Demokratiekritik

  • Das Jammern darüber, dass wir keine „echte Demokratie“ hätten, ist ebenso verfehlt wie das Jammern, dass die SPD/Linke/Grüne keine „echte Opposition“ seien.

    Wir haben keine „falsche Demokratie“. Unsere (repräsentative) Demokratie ist genau das, was die Akteure der Französischen Revolution wollten: Die Freiheit, aus Eigentum Reichtum zu schaffen. Der „Demos“ war und ist niemand anderes als die Eigentümer des Bodens und die Eigentümer der Produktionsmittel, und die Arbeitsteilung durch Repräsentation schafft für sie die Beste aller Welten, denn sie lässt ihnen die Zeit und die Freiheit sich vollzeit um die Vermehrung ihres Eigentums zu kümmern.


    Wer ständig über unsere Demokratie jammert, unterschiebt ihr Zwecke, die sie nie hatte und die sie nicht haben kann:

    - dass das Glück der Habenichtse zählen soll,

    - dass das Leben von Schwarzen (und anderen Minderheiten) zählen soll,

    - dass mit Mensch und Natur sorgsam umgegangen werde,

    - dass wir friedlich neben, mit und in unseren Nachbarländern leben können usw.usf.


    All diese wünschenswerten Dinge sind mit unserer (repräsentativen) Demokratie ganz unvereinbar,

    meint Wal Buchenberg.

  • Hi,


    Ja, was ist Demokratie?

    Deine Aufzählung einiger Phänomenologien ist schon nicht schlecht.

    Ich habe mir diese Frage schon vor längerem gestellt und bin dann über Abduktion/Deduktion/Induktion (obwohl ich Peirce damals noch gar nicht kannte) auch zu einem Modell gekommen.


    Bestätigt in meinen Gedanken dabei haben mich vor allem auch F.Engels Ausführungen zur attischen Demokratie:


    "Auf jeden erwachsenen männlichen Bürger kamen also mindestens 18 Sklaven und über zwei Schutzverwandte. Die große Sklavenzahl kam daher, daß viele von ihnen in Manufakturen, großen Räumen, unter Aufsehern zusammen arbeiteten. Mit der Entwicklung des Handels und der Industrie aber kam Akkumulation und Konzentration der Reichtümer in wenigen Händen, Verarmung der Masse der freien Bürger, denen nur die Wahl blieb, entweder der Sklavenarbeit durch eigne Handwerksarbeit Konkurrenz zu machen, was für schimpflich, banausisch galt und auch wenig Erfolg versprach - oder aber zu verlumpen. Sie taten, unter den Umständen mit Notwendigkeit, das letztere, und da sie die Masse bildeten, richteten sie damit den ganzen athenischen Staat zugrunde. Nicht die Demokratie hat Athen zugrundegerichtet, wie die europäischen, fürstenschweifwedelnden Schulmeister behaupten, sondern die Sklaverei, die die Arbeit des freien Bürgers ächtete."


    Hinweis: Engels beschreibt die ökonomische Ursache für den Untergang m.E.n. perfekt.

    Das Einzige was er nicht erkannte, ist die Tatsache, dass die Sklaverei welche den Untergang der Demokratie 'erzwang', eben selbige (zu Beginn) auch erst ermöglichte. (im klass. M/L fehlt die Psychologie ! <- bspw. Freud )


    Ich denke das lässt sich mit einiger Abstraktion gut im Kern erkennen und auf die Moderne (Globalisierung) übertragen.


    Man muss nur den Begriff Sklave durch einen allgemeineren, den ökonomischen Status (bzgl. der Ausbeutung von Arbeitskraft) hervorhebenden Begriff ersetzen.

    Einen solchen habe ich in freier Anlehnung an Marx' Surplusprofit gefunden.


    Das heißt, das entscheidende, die Stabilität * wie auch den schließlichen Untergang ** hervorrufende Merkmal einer Demokratie ist die Spaltung der im ökonomischen Prozess beherrschten Massen in Surplusprofitlieferanten (Billiglohnsklaven in aller Welt) und Surplusprofitempfänger (begünstigte Massen aus den fortgeschrittenen Kulturen). (divide et impera)

    * die Masse der Surplusprofitempfänger erhält diesen -> materielle Interessenbündelung erlaubt Demokratie

    ** die Masse der S.-Empfänger schmilzt durch den Abbau der Kulturdifferenz ab (Know-How-Abfluss), die Demokratie verliert ihr Stabilitätsmoment ( Engels nannte es Verlumpung, heute ist es das Absterben der genuinen Bevölkerung in den Hochkulturen des Kapitals ... o.s.ä.)


