Grundlegungen einer internationalen Kommunalwirtschaft (Teil III)

  • Der Weg ist wie das Ziel
    Da es um ein wirtschaftliches Gemeinwesen geht, kann dieses nicht durch einen politischen Willen, durch den Kampf um die politische Macht hergestellt oder durchgesetzt werden, sondern muss aus den wirtschaftlichen Gegebenheitenentwickelt werden, die in einer widersinnigen Form unter der Oberfläche der herrschenden politischen Ökonomie des Kapitals bereits vorhanden und mächtig sind. Sie können subversiv wirksam gemacht werden, indem ihre Existenzformen auf den Boden der wirklich vorhandenen Gemeinwesen gestellt wird. Was diese schon im Kleinen durch ihre menschlichen Beziehungen sind und bewirken kann sich im Großen und Ganzen entfalten, wenn ihre Wirklichkeit auch das politische Ziel ihrer Verwirklichung als menschliche Lebenszusammenhänge aus den bestehenden Kommunen in die ganze Welt hinaus ist.
    Der Kapitalismus insgesamt ist wesentlich unwirtschaftlich, weil er eine unwirkliche Gesellschaftsform wirklich menschlicher Beziehungen und Verhältnisse ist. Es geht daher um das Ganze ihrer Wirklichkeit. Er funktioniert nur durch diese, indem er sie zerteilt und in Privatformen separiert und für sich nutzbar hält, für sein Geld, sein Staats- und sein Bankenwesen, für die Institutionen und Agenturen des Privateigentums Partei ergreift und dieses gegen die Menschen richtet, die darin gesellschaftlich existieren müssen, ohne wirklich in Gesellschaft zu sein. Die herrschende Politik wird jede wirklich menschliche Bewegung bekämpfen, weil sie den Kapitalzusammenhang als Existenzsiegel ihrer Klasse verteidigen muss, um zu bleiben, was sie ist. In der wirtschaftlichen Subversion jedoch existiert die Kraft der Veränderung, wenn die Menschen darin ihren Lebenserhalt, ihren Lebenszusammenhang und ihre Zukunft, ihre Wirklichkeit schlechthin begriffen haben und diese auch gegen die herrschenden Formen wenden. Und dieses Begreifen muss von jedem einzelnen Verhältnis ausgehen und sich in der Erkenntnis von ihrem Sinn und Nutzen veralllgemeinern.
    Aus den vielfältigen Protesten und Aktionen gegen die Enteignung von gesellschaftlichem Eigentum und öffentlichem Raum, gegen Wohnraumverknappung (Verteuerung), Abbau und Diebstahl sozialer Einrichtungen und Vorsorgemittel, gegen Kultur- und Umweltzerstörung, Verarmung der Bevölkerung, Aussonderung bedürftiger Menschen, Ausbeutung von Abhängigen, Ausnutzung von Notlagen, Aneignung unbezahlter Arbeitskraft und ihrer Produkte, Bedrohung der Menschen und ihrer Lebensqualität durch die politische Gewalt kapitalmächtiger Entscheidungsträger und dergleichen mehr, sollten sich politische und wirtschaftliche Organisationsformen eines Widerstands konzentrieren und bilden, welche Menschen in ihrer Menge und Ausrichtung und Vertretung befähigen, Druck auf die dem entsprechenden politischen und kapitalistischen Interessen zu machen und welcher diese soweit bedrängen kann, dass sie insgesamt disfunktional werden und von daher im Interesse allgemeiner Selbsterhaltung sukzessive ersetzt werden müssen durch Einrichtungen und Mittel, mit denen die Menschen ihre kommunalen und regionalen Belange selbst regeln und bestimmen können.
    Hierfür müssen sich aus diesen Organisationsformen auch Formen der politischen Auseinandersetzung und verantwortliche Bindungen finden, bzw. erfinden lassen, die in der Lage sind, dementsprechende kapitalistische Institutionen abzulösen, ohne dass die Interessen der Bevölkerung dabei zu Schaden kommen, auch wenn sich deren Bedürfnislagen verändern. Es kann durchaus sinnvoll sein, in den politischen Gremien, Ausschüssen und Parlamenten oppositionell dahingehend zu wirken und zu vermitteln, ohne in die Gewalt dieser Einrichtungen einzutreten.
