• Lohn ist der Teil des Arbeitsprodukts, den die Lohnarbeiter für ihren Lebensunterhalt benötigen. Lohn, oder „Entgelt“, wie es heute heißt, wird also aus dem Erlös der Waren und Dienstleistungen bezahlt, die die Lohnarbeiter erarbeitet haben.
    Marx nannte daher den Teil des Arbeitstages, während dem die Lohnarbeiter den Gegenwert für ihren Lohn erarbeiten, die „bezahlte“ oder „notwendige Arbeitszeit“. Den anderen Teil des Arbeitstages, den die Lohnarbeiter für ihren Kapitalisten arbeiten, nannte er „unbezahlte oder Mehrarbeitszeit“.
    Bei Staatsbediensteten ist das anders. Ihr Lebensunterhalt wird nicht aus ihrem eigenen Arbeitsprodukt, sondern aus dem Steuersäckel bezahlt.


    Im groben Durchschnitt und durch die rosa Brille der staatlichen Statistiker gesehen, die die „Lohnquote“ errechnen, betrug der bezahlte oder notwendige Teil des Arbeitstages 2014 in Deutschland 5 Stunden und 26 Minuten. Die unbezahlte Mehrarbeitszeit betrug pro Tag 2 Stunden und 34 Minuten. Siehe dazu unten die „Lohnquote“.


    Wenn Lohnarbeiter ihre Arbeitskraft verkaufen, erhalten sie Geld, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Die Lohnarbeiter tauschen ihre Ware Arbeitskraft gegen Geld, mit dem Geld kaufen sie Ware, um ihre Arbeitskraft wieder einsetzen und regenerieren zu können. Die Lohnarbeiter kommen daher aus diesem Kreislauf Ware gegen Geld und Geld gegen Ware so heraus, wie sie hineingegangen sind: Als bloße Besitzer von Arbeitskraft.


    Der einzelne Lohnarbeiter kann allerdings nur über seinen Nettolohn verfügen. Doch der Nettolohn ist nicht die ganze Lohnsumme, die die Kapitalisten auszahlen. In Deutschland beträgt der Nettolohn nur gut die Hälfte der Lohnsumme oder den "Arbeitskosten“.



    Bevor der (Netto)Lohn an die aktiven Lohnarbeiter ausgezahlt wird, behält der Kapitalist einen Teil des Lohnes zurück und überweist diesen an die Staatsbürokratie. Das sind zum ersten die Sozialbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, die Unfallversicherung, die Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Zum Zweiten sind das die Lohnsteuern.
    Grob gesprochen dient der Nettolohn dem „privaten“ Lebensunterhalt des einzelnen Lohnarbeiters und seiner Familie. Die Versicherungsbeiträge des Bruttolohnbestandteils sind dagegen Zwangsabgaben für Notfälle, die überwiegend der Kapitalismus hervorbringt. Die Versicherungsausgaben gehen an inaktive Mitglieder der Lohnabhängigen, an Kranke, Arbeitslose und Rentner. Aber auf die Verwaltung und Verteilung dieser Solidarbeiträge aus ihrem Lohn haben die Lohnarbeiter selbst keinerlei Einfluss. Der sogenannte „Sozialhaushalt“ wird von Staatsbediensteten und der Sozialbürokratie verwaltet. Das kommt die Kapitalistenklasse sehr viel billiger, als wenn die Lohnarbeiterklasse wie im 19. Jahrhundert ihre Versicherungskassen selbst verwalten würde.