    Demokratie ist also nichts anderes als ein ablaufender ökonomisch-sozialer Prozess.


    Sie entsteht dann, wenn Kulturen andere zurückgebliebene Kulturen in ihren Reproduktionsprozess einzwingen (sowohl mit Macht als auch mit Gewalt) erfolgreich zu ihrem Elendspol ausbilden können, so dass für die Masse der fortgeschrittenen 'Herrscher-Kulturen' ein realer materieller Gewinn realisiert werden kann.


    Und sie endet dann, wenn die Kulturdifferenz, welche Grundlage dieser Ausbeutungsform ist, abgebaut ist.

    Sie ist ein Paradebeispiel für Luhmanns Knappheitsparadoxon, denn das was man ausbeutet - hier also die Kulturdifferenz, baut man zwangsläufig ab. :-)

    Immer mehr Produkte werden nun von den Surplusprofitlieferanten geliefert (da sie billiger arbeiten) bis die Demokratie daran, an ihrem eigentlichen/einstigen Lebenselixier :-) , zerbricht.

    Das erklärt wunderbar alle aktuellen Phänomenologien. (Rechtsruck, zurück zum Nationalismus etc.) ***


    Kolonialisierung, Globalisierung und Demokratisierung des Westens sind nur als solch ein ganzheitlicher Prozess verstehbar.


    Man könnte nun verschiedene Definitionen für Demokratie finden wie:


    Demokratie ist die Korruption von Massen die an der Ausbeutung anderer Massen beteiligt sind.


    oder, was mir noch besser gefällt:


    Demokratie ist die Fähigkeit, den mit Notwendigkeit im freien Spiel der Kräfte entstehenden Elendspol aus der eigenen Kultur heraus, auf andere zurückgebliebene Kulturen abzuwälzen. - Philzer


    Zu den Schaubildern - wichtig ist die Trennung/ nicht Übereinstimmung von ökonomischem und demokratischem Wirkungskreis:


    Charme of democracy 1


    Charme of democracy 2


    Kritik gern gelesen.



    PS:


    *** es gibt also zwei sich krisenhaft zuspitzende Elemente, die allgemeine Krise des Kap. nach Marx, und 'das Problem mit der Demokratie' :-)


    mvg Philzer

  • Es gibt historische Beispiele, die darauf hindeuten, dass (ähnlich wie im antiken Athen) Demokratie nur als Privileg einer Minderheit funktioniert. Im ganzen 19. Jahrhundert war die Demokratie (das aktive und passive Wahlrecht) ein Privileg der wohlhabenden Männer, die sich heftig gegen die Gleichbehandlung der Armen (Männer wie Frauen) wehrten. Dass die Arbeiter (Männer und Frauen) Wahlrecht erhielten, hatte alle Konservativen in Weimar empört und mit zum Aufstieg der Faschisten beigetragen.

    Eine ähnliche rechte Reaktion brachte die politische Gleichstellung der Schwarzen in den USA. Das Bürgerrechtsgesetz (Civil Right Act) von 1964 und das Wahlrechtsgesetz (Voting Rights Act) von 1965 schob die politische Mitte nach Rechts und machte die Republikanische Partei zu einer mehr oder minder rassistischen Partei der Weißen. Das hatte Ronald Reagan an die Macht gebracht und zum Aufstieg von Donald Trump beigetragen.

    In Europa gab es ganz ähnliche Entwicklungen: Die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben, noch mehr aber die wirtschaftliche Integration erst der europäischen Immigranten und seit 2015 auch der außereuropäischen Immigranten befeuert die Agitation der neuen Rechten von NSU bis zur AfD. Sie alle sehen ihre (dünnen!) Privilegien als Staatsbürger und „weiße Normalos“ gefährdet. Alle Rechten und Rechtsradikale weisen aber jede Kritik von sich, dass sie keine "guten Demokraten" seien.

