis".
    Der Beweis für die Richtigkeit der Kapitalkritik von Marx ist also erst möglich durch die Beseitigung des Kapitalismus und die Schaffung einer selbstbestimmten Gesellschaft ohne Lohnarbeit und ohne Geld.
    Ich finde die Kapitalkritik von Marx ganz richtig. Wie du gesehen hast, haben hier auch einige Zweifel an dem "Kernstück" der Marxschen Kapitalismus-Kritik, der Arbeitswertlehre.
    Man wird vielleicht erst nach unserem Tod sehen, wer von uns recht hatte! :D


    Gruß Wal

  • Hallo Cegniz.


    "2. Kann man die Arbeitswertlehre beweisen? Marx sagt ja, dass keine Gesellschaft überlebensfähig ist wenn sie die Arbeit einstellt, aber ist das wirklich alleine schon genug Beweis für die Arbeitswertlehre?“


    Eine wissenschaftliche Theorie wie die AWT oder die VWL kann man, meine ich, nicht als Ganze beweisen, sondern nur anhand der darin vertretenen Thesen zu bestätigen oder zu widerlegen versuchen. Wenn die VWL die These vertritt, Preise bilden sich durch Angebot und Nachfrage, oder die AWT, der Preis ist die Form, in der sich der Tauschwert einer Ware als Geldform ausdrückt und diese mit anderen Waren in ein Verhältnis setzt, dann kann das in diesem Fall durch logischen Nachvollzug überprüft und eventuell bestätigt oder widerlegt werden. Durch die Widerlegung oder Bestätigung mehrer solcher zentraler Thesen, kann dann die gesamte zugrunde liegende Theorie widerlegt oder bestätigt werden.


    Man kann sich allerdings im Fall der Wirtschaftstheorie gleich dafür entscheiden, ob man sich den ökonomischen Erscheinungen, ihren Zusammenhängen und den subjektiven Entscheidungen und Motiven der Menschen, mit ihnen (möglichst) zurechtzukommen, widmet oder es vorzieht, die Sache anhand den Formen, unter denen die Erscheinungen auftreten, anzugehen, um dahinter zu kommen, warum es diese Erscheinungen überhaupt gibt. Egal wie man zur AWT und Marx steht, (ganz) ohne und über sie und ihn wird man die ökonomischen Erscheinungen nicht erfassen und verstehen können.


    Beste Grüße
    Kim

  • Hi Cebgiz und hallo Mitleser,

    Wäre super, wenn jemand mir das erklären könnte. Irgendwie komme ich alleine an den Punkt nicht weiter.


    Es sind keine kleinen Fragen, die du stellst und sicher keine doofen - selbst dann, wenn dir das selber noch nicht bewusst ist.

    2. Kann man die Arbeitswertlehre beweisen? Marx sagt ja, dass keine Gesellschaft überlebensfähig ist wenn sie die Arbeit einstellt, aber ist das wirklich alleine schon genug Beweis für die Arbeitswertlehre?


    Die Aussage hat nichts mit der Begründung der Arbeitswerttheorie (AWT) zu tun.
    Der Knackpunkt ist hier:

    Als Gebrauchswerte sind die Waren vor allem verschiedener Qualität, als Tausch­werte können sie nur verschiedener Quantität sein, ... Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. ... Diese Dinge stellen nur noch dar, dass in ihrer Produktion menschliche Arbeitskraft verausgabt ... ist. Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.


    Das ist kein logischer Schluss, sondern eine Annahme mangels Wissen über Alternativen.
    Die anderen Grundlagen der Theorie sind für mich sehr schlüssig. Allein deshalb lohnt es sich mit Marx intensiv zu beschäftigen, selbst wenn er (wie ich ja meine) in erwähntem Punkt unrecht habe sollte.
    Viele wesentliche Aussagen die Marx selbst aus der AWT herleitete (Überproduktionskrisen, ...), oder die man heute neu aus ihr ableiten kann, um heutige Prozesse zu verstehen (das Wesen der Kreditwirtschaft ...), sind von der Differenz zu diesem Punkt gar nicht betroffen.
    Der Knackpunkt der AWT betrifft dann eigentlich "nur" ;) die Begründung der Ausbeutung des Lohnarbeiters. Aber es gibt eben noch sachlichere Gründe am Kapitalismus Kritik zu üben, die sich von Marx herleiten, als den zu tiefst moralischen Vorwurf der Ausbeutung.


    1. Wie ist das Verhältnis von Wert und Preis? Warum haben 2 Waren, für die gleich lang gearbeitet wurde, nicht den selben Preis? Es wurde doch gleichviel Arbeitszeit für sie aufgewendet.


