Linke Niederlagen - und nun?

  • Hallo Wal,


    jedem Materialisten war klar, dass die Linke niemals die Vorhut der proletarischen Revolution sein kann.
    Gruß


    Hans

    Hallo Hans,
    "Vorhut der proletarischen Revolution" ist ein Ladenhüter, den ich niemandem abkaufe - dir nicht und auch der Linkspartei nicht.
    Ich hänge meine Erwartungen tiefer, und bin zufrieden, wenn sich irgendwer innerhalb oder außerhalb einer Partei für unsere Emanzipation vom Kapitalismus nützlich macht. Was wir nicht selber tun, wird auch nichts.
    All die freiwilligen und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die sich ohne Bezahlung für notleidenden Flüchtlinge einsetzen, Sachspenden machen, Feldküchen organisieren und Flüchtlinge beraten, die sind ohne Ausnahme schon antikapitalistische Aktivisten. Keiner von denen redet aber geschwollen von einer "Vorhut der proletarischen Revolution".


    Wenn in Zukunft etwas bewegt wird, wird es nur so bewegt: Durch das freiwillige und gemeinsame Engagement von Leuten, die anderen Menschen das Leben erleichtern und dafür keine Bezahlung erwarten. Das ist vielleicht nicht hinreichend für die Beseitigung des Kapitalismus, aber immer ein guter Anfang.
    Das blöde Geschwätz von der "Umverteilung von oben nach unten" kann ich nicht mehr hören. Diese Umverteilung ist auch nur auf Geld fixiert. Mit dieser Umverteilung sollen es sich die Lohnabhängigen im Kapitalismus gemütlich machen. Wäre ganz nett, wenn es funktioniert, tut es aber nicht.
    Die einzige "Umverteilung", die uns in einem krisenhaften Kapitalismus was bringt, ist die "Umverteilung" von der Arbeit für Geld zu freiwilligen gemeinsam organisierten Tätigkeiten ohne Bezahlung. Zur Not tun es auch Genossenschaften. Aber Parteien helfen uns nicht weiter. Auch keine "Vorhutparteien".


    Von solchen Gedanken ist die Linkspartei meilenweit entfernt und entfernt sich von Tag zu Tag mehr. Deshalb rate ich davon ab, sich Hoffnungen auf die Linkspartei zu machen.


    Gruß Wal

  • Hallo Wal,


    ich dachte immer, es ginge um die Produktionsmittel, die das Proletariat in Besitz nehmen soll ("Diktatur des Proletariats"). Armenfürsorge gibt's doch schon viele Jahrhunderte und freilich gibt es das auch im Kapitalismus. Da gibt es massenhaft Organisationen (Arbeiter-Samariter-Bund, Tierschutzbund, Aktion "Rettet die Wale", Kleiderkammern, Suppenküchen usw. usf.) Wieso wird es denn plötzlich ein antikapitalistischer Akt, wenn Migranten daran beteiligt sind? Wieso ändert sich durch milde Gaben nichts? Hier nicht und in Afrika auch nicht.


    Gruß


    Hans

  • Hallo Hans.


    es geht dabei nicht um milde Gaben, nein auch nicht um das hochtrabende Gerede von pro-sozialem Verhalten.


    Es geht um gemeinsames füreinander Machen.


    Es ist nicht dadurch ein antikapitalistischer Akt, weil es für Migranten geschieht - es ist einer, weil die, die da tun, es freiwillig, vor allem ohne dafür Geld zu bekommen und ohne Geld dafür zu wollen, tun. Sie in dieses Tun jeder Zeit ein- und aussteigen können - eben weil es ganz allein ihre immer wieder freie Entscheidung ist.


    Sozialismus ist, wenn wir den Wortinhalt auf den Namengeber dieses Forums zurückführen, nämlich nix mit Umverteilung sondern die andere Art der Reproduktion - eben (freiwillig) gemeinsam füreinander.


    Sicher müssen die, die da machen auch über die Produktionsmittel dafür verfügen.
    Aber eben sie selbst und nicht irgendeiner für sie.
    Vor diesem liegt erstmal die Produktionsmittel gemeinsam zu brauchen bzw. mit diesen auch gemeinsam was anfangen zu wollen - und zu wissen was.


    Liebe Grüße - Wat.


    Btw. Zuerst ist jeder Mensch, alle Unterscheidung/ Einteilung/ whatever käme danach, wozu sie nötig sein soll, ist hier nicht unser Thema.

  • Hallo Wat.,


    früher war die Armenfürsorge Sache der Reichen. Die haben das auch freiwillig gemacht ohne Gegenleistung. War das da auch schon antikapitalistisch?


    Arbeit ohne etwas dafür zu bekommen ist noch schlimmer als Lohnarbeit - die Lohnarbeiter kriegen wenigstens noch einen Anteil am Gesamtprodukt. Die Ehrenamtlichen kriegen nur einen feuchten Händedruck. Auch im Kommunismus arbeitet keiner für lau, die arbeiten nicht, wenn sie nichts abkriegen. So dämlich ist keiner. In der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft gilt übrigens noch der "bürgerliche Rechtshorizont". Das bedeutet, es wird nach Arbeitsleistung "bezahlt". Je größer die Arbeitsleistung, desto größer auch der Anteil am Gesamtprodukt. Das ist unvermeidlich, sonst tut nämlich überhaupt keiner was und alle machen sich einen schönen Tag. Das sieht man auch an den neuen Migranten, die tun auch keinen Handschlag, da kommen Putzkräfte, die alles sauber halten und der Cateringservice, der für das leibliche Wohl sorgt. Die wären ja auch schön blöd, wenn sie das Angebot nicht annehmen würden.


    Gruß


    Hans

  • In Armen-/Flüchtlingsfürsorge und ehrenamtlicher Arbeit die Vorboten kommunistischer Vergesellschaftung zu sehen halte ich, gleichauf mit Jens, ebenfalls für sehr problematisch und naiv. Andererseits gehe ich nicht so weit zu behaupten, ohne Entlohnung würde niemand einen Handschlag tun. Die ehrenamtlich Tätigen widerlegen dieses Menschenbild.


    Es ist zwar anzunehmen, dass sich in einer postkapitalistischen Gesellschaft die Entlohnung der Menschen nach Beliebtheit der Arbeiten umkehren würde (d.h. beliebtere Tätigkeiten sind schlechter entlohnt als weniger beliebte) um dadurch Arbeitsanreize zu schaffen und die reale Tätigkeits-Nachfrage zu erfassen, andererseits wäre es nur fair, wenn komplexere Tätigkeiten, die längere Ausbildungen benötigen, besser entlohnt werden und jemand der mehr Arbeitszeit als die meinetwegen gesellschaftlich festgelegte Grundarbeitszeit zur Sicherung der Grundbedürfnisse aufbringt, gleichermaßen mehr bekommt.

  • Hallo Hans,


    ich bin schwer geneigt, Deine Lesekompetenz zu erhöhen: Da steht nicht nur ohne Geld dafür zu bekommen, da steht auch ohne Geld dafür zu wollen.


    Jo, klar, ohne Geld dafür zu bekommen, tut keiner was.
    Wann bezahlst Du mich hier ;~)


    Im übrigen meinen die s.g. Muttermalen alles mögliche, aber nicht die Art der Reproduktion - also auf gar keinen Fall, daß da jemand seine Arbeitskraft an wen auch immer als Ware verkaufen muß. Also mit Geldfluß ist da mal gar nichts.
    Es sei denn, Du willst eine Wiederholung des Staatssozialismus.


    Du kannst gern hinten in meinem Blog lesen, was ich davon halte und vor allem warum.




    Hallo Mario,


    da gehen dann halt unsere Meinungen über bzw. Vorstellungen von einer (Du nennst das) post-kapitalistischen Gesellschaft weit auseinander.
    Warum sollte der, der länger von den anderen für seine Ausbildung freigestellt wurde, anschließend dafür auch noch mehr bekommen? Erschließt sich mir nicht.
    Er bräuchte ja nicht mehr lernen, muß er ja nicht.
    Wenn er die Zeit von den anderen bekommt, dann ist es doch eher so, daß er dafür wenigstens irgendwie mal Danke sagen sollte, wobei das Wort an sich wohl eher nebensächlich ist.


    Natürlich kann niemand heute guten Gewissens sagen, ob die jeweiligen Gemeinschaften für sich mal eine Grundarbeitszeit festlegen, aber auch wenn sie es nicht täten, kapiert allein durch die Tatsache, daß dann nicht ausreichend da ist, auch der Letzte, daß da noch irgendwas fehlt, was er sich nicht vom Baum pflücken kann.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Wat.,


    früher war die Armenfürsorge Sache der Reichen. Die haben das auch freiwillig gemacht ohne Gegenleistung. War das da auch schon antikapitalistisch?


    Das ist "Früherwarallesschöner-Geschwätz". Soweit Feudalherren für ihre Klientel fürsorglich waren, dann deshalb, weil die persönliche Abhängigkeit der Kitt der feudalen Gesellschaft war. Ohne Fürsorge für die Alten und Schwachen durch die Feudaloberen hätten sich die Jungen und Starken den Feudalherren nicht freiwillig unterstellt.
    Das Prinzip dieser Gesellschaft war "do, ut des" - Ich helfe dir, damit du mir hilfst - und diese Hilfe musste nicht gleichwertig sein.
    Wer allerdings keinen fürsorglichen Feudalherr hatte, der war vogelfrei und wurde gerädert, gehenkt, ins Arbeitshaus oder in den Kriegsdienst gepresst.
    Soviel zum Thema "freiwillige Armenfürsorge".

    Arbeit ohne etwas dafür zu bekommen ist noch schlimmer als Lohnarbeit - die Lohnarbeiter kriegen wenigstens noch einen Anteil am Gesamtprodukt. Die Ehrenamtlichen kriegen nur einen feuchten Händedruck. Auch im Kommunismus arbeitet keiner für lau, die arbeiten nicht, wenn sie nichts abkriegen.


    Schönen Dank für diesen tollen Kommunismus, der dem Kapitalismus zum Verwechseln ähnlich sieht.


    Es ist zwar anzunehmen, dass sich in einer postkapitalistischen Gesellschaft die Entlohnung der Menschen nach Beliebtheit der Arbeiten umkehren würde (d.h. beliebtere Tätigkeiten sind schlechter entlohnt als weniger beliebte) um dadurch Arbeitsanreize zu schaffen und die reale Tätigkeits-Nachfrage zu erfassen, andererseits wäre es nur fair, wenn komplexere Tätigkeiten, die längere Ausbildungen benötigen, besser entlohnt werden und jemand der mehr Arbeitszeit als die meinetwegen gesellschaftlich festgelegte Grundarbeitszeit zur Sicherung der Grundbedürfnisse aufbringt, gleichermaßen mehr bekommt.


    Und auch das ist nur eine billige Kopie des kapitalistischen Wertgesetzes, bei dem die Ausbildungsmühe in den Wert der Ware Arbeitskraft eingeht.
    Das Wertgesetz heißt: Ich gebe/mache dir eine Sache, damit du mir eine andere, aber gleichwertige Sache gibst/machst. Austausch gleicher Werte ist das Prinzip des Kapitalismus.
    Wo immer man arbeitet, um dafür entsprechend "entlohnt" zu werden, lebt und handelt man unter dem kapitalistischen Wertgesetz. Wo immer man unter dem Wertgesetz arbeitet, ist die eigene Arbeitskraft eine Ware, die teurer oder billiger "an den Mann gebracht" wird.