    Zerstört wurde die Demokratie jedoch nicht von denen, die Gleichberechtigung einforderten, sondern von denen, die ihre Herrschaftsprivilegien verteidigen wollten.

  • Hi Wal,


    "Es gibt historische Beispiele, die darauf hindeuten, dass (ähnlich wie im antiken Athen) Demokratie nur als Privileg einer Minderheit funktioniert."


    Exakt, das war meine Abduktion.

    (nun muss man natürlich fragen, warum das so ist -> Psychologie ...)


    "Im ganzen 19.Jahrhundert war die Demokratie (das aktive und passive Wahlrecht) ein Privileg
    der wohlhabenden Männer"


    Exakt. Hab ich in figure 3 des 1. Schaubildes.

    Das war das schwerste. Ich hab dazu L.Canfora gelesen.

    Der bringt die historischen Details sehr sorgfältig.

    Nur eine Konklusion/Synthese leistet er nicht. ... vmtl. durch seine Sozialisation im Pantheismus der Bourgeoisie ... :-)

    (die Konklusion ist: indem Maß wie der Ertrag aus den ausgebeuteten Teilen der Welt stieg, ging das Wahlrecht immer mehr 'von oben nach unten', bis es schließlich die gesamte Masse in den Ausbeutervölkern umfassen konnte)


    "Dass die Arbeiter (Männer und Frauen) Wahlrecht erhielten, hatte alle Konservativen in Weimar empört und mit zum Aufstieg der Faschisten beigetragen."


    Schwierig.

    Die Weimarer Republik ist vielmehr für mich ein Paradebeispiel, dass man eben keine Demokratie machen kann, wenn man nicht die nötige Macht hat das Volk materiell zu korrumpieren. :-)


    "...die politische Gleichstellung der Schwarzen in den USA. Das Bürgerrechtsgesetz (Civil Right Act) von 1964 und das Wahlrechtsgesetz (Voting Rights Act) von 1965 schob die politische Mitte nach Rechts"

    War die pol. Gleichstellung der Schwarzen in den USA nicht nur ein Schachzug im kalten Krieg?

    Ich glaube es wäre ohne Ostblock nie dazu gekommen .... (?)

    ... weiterhin hörte ich mal, es ging darum die Schwarzen in einem drohenden Krieg gegen den Kommunismus auf seiner Seite zu haben ... (?)

    ... ich denke mal, je weniger die USA in Zukunft Surplusprofit aus der Welt abpressen kann, umso mehr Rassismus wird sie brauchen um Stabilität im Innern zu generieren ...



    "Sie alle sehen ihre (dünnen!) Privilegien als Staatsbürger und „weiße Normalos“ gefährdet."


    Das würden wohl alle so sehen, wenn sie merken - nach 50 Jahren konstantem Fertilitätsdefizit im Westen - im Osten seit Mauerfall - wie die bpb schreibt ist der Verlust irreversibel, dass sie gerade absterben und einfach durch neue Volksmassen (egal woher) ersetzt werden.

    Um es zu merken haben sie nur 50 Jahre benötigt :-) , die Zusammenhänge aber verstehen sie nicht einmal in 5000 Jahren :-)


    Es geht nicht darum denen zu helfen die hierher kommen, wenn es so wäre müsste man ja direkt die Bourgeoisie lieben, sondern die Bourgeoisie hilft nur sich selbst, um die Implosion der Gesellschaft durch Übernutzung und Absterben der Konsumsklaven hier zu verhindern ... o.s.ä.



    mvg Philzer

  • War die pol. Gleichstellung der Schwarzen in den USA nicht nur ein Schachzug im kalten Krieg?

    ... weiterhin hörte ich mal, es ging darum die Schwarzen in einem drohenden Krieg gegen den Kommunismus auf seiner Seite zu haben ... (?)

    Das ist abgedroschene Verschwörungsfantasie, mit der alles, was geschieht, als Absicht der Machthaber hingestellt wird.

    Damit redet man die Mächtigen noch stärker und uns Ohnmächtige noch schwächer.

    Deshalb: Alle Verschwörungstheorien sind in sich reaktionär.

    ... ich denke mal, je weniger die USA in Zukunft Surplusprofit aus der Welt abpressen kann, umso mehr Rassismus wird sie brauchen um Stabilität im Innern zu generieren ...


    mvg Philzer

    Wieder eine Verschwörungsfantasie. Abgesehen davon, dass der "Surplusprofit aus der Welt" von den Linken maßlos überschätzt wird - ... je weniger Verteilungssozialismus möglich wird, desto weniger können die Mächtigen "Stabilität im Innern generieren".

