R. Schlosser: Nationales oder gesellschaftliches Gesamtkapital?

  • Die Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und der Nationalismus (Thesen)


    Vorbemerkung: Es geht mir im nachfolgend nicht darum, Marx Theorie von der Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals systematisch – alle wichtigen Aspekte erfassend – zu reproduzieren. Es geht mir ausschließlich darum, bestimmte „nationalökonomische“ Fehlinterpretationen dieser Theorie durch Marxisten in Frage zu stellen. Für viele Marxisten ist der Begriff des gesellschaftlichen Gesamtkapitals empirisch deckungsgleich mit der Summe der Einzelkapitale in einer Nationalökonomie, in einem nationalen Markt. Manche Autoren leiten daraus sogar einen „nationalistischen“ Charakter des Gesamtkapitals ab, dem dann durch eine bestimmte Politik Rechnung getragen würde.


    I. Marx analysierte die kapitalistische Produktionsweise als eine Einheit aus Produktions- und Zirkulationsprozess. Band 1 des Kapital beschäftigt sich mit dem unmittelbaren Produktionsprozess des Kapitals, Bd. 2 mit dem Zirkulationsprozess. Am Ende des 2. Bandes dann entwickelt er seinen Begriff des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und untersucht dessen Reproduktion und Zirkulation auf dem hohen Abstraktionsniveau, auf dem sich seine ganze bis dahin entwickelte Theorie bewegt (Abstraktion von der Konkurrenz, unterstellte Identität von Wert und Preis).

    „Jedes einzelne Kapital bildet jedoch nur ein verselbständigtes, sozusagen mit individuellem Leben begabtes Bruchstück des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, wie jeder einzelne Kapitalist nur ein individuelles Element der Kapitalistenklasse. Die Bewegung des gesellschaftlichen Kapitals besteht aus der Totalität der Bewegungen seiner verselbständigten Bruchstücke, der Umschläge der individuellen Kapitale. Wie die Metamorphose der einzelnen Ware ein Glied der Metamorphosenreihe der Warenwelt - der Warenzirkulation - ist, so die Metamorphose des individuellen Kapitals, sein Umschlag, ein Glied im Kreislauf des gesellschaftlichen Kapitals.“ MEW Bd. 24, S. 351, 352

    „Die Kreisläufe der individuellen Kapitale verschlingen sich ... ineinander, setzen sich voraus und bedingen einander, und bilden gerade in dieser Verschlingung die Bewegung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Wie bei der einfachen Warenzirkulation die Gesamtmetamorphose einer Ware als Glied der Metamorphosenreihe der Warenwelt erschien, so jetzt die Metamorphose des individuellen Kapitals als Glied der Metamorphosenreihe des gesellschaftlichen Kapitals. Wenn aber die einfache Warenzirkulation keineswegs notwendig die Zirkulation des Kapitals einschloß - da sie auf Grundlage nichtkapitalistischer Produktion vorgehn kann - , so schließt, wie bereits bemerkt, der Kreislauf des gesellschaftlichen Gesamtkapitals auch die nicht in den Kreislauf des einzelnen Kapitals fallende Warenzirkulation ein, d.h. die Zirkulation der Waren, die nicht Kapital bilden. Es ist nun der Zirkulationsprozeß (der in seiner Gesamtheit Form des Reproduktionsprozesses) der individuellen Kapitale als Bestandteile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, also der Zirkulationsprozeß dieses gesellschaftlichen Gesamtkapitals zu betrachten.“ ebenda S. 353, 354


    Bei Marx ist das gesellschaftliche Gesamtkapital also bestimmt durch eine Summe von Einzelkapitalen, deren Kreisläufe sich „verschlingen“. Die Zirkulationsspähre (oder der Markt), in der die Einzelkapitale als Verkäufer und Käufer auftreten, vermittelt den Reproduktionsprozess des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Dieser Reproduktionsprozess bewirkt sowohl die Reproduktion dem Werte nach, wie auch die stoffliche Reproduktion.


