Kapitalismus und Demokratie

  • Als Bürger einer repräsentativen Demokratie können wir uns wohl andere Herren („Volksvertreter“) wählen, aber wir können nicht ohne vorschriftgebende Herren über uns leben und über gesellschaftliche Sachthemen selbst entscheiden.
    Als Lohnarbeiter können wir uns wohl einen anderen Lohnherrn wählen, aber wir können nicht selbst Produktionsentscheidungen treffen und selbstbestimmt arbeiten.
    Trotz dieser fundamentalen Beschränkung unserer Freiheit und Selbstbestimmung ist die arbeitsteilige Trennung von wirtschaftlicher und politischer Macht das Erfolgsgeheimnis des modernen Kapitalismus.
    Obwohl die Mehrzahl der Bürger in Demokratien ihren Regierungen misstrauen, sind dieselben Bürger mehrheitlich Befürworter der Demokratie.




    Gegenüber einem feudalen, mafiösen oder staatssozialistischen Machtmonopol wie gegenüber der Korporation von Politik und Wirtschaft im „Führerstaat“ verkörpert die kapitalistische Demokratie ein größeres Maß an Freiheit und gilt zu Recht als kleineres Übel.



    Ohne funktionierende Staatsmacht im Rücken müsste ein Unternehmer/Kapitalist sein Eigentum mit Waffengewalt gegen Konkurrenten und Abhängige verteidigen. Das beweisen die „failed states“ http://de.wikipedia.org/wiki/Gescheiterter_Staat.
    Ohne funktionierende Staatsmacht im Rücken müsste ein Unternehmer/Kapitalist die äußeren Voraussetzungen seines Geschäfts (Infrastruktur, ausgebildete Lohnarbeiter etc.) aus eigener Tasche finanzieren. Wo diese äußeren Voraussetzungen des kapitalistischen Geschäfts nicht vorhanden sind, dort will kein Kapitalist investieren.
    Ohne funktionierende Staatsmacht im Rücken müsste ein Unternehmer/Kapitalist die schädlichen Folgen seines Tuns (Abfälle, Umweltzerstörung und Wirtschaftskrisen, aber auch arbeitslose, kranke und alte Lohnarbeiter) aus eigener Tasche finanzieren und heilen.
    Die Arbeitsteilung zwischen Staat („Allgemeininteresse“) und Kapital („Privatinteresse“) ist zum Vorteil des Kapitals, auch wenn die konkrete Ausgestaltung und Ausgewogenheit von Privat- und Allgemeininteresse notwendig Streit hervorruft, der unsere Nachrichtensendungen füllt und unser „öffentliches Leben“ bestimmt.


    Persönliche Abhängigkeit von Herr und Knecht kostete die Herrn die zusätzliche Zeit und Mühe der persönlichen Disziplinierungsarbeit und direkten Machtausübung. Für die Knechte verdoppelte die Abhängigkeit von einem einzelnen Herrn ihre Unterwürfigkeit und Hilflosigkeit.


    Solche persönliche Abhängigkeit ist im demokratischen Kapitalismus beseitigt und durch bloß sachliche Abhängigkeit ersetzt. Unternehmer wie Regierungsvertreter treffen keine personenbezogenen Entscheidungen, die auf ihnen bekannte Individuen abzielen. Sie treffen nur anonyme Sachentscheidungen. Sie setzen allgemeine Kriterien, die für alle gelten.
    Und die Betroffenen haben immer eine Alternative und freie Auswahl.
    Es liegt in der Freiheit des Individuums, ob es sich die jahrelange pädagogische Gewalt der Ausbildung antun will, die als Vorbedingung für bessere Jobs mit besserer Bezahlung gesetzt ist, oder ob es die Ausbildung abbricht und sich mit unsicheren und schlechtbezahlten Jobs zufrieden gibt.
    Es liegt in der Freiheit des Individuums, ob es sich die jahrelange Unterwerfung unter den Zwang der Lohnarbeit antut, oder ob es sich mit staatlicher Stütze zufrieden geben will.


    Der Demokrat weiß nichts von Klassenunterschieden und nichts von Besitzunterschieden. In der Demokratie übt das Geld seinen Einfluss indirekt, aber desto sicherer aus. Demokratie ist die optimale Ergänzung für den Kapitalismus. Die bürgerliche Revolution ist erst beendet, wenn alle Staaten demokratisch wurden,
    meint Wal Buchenberg


    P.S. Und so reagiert ein nichtlinkes Umfeld auf meinen Text. Guckst du hier!

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