    Und Rassismus ist in einer Gesellschaft, in der die Weißen schon eine Minderheit sind, am allerwenigsten in der Lage "Stabilität im Innern zu generieren".


    Gruß Wal

  • Hi Wal,


    "Das ist abgedroschene Verschwörungsfantasie, mit der alles, was geschieht, als Absicht der Machthaber hingestellt wird. Damit redet man die Mächtigen noch stärker und uns Ohnmächtige noch schwächer."


    Die Tatsache der Xenophobie - Rassismus ist quasi eine kulturelle Extremform (mit Ausbeutungsabsicht) davon, die der Mensch - wie vieles andere übrigens leider auch (Stichwort: Kernbewusstsein/ Freuds 'Es', bspw.), aus dem Tierreich übernommen hat, ist keine Verschwörungstheorie, sondern Biologie; Soziobiologie, Soziologie, Psychologie. Also alles Wissenschaften.


    "Alle Verschwörungstheorien sind in sich reaktionär."


    Konsens.


    "Abgesehen davon, dass der "Surplusprofit aus der Welt" von den Linken maßlos überschätzt wird"


    Danke für den Link.

    Marx untersucht hier aber nur die kleinen temporär-kurzfristig auftretenden Formen von Surplusprofit wie sie im kapitalistischen Alltag zwischen mehr oder weniger gleichstarken Konkurrenten permanent hin-und her wechseln ... o.s.ä.


    Er untersucht nicht den Extraprofit der bspw. aus Demokratie resultiert, und zwar mehr oder weniger konstant über ganze historische Abschnitte. (bis zum Zusammenbruch, wie Engels beschrieben hat)

    ( Demokratie garantiert ungleichen Lohn für gleichwertige Arbeit - Philzer)

    Also die Tatsache, dass ein Arbeiter in D. für eine 1 Arbeitsstunde mit 15 € Stundenlohn theoretisch bis zu 100 Arbeitsstunden seines indischen Arbeiterkollegen am 'Wühltisch' zurückkaufen kann.

    Das kann man gar nicht überschätzen, höchstens unterschätzen, so wie es die Masse tut, die nicht wahrhaben will, was Demokratie, was ihr Lebenselixier eigentlich ist.


    "Und Rassismus ist in einer Gesellschaft, in der die Weißen schon eine Minderheit sind, am allerwenigsten in der Lage "Stabilität im Innern zu generieren"."


    Dein Wort in Gottes Ohr - möchte man sagen. :-)Sicher spielt ein reales Machtverhältnis hier eine Rolle.

    Dazu kann ich Moment wenig sagen, hier eine Statistik.


    Demokratisches Problem, entsprechend meiner Theorie, ist vielmehr, ob von diesen ein für die anderen spürbarer, im Alltag lebbarer Surplusprofit abgepresst werden kann!

    (materielle Korruption muss für den Surplusprofitempfänger m.E.n. auf Dauer erlebbar sein, oder sie wird ihm für die nahe Zukunft versprochen (siehe 3. Reich) um seine Loyalität zu erheischen ...o.s.ä.)


    Denn in der attischen Demokratie, sowie auch in den realen, global agierenden Demokratien des Westens aktuell, sind ja die privilegierten eine Minderheit (paar privilegierte 'Westvölker'), die ausgebeuteten Surplusprofitlieferanten ein Vielfaches davon. (Billiglohnsklaven in aller Welt)

    Denn, darüber sind wir uns wohl einig, Ausbeuterverhältnisse funktionieren immer nur dann stabil, wenn eine Minderheit eine Mehrheit ausbeutet.



    mvg Philzer

  • Er (Marx) untersucht nicht den Extraprofit der bspw. aus Demokratie resultiert, und zwar mehr oder weniger konstant über ganze historische Abschnitte. (bis zum Zusammenbruch, wie Engels beschrieben hat)

    ( Demokratie garantiert ungleichen Lohn für gleichwertige Arbeit - Philzer)

    "Demokratie" zahlt keinen Lohn und "garantiert" keinen Lohn. Das ist Journalistendeutsch, aber nicht für eine sachliche Diskussion geeignet.