    Das ist wahrlich eine Frage, deren Beantwortung schnell Buchgröße erreicht.
    Da ich aber genau hier das Problem mit Marx habe, nur ein paar Stichpunkte meinerseits, welche Klimmzüge ein AWTler machen muss, um genau dass zu begründen:
    - die Waren müssen noch nicht einmal den selben Wert haben, denn es kommt darauf an, wieviel Arbeitszeit _notwendig_ ist ( zum Zeitpunkt des Verkaufes notwendig ist - nicht etwa vielleicht zum Zeitpunkt der Produktion unter früheren Bedingungen mal notwendig war)
    - der Preis ändert sich durch die Marktschwankungen. Er schwankt also um den Wert da es keinen idelen Markt gibt,
    - der Preis bekommt eine Abweichung von dem Wert, weil das Kapital da eingesetzt wird, wo die Profitrate am höchsten vermutet wird, nicht da wo der Mehrwert am höchsten ist.
    - die Arbeitszeit ist nicht das eigentliche Maß, sondern die notwendige Arbeitszeit an "einfacher Arbeit". Die qualifizierte Arbeit ist dann ein (angeblich zwar bestimmtes aber eben nicht von außen zu bestimmendes) Vielfaches der einfachen Arbeit .
    - ...

  • Hallo Cengiz, hallo Mitleser und -schreiber...
    um die Kontroverse um die AWT kurz mal einzuordnen: Es geht dabei um eine ÖKONOMISCHE Theorie (von Marx), mit der zunächst Sach-Zusammenhänge in Gesellschaften mit "kapitalistischer" Wirtschaft ERKLÄRT werden sollen. Die Erklärung dessen, was dort tatsächlich aufgrund der Spielregeln dieser Wirtschaft (Konkurrenz, Privateigentum (weniger) an den Produktionsmitteln, Märkte ua) NOTWENDIG (und nicht etwa erst zufällig durch weitere Randbedingungen, zB "Gier" einiger Akteure und dergleichen) stattfindet, führt dann auf die KRITIK, sie "de-legitimiert" die kapitalistische Wirtschaftsweise, indem sie Behauptungen von deren Befürwortern über die Vorteile, die sich damit verbinden, widerlegt. Diese Kapitalismus-legitimierenden Behauptungen über "Vorteile" sind von ursprünglich 3 auf heute bloss noch 1 geschrumpft:
    1. Kapitalismus bietet die gleichen Chancen für jeden, sich durch harte Arbeit, Kreativität und Kunden- bzw. Markt-Orientierung zu bereichern. (Stimmt nicht: Es sind uneinholbare Vermögensunterschiede entstanden, "Klassen" - die Zugehörigkeit zu ihnen vererbt sich, nicht anders als im angeblich überwundenen Ancien Regime, durch Vererbung des Vermögens).
    2. Kapitalismus motiviert und belohnt Fortschritt, vor allem in Gestalt von Produktivitätsfortschritt; die zementierte Klassen-Ungleichheit ist dabei ein Mittel, von dem aber ALLE profitieren (und mehr profitieren als bei Gleichheit) (Stimmt nicht: Das kapitalistische Fortschrittsmass zieht extrem destruktive Fehl-Nutzungen von Natur- und Humanressourcen nach sich; auf mittlere und lange Fristen profitieren von dem, was da an Fortschritt und Reichtumszuwachs allenfalls übrig bleibt, im wesentlichen nur Kapitalbesitzer, während bei den andern ihre Lage stagniert oder sich verschlechtert (Langzeit-Lohnarbeitslosigkeit; Niedriglohnsektor; von den "Fortschritten" bei der Ausbeutung in "armen" Regionen ganz zu schweigen.)
    3. Kapitalismus leistet, wenn schon keine Fortschritts-, doch wenigstens eine - politisch allerdings ständig zu beaufsichtigende - Organisation, Steuerung und Kontrolle der anders nicht organisierbaren hoch-arbeitsteiligen modernen gesellschaftlichen und mittlerweile sogar globalen Produktion.
    Dieser Punkt ist der letzte der drei, der noch nicht völlig bestritten wird.