    In der Verallgemeinerung und Konzentration der grundlegenden kommunalen Beziehungen wird sich aus den wirtschaftlichen Notwendigkeiten auch eine Überordnung tragender Beziehungen und Projekte ergeben, wenn diese einen Aufwand erfordern, der nur durch mehrere Regionen getragen werden kann. Aber auch im Zusammentragen mehrerer Kommunalwirtschaften soll sich ihre Beziehung aus eigenen realen Wirtschaftsgrundlagen ergeben. Ein übergeordnetes Ganzes soll nicht als ein selbständiges Wesen existieren, etwa als Staatswesen mit Verfügungsgewalt über die Kommunen, sondern als Resultat einer Vereinigung von Selbstbestimmungen aus den Kommunen, die den politischen und wirtschaftlichen Beziehungen entsprechen und sich auch in ihrer allgemeinen Bezogenheit immer wieder neu darin bewähren müssen. Jede allgemeinere Ebene kann sich so aus ihr vorausgesetzten Wirtschaftsbeziehungen ergeben und diese auch soweit bestimmen, wie sie im Allgemeinen erfolgreich sind. Politisch nötig ist also ein lebendiges Verhältnis von regionalen zu überregionalen Entscheidungen und umgekehrt von allgemeineren Entscheidungen zu einzelnen, welches allgemein den Bestrebungen eines materiell verbesserten Lebensstandards, also dem Interesse einer Bereicherung aller Menschen folgt.
    Ökonomische Voraussetzung solcher Wirtschaft ist ein gesellschaftliches Eigentum, das sich ungebrochen zu individuellem Eigentum und individuellem Aufwand verhält: eine lokale Industrie, lokale Betriebsstätten, lokale Landwirtschaft u.a., in welcher sowohl die Aufwände wie auch ihre Produkte einander entsprechend aufgeteilt werden - nicht durch abstrakte Arbeitsteilung in der Trennung der Menschen von ihrer Arbeit, ihren Arbeitsmittel und Rohstoffen, sondern in der gesellschaftlichen Anwendung der Arbeitsmittel für gesellschaftliche Produkte, die dem individuellen Aufwand und dem gesellschaftliche Vermögen auch genügen, sich also darin wiedererkennen lassen. Maßstab hierfür kann also nicht abstrakte allgemeine menschliche Arbeitszeit (siehe abstrakt menschliche Arbeit) sein, sondern reale Arbeitszeitmit gesellschaftlich verfügbaren Produktionsmitteln und Rohstoffen, durch welche die Produkte hervorgebracht werden: Maschinenarbeit und menschliche Arbeit und Rohstoffertrag, wie er regional möglich oder überregional zu beziehen ist. Außerdem sind aus dem Bedarf der lokalen Wirtschaft zur Vervollständigung der Grundversorgung bestimmte Ausgleichsverträge für Aufwände und Leistungen nötig, deren Begleichung dem regionalen Mehrprodukt für Investitionen und zum Ausgleich mit anderen Kommunen oder besonderen Einzelleistungen entnommen werden. Insgesamt verlangt dies also eine zeitgemäße Ausstattung für lokale Produktion, die insgesamt zusammen mit Ausgleichverträgen zumindet die vollständige Reproduktion einer Region und ihrer Menschen mit dem örtlichen Lebensstandard sicherstellen und auch die Beziehungen selbständiger Arbeit entsprechend einvernehmlich mit der gesellschaftlichen regeln kann. Durch die lokale und internationale Vertragswirtschaft soll dies gewährleistet werden. Auf dieser Basis berechnen sich alle Verhältnisse innerhalb der Region und ihrer Bewohner und nach Außen als Ausgleichbedarf, wie er politisch bestimmt wird.
    Aus den konkreten Lebensverhältnissen der Menschen, in welchen sie wirtschaftlich und kulturell die objektiven Grundlagen ihrer Gesellschaft haben und in denen sie zugleich als Subjekte ihre Lebens verkehren, soll sich durch das kommunale Verhältnis, wenn es sich zu einem Verhältnis der Kommunen, Regionen und Länder entwickelt, eine freie Beziehung und Entwicklung der Kulturen als politische Lebensform entwickeln - soweit eben, wie sie darin ihre Lebensgrundlagen und -kreisläufe auch wirklich haben und einander ergänzen können. Um nicht in einer kommunalen oder regionalen Selbstbeschränkung der Lebensproduktion zu stocken, muss das Wechselverhältnis der Kommunen und Regionen politisch und wirtschaftlich bis in die Wirtschaftskreisläufe der ganzen Welt hinein einbezogen sein. Lokal sollen die Menschen daher ihr Leben organisieren und seine politische Form kontrollieren. Die vollständige Bewirtschaftung ihrer Lebensentfaltung kann aber nur international möglich sein - eben weil menschliches Leben in allen Kulturen sich vollzieht, die in ihren Stoffen und Produkten einander ergänzen, wenn sie sich zueinander auch in einer Ergänzungswirtschaft aufeinander beziehen lassen. Einerseits haben Kommunen schon selbst vollständige Lebenskreisläufe - sowohl dem Inhalt nach, als auch in der Form und Begrenzung - , andererseits dehnt sich ihr Lebenskreislauf auch beständig aus und entwickelt von daher selbst weltliche Wirtschaft, wie sie sich selbst auch als Teil der Weltwirtschaft getaltet.