    Umgekehrt: Wo Leute (gemeinsam) handeln und arbeiten, weil die Sache sinnvoll und nötig ist, dort handeln sie nach dem kommunistischen Prinzip: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.
    Dieses Prinzip widerspricht dem Wertgesetz im Vordersatz und im Nachsatz.
    Laut Vordersatz ("Jeder nach seinen Fähigkeiten") arbeitet jeder, wie er kann (und wie er will) - ohne nach "Bezahlung" oder "Belohnung" zu schielen - einfach nur deshalb, weil er/sie einsieht, dass die Sache getan werden muss. Laut Nachsatz bekommt er/sie, was sie braucht, - egal ob und was sie vordem getan hat.


    All das wird im Kapitalismus längst praktiziert: Alles, was Eltern für ihre Kinder tun, tun sie nach dem kommunistischen Prinzip "jedem (Kind) nach seinen Bedürfnissen".
    Und auch Arbeit ohne Bezahlung ist ziemlich weit verbreitet. Ich denke da nicht nur an innerfamiliäre Fürsorge (die steht oft noch unter dem vorkapitalistischen Prinzip "do, ut des"), - ich denke hier an Tätigkeiten für fremde, unbekannte Menschen.
    Arbeit ohne Bezahlung geschieht heute nicht nur in der ehrenamtlichen Arbeit für Flüchtlinge. Es geschieht auch hier im Marx-Forum, es geschieht oder geschah bei Wikipedia. Es geschieht bei allen freiwilligen Projekten, es geschieht auch bei gemeinsamer politischen oder gewerkschaftlichen Aktivitäten und in gewissem Umfang auch in wirtschaftlichen Genossenschaften. Arbeit ohne gleichwertige Bezahlung ist die Regel bei den meisten Frauenarbeiten und allgemein in den unteren Lohngruppen.
    Außerdem: hätten alle Lohnarbeiter das kapitalistische Wertgesetz wirklich verinnerlicht (wozu sie sich meist außer Stande sehen), dann würden sie ihre Arbeitsleistung entsprechend drosseln und ihrer schlechten Bezahlung anpassen. Sie haben dabei durchaus ein Bewusstsein davon, dass sie selbst innerhalb der kapitalistischen Gesetze viel mehr tun als ihrem mageren Lohn entsprechen würde. Das kann man vielleicht "dumm" oder "naiv" schimpfen, aber diese Lohnarbeiter können halt nicht aus ihrer (latent kommunistischen) Haut.


    Der kommunistische Ausgangssatz "Jeder nach seinen Fähigkeiten" wird längst praktiziert und es wird massenhaft danach gehandelt. Allerdings ist dieses kommunistische Handeln immer nur punktuell und kurzzeitig.
    Mit dem Nachsatz: "Jedem nach seinen Bedürfnissen" hapert es noch ein bisschen - mit Ausnahme der Kinderaufzucht.
    Das liegt hauptsächlich daran, dass der Vordersatz "Jeder nach seinen Fähigkeiten" nur die Ausnahme und nicht die Regel ist. Zur Regel kann dieser Vordersatz nur durch eine Revolution der Eigentumsverhältnisse werden.


    Gruß Wal

  • Es handelt sich hier wohl um eine Frage des Menschenbildes ob jemand eine Ausbildung als Chirurg auf sich nehmen würde wenn er obendrein später mehr zu tun hat als jemand der genauso viel Anteil vom Kuchen bekommt aber einer weitaus weniger komplexe und intensive Arbeit nachgeht. Ich bin hier deutlich pessimistischer.


    Im Bereich der Grundbedürfnisse/Reproduktion mag das Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen." fraglos anwendbar sein. Nur, wie sieht es mit Extrabedürfnissen aus? Wer bestimmt darüber? Eine Plankommission? Oder die Gemeindeversammlung diskutiert wer was konsumieren darf? Ich halte das für einen harschen Einschnitt in die Wahlfreiheit.


    Ebenso ist eine vorausgehende Angabe wer wie viel wann konsumieren will um das in einer Planung festzuhalten, wie im Modell der genossenschaftlich produzierenden "Kommune Bochum" beschrieben, weder mit Wahlfreiheit vereinbar, noch zu wünschen, da man sich die bürokratischen Ausmaße ausmalen kann.


    Zur Wahlfreiheit ließe sich noch sagen: Es gibt genügend Studien die zeigen, dass das was Menschen meinen zu wollen und was sie eigentlich wollen auseinander klaffen kann und sich oft erst in Auseinandersetzung mit dem konkret anzutreffenden Angebot herausstellt bzw. dann nochmals ändern kann. Es sollte also stets weiterhin die Möglichkeit einer spontanen Befriedigung von Konsumbedürfnissen möglich sein.


    Auf der anderen Seite dürfte die oft von Anarchokommunisten verbreitete Vorstellung einer reinen Schenkwirtschaft viele Annahmen mitbringen, die völlig unklar sind und nicht wahrscheinlich. Eine ökologisch orientierte Ressourcen-Allokation ist auch schwer denkbar, wenn stets der Zustand eines quasi-mythischen Überflusses vorausgesetzt wird.


    "Tatsächlich liefern sämtliche Modelle demokratischer Planung (die arbeiterorientierte ebenso wie die gemeindeorientierte Variante), die keinerlei Synthese von Markt- und Planungsmechanismen vorsehen, auch kein System für eine effektive Ausübung der Wahlfreiheit. Es stellt sich daher die Frage, wie wir eine Synthese von demokratischer Planung und Wahlfreiheit erreichen können, ohne auf einen wirklichen Markt zurückzugreifen, der ja unvermeidlich zu all den mit der Ressourcenallokation durch den Markt verbundenen Problemen führen würde. (...)


    Aber wie können wir einen effektiven Informationsfluss in bezug auf individuelle Bedürfnisse herstellen? Die Idee, die ich hier untersuche, sieht die Kombination eines demokratischen Planungsprozesses mit einem System von Gutscheinen vor, die zur Befriedigung von Grund- und anderen Bedürfnissen genutzt werden könnten. So könnten wir uns die Etablierung eines Systems vorstellen, in dem es zwei Haupttypen von Gutscheinen gibt: Basis-Gutscheine (BGs) und Nicht-Basis-Gutscheine bzw. Extra-Gutschei­ne (EGs), die beide auf personengebundener Basis ausgegeben werden, so dass sie im Unterschied zu Geld nicht als allgemeines Medium des Austauschs und der Anhäufung von Reichtum verwendet werden können."


    Während BGs also nach kommunaldemokratischer Festlegung dessen was als Grundbedürfnis gilt nach dem Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen" vergeben werden, ist der Erwerb von EGs an einen arbeitszeitlichen Mehraufwand gebunden.


    "So könnten Planer, wenn sie den „Rationierungswert“ (und daher den Preis, gemessen an der Zahl von Extra-Gutscheinen) eines besonderen Produkts oder einer besonderen Dienstleistung kalkulieren, die Gesamtzahl der EGs, die im Lauf einer Zeitspanne (z.B. eines Jahres) für den „Kauf“ eines spezifischen Produkts oder einer spezifischen Dienstleistung verwendet wurden, durch den gesamten Output dieser speziellen Ware oder Dienstleistung in derselben Zeit dividieren.


    Wenn etwa die Föderationsversammlung beschlossen hat, dass ein Handy kein Basisprodukt ist, lässt sich der „Preis“ des Handys ermitteln, indem man die Zahl der in den letzten 12 Monaten für den „Kauf“ von Handys verwendeten EGs (z.B. 100.000) durch die Gesamtzahl der in derselben Zeitspanne produzierten Handys (sagen wir 1000) dividiert, was einen „Preis“ von 100 EGs pro Handy ergibt. (...)


    Dadurch entspricht die Produktion der tatsächlichen Nachfrage, und die Gemeinden sind nicht den bereits diskutierten vielfältigen Irrationalitäten der Marktwirtschaft oder der sozialistischen zentralen Planungssysteme ausgeliefert.


    Die hier vorgeschlagenen künstlichen „Märkte“ bilden daher den Rahmen, der nötig ist, damit die Planung die tatsächlichen Relationen von Nachfrage und Angebot (in denen sich die realen Präferenzen von Konsumenten und Produzenten widerspiegeln). (...)


    Die Unfähigkeit der zentralen Planwirtschaften Osteuropas, die Präferenzen der Konsumenten zum Ausdruck zu bringen, und die daraus resultierenden, für das System charakteristischen Knappheiten gingen in hohem Maß auf die Tatsache zurück, dass die Planung auf einem Preissystem basierte, das von der Arbeitstheorie des Werts beeinflusst war.


    Daher kann die Arbeitstheorie des Werts nicht die Grundlage eines Allokations­systems bilden, das nicht nur auf die Befriedigung der Bedürfnisse sondern auch die Sicherung der Souveränität und der Wahlfreiheit der Konsumenten abzielt. Im Gegensatz dazu sieht das hier vorgeschlagene Modell ein System der Rationierung vor, das zum einen auf den ermittelten Präferenzen der Konsumenten und zum andern auf der Verfügbarkeit der Ressourcen beruht." (aus: "Umfassende Demokratie - Takis Fotopoulos)


    Wolfram Pfreundschuh schlägt auf Kulturkritik.net alternativ ein kommunales Rechengeld vor, das zeitlich an konkrete Vertragsverhältnisse und Arbeitsaufwände gebunden ist:


    "Rechengeld ist eine Geldform, die sich nicht aus den Verhältnissen der Tauschwerte auf dem Markt aus den dort im Warentausch realisierten Wertvhältnissen ergibt, sondern aus einem politisch ermittelten Größenmaß der Aufwände je Reproduktion einer Wirtschaftseinheit (z.B. Kommune, Region, Land).


    Es ist ein Format für den Ausgleich von Aufwendungen (Arbeit, Kommunikaton, Verkehr, Transport usw.) zur Erzeugung und Bereitstellung von Produkten und Dienste für menschliche Bedürfnisse, die in einem Gemeinwesen zu einem bestimmten Zeitpunkt und für eine bestimmte Zeitdauer in einer wirklichen und konkreten Beziehung stehen und in ihrer sozialen Geltung quantifiziert sind.


    Es soll keine Geldfunktion als Darstellung von Warenwert haben, also auch von Buchgeld und Schwundgeld unterschieden sein, wohl aber auch als Vorschuss für eine erweiterte Produktion (siehe Mehrprodukt verfügbar sein, also auch Mehrarbeit darstellen können.


    Statt einen Warentausch zu bewerten, nimmt es in einem vertraglich geregelten Maß dessen konkretes Quantum zum Vergleich (z.B. konkrete Arbeitszeit, Rohstoffmengen, Landbenutzung usw.).


    Von daher muss ein Rechengeld diesbezügliche Eigenschaften und Bestimmungen enthalten: Seine Verweildauer ist durch die Zeit beschränkt, welche die dem Aufwand entsprechende Produkte in diesem Gemeinwesen haben und in welcher es wie ein Schwundgeld entwertet wird.


    Es unterscheidet sich von diesem dadurch, dass es eine Vertragswirtschaft voraussetzt, die auch regional gebunden und in einer Subsistenzindustrie begründet ist und interregional anerkannte Maßeinheiten beiinhaltet. Von daher muss es auch politisch kontrolliert sein. (…)


    Geld besteht in dieser Form daher nicht auf einem Warenmarkt selbst als Ware, sondern wird erst initiiert, wenn eine Lieferung oder eine Abmachung vollzogen wird und bekommt eine, der damit quantifizierten Arbeitsleistung unter lokalen Bedingungen eine analogen Verfallszeit, die sich auch überregional übertragen lässt.