    II. „Solange wir die Wertproduktion und den Produktenwert des Kapitals individuell betrachteten, war die Naturalform des Warenprodukts für die Analyse ganz gleichgültig, ob sie z.B. aus Maschinen bestand oder aus Korn oder aus Spiegeln. Es war dies immer Beispiel, und jeder beliebige Produktionszweig konnte gleichmäßig zur Illustration dienen. Womit wir es zu tun hatten, war der unmittelbare Produktionsprozeß selbst, der auf jedem Punkt als Prozeß eines individuellen Kapitals sich darstellt. Soweit die Reproduktion des Kapitals in Betracht kam, genügte es zu unterstellen, daß innerhalb der Zirkulationssphäre der Teil des Warenprodukts, welcher Kapitalwert darstellt, die Gelegenheit findet, sich in seine Produktionselemente und daher in seine Gestalt als produktives Kapital rückzuverwandeln; ganz wie es genügte zu unterstellen, daß Arbeiter und Kapitalist auf dem Markte die Waren vorfinden, worin sie Arbeitslohn und Mehrwert verausgaben. Diese nur formelle Manier der Darstellung genügt nicht mehr bei Betrachtung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und seines Produktenwerts. Die Rückverwandlung eines Teils des Produktenwerts in Kapital, das Eingehn eines andern Teils in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- wie der Arbeiterklasse bildet eine Bewegung innerhalb des Produktenwerts selbst, worin das Gesamtkapital resultiert hat; und diese Bewegung ist nicht nur Wertersatz, sondern Stoffersatz, und ist daher ebensosehr bedingt durch das gegenseitige Verhältnis der Wertbestandteile des gesellschaftlichen Produkts wie durch ihren Gebrauchswert, ihre stoffliche Gestalt.“ ebenda S. 393


    Dieser Reproduktionsprozess umfasst also sowohl die Reproduktion von Kapital in Geld- und Warenform, als auch die Reproduktion der Klassen (Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse). Marx analysiert diesen Prozess – also auch die Reproduktion der Klassen - ebenfalls ohne Berücksichtigung des Staates!

    Es ist empirisch offensichtlich, dass es sowohl nationale Märkte als auch den Weltmarkt gibt und dass die Bedeutung des Weltmarktes enorm zugenommen hat. Der Weltmarkt selbst ist auch nicht erst durch die kapitalistische Produktionsweise entstanden, er war vielmehr schon eine Voraussetzung für ihr Entstehen. Die Kreisläufe der Einzelkapitale verschlingen sich zunehmend über den Weltmarkt. In der Begriffsbestimmung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bei Marx spielt jedoch weder das eine noch das andere eine Rolle, also weder nationaler Markt noch Weltmarkt. Es geht ausschließlich um die vielen Kapitale, deren Kreisläufe sich verschlingen. Er abstrahiert von den konkreten Gestaltungen der Zirkulationsspähre, um auch hier die Logik des Kapitals rein herauszuarbeiten.

    Diejenigen, die heute das gesellschaftliche Gesamtkapital empirisch gleichsetzen mit einem „Nationalkapital“, der Summe der Einzelkapitale einer Nationalökonomie, versuchen u.a. dessen Reproduktion durch Interpretation des jeweiligen BIP zu fassen. In aller Regel ist das dann eine Reproduktion nur dem Werte – besser dem Tauschwerte – nach. Man rechnet die entsprechenden Vorleistungen heraus und hat angeblich das im Inland geschaffene Wertprodukt. Verrechnungspreise der internationalen Konzerne spielen überhaupt keine Rolle. Von der stofflichen Reproduktion will ich gar nicht sprechen. Es mutet schon einigermaßen absurd an, wenn man die stoffliche Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals sich heute als eine nationalökonomische Angelegenheit vorstellt.


