Nationalismus ist schlimm. Das Bekenntnis zur Nation ist einer der Gründe dafür, dass viele Lohnarbeiter ihre mehr oder weniger trostlose Lage als Untertanen und Ausgebeutete hinnehmen. Schlimmer ist es, wenn gerade linke Politiker, denen die die Lohnarbeiter Vertrauen schenken, mit
nationalistischen Parolen hausieren gehen. Solchen linken Figuren geht es nicht um die soziale Emanzipation der Lohnarbeiter, sondern um die übliche Sache politischer Parteien in bürgerlichen Staaten, den Zuwachs von und Gewinn von Macht .
Ein abstoßendes Beispiel für linken Nationalismus repräsentiert gegenwärtig der französische Politiker Jean-Luc Melenchon, dem bei den letzten Vorwahlen zum französischen Präsidentenamt über vier Millionen Lohnarbeit er zustimmten. Mit Parolen wie “Wenn es keine Freiheit mehr gibt, ist der Aufstand die heilige Pflicht der Republik”, vermengt er berechtigte Forderungen der Lohnarbeiter mit den übelsten nationalistischen Parolen. Es sind die hochtrabende Phrasen, mit denen gleichermaßen die modernen Faschisten des FN (Front National) beabsichtigen, die Lohnarbeiter zu verdummen. Olivier Besancenot von der NPA (Nouveau Parti Anticapitaliste) hat ihn deshalb treffend skizziert, als er im Fernsehen sagte: „ Jean-Luc Melenchon trägt eine rote Krawatte aber die Fahne, die er trägt, ist blau-weiß-rot:“
Trotz radikaler antikapitalistischer Phrasen versucht er kaum anders als die modernen Faschisten mit Gleichmacherei die Lohnarbeiter für das große „Wir“ zu vereinnahmen: „Wir Franzosen müssen begreifen …“, „hier sind wir wieder, Frankreichs Volk der Rebellionen und Revolutionen“ usw. . Für diesen Mann ist der Unterschied zwischen Franzosen und dem Rest der Welt allemal wichtiger als der Unterschied zwischen Oben und Unten. Das drückt sich auch in seinem pathetischen Gefasel über die wieder aufblühende „Grande Nation“ aus: „Schönes rebellisches Frankreich, du wirst wieder die Tage der Kirschen und glücklichen Tage erblicken.“ Mit diesem herrlichen imperialistischen Ausblick vor Augen fällt es ihm schon heute nicht schwer, Belgien als künstlichen Staat zu bezeichnen und zu erklären: „Man könnte sich leicht vorstellen, dass die Wallonen dafür stimmen, der französischen Republik beizutreten, wenn sich Flandern von Belgien trennt. Viele Franzosen, auch ich, wären davon begeistert... Es könnte dabei ein richtig großartiges Frankreich entstehen.“
Die aktuellen Aufdeckungen von Steuertricks ranghoher französischer Politiker, nutzt er nicht, um die Lohnarbeiter von der Überflüssigkeit dieser Figuren zu überzeugen, sondern bläst jenes in diesen Kreisen übliche Verhalten zu einem „“Skandal für alle auf“. Dabei spielt er sich radikal als staatsmännischer Saubermann auf, der wie der Republikaner Schwarzenegger mit dem Besen die „politische Atmosphäre reinigen“ will - zum
Wohle des Staates Frankreich selbstverständlich. Deshalb entblödete er sich nicht, zum allerblödesten Zweck für einen Linken, zur Demonstration für die VI. Republik am 5. Mai die Trommel zu rühren.
In diesem Zusammenhang beklagt er den angeblich jämmerlichen Zustand der "fünftstärktsten Ökonomie der Welt", der er gerne vorstehen möchte. Angeblich sollen die "Geldsäcke mit ihren verkommenen Sitten" Schuld an diesem Zustand sein. Denen will er Mores lernen und ruft im Sinne der bürgerlichen Revolution von 1789 zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung auf, in der dann nur ehrliche Saubermänner wie er selbst eine „erneuerte, moralisch reine, sozialistische, ökologische Republik“ errichten sollen.
Aber seine Angriffe gegen Banken und andere Kapitalisten sind nur radikale unehrliche Scheinattacken, denn im Grunde hat Melenchon nichts gegen diese, sondern er weiß genau, dass er auf diese angewiesen ist, wenn er "seinem Traum" vom großen mächtigen Frankreich verwirklichen will. Und seine aufgeplusterte Klage gegen korrupte Politiker ist lediglich moralisches Gewäsch, denn er weiß genau, dass zu den Verwaltungsapparaten eines Staates die Korruption genau so gehört wie zum kapitalistischen Wettbewerb der Betrug. Seine Versprechungen für eine Verbesserung der sozialen Lage der Lohnarbeiter sind Lügen, denn er weiß längst, dass auch in seiner sich sozialistisch und ökologisch nennenden sauberen Nation die Lohnarbeiter immer arm bleiben werden.
Melenchon weiß genau, auf was er sich einlässt: auf die Führung einer „Grande Nation“ mit Force de Frappe und Atombomben und mit militärischen Ambitionen und dem ganzen gemeinen Brimborium. Weil ihm das über alles geht, ist es ihm egal, dass er die Lohnarbeiter in materieller Hinsicht unweigerlich enttäuschen wird. Aber gerade deshalb weiß er auch, falls sich sein Traum tatsächlich einmal erfüllen sollt, dass er schon jetzt für eine
nationalistische Gesinnung der Lohnarbeiter werben muss, damit sich die Uneinlösbarkeit seiner materiellen Versprechungen durch die Nöte, an denen
„Große Nationen“ wegen den andern „Großen Nationen“ immer leiden, vielleicht von allein auflöst oder zumindest von ihr abgelenkt wird.
Der auf die Überwindung des Kapitalismus ausgerichteten politischen Bewegung schaden linke Figuren wie Melenchon, denen Millionen Lohnarbeiter in der Hoffnung auf die Verbesserung ihrer materiellen Lage politisches Vertrauen entgegenbringen, immens, weil sie, statt die nationalistische Gesinnung als Schaden für die Lohnarbeiter zu entlarven, diese im Gegenteil, mit der Absicht, sie für ihre politischen Zweckenutzbar zu machen, als eine quasi natürliche menschliche Eigenschaft im Bewusstsein der Lohnarbeiter etablieren und verfestigen.
Kim