    So ließen sich konkrete Bestimmungen eines Vertragsverhältnisses im Geld selbst konkret darstellen als konkreter Wert, der zeitabhängig bemessen ist, also keine allgemeine Wertlage reflektieren muss. Dies ist dann unabdingbar, wenn die Bewertung eines Güteraustauschs oder einer Leistung jenseits der Märkte und der Teilung der Arbeit, der abstrakten Arbeitsteilung vollzogen und beglichen werden soll, z.B. in Form von Naturalien, die nur kurzfristige Wertform während des "Händewechsels" einnehmen. (…)


    Um einer Vertragswirtschaft zu entsprechen, müssten Geldscheine allerdings durch öffentliche Automaten nahe am Produktentausch gedruckt werden - mit örtlicher und zeitlicher Kennzeichnung (z.B. durch wechselnde Farben, Grafik und Aufdrucke), weil sie sich nach bestimmtem Zeitverlauf (z.B. 1 Monat oder einem halben Jahr) entwerten sollen. Es würde hierbei wie bei einer Abbuchung auf einer Geldkarte funktionieren, die dann durch das frisch gedruckte Geld eingelöst ist.


    Es darf allerdings niemals aufwärtskompatibel zu fremden Währungen getauscht werden, wenngleich fremde Währungen sich durchaus im Tageskurs mit vertragswirtschaftlichem Rechengeld tauschen lassen, wodurch ein Wertimport möglich bleibt, der sich unmittelbar in einem eigens definierten Wertmaßstab innerhalb des regionalen Geltungsbereichs so weiter verhält, wie er sich durch Neuprodukte (Mehrprodukte) decken lässt, die wiederum als solche vertragswirtschaftlich weiter getauscht werden können." (siehe: Wikipool.net - Rechengeld)


    Beide Lösungen kommen ohne das kapitalistische Wertgesetz aus, ermöglichen dennoch eine passende Ressourcenallokation und Wahlfreiheit der Arbeit und des Konsums, und sind, nach meinem Dafürhalten, realistischer als die Vorstellung, alle machen alles einfach so und nehmen sich wie sie wollen, ohne dass es eine Regelung für die Zuteilung gibt (was vor allem in Zeiten der Ökokrise fragwürdig ist).


    Bisher finde ich eine derartige Vorstellung jedenfalls nicht für überzeugend. Vor allem da moderne Gesellschaften nicht wie Familien funktionieren.

  • Interessant wäre obendrein zu wissen, wie ein praktisches Übergangsprogramm aussehen könnte. Hierzu möchte ich die von Pfreundschuh und Fotopoulos vorgeschlagenen Wege in die Diskussion bringen, da sie mir bis dato die einzig bekannten konkreten Vorschläge einer Transformation in Richtung eines freiheitlichen Kommunalismus sind.


    Fotopoulos schreibt dazu in seinem Buch "Umfassende Demokratie":


    "Die grundlegenden Voraussetzungen für ein Wachsen der örtlichen wirtschaftlichen Selbständigkeit liegen in der Schaffung lokaler wirtschaftlicher Macht, und zwar in Form von:

    • finanzieller Macht,
    • steuerlicher Macht, und vor allem
    • der Macht, über die Produktion zu bestimmen.

    Im Hinblick auf die finanzielle Macht ist im Rahmen dieses Prozesses die Etablierung eines Netzes von Gemeindebanken erforderlich. Die Etablierung eines solchen Netzes setzt jedoch voraus, dass die Bewegung für eine umfassende Demokratie bereits bei lokalen Wahlen angetreten ist und schon eine gewisse Anzahl von Gemeinden übernommen hat. Aber schon bevor es soweit ist, kann sogar auf der Ebene von einzelnen Kommunen eine Reihe von Schritten in diese Richtung getan werden. Solche Schritte sind etwa:

    • Es könnten demotische Kreditverbände (d.h. vom demos unterstützte finanzielle Kooperativen) gegründet werden, die ihren Mitgliedern Kredite für ihre persönlichen Bedürfnisse und ihre Investitionen zur Verfügung zu stellen. Man könnte sich auch eine Erweiterung der Rolle der Kreditverbände vorstellen, so dass die Ersparnisse der Mitglieder für die örtliche Entwicklung und soziale Investitionen verwendet werden, mit anderen Worten, für Investitionen zugunsten der örtlichen Bevölkerung, um diese in die Lage zu versetzen, stabile Arbeitsplätze zu schaffen. So könnten demotische Kreditverbände zu der Basis werden, auf der in einem späterem Stadium ein Netz von Gemeindebanken aufgebaut werden könnte.
    • Eine demotische Währung (d.h., eine vom demos kontrollierte Währung) könnte eine entscheidende Rolle bei der Förderung der örtlichen wirtschaftlichen Selbstversorgung spielen, weil eine örtliche Währung die Kontrolle der wirtschaftlichen Aktivität durch die Gemeinde ermöglicht und gleichzeitig als Mittel zur Steigerung des Einkommens der Gemeindemitglieder verwendet werden könnte. Dabei ersetzt die demotische Währung nicht die nationale Währung, sondern ergänzt sie. In einem ersten Schritt könnten die heutigen LETS-Pläne [LETS = Local Exchange and Trading Systems; d.h. örtliche Austausch- und Handelssysteme, Tauschringe - d.Ü.] kommunalisiert werden.
    • Später kann ein demotisches Kreditkartenschema geschaffen werden, das sich zum Ziel setzt, für die grundlegenden Bedürfnisse aller Bürger zu sorgen. So könnten Bürger freie demotische „Kreditkarten“ erhalten, bei denen das Kreditlimit durch Einkommen und Vermögen bestimmt würde (d.h. je höher das Einkommen und Vermögen des Bürgers, desto niedriger das Kreditlimit). Diese Kreditkarten könnten zur Bezahlung örtlich produzierter Güter und Dienstleistungen verwendet werden. Ein solches Schema könnte daher eine nützliche Rolle beim Übergang zu einem Gutscheinsystem spielen, das in einer umfassenden Demokratie sämtliche Währungen ersetzen würde.

    (...)


    Sodann könnte ein neues demotisches (d.h., vom demos kontrolliertes) Steuersystem eingeführt werden, das versuchen könnte, soweit wie möglich schon im Rahmen der in der Übergangsperiode immer noch existierenden Marktwirtschaft den Grundprinzipien einer umfassenden Demokratie gerecht zu werden. So sollte sich die Steuerlast von der Besteuerung der Einkommen zur Besteuerung von Vermögen, Immobilien, Energie- und Ressourcenverbrauch und Aktivitäten verlagern, die umweltschädigend sind und soziale Kosten für die Gemeinde verursachen. Die Hauptziele des demotischen Steuersystems sollten sein:

    • die Finanzierung eines Programms der Kommunalisierung der örtlichen Produktionsressourcen, was Arbeitsplätze für sämtliche Bürger der Ge­meinde schaffen würde,
    • die Finanzierung eines Programms von Sozialausgaben, das für die Grundbedürfnisse aller Bürger sorgen würde, und zwar in der Form eines Grundeinkommens (dessen Umfang vom Einkommen und Vermögen der Bürger abhängt), das jedem Bürger ungeachtet seiner Arbeitsfähigkeit garantiert wird,
    • die Finanzierung institutioneller Arrangements, die zur Demokratie in den einzelnen Haushalten effektiv beitragen würden,
    • die Finanzierung von Programmen zur Ersetzung traditioneller Energiequellen durch örtliche Energiequellen, besonders natürliche (solare, Wind- usw.) Energie, was sowohl die Abhängigkeit lokaler Wirtschaften von fern gelegenen Zentren als auch die auf Energieverwendung zurückgehende Beeinträchtigung der Umwelt minimieren würde, und
    • parallel dazu die wirtschaftliche Bestrafung der antiökologischen Aktivitäten von in den Gemeinden ansässigen Zweigen und Niederlassungen der Großkonzerne.

    (...) Eine Strategie des Übergangs zu einer größeren Selbstversorgung würde bedeuten, dass die Mitglieder der Gemeinde mehr für sich selbst und für einander produzieren und Güter, die außerhalb der Gemeinde produziert werden, durch lokal produzierte Güter und Dienstleistungen ersetzen.


    Man könnte örtlichen Händlern finanzielle Anreize bieten, lokal produzierte Güter und Dienstleistungen zu führen, und die Bürger durch solche Anreize zum Kauf stimulieren. Dadurch würden lokale Produzenten wie Bauern und Handwerker ermutigt, für den örtlichen Markt zu produzieren und zu verkaufen, wodurch die Gemeinden der Fesselung durch die Großproduzenten und -händler entgehen könnten. (...)


    Das demokratische Planungs­system könnte jedoch bereits in der Übergangsperiode eingeführt werden, obwohl sein Spielraum für Entscheidungen natürlich durch die Marktwirtschaft scharf beschränkt wäre. Dennoch könnte dieses Planungssystem nützlich sein, um die Menschen an wirtschaftliche Demokratie zu gewöhnen und gleichzeitig die Vorbedingungen für individuelle und soziale Autonomie zu schaffen. (...)


    Die Gemeindeversammlungen könnten in jährlichen Abständen zusammentreten, um verschiedene Vorschläge zur Steuerhöhe und zur Verteilung des von der Kommune eingenommenen Geldes für das jeweils kommende Jahr zu diskutieren. So würden die Gemeindeversammlungen beginnen, soweit sie ihre eigenen Gemeinden betroffen sind, die steuerlichen Rechte des Staates zu übernehmen, wobei sie in der Übergangsperiode bis zur Ersetzung des Staates durch die Föderation der Gemeinden noch dem Recht des Staats auf Steuererhebung unterworfen wären."


    Schließlich soll in Folge all dessen das Geld- und Marktsystem durch ein Gutschein- und Planungssystem ersetzt werden, wobei die Güter für Grundbedürfnisse per Volumenplanung direkt planwirtschaftlich hergestellt werden und durch personenbezogene Basisgutscheine für jeden erhältlich sind, während die Extragutscheine durch die Allokation eines künstlichen "Marktes" vergeben werden und für deren Erhalt eine Arbeitszeit über das Grundbedürfnisniveau notwendig wäre.


    Pfreundschuhs Übergangsprogramm ist ähnlich, unterscheidet sich aber in diversen Punkten (geht z.B. nicht von einem anzustrebenden Gutscheinsystem aus). Er schreibt auf Kulturkritik.net unter dem Begriff "Kommunalpolitik":


    "Um die Kommunen gegen die Macht der Finanzmärkte zu verteidigen, wäre ihre Einbeziehung in eine internationale Kommunalwirtschaft nötig. Diese beruhe auf folgenden Grundlagen:


    1. Die unmittelbar bestimmte wie bestimmende Lebensform der Menschen ist ihre Kommune mit einer kommunalen Rätedemokratie durch qualifiziertes Stimmrecht.


    2. Die Subsistenz der Menschen muss durch eigene Grundversorgung, durch regionale Industrie (siehe Subsistenzindustrie), kommunalen Resssourcenbesitz und kommunales Grund- und Wohnungseigentum gesichert werden (siehe kommunale Reproduktionsindustrie).


    3. Kein Mensch und keine Organisation darf durch den Besitz von Wohnraum, Lizenzen, Rohstoff und Energie sich bereichern.