    Der Extraprofit, den das fortgeschrittenere Unternehmen gegenüber den rückständigen Unternehmen macht, hat genau die gleiche Quelle wie der Extraprofit, den die entwickeltere Nation gegenüber rückständigeren Ländern macht. In beiden Fällen produziert der technologisch Moderne zu niedrigeren Kosten, kann aber zum normalen (=höheren) Marktpreis (oder etwas darunter) verkaufen. Der Marktpreis wird aber bestimmt von den durchschnittlichen Produktionsbedingungen.


    Siehe dazu Karl Marx über Ungleichen Tausch

    Also die Tatsache, dass ein Arbeiter in D. für eine 1 Arbeitsstunde mit 15 € Stundenlohn theoretisch bis zu 100 Arbeitsstunden seines indischen Arbeiterkollegen am 'Wühltisch' zurückkaufen kann.

    Auch das ist bestenfalls Journalistensprache. Abgesehen von ebay kauft kein Lohnarbeiter irgendwas von einem anderen Lohnarbeiter - egal ob der in Indien lebt oder in Buxtehude.

    Lohnarbeiter kaufen Waren und Dienstleistungen, und diese Waren und Dienstleistungen gehören einem Kapitalisten - egal ob der sie im Land oder im Ausland hat produzieren lassen.

    Wo die Produktionskosten durch Produktion im Ausland sinken, stecken immer die Kapitalisten den größten Batzen in ihre Tasche. Ja, bestimmte Warenpreise sinken etwas. Insgesamt sinkt dann auch das Lohnniveau.

    An der verstärkten Globalisierung des Kapitalismus haben nicht die Lohnarbeiter in den Metropolen profitiert, sondern die Kapitalisten und ihr Anhang.

    Das zeigt die Entwicklung der Lohnquote:



  • Hi Wal,


    "Demokratie" zahlt keinen Lohn und "garantiert" keinen Lohn.


    Ja und Nein. Demokratie garantiert einen Status bezüglich Privilegien.

    Kann sie das nicht mehr, zerbricht sie.

    Konkret ist es einerseits so wie Du sagst, andererseits ist es die jeweilige Formation in der gewisse Verhältnisse als 'Normal' angesehen werden, allgemein als common sense bezeichnet.

    In einer Sklavenhaltergesellschaft zählt bspw. der Status Sklave dazu.


    Das heißt also, in einer geschlossenen Demokratie - in meinem Modell oben Schaubild 1, figure 2, (so bezeichne ich Demokratien in denen Surplusprofitlieferanten und Surplusprofitempfänger in einem Staat leben), also garantiert diese Demokratie über ihren offenen Rassismus (Statuszuschreibung) quasi indirekt die 'Lohngruppe' in welche einsortiert wird.


    In der offenen Demokratie (Globalisierung) wo diese beiden Gruppen, Surplusprofitempfänger und Surplusprofitlieferant, nicht im gleichen Staat leben, braucht man diesen offenen Rassismus nicht mehr.

    (Marx würde vmtl. über verschleierte Ausbeutung sprechen, im vgl. zu seiner damals erwähnten offenen Ausbeutung in Amerika)

    Es herrscht quasi als stilles Einvernehmen ein versteckter Rassismus *, der allen Surplusprofitempfängern das Gefühl gibt, sie in ihrer Hybris bestärkt, wir haben einen höheren Lohn verdient - als die Kakao oder Bananen'sklaven' bspw., weil wir eben die besseren sind. o.s.ä.


    * ich hatte mal gesagt: Demokratie ist ökonomisch manifestierter Rassismus


    Ich glaube Le Bon beschreibt dieses Verhalten der Menschen am besten:


    „Nie haben die Menschen nach Wahrheit gedürstet.
    Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen mag.

    Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.“


    Zitat Marx:

    Der Extraprofit, den das fortgeschrittenere Unternehmen gegenüber den rückständigen Unternehmen macht, hat genau die gleiche Quelle wie der Extraprofit, den die entwickeltere Nation gegenüber rückständigeren Ländern macht. In beiden Fällen produziert der technologisch Moderne zu niedrigeren Kosten, kann aber zum normalen (=höheren) Marktpreis (oder etwas darunter) verkaufen. Der Marktpreis wird aber bestimmt von den durchschnittlichen Produktionsbedingungen.

