Opel Bochum: Wie weiter nach der breiten Ablehnung des "Masterplanes" von GM in Bochum?

  • Hallo Leute,
    Dietmar Henning von den Trotzkisten meint zur Ablehnung des „Masterplanes“ von GM im Werk Bochum:
    “Die wichtigste Folgerung aus dem Bochumer Votum lautet: Um ernsthaft für die Verteidigung der Arbeitsplätze zu kämpfen, ist es notwendig, von der IG Metall zu brechen. Es müssen Aktionskomitees gegründet werden, die Kampfmaßnahmen beraten und organisieren. Und es müssen Kontakte zu Arbeitern anderer Betriebe, zu den Angestellten im öffentlichen Dienst wie den Lehrern und zu den Kollegen in der internationalen Autoindustrie, vor allem den GM-Arbeitern in den USA, geknüpft werden.

    Meine Gegenmeinung dazu:
    - Wer im Kapitalismus für „Verteidigung der Arbeitsplätze“ kämpft, kämpft auf verlorenem Posten.
    - Wer in Bochum den „Bruch mit der IGM“ zur Voraussetzung des Kampfs machen will, wird Nichts erreichen. Die Opelaner können Einiges ohne die IGM erreichen. Wer aber die IGM zum Gegner erklärt, wird Nichts erreichen.
    - Wer "Aktionskomitees" plant, ohne zu wissen und zu sagen, was man erreichen will, dessen „Kampf“ kann nur Frust produzieren.


    Ich denke, zunächst sollte man sich gemeinsam fragen: Was sollen und was können wir bestenfalls erreichen? Ich denke:


    1. Die Opelaner in Bochum sollten eigene Forderungen aufstellen für den schlimmsten Fall: Die Werksschließung. Dieser Fall muss für GM so teuer wie möglich gemacht werden.


    2. Die Opelaner in Bochum sollten auch eigene Forderungen aufstellen, die auch den Opelbeschäftigten in anderen Werken Nutzen und damit Unterstützung bringen. Zum Beispiel: Abschaffung der Nacht- und Schichtarbeit.

    3. Die Opelaner in Bochum sollten noch eigene Forderungen aufstellen, die allen Lohnarbeitern Nutzen und damit Unterstützung bringen.
    So zum Beispiel:
    Weg mit HartzIV! Zahlung des Arbeitslosengeldes für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit! Rente mit 60. Normalarbeitszeit 6 Stunden an 5 Wochentagen.

    Solche Forderungen bringen breitere Aufmerksamkeit und breitere Unterstützung –
    meint Wal Buchenberg

  • Oben hatte ich geschrieben:
    “Die Opelaner können Einiges ohne die IGM erreichen. Wer aber die IGM zum Gegner erklärt, wird Nichts erreichen.“
    Dazu möchte ich noch ein paar Ergänzungen machen.
    Ich denke, die Opelaner (und andere Lohnarbeiter auch) können einen Kampf ohne die Gewerkschaft beginnen. Sie können zum Beispiel eine Unterschriftenaktion starten, im Kollektiv einen Vorgesetzten oder den Betriebsrat aufsuchen oder einen Streik beginnen. Manche Aktionen wie Blockade der Zufahrtstraßen oder der Autobahn, Besetzung öffentlicher Gebäude oder des eigenen Betriebes oder die Festsetzung eines Managers (Boss-Napping) können sie nur ohne die Gewerkschaft durchführen.
    Aber:
    Keine dieser Aktionen kann man in Deutschland ohne die Gewerkschaft erfolgreich beenden.


    Erfolgreich beendet wird ein Konflikt zwischen Lohnarbeiter und Kapitalisten durch einen schriftlichen Kollektivvertrag, der beide Seiten bindet. Wie soll ein Lohnarbeiter-Kampf anders erfolgreich enden als durch Vertrag?
    So ein Kollektiv- oder Tarifvertrag bedarf einer „kollektivvertragsfähigen“ (Österreich) oder „tariffähigen“ Körperschaft“.
    In Deutschland und Österreich sind das auf Seiten der Lohnarbeit die anerkannten Gewerkschaften.
    Ein Kapitalist, der durch seine kämpfende Belegschaft unter Druck gerät, hat immer das Gesetz auf seiner Seite, und das Gesetz sagt: Es gelten zwischen Lohnarbeit und Kapital nur Verträge, die von „Tarifparteien“ abgeschlossen sind. Ein von den Kolleginnen und Kollegen gewählter „Streikrat“ ist keine Tarifpartei. Ein Streikrat kann einen Kampf führen, aber nicht erfolgreich, das heißt dauerhaft und nachhaltig, beenden.
    Wer also währende des Kampfes nicht ständig eine Tür für die legalen Gewerkschaften offenhält, der beraubt sich selbst der Erfolgsmöglichkeit seines Kampfes.
    Wer aber wie Dietmar Henning herumtönt, für den Kampf sei es notwendig „von der IG Metall zu brechen“, der wird auch nichts außer Frust zu Wege bringen.
    meint Wal