    4. Die gesellschaftliche Entwicklung der Kommunen geschieht durch ihre internationalen Beziehungen auf andere Kommunen vermittels netzartiger Vertragspartnerschaften (siehe Vertragswirtschaft) über die Verrechnung von Arbeitszeiten und Rohstoffdichte pro Produktivität.


    5. Lokale Tauschbeziehungen werden durch ein zeitgebundes regionales Rechengeld in derselben Weise verträglich gemacht."



    An anderer Stelle spricht er von der Möglichkeit eines "Brotkorbsozialismus", der ebenfalls auf dem Kommunalismus fußt, aber einen "in einem Gemeinwesen aufgehobenen Staat" vorsieht, der damit aber kein Staat im klassischen Sinn mehr wäre. Mit Brotkorb ist hier der "durchschnittliche Grundbedarf der Menschen in einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Land" gemeint. Wolfram schreibt (Fett Markierungen meinerseits vorgenommen):


    "Grundlegend ist eine Unterscheidung der gesellschaftlichen Beziehung von Reproduktion (Brotkorb) und Produktion (Entwicklung und Gestaltung des gesellschaftlichen Reichtums). Hierbei wird die gesellschaftliche Reproduktion der Individuen als gesellschaftliche Verpflichtung aufgefasst und die Entwicklung eines Mehrprodukts als gesellschaftliche Bereicherung angesehen, welche die Menschen aus den Naturgewalten und Zwängen befreit und die Vielfältigkeit ihrer Lebensäußerung befördert.

    Durch eine gesellschaftlich sinnfällige Unterscheidung von Notwendigkeit (Reproduktion) und Freiheit (Produktion) soll den Individuen dieser Gesellschaft ihr gesellschaftlicher Beitrag ebenso unterschiedlich geboten sein, wie er zur Erhaltung und Entwicklung von beiden möglich und nötig ist.

    Zur Reproduktion sollen sie, soweit sie können, an einer eigens hierfür organisierten Industrie oder an einer lokalen Automation von reproduktiver Produktion mit einem entsprechenden Anteil an Zeitaufwand (zusätzlich eines Sozialbeitrags für Gesundheit, Alter und Krankheit und Steuern) beitragen. Sie können sich hiervon ganz oder teilweise freistellen, wenn sie sich anderweitig zu reproduzieren und Sozialabgaben beizutragen in der Lage sind (z.B. durch eigene reproduktive Märkte oder Produktionen in der Landwirtschaft, durch Arbeit in der Mehrproduktion u.a.).

    Soweit hierbei Geld zirkuliert, soll es regional oder überregional in durchsichtigen Wirtschaftskreisläufen durch zirkulierende Produkte gedeckt sein. So kann Geld - als reines Rechengeld genommen - solange noch funktionieren, bis es überflüssig ist. Das Festhalten von Geld wird mit Zinszahlung (Negativzins) an das Gemeinwesen im Verrechnungsschlüssel der Mehrproduktion bestraft, da das Festhalten von Geld einen Abzug ihres Entwicklungspotenzials darstellt.

    Preise werden aus dem Aufwand an Arbeit, Arbeitsmittel und Rohstoff ermittelt und im selben Maß der Arbeit, den Produktionsmitteln und den Stoffen zugerechnet. Das Hauptproblem wird der Schwarzhandel in Fremdwährung bleiben, solange es noch kapitalistische Länder gibt, die Arbeitszeit noch erpressen und daher - an der Regionalwährung gemessen - billigere Produkte führen können.


    Die Produktion des Mehrprodukts wird als zusätzlicher Aufwand von den Menschen entwickelt, die sich hierfür entschieden haben und die ihre Arbeitszeit mit der gesellschaftlichen Reproduktionszeit und den Sozialleistungen verrechnen und die zugleich einen an ihrem Zusatzaufwand an Arbeitszeit gemessenen Anteil am Mehrprodukt erhalten, dessen Hauptteil dem Gemeinwesen dann übereignet wird.

    Die Bedürfnisse, welche zur Mehrproduktion anregen, werden durch Produktions- und Verteilungspläne nur auf diese bestimmten Belange hin (also nicht als staatliche 5-Jahrespläne) gesellschaftlich strukturiert und entsprechend ausgelobt. Bei Versagen ihrer Realisierbarkeit werden sie ebenso öffentlich als uneinlösbar zurück vermittelt, also storniert. Die Mehrproduktion kann nur soweit in einen Handel mit dem Ausland gegeben werden, wie dafür entsprechende Sachwerte zurückkommen.

    Das Gemeinwesen funktioniert nach dem Prinzip einer kommunalen, aber zu anderen Ebenen der sozialen und wirtschaftlichen Organisation subsidiär strukturierten Selbstverwaltung. Politische Willensbildung soll unnötig werden durch wissenschaftliche Beratung und Risikoanalysen, welche die gesellschaftlichen und individuellen Entscheidungen in Zweifelsfällen anleiten und im Falle der Unwägbarkeit oder einem Entscheidungspatt bis zur Erschöpfung aller Argumente als "nicht gesellschaftsfähig" abweisen sollen.

    Die Entwicklungen und Planungen, soweit sie nötig sind, werden wie in einer "verkehrten Aktiengesellschaft" bestimmt, also nicht nach Maßgabe des Gewinns an Privatvermögen, sondern nach Maßgabe der gesellschaftlichen Bereicherung, wie sie der jeweiligen Ebene der subsidiären Kulturgemeinschaften entspricht und zugleich zu einem bestimmtem Anteil als Vorleistung für Neuentwicklungen in Reservefonds (z.B. durch Rohstoffe) einbehalten wird.

    Mit der so in Gang gebrachten Aufhebung aller Klassen wird auch der bürgerliche Staat und die repräsentative Demokratie überflüssig, weil die Entscheidungen nicht mehr aus einem Meinungspalaver heraus gefällt und auf eine abstrakte Ökonomie bezogen werden müssen.

    Die Verbindungen und Beziehungen der unterschiedlichen Gemeinwesen sollen sich aus ihren ökonomischen und kulturellen Anliegen heraus gestalten und durch Delegierte (direkte Demokratie), die wie Räte fungieren (die also jederzeit innerhalb ihrer Kulturgemeinschaft wählbar und absetzbar sind) vertreten und ausgehandelt werden. (...)

    Die politisch markanten Momente werden die Aufhebung von privatem Grund- und Wohnungsvermögen nach Ablauf ihrer Amortisationszeit und die Wandlung der Banken von Kapital-Agenturen zur Kontrolleinrichtung der Produktzirkulation sein. Hierbei geht vor allem das gesamte fiktive Kapital verloren (das ohnedies auf Dauer verloren ist). Außerdem werden Kulturräume hierbei notwendig zu offenen Wirtschaftskreisläufen von föderal bezogenen Gemeinwesen, die allerdings gegen kapitalistisch produzierende Länder und deren Preispolitik geschützt werden müssen. (...)"


    Im Abschnitt zu einer näheren Erläuterung der Mehrproduktion heißt es:

    "Will er (der Einwohner) an der Mehrproduktion teilnehmen, so muss er anteilig seinen Lebensstandard damit verbessern können, will er sich nur reproduzieren, so reicht die Arbeit, die mit heutiger Technologie relativ wenig Aufwand bedeutet (es gibt Schätzungen von 2 bis 5 Stunden pro Woche, bzw. 34 Arbeitstage im Jahr), wobei unterstellt ist, dass sich der gesellschaftlich gegebene Reichtum an Produktivkraft (Arbeit und Produktionsmittel) mit den biologischen, geografischen und kulturellen Ressourcen eines bestimmten Lebensraums (Volk, Land, Region, Bezirk, Gemeinde) in einem Produkt umsetzen lässt, das sowohl gesellschaftlich wie auch individuell wirklich und wirksam ist. (...)

    Von diesem Reproduktionskreislauf unterschieden müssten die Menschen oder Gruppen haushalten, die sich besonders der Entwicklung, also der Erzeugung des Mehrprodukts widmen wollen und können, das über die Reproduktion und damit auch über den regionalen Lebensraum hinausgeht.

    Die "Mehrproduzenten" könnten sich dann dadurch den reproduktiven Arbeiten entziehen, dass sie Arbeitszeitanteile im Verhältnis ihres Mehrprodukts zum allgemeinen Brotkorb der Regionen durch einen Teil ihrer Leistungen (z.B. Hausbau, Straßenbau, Verkehrsmittel, wissenschaftliche Arbeiten, Bildungsarbeit usw.) ausgleichen, und hierdurch auch ihren persönlichen Brotkorb quasi durch Naturalientausch oder Gemeindegeld sicherstellen - oder sowohl reproduktiv arbeiten, wie auch als Mehrproduzent. Ihre Gewinne stehen Ihnen zu einem Teil zur freien Verfügung und befriedigen ihren Arbeitsanreiz bis zur Maximalgrenze der Verbrauchserwartung eines Menschenlebens.

    Zu einem anderen Teil wird damit ein Fond gebildet, der ähnlich wie ein öffentliches Aktienkapital (also das genaue Gegenteil des derzeitigen privaten Aktienkapitals) erneuter Mehrproduktion zur Verfügung gestellt wird. Ausgaben hieraus werden durch demokratisch eingesetzte Fachkommissionen denen zugesprochen und vorgestreckt, die überzeugende Ideen und Kräfte zu einer fortschrittlichen Produktion einbringen und die Mittel hierfür verwenden wollen. Diese wären die Folgegeneration der Mehrproduzenten. Das Entscheidungsrisiko verbleibt dem Gemeinwesen, welche diese Kommissionen bestellt.


    Die Fachkommissionen werden auf der Ebene gebildet und berufen, auf welcher die Vermarktung des Mehrprodukts verläuft: Dem in einem Gemeinwesen aufgehobenen Staat. Er bildet sich aus den Gemeinden, Bezirken und Ländern durch gewählte Vertreter, die aus den Regionen kommen und an deren Interessen gebunden sind. (...)

    Nach außen vertritt der Staat gegenüber anderen Ländern die Funktion eines Handel treibenden Unternehmers, der sein Mehrprodukt allein veräußert, um andere Mehrprodukte zu nutzen. Der Devisenmarkt wäre für ein Land des Brotkorbsozialismus allein schon dadurch auf ein wechselseitiges Wertverhältnis reduziert, dass für dieses Kapital nur als Vorschuss von Naturalien (z.B. Maschinen usw.) existieren kann, gleichgültig, was andere Staaten machen und betreiben. (...)

    Die gesellschaftliche Entwicklung, die Erzeugung eines Reichtums auf erweiterter Stufenleiter, ist abhängig von den Einfällen, Erfindungen, Mehraufwendungen usw. die von daran interessierten und befähigten Individuen erbracht werden. Sie benötigen hochentwickelte Technologie und Vorschuss in sachlichen Mitteln und Potenzen, um dies umzusetzen und haben auch einen Anspruch auf einen höheren Lebensstandard bis zu einer bestimmten Grenze, wenn ihnen die Umsetzung ihrer Vorhaben gelingt.

    Für sie ist die kommunale oder regionale Administration so etwas wie ein Aktionär, der ihren Ideen Glauben schenkt, und seine Investitionsentscheidung von einem wirtschaftlich, technologisch und wissenschaftlich befähigten Gremium abhängig macht, das anteilig durch WissenschaftlerInnen, Bevölkerung und PolitikerInnen gewählt wird.