    Ich weiß nicht ob ich das gut parieren kann, bin (leider) kein Ökonom, m.E.n. fehlt irgendetwas. :-)

    Wenn dem so wäre, dann würde niemand Waren 7 000 km um die Welt transportieren (was auch nochmal kostet) (bspw. also von Indien nach D.) da ja die billigere Ware sowieso nur hier hergestellt werden kann. ??


    Wie kommen also die Produkte des Inders massenhaft hierher, wo sie doch teurer sind als unsere eigenen?

    Und dies betrifft nicht nur Artikel am Wühltisch, vlt. erinnert ihr euch noch an den Vulkanausbruch, wo durch das verhängte Flugverbot sogar die Autoindustrie anfing zu klagen und zu meckern, weil wichtige Zulieferungen ganzer Module aus Indien (etc) fehlten!


    Der Fehler liegt m.E.n. eben in der Ignoranz des Lohnfaktors, der zwischen D. und Indien bspw. ca 1: 100 beträgt.

    Während Marx nur den Surplusprofit erörtert der aus technischem Fortschritt im Reproduktionsprozess (bei ähnlicher Lohnlage der Arbeitenden) resultiert, lege ich bei meiner Demokratieuntersuchung den Augenmerk auf den Surplusprofit der sich durch territoriale oder rassistische, oder andere wirkende Machtfaktoren, wie das globale Dollarimperium (der Weißen :-) ) etc. ergibt.


    Man kann vlt. auch noch anders herangehen:


    Zitat Marx:

    Der Extraprofit, den das fortgeschrittenere Unternehmen gegenüber den rückständigen Unternehmen macht, hat genau die gleiche Quelle wie der Extraprofit, den die entwickeltere Nation gegenüber rückständigeren Ländern macht. In beiden Fällen produziert der technologisch Moderne zu niedrigeren Kosten, kann aber zum normalen (=höheren) Marktpreis (oder etwas darunter) verkaufen. Der Marktpreis wird aber bestimmt von den durchschnittlichen Produktionsbedingungen.


    Es geht überhaupt nicht um fortgeschrittenere Unternehmen gegen über dem rückständigen Unternehmen, vlt. gehören beide, in D. und in Indien, gar dem gleichen Kapitalisten!

    Nur verdient in dem einen Unternehmen der Arbeiter 15 € im anderen 15 Cent.


    Es geht auch erst recht gar nicht um Nationen oder Länder, der Bourgeois giert global - nichts sonst interessiert ihn, sondern nur um individuelle, irrationale Gierstrebungen (Kampf) von Individuen, Kapitaleignern.

    Bestenfalls von der nationalen Politik bissl musikalisch umrahmt. :-)


    Ein weiterer Fehler liegt auch bei dem Marx-Zitat darin, dass man von gleichen Produkten ausgeht.

    Das ist aber niemals, oder nur äußerst selten der Fall beim Warenaustausch zwischen Nationen.


    In der Regel ist es so, dass die fortgeschrittenere Kultur bspw. Waffen und Medizin herstellt und verkauft (lustig oder :-) ) - wird ja schließlich oft parallel benötigt, und anderes High-Tec, die zurückgebliebene mehr die 'einfacheren' Produkte ... o.s.ä.



    mvg Philzer

  • Ich kann dir und will dir bei Aussagen, dass "die Demokratie Lohn zahle" nicht weiter folgen.


    Auch deine Ausführungen zur Weltökonomie, die nur auf den Lohn sieht, springt daneben. Und mit diesem dünnen Theoriefundament dann noch Marx vorwerfen, er verstehe die Weltökonomie nicht, weil "Ignoranz des Lohnfaktors"!?

    Käme es nur darauf an, die kapitalistische Konkurrenz im Lohn zu unterbieten, dann ist nicht mehr erklärbar, warum überhaupt noch in dem Hochlohnland Deutschland produziert wird.

    Jede Ware besteht aus konstantem Kapital (Rohstoff, Energie, Werkzeuge, Gebäude etc.) plus Lohnanteil plus Mehrwert.

    Im Durchschnitt aller Waren, die in Deutschland produziert werden, machen die Lohnkosten nur rund 15 Prozent aus.