    Karl Marx meinte: „Der Wert des Arbeitslohns ist zu schätzen nicht nach der Quantität Lebensmittel, die der Arbeiter erhält, sondern nach der Quantität Arbeit, die diese Lebensmittel kosten (d. h. der Proportion des Arbeitstages, die er sich selbst aneignet), nach dem proportionalen Anteil, den der Arbeiter vom Gesamtprodukt oder vielmehr vom Gesamtwert dieses Produkts erhält.
    Es ist möglich, dass in Gebrauchswerten geschätzt (Quantität von Ware oder Geld) sein Arbeitslohn steigt (bei steigender Produktivität) und doch dem Wert nach fällt und umgekehrt. ...
    Die Stellung der Klassen zueinander ist bedingt mehr durch die relativen Löhne als durch den absoluten Betrag der Löhne.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 420f.



    An der Lohnquote, wie sie von den staatlichen Statistikern berechnet wird, wäre Einiges zu kritisieren. Hauptkritikpunkt ist dabei, dass ein ziemlicher großer Teil der Mehrarbeitszeit in Gestalt des „Unternehmerlohnes“ (Gehälter von Geschäftsführer und Aufsichtsräten) hier zum Einkommen der Lohnarbeiterklasse gerechnet wird. Aber:


    - Egal wie sehr man an der Lohnquote herumrechnet: Im Vergleich zu anderen Ländern – vor allem ín der kapitalistischen Peripherie - liegt der „relative Lohn“ in Deutschland vergleichsweise hoch: in der Türkei liegt er nur bei 36 Prozent, in Mexiko liegt er nur bei 40 Prozent, in China bei 50 Prozent.


    - Egal wie sehr man an der Lohnquote herumrechnet: Im Vergleich zu den Vorjahren ist der relative Lohn in Deutschland zwischen 1950 und 1980 um rund 15 Punkte auf ca. 74% gestiegen, und seither um rund 10 Punkte wieder gefallen.



    Wal Buchenberg

  • Hallo Wal,


    es passt zwar nicht zum obigen Thema, aber ich habe eine Frage. Wo ist eigentlich zu verorten, dass Preise für "Grundbedürfnisse" anscheinend stärker steigen als in der Inflationsrate ausgewiesen. Ich habe mir dazu zwar keine Zahlen notiert, aber bei Lebensmitteln scheint mir das unterste Preissegment prozentual stärker zu steigen als die eher "luxuriösen" (Bei Milchprodukten z.B. in wenigen Jahren um die 50 %). Nicht zu vergessen die Mieten.


    Passt das zu "Verelendung"? Nur als Beispiel, wenn die Inflationsrate 2 % beträgt, für Lohnabhängige, Rentner und Arbeitslose "netterweise" ihr Einkommen um 2,5 % erhöht würde, die Preise für das Lebensnotwendigste aber um mehr als diese 2,5 % steigen?


    Mir erscheint der gern benutzte Begriff "inflationsbereinigt" oft als unzureichend, da in dem zur Berechnung herangezogene Warenkorb Konsumgüter gewertet werden, die für viele Lohnabhängigen und speziell für's "Prekariat" außerhalb ihrer Lebenshaltung liegen.


    Ist meine Frage irgendwie relevant?


    renée

  • Hallo renee,

    In den Warenkorb gehen Waren ein, die wir täglich kaufen (Lebensmittel) und Waren, die wir monatlich kaufen (Kleidung) und Waren, die wir Jährlich oder in noch größeren Abständen (Waschmaschine, Haushaltsgeräte) kaufen. Die Preise für Milch etc. hat jeder von uns im Kopf, die Preise für Haushaltsgeräte kümmern uns erst, wenn wir was neu brauchen. Die Preissteigerungen für Lebensmittel werden daher von uns wahrgenommen, Preissenkungen z.b. bei Fernseher nicht. Die Inflationsrate ist aber die gewichtete Summe aus allen Konsumgütern, die in den durchschnittlichen Verbrauch eingehen.

    Das heißt aber auch, dass die tatsächliche Inflation für Arme IMMER höher ist, als es die offizielle Rate ausweist, weil sie mehr für Essen und weniger für hochwertige Geräte ausgeben.

    Gruß Wal

  • Newly created posts will remain inaccessible for others until approved by a moderator.