    Der Wettbewerb um die gesellschaftliche Entwicklung wird somit im Rahmen einer Einstiegskontrolle durch gesellschaftliches Wissen und Bewusstsein einem in sich freien Markt überlassen, auf dem Individuen, freie Kooperationen oder ähnliches auch sich selbst mit inzwischen erworbenem Vermögen ohne Kontrolle engagieren können. Lediglich der Einstieg in dieses Segment wird gesellschaftlich unterstützt und kontrolliert.

    Was die hierin aktiven Menschen hierbei erwerben, gehört ihnen bis zu ihrem Tod und wird lediglich durch eine Steuer begrenzt, die ihnen bis zu einer Obergrenze des höchstmöglichen Lebensstandards ein gutes Leben ermöglicht, das ihrem Anteil am Mehrprodukt entspricht. Ihr Erbe ist der Staat, wie er auch Risikoträger für Fehlentscheidungen über die Projekte ist (keine Verschuldung von Individuen durch fehlgeschlagene Projekte).

    Somit ist der Träger des gesellschaftlichen Reichtums, seiner Bildung und Vermittlung, ein sozialistischer Staat, der den allgemeinen Lebensstandard auch auf seine Bevölkerung rückvermittelt und der über die gesellschaftlichen Bestimmungen konkret einzeln und allgemein als Vermittler und wie ein Banker fungiert, sich aber nicht über Kapitalinteressen gegen die Menschen durchsetzen kann, solange diese Bestimmungen über eine Rätedemokratie durch das Volk in den Anteilen ihrer gesellschaftlichen Beteiligung gewährleistet sind.


    Nach außen bezieht sich ein solcher Staat wirtschaftlich, also in Import und Export föderal, nicht auf der Basis von Wertbestimmungen des Finanzkapitals, sondern auf der Basis der Güterproduktion, die Geld nur als Rechnungsmittel auf der Grundlage von Verhandlungen über die Wirtschaftsverbindung verwendet und keinen Devisenmarkt akzeptiert. Politisch und militärisch ist er gehalten, nur defensive Gewalt einzusetzen und durch wirtschaftliche Verflechtungen Beziehungen und Formen kultureller Verständigung zu ermöglichen."

  • Interessant wäre obendrein zu wissen, wie ein praktisches Übergangsprogramm aussehen könnte. Hierzu möchte ich die von Pfreundschuh und Fotopoulos vorgeschlagenen Wege in die Diskussion bringen, ...

    Hallo Mario,
    Du stellst hier gleich zwei komplette Wirtschaftssysteme vor und nennst sie „praktisches Übergangsprogramm“.
    Ich frage mich und dich: Wohin führt dieser „Übergang“? Wohin soll er führen?


    Jedes Kind sollte lernen, was es heißt, in unserer Gesellschaft ein/e Erwachsene/r zu sein. Darauf zielt alle Ausbildung und Erziehung ab.
    Was ist aber von Leuten zu halten, deren Theorien und Maßnahmen nicht auf das Erwachsensein abzielen, sondern bloß auf den „Übergang“ zum Erwachsenwerden, der Pubertät?
    Was soll man von Theorien und Ratschlägen halten,die bis ins Kleinste allein die pubertäre Übergangszeit vorhersagen und planen wollen? Fehlt da nicht das Wichtigste?


    Ich sehe keinen Sinn darin, mich mit Übergangsformen und Übergangsmodellen befassen, wenn nicht klar wird, wohin dieser Übergang abzielt. Ich habe den starken Verdacht, dass alle diese „Übergangsmodelle“ für die Verfasser eigentlich keinen Übergang, sondern ihr Ziel darstellen, das sie anstreben, und für das sie andere Menschen gewinnen und begeistern wollen.


    Sorry, ich kann mich nicht für einen "Übergang zur Pubertät" begeistern. Ich will mich und andere für das wirkliche Ziel begeistern – eine Gesellschaft ohne Hierarchie (=Klassen), eine Gesellschaft der „universal entwickelten Individuen“ (Karl Marx), eine Gesellschaft, „worin die selbständige und freie Entwicklung der Individuen keine Phrase ist“ (Karl Marx), eine „freie Vereinigung der Individuen, die bedingt ist durch den Zusammenhang der Individuen, ein Zusammenhang, der teils in den ökonomischen Voraussetzungen besteht, teils in der notwendigen Solidarität der freien Entwicklung Aller, und endlich in der universellen Betätigungsweise der Individuen auf der Basis der vorhandenen Produktivkräfte.“ (Karl Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 424.)
    Nichts davon finde ich in diesen "Übergangsmodellen" wider und doch wollen sie und du glauben machen, dass es sich dabei um einen "Übergang zum Kommunismus" handelt.
    Kann denn irgend jemand einen möglichen "Übergang zum Kommunismus" entwerfen, der den Kommunismus im Wesentlichen für unmöglich und phantastisch hält?
    Vor dem Zielbild einer klassenlosen Gesellschaft sind die von dir, Mario, zitierten „Übergangsmodelle“ kleinkrämerisch und kleingeistig, und es ist nicht zu sehen, wie sie den Übergang zu einer Gesellschaft selbstbestimmter Individuen fördern und bewerkstelligen sollten.


    Es wäre ehrlicher, wenn diese "Übergangskommunisten" sagen würden: "Vom Kommunismus halte ich nicht viel, er ist mir entweder zu ferne oder zu phantastisch. Ich befasse mich lieber mit dem Naheliegenden und dem Möglichen. Ich bin deshalb Sozialist, kein Kommunist."



    Mit so einer Ehrlichkeit könnte ich als Kommunist leben und umgehen. Ich würde zu den Leuten sagen: Okay, wir haben nicht das gleiche Endziel. Als Kommunist will ich viel mehr als ihr Sozialisten wollt. Aber bestimmt können wir einen Teil des Weges gemeinsam gehen. Gemeinsame Wegstrecken sind sicherlich dort zu finden, wo Entscheidungen möglichst weit nach unten verlagert werden sollen.
    Wo jedoch unter den verschiedensten Verkleidungen, Entlohnungen und Geldersatz-Zettelchen die Lohnarbeit, nämlich Arbeit für Entlohnung statt für selbst gesetzte Zwecke, erhalten werden soll, da haben diese Sozialisten mich und alle anderen Kommunisten zum Gegner.


    Sorry und Gruß
    Wal

  • Hallo Wal,


    ich habe die Vorschläge lediglich zur Diskussion stellen wollen. Das heißt nicht, dass ich ihnen keine Skepsis entgegenbringe. Deine Kritik an Rechengeld- und Gutschein-Vorschläge trifft durchaus einen Punkt. Bei alledem ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich abermals eine Planungsbürokratie herausbildet, vor allem bei der Idee eines Extra-Gutscheinsystems per "künstlichen Markt".


    Das Problem was ich sehe ist die mangelnde bildliche Greifbarkeit einer vollständig kommunistisch organisierten Gesellschaft. Denn die häufig gestellte Frage zu alledem lautet "Wie soll das funktionieren?" Die meisten Leute verlangen hier zumindest eine gewisse Skizze, einen Grobumriss.


    Den versuchen diese Modelle zu liefern, auch wenn sie vermutlich mehr als sozialistisch ("Frühphase des Kommunismus") als kommunistisch zu bezeichnen sind.


    Ich kann deinem Entwurf der Kommune Bochum durchaus etwas abgewinnen, er löst m.M.n. aber unzureichend das Problem der Wahlfreiheit und der spontanen Erfüllung von Konsumbedürfnissen. Setzt man diese Wahlfreiheit aber für wichtig, und ich meine, das ist sie, stellt sich die Frage wie festgelegt werden soll, wer was bekommt und wie die Produktion weiterhin ökologisch ablaufen soll.


    Denn das wird, so meine ich, in einigen Punkten auch Verzicht bedeuten (z.B. im Bereich des privaten Auto- und Flugverkehrs oder bestimmter technischer Entertainment-Artikel). Denn der westliche Lifestyle lässt sich nicht auf den gesamten Globus verbreiten, wenn man Interesse an einer für den Menschen intakten Natur hat.


    Im Bereich der Grundbedürfnisse - welche das sind müssten die Gemeindeversammlungen und die daraus hervorgehenden Koordinierungs-Gremien dieses inter-kommunalen Netzwerkes selbst festlegen - also der Reproduktion, lässt sich hier wohl eine einfache Planung organisieren.


    Wie aber sieht es mit der "Mehrproduktion" im Sinne eines Entwicklungsfonds aus? Und wie findet die Zuordnung von Luxusgütern statt? Wie wird entschieden, dass jemand berechtigt ist mehr Güter und Dienstleistungen zu beziehen? Ebenso muss möglich sein, dass man sich mit eigenen Ideen aus der bloßen Reproduktion absetzen und eigene Projekte umsetzen kann. Anders sind kreative Innovationen vermutlich nicht denkbar. Wie ist so ein "Unternehmertum ohne Kapital" dann anders denkbar als beispielsweise von Wolfram dargelegt?


    Sicherlich mögen die oben zitierten Vorschläge arg detailliert sein und voraussichtlich nicht so umgesetzt werden, da sich Geschichte nicht vorwegnehmen lässt. Aber ich halte eine gewisse Skizze schon für nötig. Bisher ist mir aber keine untergekommen, die mich hundertprozentig überzeugt. Bei allen schwingt die dunkle Ahnung einer erneuten Planungsbürokratie mit.

  • Hallo Mario,


    mit einem Ansatz hier die Produktion und da die Konsumtion wird das weder gehändelt noch gedanklich schlüssig zu erfassen sein.


    Ich denke, es muß klar sein, daß immer nur genommen werden kann, was vorher gemacht werden konnte und wurde.


    Mit Bestellscheinmentalität, sorry mir fällt grad keine glücklichere Formulierung ein, ist da nichts zu wollen.
    Das hat dann auch was mit dem eigenen Willen und Können zur Herstellung beizutragen zu tun.


    Wie sollte denn einmal dauerhaft schlüssig festgelegt werden, was Grundbedarf und was Luxusbedarf is
    Verrate mir bitte die genaue Trennlinie.


    Niemand, so behaupte ich, kann jemandem, der hier mit den Produktionsverhältnissen nicht prinzipiell im Klintsch liegt, auch nur irgendwie verklickern, daß was anderes sinnvoller, vernünftiger, besser oä wäre.


    Wer hier nur seine persönliche Stellung in dieser Gesellschaft, aber nicht die Produktionsweise an sich, für kritikwürdig oder als zu ändern hält, der kann mit etwas anderem gar nichts anfangen.
    Wozu auch.
    Statt Diener zu sein, reichte es (ihm) ja völlig, selbst welche zu haben...


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hi Wal!



    Wer allerdings keinen fürsorglichen Feudalherr hatte, der war vogelfrei und wurde gerädert, gehenkt, ins Arbeitshaus oder in den Kriegsdienst gepresst.
    Soviel zum Thema "freiwillige Armenfürsorge".


    Im 19. Jhd. gab es Armenhäuser, die durch die Zuwendungen reicher Bürger finanziert wurden.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Armenhaus



    Schönen Dank für diesen tollen Kommunismus, der dem Kapitalismus zum Verwechseln ähnlich sieht.


    Ja, die frühe Phase der kommunistischen Gesellschaft ist noch mit dem bürgerlichen Recht behaftet. Das ist richtig.