    Von der politischen Form her geht es hierbei um eine kommunalen Rätedemokratie, die durch den politischen Auftrag der Beteiligten einer dem entsprechenden Region qualifiziert und kontrolliert wird. Alle Beziehungen in solcher Gesellschaft sollen im Prinzip der Subsidiarität geregelt, also immer "von unten nach oben" bestimmt sein und weitgehend auf unterer Beziehungsebene kontrolliert bleiben. Von der Wirtschaft her gesehen soll die Kommune als Wirtschaftsraum der Grundversorgung der Bevölkerung, als Garant der gesellschaftlichen Reproduktion fungieren und hieraus ihre allgemeine Bezogenheit auf diese begründen und in dem ihr möglichen Maß und Willen zu einer allgemeinen Reichtumsbildung beitragen. Das sollte eine kommunale und regionale Industrie und Landwirtschaft (siehe Subsistenzindustrie) so weit wie möglich gewährleisten, die zugleich durch Ergänzungswirtschaft mit anderen Kommunen die Grundsicherung der Bevölkerung und eine allgemeine Entwicklung der menschlichen Lebensvielfalt, der Erzeugung und Fortbildung ihres gegenständlichen Reichtums gewährleistet.
    Die kommunalen Produktionsmittel und einbezogenen Menschen bilden die Grundlage der Kommunalwirtschaft - mit der Option, sich aus diesen auch herausarbeiten zu können durch Beteiligung an einer Mehrproduktion, die aus Eigeninitiative erfolgt. Die Grundlage des Internationalen Kommunalismus ist daher eine lokale demokratische Wirtschaftsordnung, also eine Wirtschaft die nicht - wie in der repräsentativen Demokratie - mehr oder weniger im Parlament vertreten ist, sondern die politisch durch die Bevölkerung aus ihrem Lebenszusammenhang konkret nach Belang und Problemen der Bewirtschaftung in einer Art Rätedemokratie bestimmt und durch Verträgegeregelt wird. Daraus ergeben sich auch die weiteren Bestimmungsverhältnisse für die Mehrproduktion, worin der gesellschaftliche Reichtum verteilt und zur Entwicklung neuer Technologien und Lebensmittel und Lebensräume (Wohnungen, öffentlicher Raum) freigesetzt wird.
    Als Grundlagen einer solchen Form der Reichtumsentwicklung steht die Verwirklichung folgender Ziele an:
    1. Die unmittelbar bestimmte wie bestimmende Lebensform der Menschen soll ihre Kommune mit einer kommunalen Rätedemokratie durch qualifiziertes Stimmrecht (siehe qualifizierte Delegation) sein.
    2. Die Subsistenz der Menschen muss durch eigene Grundversorgung, durch regionale Industrie (siehe Subsistenzindustrie), kommunalen Resssourcenbesitz und kommunales Grund- und Wohnungseigentum gesichert werden (siehe kommunale Reproduktionsindustrie).
    3. Kein Mensch und keine Organisation darf durch den Besitz von Produktionsmittel, Wohnraum, Lizenzen, Rohstoff und Energie sich bereichern.
    4. Die gesellschaftliche Entwicklung der Kommunen soll sich aus ihren internationalen Beziehungen auf andere Kommunen bilden und sich vermittelst netzartiger Vertragspartnerschaften (siehe Vertragswirtschaft) über die Verrechnung von Abeitsszeiten und Rohstoffdichte pro Produktivität regeln.
    5. Lokale Tauschbeziehungen sollen durch ein zeitgebundes regionales Rechengeld in derselben Weise verträglich gemacht werden.

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  • Der ganze ungekürzte Text mit noch mehreren Abschnitten und Erläuterungen der der hier zur Diskussion gebotenen drei Teile der "Grundlagen" befindet sich auf kulturkritik.net/index_allgem.php?code=pfrwol131 mit folgender Aufgliederung in: 1. Marktwirtschaft oder Kommunalwirtschaft? - 2. Gründe und Grundlagen - 3. Die politische Entwicklung – 4. Der Weg ist wie das Ziel - 5. Eine wirtschaftliche Form der Politik - 6. Die einzelnen wie allgemeinen Erfordernisse im Ganzen