  • Hallo Wal,
    Kollegen, die über 20 Jahre lang bei Opel in Bochum klassenkämpferisch aktiv waren, nennen Leute wie Dietmar Henning "Müsstiker" (eine angemessene Umsetzung des Begriffs Mystiker auf die berufenen "Führer der Arbeiterklasse"). Dietmar Hennig predigt, was die Kolleginnen tun "müssen", "um ernsthaft für die Verteidigung der Arbeitsplätze zu kämpfen".
    Wenn 76% der abstimmenden Gewerkschaftmitglieder bei Opel in Bochum (rund 70% haben an der Abstimmung teilgenommen) jetzt den "Masterplan" abgelehnt haben, dann hat das aber mit Spaß wenig zu tun. Das ist Ausdruck von tief sitzendem Frust, von der Erkenntnis, von allen Seiten verarscht zu werden, von der Verweigerung, dieser Verarschung auch noch den Segen der Zustimmung zu erteilen! Es ist nicht die Erkenntnis, dass das System der Lohnarbeit Scheiße ist, aber es ist die Erkenntnis, dass all den Sprüchen über den Segen von Lohnarbeit nicht zu trauen ist.


    Die "radikalsten" Kräfte in der Belegschaft sind die, die um den Erhalt jedes Lohnarbeitsplatzes kämpfen wollen, die die Produktion von Autos in Bochum als ihre einzig mögliche Existenzgrundlage ansehen. Das ist eine Illusion, aber eine Illusion, die den Widerstand befeuert. Leute wie Einenkel und die MLPD stehen für diese Perspektive des sozialen Widerstands. Dem Inhalt nach ist das eine Perspektive der Verewigung von Lohnarbeit. Trotz dieser miserablen Perspektive befeuert das aber den Widerstand selbst, weil die Verweigerung der Zustimmung zur "Restrukturierung" des Kapitals das Resultat ist. In solchen Widersprüchen entwickelt sich halt "Arbeiterbewegung"! Das war immer so! LohnarbeiterInnen kämpfen im Kapitalismus um den Lohn, sei es die Höhe des Lohnes, sei es darum, dass sie überhaupt einen Lohn erhalten. Sie kämpfen um die Einkommensquelle für ihre Existenz im Kapitalismus!
    Wenn Leute, die sich Kommunisten nennen, aber den LohnarbeiterInnern erklären wollen, was sie tun "müssen", um ihre (Lohn-)Arbeitsplätze zu verteidigen, dann ist das ein Offenbarungseid! Kommunisten sollten wissen, dass das nicht funktioniert: die „ernsthafte Verteidigung von Lohnarbeitsplätzen“. Sie sollten wissen, dass der Verlust von Lohnarbeitsplätzen notwendiges Resultat kapitalistischer Ökonomie ist und durch keinerlei „Klassenkampf“ „ernsthaft“ zu vermeiden ist. Die Müsstiker sind also durchaus Mystiker!


    Die Geschichte des Ruhrgebietes nach dem 2. Weltkrieg legt ein Zeugnis davon ab, wie aussichtslos der Kampf um bestimmte Lohnarbeitsplätze ist. Der kapitalistische Kohlebergbau ist hier ebenso verschwunden, wie (weitgehend) die kapitalistische Stahlproduktion. Keine Widerstandsaktionen konnten das verhindern …. und es gab einige davon! Wenn KommunistInnen den LohnarbeiterInnen den „ernsthaften“ Kampf um den Erhalt jedes industriellen Lohnarbeitsplatzes predigen und ihnen sagen wollen, was sie dazu tun müssen, dann sind sie keinen Millimeter weiter als die von ihnen gescholtenene IGM-Führung oder der von ihnen gescholtene Betriebsratsvorsitzende Einenkel! Der Erhalt eines bestimmten Standortes für industrielle Kapitalverwertung hat keinerlei emanzipatorische Perspektive! Welche Perspektiven angesichts der Zuspitzung des Widerspruchs zwischen Lohnarbeit und Kapital jetzt bei Opel diskutiert werden müssten, dazu werde ich vermutlich später noch ausführlicher Stellung nehmen.