    "Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eignen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt. Demgemäß erhält der einzelne Produzent - nach den Abzügen - exakt zurück, was er ihr gibt. Was er ihr gegeben hat, ist sein individuelles Arbeitsquantum. Z.B. der gesellschaftliche Arbeitstag besteht aus der Summe der individuellen Arbeitsstunden. Die individuelle Arbeitszeit des einzelnen Produzenten ist der von ihm gelieferte Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sein Anteil daran. Er erhält von der Gesellschaft einen Schein, daß er soundso viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich viel Arbeit kostet. Dasselbe Quantum Arbeit, das er der Gesellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der andern zurück.

    Es herrscht hier offenbar dasselbe Prinzip, das den Warenaustausch regelt, soweit er Austausch Gleichwertiger ist. Inhalt und Form sind verändert, weil unter den veränderten Umständen niemand etwas geben kann außer seiner Arbeit und weil andrerseits nichts in das Eigentum der einzelnen übergehn kann außer individuellen Konsumtionsmitteln. Was aber die Verteilung der letzteren unter die einzelnen Produzenten betrifft, herrscht dasselbe Prinzip wie beim Austausch von Warenäquivalenten, es wird gleich viel Arbeit in einer Form gegen gleich viel Arbeit in einer andern ausgetauscht."

    http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_013.htm


    Früher habe ich das anders gesehen als Marx. Heute nicht mehr. Es wird, wie er weiter ausführt, unvermeidlich sein. Nichtsdestotrotz wäre es ja ein Riesenfortschritt.


    "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" soll ja erst in einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft eingeführt werden.


    "In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen - erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"

    Gruß


    Hans


  • Hallo Hans,
    ich finde es immer nett, wenn man mir Marx-Zitate entgegenhält, die ich ganz bestimmt noch nie gesehen und gelesen habe.
    :thumbsup:


    Mein Kommentar zu deinen beiden Zitaten:


    1. Dieses erste Zitat entstammt der Marxschen Kritik am Gothaer Programm der SPD von 1875. Nicht Marx hatte sich da eine "Übergangsgesellschaft" ausgedacht oder gar empfohlen, sondern die damaligen SPD-Gründer, die keineswegs Marxisten waren.. Die im Gothaer Programm anvisierte Übergangsgesellschaft liest sich so: "Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums und aller Kultur und da nutzbringende Arbeit nur in der Gesellschaft und durch die Gesellschaft möglich ist, gehört der Ertrag der Arbeit unverkürzt, nach gleichem Rechte, allen Gesellschaftsmitgliedern."
    Die Kritik von Marx an diesem Sozialismus war insgesamt vernichtend. Wo er daran etwas gelten lässt, dann nicht als Ziel, sondern allenfalls als zeitweilig unvermeidliches Übel.
    Alle "Übergangskommunisten" überschlagen sich aber mit Lobgesängen für dieses "kleinere Übel" und sehen in dem Austausch von Warenäquivalenten, den Marx in seiner Kritik als "Missstand" bezeichnet (MEW 19, 21), die Verwirklichung von sozialer "Gerechtigkeit".
    "Sind die sachlichen Produktionsmittel genossenschaftliches Eigentum der Arbeiter selbst, so ergibt sich ... eine von der heutigen verschiedene Verteilung der Konsumtionsmittel. Der Vulgärsozialismus (und von ihm wieder ein Teil der Demokraten) hat es von den bürgerlichen Ökonomen übernommen, die Verteilung als von der Produktionsweise unabhängig zu betrachten und zu behandeln, daher den Sozialismus/Kommunismus hauptsächlich als um die Verteilung sich drehend darstellen."
    Karl Marx, MEW 19, 22.


    2. Was Marx 1875 als vielleicht unvermeidliche "frühe Phase" bezeichnet hat, muss nicht 2015, 2025 oder 2035 auch noch unvermeidlich sein. Alle "Übergangskommunisten" unterstellen jedoch ungeprüft, dass das, was Sozialdemokraten 1875 für notwendig und unvermeidlich hielten, auch heute noch notwendig und unvermeidlich sei. Seit Stalin ist die Abfolge "Kapitalismus, Sozialismus, Kommunismus" sogar ein ML-Dogma.
    Ich habe da meine Zweifel.


    Marx fasste seine Kritik so zusammen: "ich bin weitläufiger auf den 'unverkürzten Arbeitsertrag' einerseits, 'das gleiche Recht', die 'gerechte Verteilung' andererseits eingegangen, um zu zeigen, wie sehr man frevelt, wenn man einerseits Vorstellungen, die zu einer gewissen Zeit einen SInn hatten, jetzt aber zu veraltetem Phrasenkram geworden sind, unserer Partei wieder als Dogmen aufdrängen will..." (MEW 19, 21f.)


    Und dieser "veraltete Phrasenkram" von 1875 wird heute immer noch als "Weiterentwicklung und Bereicherung des Marxismus" feilgeboten!?





    Gruß Wal

  • „hätten alle Lohnarbeiter das kapitalistische Wertgesetz wirklich verinnerlicht (wozu sie sich meist außer Stande sehen), dann würden sie ihre Arbeitsleistung entsprechend drosseln und ihrer schlechten Bezahlung anpassen.“ (Wal)



    Wertgesetz bedeutet, dass im historischen Abschnitt der kapitalistischen Reproduktion alle Aktionen und Prozesse der menschliche Reproduktion (und darüber hinaus viele andere) vom Wert dermaßen bestimmt sind, dass sich allgemeingültige Aussagen auf dieser Grundlage machen lassen. Z. B. Wenn die Arbeiter eines Kapitalisten für Herstellung der Waren auf Dauer mehr als die gesellschaftlich durchschnittliche Arbeitszeit (die den Wert bestimmt) aufgewendet wird, dann wird dieser Kapitalist kurz über lang einer gewesen sein und Lohnarbeiter verlieren ihre Existenzbasis.


    Gesetze, wenn sie erkannt sind, können Menschen zu ihrem Nutzen anwenden, kontrollieren, außer Gang setzen oder die Menschen können ihnen ausgeliefert sein (Wie eine Verinnerlichung eines Gesetzes aussehen soll, kann ich mir deshalb nicht vorstellen). Lohnarbeiter wissen nichts vom Wertgesetz und sind ihm deshalb ausgeliefert . Deshalb bleibt ihnen nichts anderes übrig, eine Schädigung wie im vorgenannten Beispiel als Schicksalsschlag oder Machwerk von bösen Kapitalisten mehr oder weniger ohnmächtig hinzunehmen.


    Deshalb ist es auch falsch zu behaupten:


    „Sie haben dabei durchaus ein Bewusstsein davon, dass sie selbst innerhalb der kapitalistischen Gesetze viel mehr tun als ihrem mageren Lohn entsprechen würde.“


    Wenn ihnen das bewusst wäre müssten sie halt erst mal das Wertgesetz kennen. Die Wirklichkeit, ihr Bewusstsein, sagt ihnen indes, dass angesichts des enorme Angebots an Waren ihr mickriger Lohn für eine angenehme Bedienung aus ihm bei weitem nicht reicht.



    „Das kann man vielleicht "dumm" oder "naiv" schimpfen, aber diese Lohnarbeiter können halt nicht aus ihrer (latent kommunistischen) Haut.“


    Dass Lohnarbeiter latent kommunistisch seien, ist eine Behauptung, die zu beweisen wäre. Wenn z. B, Lohnarbeiter ohne Gegenleistung, also außerhalb des Wertgesetzes, anderen Menschen helfen, dann hat das eher was mit Moral, aber kaum was damit zu tun, dass eine kommunistische Haltung endlich real geworden sei. Da bewegen wir uns auf einem ganz anderen gesellschaftlichen Gebiet, denn die Christen etc. werden ihrerseits das Gleiche für sich in Anspruch nehmen. Dann bewegen wir uns auf dem Gebiet des Guten und Idealen aber gewiss nicht auf dem Gebiet einer materialistischen kommunistischen Haltung

  • Hallo jialing,


    ich könnte Dir nur einen einzelnen 'Gegenbeweis' bringen. Allein, ich glaub', meine Fahrt zu Dir übersteigt die durchschnittlichen Reproduktionskosten, die mir mit meinem Lohn zugestanden werden.


    Liebe Grüße - Wat.


    ;):D:saint:

  • Hi Wal,


    ich weiß natürlich, dass du sämtliche Werke von Marx und Engels auswendig aufsagen kannst. ;-)


    Mag sein, dass Marxens Überlegungen aus dem Jahr 1875 veraltet und überholt sind. Ich weiß auch nicht, ob die Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voll genug fließen. Keine Ahnung. Im Weltmaßstab gesehen eher nicht. Vielleicht reicht es erst im Jahr 2100 oder 2200. Oder es ist auch möglich, dass alles ganz anders kommt. Ob der bürgerliche Rechtshorizont, der ja nach wie vor gilt, gleich überwunden werden kann, weiß ich auch nicht. Ich glaube nicht. Aber wir wollen nicht über Glaubensfragen diskutieren. ;-)


    Gruß


    Hans

  • „hätten alle Lohnarbeiter das kapitalistische Wertgesetz wirklich verinnerlicht (wozu sie sich meist außer Stande sehen), dann würden sie ihre Arbeitsleistung entsprechend drosseln und ihrer schlechten Bezahlung anpassen.“ (Wal)

    Hallo Jialing,
    es gibt hier mehreres, was ich bei dir nicht verstehe.


    Erstens verstehe ich nicht, warum du als Gast postest, obwohl du ein angemeldeter User mit eigenem Account bist. Ich denke, Angela und ich hätten mindestens eine (private) Erklärung von dir verdient.


    Zweitens verstehe ich nicht, warum du eine ziemlich nebensächliche Bemerkung von mir mit so einem langen Kommentar abstrafst.


    Drittens weißt du von meinen früheren Beiträgen, dass ich von Kopfguckerei nichts halte. Ich bekenne mich schuldig: hier habe ich Kopfguckerei betrieben und Aussagen gemacht zu dem Bewusstsein von Frauen und Männern in schlechtbezahlten Lohngruppen, die trotz schlechtester Bezahlung gute und sehr gute Arbeitsleistung abliefern.
    Du hast dann Aussagen über fremdes Bewusstsein gemacht, die mir widerspricht.


    Da steht also Aussage gegen Aussage über einen Sachverhalt, bei dem keiner einen empirischen Beweis für die Richtigkeit bringen kann.
    Lassen wir es damit gut sein. :)


    Gruß Wal

  • Noch eine Fundsache meinerseits zur Planungsdebatte. Auf dem Blog stattkapitalismus.blogsport.de, welcher sich mit der Skizze einer markt- und geldlosen Planwirtschaft unter dem Namen "Bedürfnisorientierte Versorgungswirtschaft" (BVW) - sowie gleichermaßen wie Wal von einer Planung aus Basis von Erfahrungen/Schätzungen und Bestellungen ausgeht, allerdings mit einer Chipkarte zur Erfassung des Arbeitszeitkontos verknüpft - heißt es zu den Fragen des Übergangs unter "3.1. Erste Phase" und weiterführend:


    "In dieser ersten Phase der Umgestaltung besteht wohl die Schwierigkeit darin, trotz der radikalen Änderungen in beinahe allen Bereichen der Gesellschaft die Produktion und Versorgung nicht zum Stillstand kommen bzw. in ein chaotisches Wirrwarr münden zu lassen. Allen Organisatoren der BVW muss von vornherein klar sein, was zu tun ist, und es muss eine einigermaßen zufriedenstellende Versorgung von Anfang an gewährleistet werden. Bei den Mitwirkenden der Umgestaltung sollte Klarheit darüber bestehen, welche Maßnahmen was bewirken. (...)


