In China gab es einen Parteitag. Dass die chinesische Presse daraus einen Event macht, wundert nicht, aber warum macht die deutsche Presse einen Hype um den Parteivorsitzenden? Er bekomme „mehr Macht“. Sein Name stehe jetzt im Statut der Partei. Er habe keinen Nachfolger. Er sei der „neue Mao“. Spricht daraus etwa Neid? Auch in vielen westlichen Ländern reagierte die herrschende Klasse auf die chronische Krise mit einem Schwenk vom "Demokratismus" zum Autoritarismus.
Die Epochen Chinas wurden früher nach Kaiserdynastien gezählt, die letzten beiden heißen „Ming“ (bis 1644) und „Qing“ (bis 1911). Die Epochen des modernen Chinas werden jetzt nach Parteiführern gezählt:
Mao Zedong ziert als Gründervater den Kaiserpalast in Beijing und die Geldscheine.
Deng Xiaoping rettete China aus der Wirtschaftskrise in Folge der Kulturrevolution und der Führungskrise in Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion.
Xi Jinping führt China nun in eine „neue Ära“ mit Weltgeltung.
Wie viel Macht und Einfluss hat dieser Xi Jinping? Kein Mensch in China oder anderswo hält Xi Jinping für einen „Diktator“. Kein Mensch denkt, dass dieser Mann alle wirtschaftlichen und politischen Fäden in Händen hält.
Xi Jinping repräsentiert die Angst der KP Chinas vor dem Verlust ihrer Macht.
Xi Jinping ist das Versprechen der KP: „Alles wird gut! Ihr Chinesen werdet alle zufrieden und glücklich sein!“
Xi Jinping verkörpert als Vaterfigur das paternalistische System in China.
Paternalistisch ist dieses System, weil von der Regierung behauptet wird: „Wir tun alles für das Volk! Wir schaffen Wohlstand! Wir schaffen Glück! Wir schaffen internationales Ansehen!“
Stückweise war die KP Chinas mit ihrem Paternalismus auch erfolgreich. Dieser Erfolg war aber mehr den historischen und objektiven Bedingungen geschuldet als subjektiver Einsicht und persönlichem Einsatz ihrer Führungselite. Fähigkeiten und persönliche Leistung der chinesischen Führungselite liegen vor allem darin, dass sie ihre historischen Chancen und Möglichkeiten erkannt, ergriffen und genutzt haben. Das ist allerdings kein geringes Verdienst. Die sowjetischen KP-Führer nach Stalin hatten diese Fähigkeiten nicht. Schuld daran hat Stalin. Anders als Mao Zedong hatte Stalin die fähigen Leute in der Partei als mögliche Konkurrenten und Rivalen umbringen lassen.
Ein paar Worte zu den objektiven Bedingungen und Umständen für den Aufstieg Chinas:
In der vorindustriellen, also agrarischen und handwerklichen Welt, war China immer eine Weltmacht. Unter den damaligen Verhältnissen waren die Produktionsbedingungen überall ähnlich oder gleich. Größere Produktionsleistung hing allein ab von einer größeren Einwohnerzahl. Die Länder mit höheren Einwohnerzahlen hatten höheres Gewicht in der Welt.
Im ersten Jahrhundert nach Christus lebten 70% der Weltbevölkerung in Asien. Deshalb erbrachte Asien auch 70% der weltweiten Wirtschaftsleistung. Siehe die folgende Grafik:
Mit der Herausbildung des Kapitalismus in Europa stieg dort die Arbeitsproduktivität, so dass Europa mit geringer Bevölkerungszahl eine viel höhere Produktionsleistung hervorbrachte als alle nichtkapitalistischen Länder. Im Jahr 1900 lebten rund ein Drittel der Weltbevölkerung in Europa und Nordamerika, aber diese Kernzone des Kapitalismus erbrachte drei Viertel der globalen Wirtschaftsleistung (BSP). Auf diesem Vorsprung an Arbeitsproduktivität beruhte die Vormachtstellung Europas im 20. Jahrhundert.
Aber in dem Maße, wie andere Länder die kapitalistischen Produktionsmethoden übernehmen konnten, holten sie den Entwicklungsvorsprung Europas auf. Das schaffte Japan, das schaffte die Sowjetunion, das schaffte China und einige andere Staaten.
In einer "idealen" Welt mit gleichen
Arbeitsbedingungen hängt die Produktionskapazität wieder allein von der
Arbeiterzahl ab. In einer idealen Welt mit gleichen Arbeitsbedingungen ist
China - neben Indien - wieder die "Weltmacht Nr. 1".
Diese Entwicklung - Angleichung der Produktionsmethoden und damit der Arbeitsproduktivität in der Welt - ist ganz unabhängig von
einzelnen Parteien und einzelnen Staatsführern. Die chinesische Führungselite kann
auf dieser Entwicklungswelle „reiten“ wie ein Surfer auf einer Wasserwelle.
Siehe zu China auch:
Aufstieg und Niedergang des (europäischen) Kapitalismus
Konfliktzone Südchinesisches Meer
Verlierer Europa - Gewinner China
Der Niedergang der klassisch-imperialen Mächte
Der Asiate kann sich selbst nicht leiden