    Abschließend aber möchte ich ein paar kritische Anmerkungen zu deinen Bemerkungen „mit oder ohne IGM“ machen. Du kommst aus der (jüngeren) Tradition jenes Kommunismus, der die Gewerkschaften erobern wollte/will. Ich komme aus der (jüngeren)Tradition, die für eine klassenkämferische Gewerkschaftsbewegung eintrat und eintritt auch um den Preis des Bruchs mit den bestehenden Gewerkschaften. Bei Opel in Bochum hat sich eine klassenkämpferische Gewerkschaftopposition sein 1970 entwickelt und über die Jahre erhalten. Alle Auseinandersetzung zwischen „Lohnarbeit und Kapital“ bei Opel in Bochum waren seit diesen Anfängen auch Auseinandersetzungen zwischen einer starken Minderheit in der Belegschaft und der offiziellen IGM-Politik, sei sie vertreten durch den Vorstand der IGM, die örtliche Leitung oder die Mehrheit des Betriebsrates!! (Die klassenkämferische Gewerkschaftsopposition zog 1975 – dem Höhepunkt ihrer Aktivität und Einflussnahme - mit 12 Betriebsräten in den Betriebsrat ein. Belegschaftsversammlungen dauerten damals eine ganze Schicht und waren Versammlungen der Kritik und Anklage!) In kaum einem anderen Betrieb in Deutschland wurden so viele Erfahrungen gesammelt in sozialen Auseinandersetzungen, die zugleich Auseinandersetzungen mit dem Kapital und der IGM-Politik waren!
    Aus meiner Sicht und Erfahrung wäre die Niederlage jedes klassenkämpferischen, antikapitalistischen Widerstand vorprogrammiert, wenn die bestehende IGM-Organisation mit ihrer Politik die Vertragsabschlüsse mit dem Kapital tätigen würde!!! Bei Opel in Bochum wird das gerade wieder erfahren! Wenn also kleine Erfolge vertraglich fixiert werden können, dann bestimmt nicht mit dieser IGM-Politik und der Führung, die sie trägt. Ob andere Formen der Selbstorganisation vom Kapital als „Verhandlungspartner“ akzeptiert werden, das hängt vom Klassenbewusstsein und der Kampfstärke der LohnarbeiterInnen ab, nicht nur bei Opel in Bochum.
    Dass momentan bloß die „anerkannten“ Gewerkschaften vom Kapital als „Verhandlungspartner“ akzeptiert werden, sollte uns nicht dazu verleiten, diesen „Verhandlungspartner“ als unersetzlich zu bezeichnen.


    Viele Grüße
    Robert

  • Abschließend aber möchte ich ein paar kritische Anmerkungen zu deinen Bemerkungen „mit oder ohne IGM“ machen. Du kommst aus der (jüngeren) Tradition jenes Kommunismus, der die Gewerkschaften erobern wollte/will. Ich komme aus der (jüngeren)Tradition, die für eine klassenkämferische Gewerkschaftsbewegung eintrat und eintritt auch um den Preis des Bruchs mit den bestehenden Gewerkschaften. Bei Opel in Bochum hat sich eine klassenkämpferische Gewerkschaftopposition sein 1970 entwickelt und über die Jahre erhalten.



    Hallo Robert,
    nein, die "Eroberung der Gewerkschaften" ist nicht mein Nahziel. Ich bin als Kommunist aus der GEW und der IGM ausgeschlossen worden, wurde vom IGM-Vorstand nur nach Unterzeichnung eines "Reverses" wieder aufgenommen und bin jetzt Mitglied von ver.di. Ich wäre schon glücklich, wenn die DGB-Gewerkschaften einer kämpfenden Belegschaft keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Deshalb würde ich auch von Anfang an versuchen, der Gewerkschaftsführung keinen Vorwand für ihre Obstruktion zu liefern.
    Ja, es gab in Bochum und in einigen anderen Betrieben eine klassenkämpferische Gewerkschaftsopposition. Aber wo ist sie geblieben? Das sind doch nur noch Erinnerungen.


    Meine Position habe ich oben versucht zu beschrieben:
    Am Anfang steht eine Zieldiskussion.
    Wer meint, für den Erhalt des Arbeitsplatzes in Bochum erfolgreich kämpfen zu können, für den gehört halt dieses Ziel "Erhalt der Arbeitsplätze" dazu. Ich würde auf jeden Fall ergänzend weitere Ziele vorschlagen, wie ich es oben zu erklären versucht hatte.
    Wenn man sich über die Forderungen einig ist, dann wirbt man für breite Unterstützung. Breite Unterstützung schließt die IGM-Organe notwendig ein.
    Und sobald man einen Überblick hat, wer alles mitmacht, dann weiß man auch ungefähr, was als Kampfmaßnahme möglich ist.