    Unverzüglich sind in jeder Region Komitees zu bilden, die für die Bereiche Planung, Versorgung, Arbeitsplatzzuweisung, Gesundheit und Ausbildung zuständig sind. Die Planungs- und Versorgungskomitees werden branchenspezifisch gebildet und arbeiten mit den lokalen Arbeitskomitees zusammen.

    Die Besetzung der Komitees hat durch die Ausschüsse zu erfolgen. Die Ausschussmitglieder werden von regional gewählten Komitees bestimmt.


    Die Planungskomitees haben die Zahl und Qualität der herzustellenden Güter zu bestimmen und für die technischen Bedingungen der Produkt- und Leistungserstellung zu sorgen.


    Die Versorgungskomitees sind für die Chipkarten und die Zuteilung der Güter und Leistungen verantwortlich
    Die Arbeitskomitees haben sich sowohl um die Planung und Zuweisung der Arbeitsplätze zu kümmern als auch die sukzessive Einrichtung und Einhaltung BVW-konformer Arbeitsbedingungen zu kontrollieren.



    Überdies sind in der ersten Phase Informations- und Hilfsstellen einzurichten, welche die neuen Regelungen erklären und bei Problemen praktisch weiterhelfen.

    Zudem werden Schiedsstellen gebildet, die Streitfälle pragmatisch behandeln.


    Diesbezüglich könnten einige Skeptiker die Stichworte „Recht und Ordnung“ ins Spiel bringen und einen Zustand, der Chaos und Willkür zeitigt, beschwören. Die Gewalt des bürgerlichen Staates besteht nicht mehr und die Gesetze haben ihre Gültigkeit verloren. Dies bedeutet jedoch nicht Chaos, wenn bei den Initiatoren Klarheit darüber besteht, was zu tun ist, und der Großteil der Leute dies versteht und willens ist mitzumachen.


    Willkürlich werden Komitees und Schiedsstellen dann nicht entscheiden, wenn klare Richtlinien bezüglich der Maßnahmen und deren Zwecken vorgegeben werden. Im Sinne der Einrichtung der BVW sind Maßnahmen zu setzen, die auch einzuhalten sind.



    Leuten, die nicht einsehen wollen, dass diese Richtlinien und Auflagen keinen Schaden für sie bedeuten und zum Vorteil aller gereichen, wird das entzogen, wodurch sie Schaden anrichten können, sei es nun z.B. die Verantwortung für die Arbeitssicherheit, der Führerschein, etc. Solche, die mutwillig die Versorgung boykottieren oder marodieren, werden in Gewahrsam genommen. (Dazu siehe auch Kapitel „Grundriss einer BVW / Sicherheit und Beurteilungsinstanzen“)


    Die erste Phase des Übergangs ist mit relativ starken Sicherheitskräften abzusichern. Plünderungen, tätliche Übergriffe, die Bildung von Schwarzmärkten mit noch kursierendem Geld etc. sind zu unterbinden.


    An militärischer Gewalt sollte so viel bereitstehen, dass feindliche Staaten abgeschreckt werden, die BVW-Region anzugreifen. (...)


    Jedes Mitglied der BVW ab einem gewissen Alter erhält eine Chipkarte, welche die relevanten Daten für die Arbeitsplatzzuweisung und Zuteilung der Güter enthält.


    In der ersten Phase der Umgestaltung erscheint es sinnvoller, als Zuteilungsmodell ein Preismodell zu wählen, da die Abschaffung von Preisen, wie es das Stufenmodell vorsieht, eine schon gut und über einen längeren Zeitraum funktionierende BVW voraussetzt.


    Entscheidend ist, dass die Preise in der Produktion sofort abgeschafft werden, d.h. im Erstellungsprozess nur mehr technische Größen verwendet werden. Die Preise erfüllen nur mehr eine Funktion bei der Zuteilung an die „Letztverbraucher“:

    Preise in der Übergangszeit sind allerdings weder als eine ökonomische noch als eine historische Notwendigkeit anzusehen – es spricht nichts außer der oben erwähnten pragmatischen Überlegungen dagegen, Preise sofort abzuschaffen.


    Mit den Preisen ist somit noch eine Beschränkung des Zugriffs auf gesellschaftlichen Reichtum eingezogen, da die Produktion noch nicht die Stufe der Produktivität erreicht hat, um eine in allen Bereichen lückenlose Versorgung zu gewährleisten. Der Zusammenhang zwischen geleisteter Arbeitszeit und Anspruch auf den erarbeiteten Reichtum ist durch die Bewertung der Arbeitsstunden und der Festsetzung von Preisen für Konsumgüter und Leistungen für Letztverbraucher gegeben.


    Jede Chipkarte wird bei ihrer ersten Vergabe mit einem Einstiegsbetrag versehen. Die Betragshöhe wird nicht nur von der zur Verfügung gestellten Arbeitszeit, sondern auch davon abhängig sein, ob Kinder mitzuversorgen sind oder nicht. Ältere (im Ruhestand Befindliche) erhalten den gleichen Betrag wie für die allgemeine Arbeitszeit vorgesehen (z.B. 30 Stunden in der Woche).


    Zusätzlich könnte noch das (enteignete) Vermögen (Betriebs- und Wohnungseigentum) mit einem Schlüssel mitberücksichtigt werden, um vermögende Bürger in gewisser Weise abzufinden und ihre Widerstände in Grenzen zu halten.


    Nur die Chipkarte gewährt den Zugriff auf Produkte und Leistungen der Gesellschaft. Das in der Marktwirtschaft umlaufende Geld wird eingezogen, die Bankkonten werden gelöscht.


    Höherpreisige Versorgungsleistungen (z.B. Beschaffung eines neuen PKWs) sind, sofern nicht abgedeckt, als Kredit von der Chipkarte abzubuchen. Die Kredithöhe ist begrenzt, der Kredit ist sukzessive „abzuarbeiten“. Die Einräumung von Krediten ist nur auf die erste Phase beschränkt.


    Weitere Zubuchung von Beträgen auf die Chipkarte werden dann gemäß geleisteter Arbeitszeit (siehe Kapitel „Grundriss einer BVW / Arbeitsbewertung“) vorgenommen.



    Nur in den ersten Monaten werden die marktwirtschaftlichen Preise der Waren als Verrechnungspreise beibehalten. Danach werden diese durch Arbeitszeitpreise (siehe Kapitel „Grundriss einer BVW / Geldzirkulations-Preismodell“) ersetzt, wobei einige Produkte der Grundversorgung auch unter dem Arbeitszeitverrechnungspreis zugeteilt werden, Preise der Sonderversorgung darüber liegen könnten („politische Preise“).

    Wohnungen werden in Kategorien eingeteilt – für die unterste Kategorie ist keine Miete zu verrechnen, für eine bessere Kategorie eine geringe Miete, für die noch bessere Kategorie eine etwas höhere Miete. Strom- und Gaspreise bleiben vorerst bestehen, werden aber relativ zu den gesamten Lebenshaltungskosten gesenkt.



    Abgesehen von den Gütern des täglichen Bedarfs und gewissen Dienstleistungen (z.B. Reparaturen) werden die benötigten Güter mit der Chipkarte vorbestellt.


    Mit der Ausgabe der Chipkarten und dem Einzug des Geldes wird auch das Privateigentum an den Produktionsmitteln und an Grund und Boden abgeschafft. Die Verfügung darüber erhalten die jeweiligen Komitees.

    Es werden vorweg Branchenkomitees mit entsprechenden Unterabteilungen (z.B. Bekleidung / Schuhe) gebildet, die eine Gesamtübersicht der in der BVW bestehenden Betriebe, deren technische Kapazitäten, Arbeitsplätze und Lieferanten erstellen. Daraus wird die vorerst mögliche (geplante) Produktionsmenge errechnet und festgelegt. Die Planung der zu erstellenden Gebrauchswerte wird sich in der allerersten Periode des Übergangs an den vorhandenen Produktionskapazitäten zu orientieren haben.



    Die Betriebe beliefern einander nach den vorgegebenen Planzahlen und ohne Verrechnung. Wie schon erwähnt, bedeutet das die sofortige Abschaffung von Preisen, Kosten und Löhnen in der Produktion und Leistungserstellung. Betriebe einer Branche werden bei der Planung jeweils zu einer Planungseinheit zusammengefasst. Schon in der ersten Phase der Umgestaltung sind gewisse Produkte aus der Produktion auszuscheiden und andere zu forcieren.


    Werkstätten und Dienstleistungsunternehmen (wie z.B. Elektroinstallateure) werden in einer Region zu einem Verbund zusammengefasst, innerhalb dessen Aufträge je nach vorhandenen Kapazitäten verteilt werden. Die geleisteten Stunden und die Abbuchung auf der Chipkarte des Konsumenten sind an das Planungs- und Verteilungskomitee weiterzuleiten.
    Kleine landwirtschaftliche Betriebe sind zusammenzulegen, um eine effektive Produktion zu ermöglichen.

    In Regionen, welche diese effektive Produktion nicht zulassen, werden die Landwirte als Landschaftspfleger tätig.

    Die Zuteilungsstellen (für Waren) werden regional, also für die Konsumenten leicht erreichbar, eingerichtet. Das bedeutet z.B. die Einrichtung eines zentral gelegenen Zuteilungslagers für Schuhe für eine Region oder einen Bezirk. Die gewünschten Güter werden bestellt und abgeholt. In gewissen Regionen und für ältere Menschen werden mobile Lager eingesetzt bzw. Hauszustellungen organisiert.

    Nur größere Supermärkte aus den Zeiten der Marktwirtschaft bleiben bestehen. Alle kleinen marktwirtschaftlichen Handelsstellen werden aufgelassen.



    Selbst bei der Umsetzung der BVW in einer großen und relativ autarken Region werden gewisse Produkte aus dem marktwirtschaftlichen Ausland zu beschaffen sein (falls dieses das zulässt). Es ist also notwendig, einen Teil der Produkte dem Export zur Verfügung zu stellen, um zu verkaufen bzw. Devisen zu erlangen, mit denen die Importe bezahlt werden.
    Um die Abhängigkeiten gegenüber Nicht-BVW-Ländern zu minimieren, sollte alles unternommen werden, um so viele Güter wie möglich in der BVW-Region herzustellen. (...)



    Um Arbeit und Arbeitsplätze neu zu ordnen, werden sofort Arbeitskomitees eingerichtet. Manche Arbeitsplätze werden in der ersten Phase so besetzt und weitergeführt wie in der Marktwirtschaft. Etliche Arbeiten (z.B. Bankangestellte) entfallen in der BVW. Die dadurch frei werdenden Arbeitskräfte können in anderen Arbeitsbereichen eingesetzt werden. Überdies sind den früheren Arbeitslosen und aus sonstigen Gründen bis dato nicht Arbeitenden Arbeiten anzubieten.


    Es ist nicht auszuschließen, dass sich diese Leute in der ersten Periode einem Diktat der Zuweisung zu unterwerfen haben, da es vorerst darum gehen sollte, eine annehmbare Versorgung aufrechtzuerhalten und dabei in einigen Bereichen durchaus ein Arbeitskräftemangel auftreten könnte, der von den Arbeitskomitees rasch zu beheben ist.