    III. Marx spricht das Problem der stofflichen Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals – als Reproduktion in einem Lande, einer Nationalökonomie - im Kontext der Goldproduktion (Geldmaterial) an. Er schreibt: „Von Ländern vorherrschender kapitalistischer Produktion sind nur die Vereinigten Staaten Gold und Silberproduzenten; die europäischen kapitalistischen Länder erhalten fast all ihr Gold und bei weitem den größten Teil ihres Silbers von Australien, Vereinigten Staaten, Mexiko, Südamerika und Rußland. Wir verlegen aber die Goldminen in das Land der kapitalistischen Produktion, dessen jährliche Reproduktion wir hier analysieren, und zwar aus folgendem Grund: Kapitalistische Produktion existiert überhaupt nicht ohne auswärtigen Handel. Wird aber normale jährliche Reproduktion auf einer gegebnen Stufenleiter untersteilt, so ist damit auch unterstellt, daß der auswärtige Handel nur durch Artikel von andrer Gebrauchs- oder Naturalform einheimische Artikel ersetzt, ohne die Wertverhältnisse zu affizieren, also auch nicht die Wertverhältnisse, worin die zwei Kategorien: Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, sich gegeneinander umsetzen, und ebensowenig die Verhältnisse von konstantem Kapital, variablem Kapital und Mehrwert, worin der Wert des Produkts jeder dieser Kategorien zerfällbar. Die Hereinziehung des auswärtigen Handels bei Analyse des jährlich reproduzierten Produktenwerts kann also nur verwirren, ohne irgendein neues Moment, sei es des Problems, sei es seiner Lösung zu liefern. Es ist also ganz davon zu abstrahieren; also ist hier auch das Gold als direktes Element der jährlichen Reproduktion, nicht als von außen durch Austausch eingeführtes Warenelement zu behandeln.“ ebenda S. 466

    Damit ist aber auch klar, was Marx mit seiner Theorie des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bezweckt: er will nicht darstellen, wie sich das in der Wirklichkeit tatsächlich darstellt, sondern wie diese Reproduktion als solche, der Logik des Kapitals und seiner Verwertung entsprechend, funktioniert. Das ist zweifellos eine Zumutung für den „gesunden Menschverstand“. Wenn man nun aber hergeht – wie etwa Stephan Krüger - und die wirkliche Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals analysieren will und das dann rein „nationalökonomisch“ erledigt, mit Hilfe des BIP, dann wird das mehr als schräg. Die wirkliche Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals lässt sich gerade nicht an Hand des BIP darstellen, weil sie sich ohne den „Außenhandel“, ohne den Weltmarkt weder stofflich noch wertmäßig adäquat darstellen läßt. Das BIP ist eine nationalökonomische Konstruktion.

    Marx verlegt die Goldproduktion in des Land der entwickelten Kapitalproduktion. Er hätte genauso gut unterstellen können, dass die ganze Welt ein „Land mit entwickelter kapitalistischer Produktion“ ist. Dann gäbe es ebenfalls keinen „auswärtigen Handel“ mehr und er hätte die Goldproduktion nicht verlegen müssen, um die Logik des Kapitals rein herauszuarbeiten.