    Welche Rolle spielt nun die Marxsche Theorie, und speziell ihre wesentliche Grundage, die AWT?
    A. Die Marxsche Theorie verkörpert eine (spezielle, eben die AWT-Variante, einer allgemeinen) Art der ökonomisch-theoretischen Erklärung, die gegenüber den etablierten "bürgerlichen" Theorien DIFFERENZIERTER ist, weil sie tendenziell zwei unterschiedliche Arten von Anbieter/Nachfrager-Verhältnissen berücksichtigt: Solche, wo zwischen Anbietern und Nachfragern von Waren ein dauerhafter ("sich reprodzierender") Güter-Kreislauf stattfindet; und solche, für die das nicht gilt. Die meisten am Markt regelmässig angebotenen Güter (wegen der Regelmässigkeit kann man von einem "Güter-(Zu)Fluss" sprechen) teilen sich in eine Portion, die am "Kreislauf" teilhat - sie ist Teil des "Re-Produkts"; und eine, die in den anderen Markt-Verhältnissen zu ihren Nachfragern steht - sie ist Teil des "Mehrprodukts". Diese Unterscheidung kann nur in Theorien des Typs gemacht werden, von denen die Marxsche (bzw. ihre Vorläufer in Gestalt der "klassischen" Theorien von Smith und Ricardo) bisher die einzige Variante darstellt.
    Man könnte sie "Reproduktions-Theorien" nennen, im Gegensatz zu den etablierten "einfachen Angebots-Nachfrage-Theorien".
    B. Ich behaupte nun: Vor der endgültigen Ausbreitung von Schwerindustrie, präzise: der Ausbreitung von Technologien, wo "Reproduktions"-entscheidende Produktionsmittel nur noch mit ebensolchen Produktionsmitteln REPRODUZIERT werden konnten, traf die Marxsche AWT zu, und war eine (soweit das überhaupt möglich ist) korrekte Darstellung bzw Erklärung der wesentlichen Vorgänge zeitgenössischer kapitalistischer Wirtschaften (damals vor allem England, eventell auch die USA und Frankreich), also noch der 1860er Jahre*). Die von AgneS behaupteten Schwierigkeiten dieser Theorie lassen sich mE auflösen. Das ist aber ein ziemlicher Fach-Diskurs, den ich hier erstmal noch nicht anfange. Für den technologischen Umbruch, den die Mechanisierng der Handarbeit (ihre Hochrüstung mit Maschinen) speziell in den Anfangsschritten der "reproduktiven" Industrien (Landwirtschaft, Rohstoff-Erschliessung, Produktionsmittel-Herstellung) bedeutete, muss die AWT angemessen neu formuliert werden. Das erscheint mir möglich. Auch dann treten die von AgneS behaupteten Schwierigkeiten der Theorie, wie ich glaube, NICHT auf.
    C. Diese den neuen Verhltnissen angepasste Theorie ist leider, wie ich glaube, NICHT imstande, vollständig zu erklären und beschreiben, wie Innovation und Kredit die Verhältnisse in dem (korrekt beschriebenen) "Reproduktionssystem" verändern. Erst die Einbeziehung dieser Kategorien leistet die endgültige "Delegitimierung" aller drei Kapitalismus-Rechtfertigungen.


    Leider hängt der Fortbestand des Kapitalismus von der Tatsache seiner (Nicht)Legitimierbarkeit nicht ab.
    Das darzustellen, ist Sache einer anderen Theorie.


    Soweit MEINE Sicht der Dinge. Tut mir leid, dass sie so kompliziert ausfällt. Dafür, dass die Welt verworren und kompliziert ist, sollte man nicht die TheoretikerInnen verantwortlich machen, die versuchen sie zu beschreiben.


    *) Es gibt einen ganz zentralen Bestandteil in der Marxschen Theorie, der einen starken Hinweis auf diese Tatsache liefert: Die Ableitung der (Absoluten) Grundrente aus der Tatsache, dass die "extraktiven" Branchen (Landwirtschaft, Rohstoff-Förderung) besonders arbeits-intensiv und unterdurchschnittlich kapitalisiert seien (der nicht vermehrbare Boden als Zutrittschranke verhindert dann das Auftreten weiterer Konkurrenten und die Möglichkeit, durch Angebotserhöhung die wg. niedriger org. Zusammensetzung (c-Anteile) überdurchschnittliche Profitrate in Richtung der durchschnittlichen abzusenken; die Differenz zum bei Verkauf der Rohstoffe zu ihrem Produktionspreis erzielbaren Profit sei die Grundrente). 1860 traf das weitestgehend zu! Hingegen wenige Jahre, längstens Jahrzehnte, nachdem das Manuskript zum Kapital Bd 3 geschrieben wurde, haben sich die Verhältnisse stark geändert: Minen und auch die Landwirtschaft wurden mechanisiert und industrialisiert. Diese Art der Ableitung der Grundrente kann also nicht stimmen - denn es gibt sie immer noch.

