Migranten sind nicht grundlos unbeliebt

  • Für mehr als die Hälfte der Lohnarbeiter in Deutschland liegt die Arbeitsstelle mehr als zehn Kilometer von der Wohnung entfernt. 30 Millionen Lohnarbeiter, die sich jeden Arbeitstag auf den Weg zur Arbeit und wieder zurück machen, werden Pendler genannt, sind aber Migranten.
    Schulabgänger, die ihren Wohnort verlassen, um zu studieren oder eine Lehre anzutreten, sind Migranten. Leute, die nach dem Examen eine Arbeitsstelle in einer anderen Stadt suchen, sind Migranten. Wer seinen Job verliert und anderswo eine neue Arbeit sucht, ist ein Migrant.


    In seiner Analyse des Kapitalismus schrieb Karl Marx: Die Kapitalistenklasse wälzt „durch Maschinerie, chemische Prozesse und andere Methoden ... beständig mit der technischen Grundlage der Produktion die Funktionen der Arbeiter und die gesellschaftlichen Kombinationen des Arbeitsprozesses um. Sie revolutioniert damit ebenso beständig die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft und schleudert unaufhörlich Kapitalmassen und Arbeitermassen aus einem Produktionszweig in den anderen. Die Natur der großen Industrie bedingt daher Wechsel der Arbeit, Fluss der Funktion, allseitige Beweglichkeit des Arbeiters.“ K. Marx, Das Kapital I, MEW 23, 510.
    Diese erzwungene Beweglichkeit tut weh.


    Nur wer diese vom Kapital erzwungene Flexibilität der Tätigkeiten, Jobs und Wohnorte leben und ertragen kann, der ist als Migrant und Lohnarbeiter einigermaßen erfolgreich. Die Migration zwischen Stadtteilen hat keine andere Gründe als die Migration zwischen Städten und Staaten.

    Die Migranten, die heute aus Spanien, Griechenland, Bulgarien oder Rumänien kommen, zeigen den heutigen „Doitschen“ ihr ungeschminktes Spiegelbild. Es ist das Spiegelbild von Heimatlosen, die seit 1989 aus den Neuen Bundesländern, vor 1963 aus der DDR, nach 1945 aus den ehemaligen "Ostgebieten" des 3. Reiches und vor 100 Jahren aus Polen oder Ostpommern zugewandert sind.


    Migranten sind unbeliebt und das nicht ohne Grund. Natürlich sind Migranten unbeliebt bei „Stadtvätern“, die mit den kommunalen Finanzen längst schon außerhalb der Legalität wirtschaften, und die fürchten müssen, dass ihre Finanzspekulationen durch „Armutszuwanderer“ ins Rutschen geraten und sie dann ihre bequemen Pöstchen verlieren.
    Migranten sind aber auch unter uns Lohnarbeitern unbeliebt.
    Migranten erinnern uns daran, dass wir als Lohnarbeiter eine unsichere Existenz haben. Migranten erinnern uns daran, dass wir als Lohnarbeiter keine Wurzeln und keine Heimat haben. Migranten erinnern uns daran, dass wir als Lohnabhängige potentiell arm sind, egal wie groß der Schlitten ist, mit dem wir morgens zur Arbeit fahren. Diese Realitäten möchte der eine oder andere von uns lieber nicht sehen und wahrhaben,
    meint Wal

  • Es gibt immer wieder das oft hervorgebrachte Vorurteil, die Auslaender (Migranten) nehmen uns unsere Arbeit weg. Wie denkst du oder ihr kann man in der Diskussion gegen solch Vorurteil argumentieren?

  • Es ist das Spiegelbild von Heimatlosen, die seit 1989 Jahren aus den Neuen Bundesländern, vor 1963 Jahren aus der DDR, nach 1945 Jahren aus den ehemaligen "Ostgebieten" des 3. Reiches und vor 100 Jahren aus Polen oder Ostpommern zugewandert sind.


    Hallo Wal,


    das mit den "seit ... Jahren" irritiert etwas, ich glaube, das "Jahren" ist da zuviel.


    Ansonsten finde ich diese Überlegung gut, ich bin ja auch so ein Migrant. Wahrscheinlich die meisten Lohnarbeiter.


    cu
    renée

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