Von ferne gesehen, tritt Seehofer
ausländerfeindlich auf, Merkel scheint „ausländerfreundlich“ zu sein. Dem ist
nicht so. Die beiden haben zwar unterschiedliche Interessen, aber um die Flüchtlinge
geht es dabei nicht.
Seehofer will mit der CSU im Oktober eine Landtagswahl gewinnen. Merkel hat diesen akuten „AfD-Druck“ nicht.
Seehofer ist auf Bayern fixiert. Außerhalb Bayerns gilt Seehofer nicht, und außerhalb Bayerns zählt Seehofer nicht. Seehofer ist ein Provinzpolitiker. Merkel dagegen schaut aber nicht auf Bayern, sondern auf die Europäische Union. Seit der Masseneinwanderung im Jahr 2015 ist das „Dublin-System“ längst gescheitert, nach dem ein Flüchtling dort Aufnahme beantragen muss, wo er als erstes EU-Boden betritt. Mit dem Dublin-System war die „Führungsmacht“ Deutschland fein raus, denn die ganze Last des Flüchtlingszuzugs wurde den EU-Südstaaten aufgebürdet.
Seitdem hat es in der Flüchtlingsfrage etliche nationale Alleingänge gegeben, bei denen sich EU-Staaten einen Dreck um die EU-Regeln gekümmert hatten.
Wenn nun Merkel-Land kurz vor dem EU-Gipfel zur Flüchtlingsfrage ebenfalls einen Regelverstoß absegnet, bei dem Flüchtlinge an der eigenen Grenze abgewiesen werden, dann ist die Merkel-Suche nach eine EU-weiten Lösung so gut wie tot.
Wir haben eine Regierungskrise nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel.