Der Vergleich der neuesten Syrien-„Machtkarte“ mit denen von 2016 und 2017 zeigt, dass der Einfluss des IS auf kleine Widerstandsnester geschrumpft ist. Ihren Einfluss ausgedehnt haben das Assad-Regime mit Hilfe russischer Truppen und iranischem Geld und die kurdische YPD mit Hilfe amerikanischer Waffen und 2000 im Kurdengebiet stationierte US-Militärs.
Fehlerkorrektur: Der Iran kämpft für Assad. Es muss für das orangene Feld richtig heißen: "Rebellen und Saudi-Arabien".
Entweder kommen die syrischen Kurden und Assad jetzt zu einer Einigung oder der Kampf zwischen diesen beiden eskaliert.
An einer Einigung zwischen den syrischen Kurden und dem Assad-Regime hat aber die Erdoganregierung keinerlei Interesse. Es würde bedeuten, dass sich der kurdische Einfluss direkt an der türkischen Grenze dauerhaft etabliert.
Gegen den gewachsenen kurdischen Einfluss in Syrien richtet sich der türkische Einmarsch in Afrin.
Dieser Einmarsch ist eine eklatante Aggression, die gegen internationale Recht verstößt.
Auch wenn viele Linke Sympathien zeigen mit der kurdischen YPD, so ist die YPD in Afrin keine revolutionäre, sondern eine kriegführende Macht.
Dass die Friedensbewegung in Europa die türkischen Aggressoren kritisiert und bloßstellt, ist völlig berechtigt. Für nicht berechtigt und für überzogen halte ich eine „uneingeschränkte“ Solidarität mit der YPD, die manche Linke fordern.
Auch die YPD führt Krieg und kämpft in Afrin für regionale oder staatliche Grenzen, nicht (nur) für soziale Emanzipation.
Die kurdische YPD verfolgt in Syrien ein ganzes Bündel von Interessen, von denen einiges sympathisch wirkt, anderes - wie ihre Partnerschaft mit den USA oder ihre Kuhhändel mit dem Assad-Regime - lassen sich von hier aus schwer beurteilen.
Eine "uneingeschränkte" Solidarität wäre in jedem Fall unkritisch und kopflos. Solidarisch können und müssen wir uns mit Zielen und Zwecken zeigen, die unterstützenswert sind, weil wir damit unseren eigenen sozialen Interessen nützen. Die Grenzverläufe in Syrien oder in einem anderen Teil der Welt berühren unsere Interessen als Lohnabhängige nicht.
Jede Solidarität ist deshalb immer durch die konkreten Ziele und Zwecke eingeschränkt, für die man gemeinsam eintritt. Die Solidarität gilt diesen Zwecken. Solidarität verteilt an niemanden politische Blankoschecks.
Siehe auch:
Syrische Kurden: Kommunalismus mit internationalen Handelsrouten?
Wal Buchenberg, 24.01.2018