    IV. Ich habe bereits an anderen Stellen darauf hingewiesen, dass über die Hälfte des heutigen Welthandels als „konzerninterner Handel“ abgewickelt wird. Das lässt sich nur gewaltsam auf den Begriff des „auswärtigen Handels“ bringen. Es zeigt vielmehr, in welchem Umfang Einzelkapitale bereits die Grenzen einer „Nationalökonomie“ durchbrechen. Dieser Handel geschieht nicht zu Marktpreisen, sondern zu „Verrechnungspreisen“, die in dem jeweiligen Multi festgesetzt werden. Solche Verrechnungspreise sind sozusagen dem Wirken des Wertgesetzes entzogen. Sie verteilen bewusst Profite und nehmen damit Einfluss auf die Verteilung von Mehrwert, der anderen Orts produziert wurde, jenseits der Konkurrenz des Marktes. Solche Verrechnungspreise sind zumindest teilweise ein Dementi auf die Zahlen des angeblich reinen Inlandsprodukts, dass das BIP ausweisen will. Dass bürgerliche Ökonomen „nationalökonomisch“ denken, ist mir schon klar, aber warum Marxisten diese Illusion einer „Nationalökonomie“ heute nicht zerstören, sondern ebenfalls in diesen Grenzen denken, ist mir schleierhaft. Aber manche wollen ja auch zurück, zu mehr nationalstaatlicher Souveränität und brauchen daher als Reformer die „materialistische“ Illusion einer „Nationalökonomie“.

    Die Verrechnungspreise betreffen den Wert und Mehrwert, bzw. die Verteilung von Mehrwert ohne Konkurrenz. Bei den Rohstoffen und Vorprodukten handelt sich um die stoffliche Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals. Wer sich heute dazu versteigt, alle Produktion dieser Rohstoffe und Vorprodukte in jedes der entwickelten kapitalistischen Länder „zu verlegen“, um die wirkliche Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals darzustellen, der muss jedenfalls sehr viel Produktion „verlegen“. Die abstrakte Theorie von der Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals halte ich für ausgezeichnet und absolut „wirklichkeitstauglich“. Demonstrieren lässt sich das heute aber gerade, wenn wir so tun, als sei die ganze Welt ein Land mit kapitalistischer Produktionsweise, also ohne Konkurrenz der „Nationalökonomien“. Wenn wir marxsche Theorie „nationalökonomisch“ missverstehen, dann entsteht daraus Unsinn und Unverständnis der Entwicklungstendenzen des Kapitals. Das heißt nicht, dass der Nationalismus erledigt ist oder sich von selbst erledigt, aber er ist eine nach rückwärts gewandte „Gegentendenz“, deren Träger die Verlierer in der Weltmarktkonkurrenz sind. Dies gilt zumindest für die entwickelten kapitalistischen Länder. Und es ist auch nicht ausgeschlossen, dass diese Tendenz auf die Zeit die Oberhand gewinnt. Tut sie das, wie etwa in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg, dann schränkt das die Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals ein, statt sie zu befördern. Sie schränkt diese Reproduktion ein, weil die „Verschlingung“ der Einzelkapitale über die Zirkulation an vielen Stellen unterbrochen wird. (Zerstörung und nicht Entwicklung des Weltmarktes.)

    Die kapitalistische Wirklichkeit lässt sich nur verstehen, wenn beides Berücksichtigung findet, die Tendenzen des Kapitals, seine Logik, seine Gesetzmäßigkeiten, wie die Gegentendenzen, die hervorgerufen werden. Die Gesetzmäßigkeiten, die die Reproduktion und Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bestimmen, hat Marx möglichst rein herausgearbeitet. Es wäre unsere Aufgabe zu zeigen, wie sich das in Wirklichkeit durchsetzt, im Widerspruch zwischen zunehmender Internationalisierung von Produktion und Zirkulation und den „nationalökonomischen“ Gegentendenzen.


    Abschließend: Dass der Nationalismus seine Grundlage hat im Wesen des gesellschaftlichen Gesamtkapitals, das wesentlich „nationalökonomisch“ bestimmt sei, halte ich für falsch. Die allgemeine Kapitaltheorie von Marx gibt das auch nicht her. Er spricht darin von einem „gesellschaftlichen Gesamtkapital“ und nicht von einem „nationalen Gesamtkapital“. Das ist ein wesentlicher Unterschied! (Wäre die Reproduktion des gesellschaftlichen Kapitals wesentlich „nationalökonomisch“ und ließe sich im Rahmen eines nationalen Marktes bewältigen, dann würde sich das in einer allgemeinen Tendenz zur Autarkie ausdrücken und wäre entsprechend theoretisch zu berücksichtigen.) Das „Verlegen“ der Goldproduktion ist bei Marx eine seiner Methoden zur Abstraktion, hier vom „auswärtigen Handel“. Er hat daraus keine Theorie eines nationalen Gesamtkapitals gemacht.