  • Zur Frage der "Beweisbarkeit".
    Eine ökonomische Theorie, wie jede andere Theorie, die versucht "objektive Gesetzmässigkeiten" zu beschreiben und möglichst alles, was daraus folgt ("sich damit erklären lässt") "abzuleiten" - die muss eine umschriebene Menge an regel- oder eben "gesetzes"-artigen Voraussetzungen enthalten, vielleicht auch noch eine oder mehrere (hypothetische) Aussagen, die einen zu unterstellendne Ausgangszustand beschreiben, auf den dann die Regeln angewandt werden bzw. in dem die Gesetze wirken können (sodass man "ableiten" kann, was passiert). Heutzutage nennt man sowas ein Modell, in älterer philosophischer Ausdrucksweise zB "DEN BEGRIFF der Sache".
    Vorausgesetzte Gesetze wie Ausgangszustände bilden hier den Gegenstand von HYPOTHESEN - wobei es natürlich auf die Einzelhypothese und ihren Inhalt ankommt - aber vor allem eben darauf (und das ist der Hauptwitz bei einer Theorie!), dass mit diesen Hypothesen bzw hypothetisch unterstellten, vorausgesetzten Inhalten, ALLES WESENTLICHE eines Gegenstandsbereichs erfasst ist - erfasst im Sinn von: aus diesen Voraussetzungen erschliessbar, notwendig ableitbar, mit ihnen erklärbar und zB, falls noch nicht eingetreten, als mit grösster Wahrscheinlichkeit (dh wenn nicht sehr Unwahrscheinliches dazwischenkommt) prognostizierbar, erwartbar.


    Dabei muss natürlich formal korrekt geschlossen werden. Und... es dürfen nicht nachträglich irgendwelche Einzelannahmen (ad-hoc-Annahmen/Hypothesen) zusätzlich eingeschmuggelt werden, die die ansonsten misslingende Ableitung/Erklärung wichtiger Phänomene doch noch ermöglichen, aber bei Anwendung in andern Fällen andere Resultate als die der Theorie liefern würden - weshalb sie dort tunlichst weggelassen werden (dh würden sie, wie es eigentlich nötig wäre, in den Grundbestand an Hypothesen der Theorie aufgenommen, würden andere Erklräungen, die bis dahin korrekt waren, unzutreffend, würden falsche Prognosen ergeben, die Sachverhalte, die man kennt, sind dann mit ihnen und den sonstigen Grundannahmen der Theorie nicht mehr erschliessbar usw; dh adhoc-Hypotheen werden beliebig angenommen oder weggelassen, wie es passt).


    Aber der Anspruch auf Vollständigkeit, "alles Wesentliche ist berücksichtigt", muss ebenfalls erfüllt sein. Was natürlich Einigkeit darüber unterstellt, was in einer Theorie erklärt werden sollte, weil es zu einem Gegenstandsbereich oder Thema dazugehört. Darüber gehen aber die Meinungen auseinander. Typische Kontroversen etwa in der Ökonomie drehen sich darum, ob bestimmte Phänomene "inner-ökonomisch" erklärt werde können oder müssen (als Resultat der vorauszusetzenden Gesetze und/oder Regeln, nach denen Konkurrenz verluft; oder aus psychologischen "Determinanten", Motiven, die unabhängig von den Regeln in den Akteuren, zumindest einigen von ihnen, wirksam sind, wie zB Gier).

