Partei! Partei! Partei?


  • In seinem Abgesang in die Minipartei DKP stellt Herbert Steeg treffend fest:


    “In einer Gesellschaftsordnung, in der sich die Wirklichkeit als eine riesige Sammlung von Waren darstellt, erscheinen auch die Beziehungen der Menschen zueinander seltsam dinghaft. Diese grundlegende Verdinglichung führt dazu, dass auch die Kommunistische Partei als ein Ding aufgefasst wird, ein Ding, das Befreiung verspricht. Die Partei gilt nun ihren Mitgliedern nicht mehr als ein Zusammenschluss von Subjekten, von Menschen mit Einsichten, Leidenschaften und Verstand, von konkreten Personen mit Vor- und Nachteilen, die sich austauschen, verständigen, zusammenwirken. Nein, die Partei wird als Ding verstanden, dass definierte Eigenschaften hat, denen mensch sich anpassen muß, will er/sie Befreiung.“

    Ich denke, das ist gut gesehen: Nicht die Mitglieder, nicht die Subjekte regeln ihre Kooperation in und mit einer leninistischen Partei – vielmehr ist die leninistische Partei ein Machtinstrument über die Mitglieder. Noch schlimmer: Sobald die Partei auch staatliche Machtmittel errungen hat, wird die Partei auch zum Machtinstrument über die Gesellschaft. Das ist nicht einem Stalin geschuldet, sondern dem Organisationsprinzip der Partei. So eine Partei steht der Emanzipation der Werktätigen im Wege.


    Während die einen ein Partei-Fragment zu Grabe tragen, heben andere ein neues Fragment aus der Taufe. Das kommunistische Gründungsfieber nimmt kein Ende:
    „Mit dem ‚Kommunistischen Aufbau’ gründen wir eine Organisation, die es sich zur Aufgabe macht, für die Einheit der Kommunisten auf der Grundlage gemeinsamer Prinzipien zu kämpfen.“


    Das Kindchen liegt noch im Wochenbett und hat schon ausgewachsene „gemeinsame Prinzipien“. Diese Parteiprinzipien sind schon vor den Mitgliedern vorhanden und stehen über ihnen.
    Ich weiß nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll.


    Gruß Wal Buchenberg


    Siehe auch: Karl Marx über „Partei des Proletariats“


    Siehe auch: "Parteien sind out!"


    oder: „Wer sich als Avantgarde sieht....“




  • Hallo Wal,


    wenn ein ehemaliger DKP-Parteikopp, wenn auch spät, zu dieser Einsicht gelangt, kann ich nur den Hut ziehen. Im deinem Beitrag sieht es so aus, als würde er zu den Gründungsmitgliedern der neuen kommunistischen Aufbauorganisation gehören. Wenn ich aber seinen Artikel mit dem Programm dieser stalinistischen Organisation vergleiche, kann das nicht sein.


    Beste Grüße
    Kim

  • Hallo Kim,
    danke für deinen Hinweis! Ich hatte deinen Hinweis zum Anlass genommen, meinen Text oben entsprechend zu ändern, damit dieser falsche Eindruck nicht erweckt wird.
    Es heißt da jetzt: "Während die einen ein Partei-Fragment zu Grabe tragen, heben andere ein neues Fragment aus der Taufe."
    Der Hinweis: "In deinem Beitrag sieht es so aus..." ist damit überflüssig geworden. :thumbup:


    Gruß Wal

  • Ich bin damit nicht einverstanden. Wie kommt die DKP zu der Annahme dies sei ein Instrument, das in sich bereits den Charakter trägt sich anzupassen? Die Frage ist m. E. vielmehr wieviel Qualität bringt die Führung mit? Hält sie die Nähe zu den einzelnen Mitgliedern aufrecht oder geht es ihnen um Privilegien, um Selbstinszenierung, um den Kampf 'für die Massen'. Hier und da habe ich erlebt wie Erfolge bei sozialistischer Zusammenarbeit von einzelnen Beteiligten blockiert wurden, um nicht später als die 'Schwachen' darzustehen. So war es beim Charité-Streik in Berlin oder der Zusammenarbeit mehrerer sozialistischer Gruppen. Da spielte die Angst dass eine Gruppe zu schnell wächst eine große Rolle. Daran sieht man wie die trotzkistische Bewegung in sich gespalten ist. Gehts hier um sozialistischen Aufbau oder individuelle Interessen in den Vordergrund zu schieben? - dann sollte man sich auch nicht als Kommunist bezeichnen. Dann ist man allenfalls ein Maximal-Sozialist.
    Die größten Fehler vergangener Kämpfe waren die Zersplitterung innerhalb der Arbeiterbewegung und dem Fehlen einer Partei. Die Führung muss auch kontrolliert werden. Wer das Problem in der Partei sieht, hat keine Lehre(n) aus der russischen Revolution gezogen, geschweige denn sich mit ihr beschäftigt. Ist die Bolschewiki in die Regierung gegangen, als sie mit Kerenski gegen Kornilow kämpften wie es die Anarchisten, Poumisten etc. im spanischen Bürgerkrieg taten? -Nein. Die erste Regel lautet, es werden keine Schritte unternommen, die die Freiheit der Kritik und Agitation einschränken.
    Die Aufgabe der Mitglieder der Partei muss sein, alle Mitglieder so zu schulen, dass sich keine Führung über die Massen (der Partei) erheben kann.

  • Die größten Fehler vergangener Kämpfe waren die Zersplitterung innerhalb der Arbeiterbewegung und dem Fehlen einer Partei. Die Führung muss auch kontrolliert werden. Wer das Problem in der Partei sieht, hat keine Lehre(n) aus der russischen Revolution gezogen, geschweige denn sich mit ihr beschäftigt.


    Hallo Matou_San,


    ich habe (meine) Lehren gezogen, sie sind allerdings sehr verschieden von den Deinen.


    Sehr geholfen hat mir persönlich dabei, noch einmal beim ollen Marx nachzuschauen, was er denn tatsächlich so alles geschrieben hat.


    Und da sehe ich heute das Problem mit "Partei" schon darin, daß es nicht um eine Rechtsform "Partei" geht sondern daß die Lohnabhängigen und Besitzlosen selbst zur Partei werden.
    Das ist sehr verschieden von der Vorstellung, daß eine Partei gegründet wird, der beigetreten wird und die 'etwas' organisiert.


    Liebe Grüße - Wat.

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