    Je entwickelter eine Produktionsweise ist, desto größer ist ihr Anteil von konstantem Kapital, desto geringer ist der Wertanteil der menschlichen Arbeitskraft.

    Im globalen Handel werden wertvolle Waren ausgetauscht, die prozentual wenig menschliche Arbeit enthalten (aus der kapitalistischen Peripherie) mit billigen Waren, die prozentual viel menschliche Arbeitszeit enthalten.

    Das ist die Grundlage für den ungleichen Tausch.

    Dass Lohnarbeiter mit hohen Löhnen in den Metropolen Waren von Lohnarbeitern mit niedrigen Löhnen aus der Peripherie kaufen würden, ist Unsinn.


    Hier ist für mich das Ende einer sinnvollen Diskussion gekommen!


    Gruß Wal

  • @Philzer

    Du weißt alles schon, also kann ich dir nichts erklären.

    In eine gefüllte Tasse lässt sich kein frischer Tee einfüllen.


    Aber ich empfehle dir meine Kritik des Sowjetsystems - aus Sicht von Karl Marx.

    Sorry und Gruß!

    Wal

    Edit: Wie üblich hat sich der Herr über mangelnde "Meinungsfreiheit" beschwert. Das ist eine lächerliche Opferpose. Der Herr hatte im Marx-Forum Gelegenheit, seine Meinungen zu äußern. Und ich versuchte ernsthaft, mit ihm ins Gespräch zu kommen, bis meine Geduld verbraucht war.

    Edit II: Und der Herr schiebt noch hinterher: "Du bist nicht anders als die anderen 8 Milliarden irrationalen."

    Das nehme ich als Kompliment und frage mich: Für wen hält der sich?

  • Wenig überraschend: Je mehr Geld jemand hat, desto zufriedener ist er. So finden Befragte aus der oberen Mittel- und der Oberschicht zu 57,5 Prozent, dass unsere „Demokratie“ gut funktioniert. Für sie wird ja auch Politik gemacht. Bei den Arbeitern und Geringverdienern dagegen sind weniger als ein Drittel zufrieden. Kein Wunder, denn die Entscheidungen, die die Volksvertreter von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen im Bundestag in den vergangenen Jahren getroffen haben – etwa die Agenda 2010, der größte Sozialabbau nach dem Kriege (FAZ) – haben ihre Lebensbedingungen erheblich verschlechtert. Für höhere Löhne, höhere Renten und bessere soziale Leistungen, für eine Politik für die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung also, finden sich keine Mehrheiten im Bundestag. Demokratie?



    Aber wenn Banken Milliarden in den Rachen geworfen werden sollen und immer weiter aufgerüstet wird, heben die braven Parlamentarier von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen immer die Hand. Kein Wunder, dass 42 Prozent der Befragten sagen, am besten sei es, wenn die Bürgerinnen und Bürger in regelmäßigen Volksentscheiden Gesetze verabschiedeten. Im Parlament können sich die oberen Zehntausend mit Wohltaten und Parteispenden die notwendigen Mehrheiten sichern. Das ganze Volk aber kann man nicht kaufen.



    Demokratie heißt eine Gesellschaft, in der sich die Interessen der Mehrheit durchsetzen, sagte der griechische Staatsmann Perikles. Die Interessen der Mehrheit setzen sich bei uns aber schon lange nicht mehr durch. Millionen Menschen leben in Armut, 40 Prozent haben heute weniger Geld als Ende der Neunziger Jahre. Die 45 reichsten Haushalte „besitzen“ so viel, wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Lobbyisten schreiben fleißig an Gesetzestexten mit, Konzerne halten sich Parteien mit Spenden bei Laune. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass immer noch 47 Prozent zufrieden sind mit dem Funktionieren unserer „Demokratie“.



    Das Ganze hat System. Wie sagte einst James Madison, der spätere US-Präsident, der große Teile der US-Verfassung geschrieben und das parlamentarische System der USA mit aus der Taufe gehoben hat? „Die vorrangige Funktion einer Regierung ist es, die Minderheit der Reichen vor der Mehrheit der Armen zu schützen.“ Und wie man sieht, sind parlamentarische Regierungen damit nicht nur in den USA, sondern in der ganzen Welt sehr erfolgreich.

  • Newly created posts will remain inaccessible for others until approved by a moderator.