    Zentral aber ist: dass die Voraussetzungen, die das System in Gestalt von Gesetzen und Ausgangszuständen behauptet, aus denen alles andre mit Notwendigkeit (oder grosser Wahrscheinlichkeit) abzuleiten bzw mit denen es zu erklären sein soll, auch tatsächlich in der Wirklichkeit vorliegt. Denn selbst wenn dann aus einem SYSTEM lauter Dinge folgen, die auch real stattfinden - aber seine Voraussetzungen dort nicht zutreffen - dann weiss man allenfalls, dass aus einer solchen Realität, wie sie das theoretische System sie unterstellt, die betreffenden Resultate AUCH gefolgt wären; bloss in der vorliegenden Realität weiss man, dass die behaupteten Sachverhalte nicht bestanden, und das mit ihnen Erklärte tatsächlich SO nicht zu erklären ist. Es beibt dann offen, ob es zwischen der Fülle alternativ infragekommender und tatsählich feststellbarer Regeln/Regularitäten, und (relevanten) Ausgangszuständen einerseits, und den zu erklärenden Phänomenen andererseits, ÜBERHAUPT irgendeine letztere erklärende notwendige Beziehung gibt. Die gescheiterte Theorie hat sie jedenfalls dann nicht gefunden.
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    Die Frage nach der Beweisbarkeit sollte man lieber allgemeiner stellen: Ob über die theoretische Berechtigung der AWT in allen genannten Hinsichten (Vollständigkeit, Korrektheit der Ableitungen und Geschlossenheit (alle Erklärungen NUR mit dem anfangs Vorausgesetzten; keine adhoc-Annahmen, deren Geltung andre Erklärungen wiederum verfälschen würden s.o.), sowie Zutreffen der Ausgangs-Voraussetzungen ENTSCHIEDEN werden kann.
    Das ist keine Selbstverständlichkeit.
    Theorien, über deren Geltung grundsätzlich nicht entschieden werden kann, die also nicht widerlegbar sind oder sich gegen Widerlegung IMMUNISIEREN, sind meist nur äusserlich Theorie-ähnlich; in Wahrheit lässt sich meist zeigen, dass sie unsinnige und/oder tautologische Sätze enthalten, also in der Realität garkeinen Unterschied machen oder benennen.
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    Ökonomische Theorien stehen wegen ihres notwendig meist hohen Abstraktionsgrades ("Modell-Platonismus") unter starkem Immunisierungs- und Tautologie-Verdacht (sie scheinen IMMER zuzutreffen). Tatsächlich ist der Anspruch, etwa den Markt theoretisch überschaubar zu machen, irgendwie paradox, wenn man sich zumindest bestimmte Legitimationsfiguren für den Markt, die zugleich behauptet werden, ansieht: Dass er allen Akteuren in ihm vorausgreift, ihnen Information liefert, die sie sonst nie bekommen würden usw. Wenn der Markt soviel klüger als all seine Akteure ist - wie können dann die Ökonomen ihm gewachsen sein? Es ist da ein bisschen wie auch sonst bei theologischen Formeln (ich denke, Kapitalismus-Befürwortung IST eine Form religiösen Denkens, allerdings auf dem Gebiet der Vergesellschaftung, nicht dem des allgemeinen Verhältnises zu Welt und Wissen): "Gottes Wege sind nun mal verworren und diskret" (G.Kreisler), aber der Theologe will sie doch rekonstruieren und vor allem, uns von deren optimaler Beschaffenheit überzeugen. Aber wie soll das gelingen - wenn diese Beschaffenheit sich ihrem Durchschautwerden hartnäckig widersetzt?
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    Ich glaube, dass über die AWT in EINER Hinsicht entschieden werden kann: Sie trifft NICHT MEHR zu. (Lohn)Arbeit ist und war NOTWENDIG zur Reproduktion aller Güter spätetsens für den Bedarf städtischer Bevölkerungen und der Industrie; aber nur in einer Frühphase der Industrialisierung (eben der, in der Marx nachdachte) war sie auch HINREICHEND - nur da liess sich "rückwärts" alles in Arbeit "auflösen" - in zugesetzte lebendige, und in tote, "vergegenständlichte". Es ist aus meiner Sicht bis heute nicht gelungen, das Richtige und Allgemeine, das in der AWT als einem Spezialfall steckt, korrekt auszudrücken (ich habe es in meinem Forumsblog versucht).
    Dafür gibt es ein sehr starkes Motiv.
    Die AWT liefert einen Ansatz für einen bequemen und allseits transparenten Rechenmodus für die Planung in einer "freien Produzenten-Assoziation". Alle Beziehungen sollen dort angeblich auf einmal einfach und überschaubar ausrechenbar sein. Die korrekte Neufassung der AWT (die das Richtige und in der späteren Phase weiter Zutreffende daran übernimmt: nämlich die Kategorie der sich mit sich reproduzierenden Basis-Güter) würde diesem Optimismus ein schweres Hindernis in den Weg legen.
    Das ist mE der Grund für das geradezu verzweifelte Festhalten an dieser, heute in vielen Hinsichten stark kontra-intuitiven Theorie.


