Das Lohnelend im Jahr 2017

  • Hier ein aktueller Gesamtüberblick über das Lohnelend des Jahres 2017 in Deutschland.


    Im Grundsatz sind alle Lohnarbeiter gleichermaßen arm, ganz gleich welches aktuelle Lohneinkommen sie gerade beziehen, weil ihr Lebensunterhalt von einem fremden Willen und von fremden Interessen abhängt. Ihre Existenz hängt davon ab, dass ein Kapitalist (oder der Staat) ihre Arbeitskraft kauft und damit ihren Lebensunterhalt zahlt.

    „In dem Begriff des freien Arbeiters liegt schon, dass er ein Armer ist, ein potenzieller und unsichtbarer Armer. Er ist seine ökonomischen Bedingungen nach bloßes lebendiges Arbeitsvermögen, ... Bedürftigkeit nach allen Seiten hin ... Als Arbeiter kann er nur leben, soweit er sein Arbeitsvermögen gegen den Teil des Kapitals austauscht, der den Lohnfonds bildet. Dieser Austausch selbst ist an für ihn zufällige, gegen sein organisches Sein gleichgültige Bedingungen geknüpft. Er ist also potenzieller, unsichtbarer Armer.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 497.




    Mein Kommentar zu einzelnen Grafiken

    1.1.

    Die Lohnarbeiter des Verarbeitenden Gewerbes stellen 19% aller (aktiven) Lohnarbeiter. Zum industriellen Kapital sind aber auch andere Branchen zu zählen.

    Neben dem verarbeitenden Gewerbe die Unternehmensdienstleister, das Baugewerbe, Transport und Logistik, IT und Kommunikation, Bergbau, Energie, Wasser und Abfall. In diesem Industriebereich arbeiten gut 50% der aktiven Lohnarbeiter.

    1.2.

    Der heutige Kapitalismus ist kein Kapitalismus der Konzerne. Nur noch 30 % der Lohnarbeiter in Deutschland arbeiten in Großbetrieben. Durch Aufspaltung, Outsourcen und Kapitalexport sind die Unternehmensgrößen geschrumpft, aber die Flexibilität des Kapitals gestiegen.


    2.1. und 2.2.

    Die Ausbildungsstruktur des Gesamtarbeiters hat sich in Deutschland in den letzten 15 Jahren kaum verändert, obwohl die Studentenzahlen ständig steigen. Im Jahr 2017 arbeiteten 24 Prozent der Lohnarbeiter ohne Berufsausbildung. 58 Prozent arbeiteten in einem Facharbeiterberuf, 13 Prozent in einer Tätigkeit, die Hochschulbildung erfordert. Gerechnet wird hier nur das Tätigkeitsprofil, nicht die persönliche Ausbildung. Wer von der Uni kommt und als Taxifahrer arbeitet, zählt zu den 13 Prozent ungelernter Tätigkeiten. 5 Prozent stellen die Kapitalisten und Geschäftsführer.


    3.1. und 3.2

    Stark zugenommen hat die Teilzeitarbeit. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hat sich in den letzten 10 Jahren fast verdoppelt. Die meisten Teilzeitbeschäftigten arbeiten in der Gesundheitsbranche, nicht im Handel. Da werden dann Löhne gezahlt, von denen kein Mensch leben kann. Aber die Leute sind aus der Arbeitslosenstatistik raus.


    3.3. und 3.4.

    Zugenommen haben auch die Minijobber. Hier sticht das Hotel- und Gaststättengewerbe ins Auge. Wie in der Grafik 4.1 zu sehen ist, ist dieses Gewerbe auch Schlusslicht bei der Lohnhöhe. Populistisch gesprochen sind Hoteliers und Gastwirte die schlimmsten Ausbeuter in Deutschland.


    4.1.

    Die Lohnstatistik zeigt, dass sich die Staatsdiener selbst am besten versorgen. Die reale Lohnentwicklung (die Inflationsraten sind hier abgerechnet) ist seit 1997 nur um die Nulllinie geschwankt. Die Löhne in den Großbetrieben sind gerade mal um 1 Prozent gegenüber 1997 gestiegen.

    Siehe dazu: Was ist Lohn?


    5.

    Die Zahlen der Grafik 5 zeigen, dass sich sowohl Betriebsräte wie Tarifverträge bezahlt machen. Allerdings kann man die Daten auch so lesen, dass sich sozialdemokratische Arbeitervertreter zu wenig oder gar nicht um Klein- und Kleinstbetriebe kümmern. Dort gibt es kaum Betriebsräte und Tarifbindung. In diesen Klein- und Kleinstbetrieben ist aber das Lohnelend besonders groß. Die Betreiber der Klein- und Kleinstunternehmen bieten ihren Lohnarbeiter in aller Regel nur eine unsichere und schlecht bezahlte Existenz, kombiniert mit direkter, persönlicher Despotie.


    Quelle aller obigen Daten ist der IAB-Forschungsbericht 6/2018 von Steffen Müller, Eva Dettmann, Daniel Fackler, Georg Neuschäffer, Viktor Slavtchev u. Barbara Schwengler.


    Angemeldete User können den Bericht hier downloaden:

    lohnabhangigkeit2017.pdf


    Wal Buchenberg, 14.11.2018

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