Die Sache mit der Umverteilung

  • Mehrmals im Jahr kommt eine offizielle Vermögensstatistik und als Reflexreaktion darauf ein linker Aufschrei: Haben wirs nicht gesagt? Es gibt eine Umverteilung von unten nach oben!
    Und der linken Empörung folgen tiefschürfende linke Erklärungen der Sache:
    „Das ist natürlich ein Ergebnis bewusster politischer Entscheidungen und direkte Folge der »Agenda 2010« – einer Politik des Abbaus des Sozialstaates.“



    Dieser tiefschürfenden Erklärung folgt dann gleich das passende Rezept, wie man diesen Umverteilungsskandal endlich aus der Welt schaffen kann. Und wodurch wird die Umverteilung aus der Welt geschaffen? Durch eine steuerpolitische Um-Um-Verteilung.
    „Vermögende müssen entsprechend ihrer Leistungskraft zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.“


    Ich hätte da ein paar Einwendungen zu machen.
    Beginnen wir mit dem Ende: Die Reichen sollen mehr Steuern zahlen. Okay, da will ich nicht widersprechen. Und die Reichen sollen "entsprechend ihrer Leistungskraft" besteuert werden. Das stelle ich mir schwierig vor. Die Reichen geben ja nicht nur Geld aus für ihr Luxusleben. Sie investieren ja auch in "neue Arbeitsplätze". Zur Zeit kommen viele neue Zuwanderungsdeutsche an. Brauchen die nicht alle einen Arbeitsplatz? Schwupps! Ist die "Leistungsgrenze" der Reichen erreicht, so dass sie eigentlich eher weniger als mehr Steuer zahlen wollten.
    Die "Leistungskraft" der Reichen beiseite - werden wir Arme denn weniger arm, wenn unser Staat mehr Steuergelder in der Kasse hat? Sind wir Armen irgendwie prozentual an den Staatsfinanzen beteiligt? Davon weiß ich nichts. Die Staatskasse ist für mich und für uns alle „unten“ ebenso weit weg wie die Geldsäckel der Albrecht-Brüder und anderer Milliardäre in Deutschland.


    Eine zweite Sache ist für mich ebenso rätselhaft: Eben hieß es noch, dass die Umverteilung von unten nach oben politisch gewollt und organisiert ist. Das kann ich nachvollziehen. Und den gleichen Staatsvertretern, die eben noch die Umverteilung von unten nach oben gewollt und organisiert haben, wird nun entgegengeschleudert: „Dieser Entwicklung muss endlich Einhalt geboten werden.“
    Welchen Eindruck macht so ein Befehlssatz auf „die da oben“? Auf mich macht so ein Befehl den Eindruck, als hätten diese Linken nicht die leiseste Ahnung von den Verhältnissen, in denen wir leben.


    Wir leben im Kapitalismus, wo die meisten Menschen ohne Existenzmittel ihre ganze Arbeitskraft und fast ihre gesamte Lebenszeit an Reiche verkaufen müssen, denen die „Arbeitsplätze“ gehören.
    Wir Lohnarbeiter "von unten" erhalten dafür (mehr oder minder) unseren Lebensunterhalt bezahlt. Die Reichen bezahlen uns mit einem Teil dessen, was wir vorher erarbeitet haben.
    Alles andere, was wir Lohnarbeiter geschaffen haben, gehört von Rechts wegen diesen Reichen "oben". Der Unterschied zwischen "unten" und "oben", zwischen Arm und Reich ist allein schon durch die geltende Arbeitsorganisation geschaffen und zementiert.


    Mischt sich unser Staat irgendwie in diese Arbeitsorganisation ein, die den Unterschied von Arm und Reich hervorbringt? Das wäre uns Lohnabhängigen aufgefallen. Ja, außer uns Lohnabhängigen unten und den Reichen da oben gibt es auch noch den Staat, der einen Teil des von uns geschaffenen Reichtums bekommt, um damit Panzer, Schulen, Universitäten und Straßen zu bauen und zu unterhalten. Außerdem nimmt dieser Staat den Reichen die Last mit der Armenfürsorge ab. Das sind so ziemliche alle Aufgaben, die der Staat hat. Grob gesprochen hält der Staat mit diesen Aufgaben allen Reichen den Rücken frei, damit die sich ganz aufs Geldverdienen und auf die Reichtumsvermehrung konzentrieren können.


    Dass der Staat für „gleiche Einkommen“ oder auch nur für die Minderung der Einkommensschere zu sorgen habe, oder dass er gar den Reichen ihren Reichtum wegnehmen solle, das steht in keinem Gesetz, nicht einmal im „Grundgesetz“. Ganz im Gegenteil! Die Staatsvertreter sind auf das "Gemeinwohl" verpflichtet - und der von uns Lohnabhängigen geschaffene, aber uns nicht gehörende Reichtum hat in diesem "Gemeinwohl" den zentralen Platz.


    Für wie blöd halten diese Linken uns Lohnabhängige unten und die Staatsvertreter oben, wenn sie an „die Politik“ Forderungen zur Um-Um-Verteilung richten, die völlig weltfremd sind?
    Gruß Wal Buchenberg

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