    Ein schwächeres, aber nicht zu vernachlässigendes zweites Motiv ist dieses: Dass die AWT klar und deutlich ausspricht: dass das Eigentum an Produktionsmitteln ähnlich fungiert wie dasjenige der Grossgrundbesitzer in vormodernen Zeiten. Es schliesst die Masse der Leute einfach von ihrem wichtigsten Produktionsmitteln, oder eben von DEN Produktionsmitteln aus, und ermöglicht die ausbeuterische Erpressung von Mehrarbeit. Für dieses Monopol gibt es, je nachdem, welche der oben von mir angeführten Kapitalismus-Legitimationen jemand anerkannt, unterschiedliche Rechtfertigungen, etwa: Du würdest doch auch dein mühsam erworbenes Eigentum behalten wollen; oder: die Kapitalisten, die Unternehmer verwalten doch bloss noch die Produktionsmittel für uns alle, und kriegen sie im Fall schlechter Verwaltung durch den Markt weggenommen (ihr Profit kommt ja meist dem Unternehmen zugute, um die Produktion produktiver zu machen - also letztlich alles billiger für uns alle) - der Rest ist eben Lohn für ihren Einsatz (ohne den sie sich nicht so im Dienst der Allgemeinheit anstrengen würden); schliesslich: Es ist egal, wer Kapitalist ist... Kapital ist das wichtige, letztlich egal, wie es verteilt ist (da könnte man sogar mit sich reden lassen).
    Die Tatsache, dass diejenigen, die mehr arbeiten als zu ihrer Reproduktion nötig, über Art Ausmass Verwendung ihrer Mehrarbeit nicht entscheiden dürfen, bleibt aber von all diesen Legitimationen unberührt. Allein das ist Skandal genug, und völlig hinreichend zur Kapitalismuskritik. Aber. dieselbe Tatsache, die ja nicht aus der Welt verschwunden ist, wird selbstverständlich in der etwas komplizierteren Nachfolge-Version, die ich seit der angesprochenen Veränderung für angemessen halte, herausgearbeitet und kritisiert. In DER Hinsicht verliert man also nichts.

  • Edit s.u.
    Hallo Cengiz,
    es gab zur AWT hier im Forum bereits dieses Jahr eine sehr lange Auseinandersetzung, die leider teilweise auch auf andere Gebiete abschweifte.


    Zu deiner eigentlichen Frage dieser Hinweis:
    Bei gleichlanger Arbeitszeit (incl Wertübertrag), die auf die Herstellung zweier (Einzelexemplare der) Warensorten A und B zu einem Zeitpunkt verwendet wird, gibt es folgende Gründe für verschiedene Preise:
    1. A und B können trotz unterschiedlicher Arbeitszeit unterschiedlichen WERT haben. Denn: Über den entscheiden nicht die faktischen Arbeitszeiten (incl), sondern:
    (a) ob die betreffende Arbeit unter den zum betreffenden Zeitpunkt üblichen durchschnittlichen Bedingungen der Prodktivität verausgabt wurde. Und:
    (b) Ob sie sich (als Menge pro Zeit) in die Abfolge überhaupt möglicher Tausch-Prozesse einfügen, durch die hindurch sich der gesamtgesellschaftliche arbeitsteilige Produktionsprozess überhaupt realisiert, in Marxscher Ausdrucksweise: Ob sie sich als Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit betätigt haben. Man kann höchst produktiv zuviel vom Falschen produziert haben, und findet keine (zugleich zahlungsfähigen UND zahlungsbereiten) Nachfrager=Käufer, die das zuviel Produzierte auch noch kaufen wollen-können. (Warum können sie? Weil sie ihrerseits... usw im Kreis herum. Warum wollen sie? Teils... weil sie müssen: Sie müssen die Produktionsmittel und Arbeitskraft für die nächste Runde ihrer Produktion einkaufen, um den Vorgang wieerholen zu können. Teils... weil sie freie (Geld)Mittel ("Mehrwert") in Händen haben, und im Rahmen ihrer Budgets Prioritäten setzen.
    (c) Es gibt eine weitere, von Marx nicht sehr im einzelnen untersuchte Differenzierung von Arbeiten nach dem Grad, in dem sie pro Zeit Wert erzeugen - sog. "komplizierte" Arbeit erzeugt in gleicher Zeit ein Vielfaches des Werts, den "einfache" Arbeit in derselben Zeit erzeugt. Es ist wichtig, dass dies nichts mit "Durchschnittsbedingungen der Produktivität" zu tun hat (die sind für alle Arbeitsformen vorausgesetzt), sondern hier geht es um eine Eigenschaft der Arbeit selbst; die dürfte mit längerer Qualifikation, Übung, Ausbildung zu tun haben - fällt also nicht mit etwas wie "Einarbeiten" eines Ungelernten, Routine und "Durchschnitts-Geschicklichkeit" zusammen. Grundsätzlich sind diese Qualifikationen aber bloss Beschleunigung von etwas, das auch durch "einfache" Arbeit gelingt - es ist nicht unterstellt, dass NUR Qualifizierte das Produkt überhapt erzeugen können. Wenn letzteres der Fall ist, liegt wohl eher ein Fall von "Humankapital" vor - Durchschnittskosten einer regulären Ausbildung werden in einer Durchschnitts-Lebensarbeitszeit auf das Produkt übertragen, der lohnabhängige Eigentümer dieses "Kapitals" (diese Art Eigentum schafft allerdings kein reales "Mehr", sondern überträgt bloss almählich den in ihr "aufgehäuften" Wert) erhält den entsprechenden Wert-Übertrag als Lohnaufschlag.
    2. Die Markt-Verhältnisse für A und B ändern sich - mehr oder weniger Anbieter und/oder Nachfrager als zuvor sind am Markt, die Kosten der Vorprodukte steige oder fallen, die Zahlungsfähigkeit der (typischen) Nachfrager steigt uvam


