Niedergang des Parlamentarismus

  • Als Reaktion auf das Wahldesasters von Theresa May beschwört der britische Economist die große, aber vergangene Zeit des Parlamentarismus: „Die britische Elite sandte damals ihr begabtesten Söhne ins Parlament. Der Landadel sandte Churchill und den Cecil-Clan. Die städtischen Geschäftsleute schickten Harold Macmillan und die Chamberlain-Dynastie. Die Gewerkschaften brachten Ernest Bevin, Nye Bevan und James Callaghan. Und die Angestellten-Elite schickten ihre besten Universitätsabsolventen. ... Heute aber verzichten diese Eliten – alle zum gleichen Zeitpunkt – darauf, ihre klügsten Köpfe ins Parlament zu schicken.“ (Economist, 10.06. 2017)

    Das ist kein Zufall.

    Parlamentsarbeit ist nicht mehr attraktiv – weder finanziell noch in Bezug auf Macht und Ansehen. 1986 erklärten 10 Prozent der Briten, dass sie keiner Regierung über den Weg trauen, egal, wer am Ruder ist. Heute sind es 30 Prozent. Je klammer die Staatsfinanzen sind, desto weniger Einfluss hat ein einzelner Abgeordneter, desto weniger Einfluss und Ansehen kann er im Parlament erwerben.


    Der Niedergang der politischen Elite und des Parlamentarismus ist keine britische Besonderheit, sondern ist in ganz Europa und Nordamerika festzustellen. Um in Deutschland grüner Parlamentarier zu werden reichten ein Paar Turnschuhe und ein paar Semester an der Uni. Schulz-Anhänger behaupten, es sei ein Vorteil, kein Abitur zu haben. Lohnabhängige Eltern wissen es besser.


    Der intellektuelle Niedergang der Parlamentarier korrespondiert mit dem allgemeinen Rückgang des Vertrauens „in die Politik“.

    Nach einer Umfrage der ARD im Oktober 2016 haben nur noch 24% der Wahlberechtigten Vertrauen in die Parteien. 50% der Wähler haben wenig oder kein Vertrauen in den deutschen Bundestag.

    In Deutschland ist die Parteienlandschaft noch vergleichsweise fest gefügt. In anderen Ländern ist die Krise des Parlamentarismus längst sichtbar und greifbar.

    In Italien und in Griechenland wurde schon vor Jahren eine ganze Politikergeneration davongespült. Die politische Elite Italiens zittert vor den Amateuren der "Grillo-Bewegung".

    In Frankreich gewinnen die Anhänger Macrons derzeit einen Erdrutsch-Wahlsieg, weil sie fast nur unerfahrene Kandidaten ins Rennen geschickt haben. Gleichzeitig sinkt die Wahlbeteiligung.

    Macron versucht, die politische Krise der Staatsmacht durch unbekannte Gesichter in den Amtssesseln zur Tugend umzudeuten. Diese Kosmetik kann nur kurzzeitig die politische Krise in Frankreich verdecken. Vertrauen in den Parlamentarismus wird dadurch nicht zurückgewonnen.

    Die politische Macht jedes Parlaments hängt an den zu verteilenden Steuergeldern. Überschuldete Staatskassen lassen sich durch Personen-Kosmetik nicht füllen. Der finanzielle Spielraum der Regierung wird immer enger, dadurch werden die politischen (Ausgaben-)Programme der Staatsparteien sich immer ähnlicher. Im besten Falle - wie in Deutschland - macht sich politische Langeweile breit. Im schlechtesten Falle - wie in Südeuropa - wächst Ratlosigkeit und Verzweiflung.


    Gruß Wal Buchenberg


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