    Die damit verbundenen Einschulungen und Umschulungen sind zügig vorzunehmen. Eine umfangreiche neue Ausbildung wird in der ersten Phase für alle Arbeitenden nicht möglich sein, da deren Arbeitskraft möglichst bald einsetzbar sein sollte. Wenn es Produktion und Versorgung nach der ersten Anlaufphase zulassen, wird auf Ausbildungs- und Umschulungswünsche der Arbeitenden einzugehen sein.



    Die Arbeitszeit wird nicht schlagartig sondern phasenweise reduziert. In der allerersten Phase könnte die durchschnittliche Arbeitszeit pro Tag 6 Stunden betragen. Der Durchschnittswert für die Buchung des Zuteilungsbetrages läge bei 30 Stunden pro Woche. Wird weniger gearbeitet, ergäbe dies eine empfindliche Einbuße des Zuteilungsbetrages.


    Die Arbeitszeit jedes Arbeitenden wird auf einer Chipkarte abgebucht (bzw. auf einer Karte eingetragen, bis das Chipkartensystem allgemein installiert ist). Die geleistete Arbeitszeit ist Grundlage für die Zuteilung.


    Die Arbeitsbedingungen können in der ersten Phase noch nicht in allen Bereichen verbessert werden, da entsprechende Arbeitsplatzalternativen noch nicht vorhanden sind. Extrem ungesunde Arbeitsbedingungen werden jedoch sofort abgeschafft, auch wenn daraus eine eventuell schlechtere Versorgung resultiert. Z..B. sind Bergwerke stillzulegen, wenn unter Tage gegraben wird und ferngesteuerte Maschinen diese Arbeit nicht ausführen können.

    Gleich in der ersten Phase wird die Forschung und technologische Entwicklung im Hinblick auf die Erleichterung der Arbeitsbedingungen vorangetrieben. Maschinen, Automaten, Roboter sind in diesem Sinne zu konzipieren. Neben dem Gesundheitsbereich sollte dies der zweite Forschungsschwerpunkt sein."


    Zur zweiten Phase heißt es dann:


    "Sinnvoll ist es, die 2. Phase dann in Angriff zu nehmen, wenn sich die Produktion und Zuteilung konsolidiert hat und Produktivitätssteigerungen wirksam werden.


    Einführung der Arbeitsbewertung (siehe Kapitel „Grundriss einer BVW / Bewertung der Arbeit“) und des Dreistufenmodells (Grundversorgung, Allgemeinversorgung, Sonderversorgung), jedoch noch auf Basis des Fixkredits. Das bedeutet, dass den BVW-Mitgliedern ein Fixkreditbetrag gemäß Arbeitsstundenleistung (Durchschnittsberechnung) und Art der Arbeit zur Verfügung steht. (Der gesteigerten Produktivität kann durch eine Erhöhung des Fixkreditbetrags oder einer Preissenkung Rechnung getragen werden.)


    Im Laufe der 2. Phase könnten Grundversorgungsgüter gratis abgegeben werden, und die Chipkarte nur mehr mit einer Mengenbeschränkung für eine gewisse Periode ausgestattet werden (siehe Kapitel „Grundriss einer BVW / Zuteilung mit Chipkarte“).

    Ab einem gewissen Stadium der Umgestaltung wird zu entscheiden sein, ob die Produktivität und die Versorgung einen Grad erreicht haben, der es zulässt, das Niveau der drei Versorgungsgruppen (Grundversorgung, Allgemeine Versorgung und Sonderversorgung) anzuheben. Welche Schwerpunkte dabei zu setzen sind, wird gesellschaftlich zu diskutieren sein.

    Die Konzentration der Produktion wird vorangetrieben, um effizienter zu produzieren.

    Die neue Organisation der Produktion und Leistungserstellung ist mit der Umsetzung neuer Wohnmodelle zu verknüpfen, etwa „Dorfsiedlungen“ mit der nötigen Infrastruktur (z.B. öffentliche Verkehrsmittel).



    Die in der ersten Phase eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen können nun voll wirksam werden. Das ermöglicht auch die Ausdehnung der Lebensarbeitszeit: Ältere BVW-Mitglieder können, wenn sie wollen, länger arbeiten und werden für gewisse Bereiche eingeschult oder umgeschult. Die weiter vorangetriebene Produktivitätssteigerung sollte eine Reduzierung der durchschnittlichen Arbeitszeit zulassen."

    Zur dritten Phase heißt es dann:


    "Endgültige Abschaffung von Preisen in allen Stufen und Abschaffung des Arbeitsgeld- Fixkreditmodells
    Einführung der Zuteilungsstellen (Dreistufenmodell) Weitere Reduzierungen der durchschnittlichen Arbeitszeit, sofern es Produktion und Versorgung zulassen."

  • Bei Erfüllung/ Umsetzung dieses Programms: Willkommen im Staatssozialismus.


    Ich werde diesen Willkommensgruß niemandem erweisen (können).


    Warum?


    Planungskomitee, Planungskommission, Arbeitsplatzzuweisung(!) - mir graust es schon bei diesen Worten. Vorstellen muß ich mir da nichts, ich kenne es.
    Einziger Unterschied: Ich darf sagen, was ich möchte - das war's aber auch schon - daß ich es (nicht) kriegen kann, liegt nicht in meiner Hand/ Stimme/ Einsatzbereitschaft.


    Die Produktionsmittel gehören da unabdingbar der Planung(-sbürokratie).
    ... nicht einem einzigen Arbeiter als Arbeiter.

  • Der Anfang mag schauerlich klingen, aber hier wird von einem harschen Krisenszenario ausgegangen. Es ist deshalb ratsam weiterzulesen um zu erkennen von welchen Entwicklungsphasen hin zu einer tausch- und geldfreien Ökonomie ausgegangen wird. Der gewünschte "volle Kommunismus" wird selbst ohne Theorie einer zwischengeschalteten "Übergangsgesellschaft" wohl sehr wahrscheinlich nicht aus dem Stand zu haben sein. Von außenpolitischen Störmanövern und militärischer Bedrohung ganz zu schweigen.


    Zu dem Argument, eine Planungsbürokratie würde bevormunden lässt sich sagen, dass mit diesem Gegenargument von einer unkontrollierten Behörde ausgegangen wird. Im Modell selbst werden Aufsichtsräte genannt, die von Bürgern zusammengesetzt sind (ob per Delegation oder Losverfahren). Die Planungsbüros haben eher den Charakter von Rechenbüros oder den "Börsen" wie sie Wal vorgeschlagen hat.


    Im Übrigen findet eine auf Erfahrung basierte Gebrauchswertplanung statt und wird durch ein Bestellsystem ergänzt. Ob etwas produziert wird hängt von den Wünschen der Bürger ab und ob es die Ressourcen hergeben. Die Gesellschaft selbst bestimmt welche Prioritäten vorliegen. Da alle, unabhängig davon ob sie arbeiten oder nicht, an der Grundversorgung teilhaben, bedarf es wenig Arbeitssstunden um auch an der Allgemeinversorgung teilzuhaben.


    Bezüglich des Bestellsystems wird es hier wohl Bestellzeiträume geben weil die Aufträge vorher gesammelt werden müssen. Um Verschwendung vorzubeugen wird im BVW-Modell der Stellenwert von Reparatur angehoben und es gibt beispielsweise für Autos oder Kühlschränke zeitliche Bestellschranken (z.B. kann man erst nach ein paar Jahren ein neues Auto bestellen, das Vorherige kann aber jederzeit repariert werden; ähnliches gilt als Beispiel für Kühlschränke).


    Da die Qualitätsstandards aber hoch gehalten werden und individuelle Designs denkbar sind (mehrere konkurrierende Grundmodelle bedarf es dann vermutlich nicht bzw. sind auch ökologische Aspekte zu berücksichtigen), besteht kein Problem darin den Stellenwert von Reparaturen zu erhöhen.


    Soviel zum Modell. Meine Frage wäre, wenn das alles wieder Staatssozialismus ist, wie sähe es denn, z.B. für dich Wat, ganz praktisch aus, dass die Produktionsmittel allen gehören? Vermutlich wird nun gesagt "Ja, alle Kommune-Einwohner entscheiden halt zusammen". Wie soll das konkret aussehen? Alle stehen vor dem Rathaus? Wie ist das ohne Delegierte denkbar? Wie machbar ohne die Menschen zu überfordern? Denn wer will schon jeden kleinsten Schritt mitplanen? Inwiefern ist das überhaupt notwendig? Geht es nicht vielmehr um Bedürfniserfassung und dann wird halt produziert?


    Eine Entgegnung zum Staatssozialismus-Vorwurf lautet dahingehend, dass in der Zentralverwaltungswirtschaft des so genannten "Realsozialismus" versucht wurde per Ware-Geld-Mechanismen die Defizite der Marktwirtschaft zu umschiffen ohne marktwirtschaftliche Kategorien und damit die dahinter stehende Logik selbst aufzuheben. Dahingehend erklären sich auch die Planungsverzerrungen, unnötigen Bevormundungen, der Interessengegensatz von Staatsplanung und Bürger und die niedrige Gebrauchswert-Qualität der Betriebe.


    Jegliche überregionale Koordination aber als Zentralismus abzutun halte ich für sehr kurz gegriffen und nicht nachvollziehbar.

  • Hallo Mario,


    ich meckere nicht aus Prinzip. Ich habe knallharte Gründe dieses Modell abzulehnen!


    Daran ändert auch Dein Hinweis/ Deine Bitte doch weiter in die BVW lesend einzusteigen nichts, es macht es höchstens ob der (im besten Falle) Naivität des aufgezeigten Phasenablaufs nur noch schlimmer...


    Es wird diesen Ablauf so definitiv nicht geben können.


    Und wenn da hundert Mal die personelle Besetzung in den Planungsgremien wechselt. Diese Instition ist der Produktionsmitteleigentümer inkl. Mensch, Maus und allem was dazu gehört.


    Eine andere Herrscherklasse muß sich da herausbilden.
    Und es wird wieder die Herrschaft einer Minderheit über die arbeitende Mehrheit sein. Daran ändert auch die wechselnde personelle Besetzung nichts.


    Allein schon durch diesen Tatbestand nützt es überhaupt nichts, wenn das in der jeweils einzelnen Kommune startet.
    Das macht es ja eigentlich immer irgendwie.
    Durch die (jeweiligen) Planungsgremien wird das in den zentralistischen Sog gezogen wie ein implodierendes Vakuum.


    Lieber Mario, Du bist so engagiert, so motiviert, bringst hier immer wieder neue Gesichtspunkte in die Diskussion, die ich insgesamt nicht missen möchte - aber bitte, bitte - nutze doch etwas stärker die Dir mit Deinem Wissen und Deinem Intellekt zur Verfügung stehenden Mittel, und schau Dir die ehemaligen Staaten des Ostblocks (damaliger Aufbau und Organisation) genauer an.
    Ja, wenn Du magst/ kannst, studiere sie bitte (noch einmal?) mit der Dir ansonsten eigenen analytischen Schärfe.


    Du müßtest Dir da auch nicht JEDES Land ansehen. Unterschiedliche Nuancen gibt es mE bei Sowjetunion, VR China, SVR Jugoslawien und die DDR.
    Jugoslawien ist wegen seines genossenschaftlichen Ansatzes mE recht interessant Die DDR kennen noch viele aus eigenem Erleben, und es entfällt die evtl. Sprachbarriere.


    Liebe Grüße - Wat.

    The post was edited 1 time, last by Wat.: Ich hatte die Kommas wieder mit der Gießkanne verteilt, sorry. ().