    Das klingt nun so, als könne man am Ende garnichts Genaues sagen.
    Aber so ist es eben auch nicht
    Die Hauptstossrichtung jeder WERT-Theorie (und eben auch der Arbeit-Werttheorie) ist es, gegen die Erklärung von Preisen (oder Preisrelationen: Tauschwerten) verschiedener Warensorten ALLEIN durch "Angebot und Nachfrage" festzuhalten: Dass diese Angebots/Nachfrage-Theorie eigentlich bloss die Sonderfälle, das Ungleichgewicht, die Wieder-Anpassung von Angebot (Kosten und Profiten) und Nachfrage (zahlungsfähiger Zahlungsbereitschaft) erklärt - aber eben nicht, warum sich das Resultat dann in einer gewissen Höhe einstellt. Warum es das Schwanken und die Schwankungsbreite, auch die mittel- und langfristige Tendenz eines Preises in einer bestimmten Höhe überhaupt gibt - und die Relation dieser Höhe bzw Schwankungsbreiten zu denjenigen anderer Preise. Man könnte auch sagen: Eine Werttheorie fragt nach den Gründen für die Preiskalkulation einerseits (Kosten und Profit), nach denen der Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft andererseits; und zwar fragt sie nach den Gründen, die die Akteure selbst zu beachten haben, weil diese Gründe ihrem Entscheiden und Wählen Schranken auferlegen - sofern diese Akteure länger am Markt teilnehmen wollen und weiter Waren zum Anbieten und Geld zum Kaufen in der Hand haben wollen.
    Kurz: Sie sagt, was für Spielräume das Wollen und die Interessen der am Kaufen und Verkaufen Beteiligten überhaupt haben. (Damit ist zugleich zugestanden, dass es das Wollen und Entscheiden der Akteure auch gibt - aber eben bloss innerhalb dieser Spielräume.)

    Nachtrag/Edit:

    Damit ist auch das grösste Problem benannt, mit dem eine "Wert-Theorie" zu kämpfen hat: Wenn die Dynamik der Angebots- und Nachfrage-Entwicklung, man könnte auch sagen das Chaos an den Märkten, durch permanente Innovation, Wachstum mit Skalenvor- und nachteilen, Rohstoffverknappung, Anhäufung externer Kosten usw das Übergewicht bekommt, also sich garkeine langfristigen Trends mehr ausbilden können - dann existiert das, was die Werttheorie erklären wollte, eigentlich garnicht mehr
    In solchen Verhältnissen muss man womgöich eher die Frage aufwerfen, ob sich in ihnen überhaupt irgendwas vorhersehen, berechnen, und/oder erklären und verstehen lässt Und das gilt dann auch für die Marktbeteiligten selber.


  • @ Franziska


    Alle Erscheinungen, in denen RICHTIGEs und ALLGEMEINES steckt, sind „nun mal verworren und diskret“, aber (auch) Franziska "will sie uns doch rekonstruieren und vor allem, uns von deren optimaler Beschaffenheit überzeugen. Aber wie soll das gelingen – wenn diese Beschaffenheit sich ihrem Durchschautwerden hartnäckig widersetzt“?


    Hätte FRANZISKA hierzu geschwiegen, wäre sie hier eine Philosophin geblieben.

  • Hallo Inka,
    Franziska hat sich aus dem Marx-Forum zurückgezogen und ihren Account gelöscht.


    Die Moderatoren

    Als Moderatorinnen verlangen wir Sachlichkeit und Respekt vor den Menschen. Das schließt auch Respekt vor denen ein, deren Ansichten wir kritisieren.

  • Eine Studie, die beim Statistischen Bundesamt veröffentlicht ist, kommt zu dem Schluss:


    "Insgesamt spricht vor dem Hintergrund der deutschen Input-Output-Tabellen von 2000 und 2004 einiges dafür, dass die realen Preise tatsächlich durch das klassische Wertgesetz reguliert werden – so wie es die Vertreter der klassischen Nationalökonomie ursprünglich angenommen haben. Die Diskussion dieses (beinahe in Vergessenheit geratenen) ökonomischen Erklärungsmusters sollte darum neu geführt werden" (https://www.destatis.de/DE/Met…df?__blob=publicationFile)

  • Mathematische Beweise in der Arbeitswerttheorie (AWT)