    Heute kommen wir der Sache jedenfalls deutlich näher, wenn wir auf das „Verlegen“ von Produktion verzichten und stattdessen von der Konkurrenz der „Nationalökonomien“ abstrahieren. Das gesellschaftliche Gesamtkapital bei Marx ist eine Vielzahl von Einzelkapitalen, deren Kreisläufe sich verschlingen. Er hat keine Theorie entwickelt, dass diese Verschlingung wesentlich im Rahmen eines nationalen Marktes stattfinden müsse, weil das Kapital seinem Wesen nach eben auf einer „nationalökonomischen“ Produktionsweise basiere .

    Es gilt heute empirisch zu untersuchen, wie sich dieses „Verschlingen“ entwickelt, was sich verändert hat und verändert und darin zu zeigen, wie sich gesellschaftliches Gesamtkapital reproduziert und zirkuliert, dem Wert nach und stofflich.


    Robert Schlosser August 2017


    Quelle: http://www.robert-schlosser.de…kapital_Nationalismus.pdf


    Kommentar von w.b.

    Diese ausgezeichnete Darstellung von Robert Schlosser teile ich ohne jede Einschränkung. Als zusätzlichen Beleg verweise ich auf folgenden Gedanken von Marx: „Übrigens ist die Unterscheidung von Inland und Ausland durchaus illusorisch. Wie sich die Nation, die eine Missernte erleidet, zur fremden Nation verhält, von der sie kauft, verhält sich jedes Individuum der Nation zum Bauern oder Getreidehändler. Die Zusatzsumme, die es auf Ankauf des Getreides verwenden muss, ist eine direkte Verminderung seiner ... verfügbaren Mittel.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 47f.


    Gegen die Vertreter eines „nationalen Kapitalismus“ sagt Schlosser: „Der Nationalismus ... ist eine rückwärtsgewandte ‚Gegentendenz‘, deren Träger die Verlierer der Weltmarktkonkurrenz sind.“


    Auch das halte ich ganz richtig, möchte es aber noch um einen Aspekt ergänzen:

    „Der industrielle Kapitalist hat den Weltmarkt vor sich; vergleicht und muss daher beständig vergleichen seine eigenen Kostenpreise nicht nur mit dem Marktpreis zu Hause, sondern auf dem gesamten Weltmarkt. Er produziert beständig in Rücksicht darauf.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 462.

    Es gibt jedoch in jedem Land eine Reihe von Kapitalisten und kleinen Selbständigen, die nicht „in Rücksicht auf den gesamten Weltmarkt produzieren“. Das sind meist Kapitalisten, deren Geschäft die Reproduktion der Lohnarbeiterklasse ist, und die zum Beispiel verderbliche Lebensmittel oder personennahe Dienstleistungen für einen lokalen Markt sind. Für diese Kapitalisten und Selbständigen bleibt der nationalstaatliche Rahmen bestimmend, auch wenn sie Rohstoffe aus dem Ausland beziehen.

    Ich vermute, dass etliche Marxisten an der „illusorischen Unterscheidung von Inland und Ausland“ (Marx) festhalten, weil sie die Unterscheidung von „bösem“ (internationalem) Monopolkapital und „gutem“, (lokalem, nationalem) Kleinkapital für wesentlich halten.

    Diese Unterscheidung von kleinem und großem Kapital ist jedoch weder für die Kritik am Kapitalismus wesentlich, noch für den Weg zu einer nachkapitalistischen Gesellschaft ohne Lohnarbeit.


    Wal Buchenberg

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