    Mathematische Beweise in der AWT sind so überflüssig wie ein Kropf, weil ein wissenschaftstheoretischer Anspruch gestellt wird, der nicht zu erfüllen ist, weil sowohl a) zu viele Einschränkungen gemacht werden müssen, so dass die Theorie zu sehr verzerrt und damit inkonsistent wird und b) die Ergebnisse immer approximativ sind, weil die Bildung von Grenzwerten wie in der Naturwissenschaft unsinnig ist, weil die Komplexität und Dynamik von Gesellschaften nicht fassbar ist. Exakte Mathematik macht in der AWT und generell in den Gesellschaftswissenschaften nur im Rahmen von Modellbildungen Sinn, wo durch mehr oder weniger hohe Abstraktion das Prinzipielle von Theoremen, Aussagen, Sätzen etc. oder eine Theorie als Ganzes veranschaulicht und damit verständlich gemacht werden kann. Mit der mathematischen Gleichung (= stark vereinfachtes Modell): ∑ W = ∑ P, kann man z. B. das Prinzip der Transformation der Werte in Preise anschaulich machen, mehr aber auch nicht. Ausgehend von solchen axiomatischen Gleichungen kann man dann auch weitere Gleichungen und Gleichungssysteme ableiten und Hypothesen aufstellen, aber immer nur unter der Prämisse, dass es sich letztlich um veranschaulichende Erklärung handelt, es aber nie um exakten Beweis geht (was ja auch nicht nötig ist).


    Das lässt sich an dem von dir verlinkten Artikel gut demonstrieren. Erst einmal stellt der Verfasser ein umgekehrt proportionales Verhältnis auf, das aussagen soll, dass in der Summe Produktionspreise und Werte übereinstimmen, und definiert dieses Verhältnis als Wertgesetz. Dabei unterschlägt er aber, sowohl die Doppelnatur der Arbeit als auch die während der gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit stattfindende abstrakte Arbeit, durch die die Dimension des Wertes bestimmt ist. In diesem Kontext besagt das von Karl Marx entdeckte Wertgesetz, dass Waren nicht qua subjektiver, psychologischer und/oder anderer individueller Erwägungen ausgetauscht werden, sondern der Austausch objektiv durch die für die Produktion und Reproduktion der Waren aufgewendete bzw. aufzuwendende gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Menge an abstrakter Arbeit bestimmt wird.



    Dieser Fehler tritt dann noch mal auf, wenn er von "Arbeitswert" spricht. Diesen Begriff gibt in der AWT nicht, setzt diesen falsch definierten Begriff ( "Arbeitsaufwand, der direkt und indirekt über die Vorleistungen in die Erstellung von i eingegangen ist" ) aber mit dem durch die gesellschaftlich durchschnittlich notwendige Arbeitszeit bestimmten Wert-Begriff gleich. Auf diesen falschen Prämissen konstruiert er eine Modellökonomie mit n Sektoren. Aufgrund verschiedener Annahmen und Umformungen von Gleichungen, sowie von Berechnungen anhand deutscher Input-Output-Tabellen kommt er schließlich zu dem Ergebnis, dass Produktionspreise und "Arbeitswerte" nahe beieinander liegen, womit auch das Transformationsproblem obsolet geworden sei.


    Der Verfasser kommt anhand seines Modells allerdings - wenn auch mit einer falschen Kategorie - zu dem einem Ergebnis, zu dem man theoretisch kommt, wenn man die AWT und die zentralen Kapitel des K3 studiert hat: Summe der Produktionspreise = Summe der Tauschwerte. Auch ist das Ergebnis ja nicht exakt, sondern nur anhand eines Modells und falscher Bestimmung von (Tausch)Wert und Wertgesetz gewonnen, womit die AWT letztlich eine mathematisch unbewiesene Theorie bleibt. Im bürgerlichen Theorienpluralismus weist der Verfasser damit der AWT eine zu Neoklassik, Keynesianismus und Monetarismus konkurrierende Stellung zu.


    Seine Erklärungskraft erhält die AWT aus der auf ihr aufbauenden widerspruchsfreien, nachvollziehbaren und plausiblen Argumentation im Rahmen der Kritik der politischen Ökonomie. Solange diese gewährleistet ist, ist die AWT auch vorläufig bewiesen. So lässt sich z. B. die Existenz des Geldes analytisch auf der Grundlage der AWT widerspruchsfrei erklären. Auf der Grundlage der bürgerlichen ökonomischen Theorien ist das nicht möglich, dort wird zwangsläufig das Geld lediglich anhand seiner Erscheinungsf o r m e n und anhand seiner Funktionen erklärt.

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