    Nun zum letzten Punkt: Dem Vertragsabschluss.
    Kannst du mir einen erfolgreichen (Vertrags)Abschluss von unabhängigen ("wilden") Streiks oder sonstigen gewerkschaftsunabhängigen Aktionen in der Geschichte der Bundesrepublik nennen? Ich kenne keinen.
    Wie sonst stellst du dir einen erfolgreichen Abschluss eines Kampfes zwischen Lohnarbeit und Kapital vor? Vielleicht fehlt mir da die Phantasie?


    Gruß Wal

  • Hallo Robert,
    nein, die "Eroberung der Gewerkschaften" ist nicht mein Nahziel. Ich bin als Kommunist aus der GEW und der IGM ausgeschlossen worden, wurde vom IGM-Vorstand nur nach Unterzeichnung eines "Reverses" wieder aufgenommen und bin jetzt Mitglied von ver.di. Ich wäre schon glücklich, wenn die DGB-Gewerkschaften einer kämpfenden Belegschaft keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Deshalb würde ich auch von Anfang an versuchen, der Gewerkschaftsführung keinen Vorwand für ihre Obstruktion zu liefern.
    Ja, es gab in Bochum und in einigen anderen Betrieben eine klassenkämpferische Gewerkschaftsopposition. Aber wo ist sie geblieben? Das sind doch nur noch Erinnerungen.

    Hallo Wal,
    das ist jetzt der 3. Versuch auf deinen Beitrag zu antworten. Es ist das erst Mal, dass ich immer wieder von der Forumssoftware „gekillt“ wurde. Künftig werde ich wieder alles erstmal außerhalb der Forumssoftware (Editor) formulieren. Bin echt genervt!!!! All meine sorgfältig ausformulierten Gedanken sind futsch! Jetzt mach ich es ganz kurz, stichpunktartig und es ist mir egal, wie missverständlich das dann sein mag.


    Nur noch Erinnerung?
    Die ganze revolutionäre Arbeiterbewegung ist nur noch Erinnerung. Sollen wir uns deshalb nicht erinnern? Uns nicht auf ihre Erfahrungen beziehen?
    Auch die Pariser Kommune ist nur noch Erinnerung! Trotzdem ist es wichtig sich daran zu erinnern und die richtigen Lehren zu ziehen. Das gilt im Großen wie im Kleinen .... und du und ich tun es ja!


    Wie entstehen „Verhandlungspartner“ des Kapitals?
    Auch die Gewerkschaften waren nicht immer anerkannte „Verhandlungspartner“ des Kapitals! In vielen Klassenauseinandersetzungen mussten sie erst stark werden, um anerkannt zu werden. Allein das reichte nicht! In Deutschland wurden sie erst wirklich vom Kapital anerkannt, als sie im ersten Weltkrieg ihren „Burgfrieden“ mit dem Kapital schlossen. Ein „Burgfrieden“ der bis heute Gewerkschaftspolitik prägt! Klassenkämpferische Kräfte, die den „Burgfrieden“ aufkündigen, haben es so oder so schwer! Als „Verhandlungspartner“ für das Kapital werden sie in jedem Fall nur anerkannt, wenn sie stark werden/sind, also Ausdruck realer Bestrebungen von LohnarbeiterInnen sind, ihre Klasseninteressen durchzusetzen.
    Meines Wissens sah sich das Ford-Management 1973 gezwungen mit dem Streikkomitee zu verhandeln, weil allein diese Streikkomitee anerkannter Sprecher der kämpfenden LohnarbeiterInnen war. Welche Vertretung auch immer vom Kapital als "Verhandlungspartner" anerkannt werden will, sie muss Produkt der und Ausdruck der Bewegung selbst sein ... allein daraus ihre Stärke schöpfen!


    Wenn du also festhältst, dass heute keinerlei Zugeständnis des Kapitals gegenüber der Lohnarbeit ohne die Beteiligung „der Gewerkschaften“ möglich ist, dann stimme ich dem zu. Das bedeutet aber, dass diese möglichen Zugeständnisse so gestaltet werden, dass sie dem Kapital kaum weh tun, und den LohnarbeiterInnen kaum Besserung oder auch nur Erhalt des Status Quo bringen. (Die „Klassenkompromisse“ fallen längst mehrheitlich/einheitlich zu Gunsten des Kapitals aus.)
    Jede auch nur einigermaßen „nachhaltige“ Verbesserung oder auch nur Verteidigung der gegenwärtigen Einkommens- und Lebensverhältnisse von LohnarbeiterInnen setzt große Auseinandersetzung zwischen den Klassen voraus! Entwickeln sich diese Klassenauseinandersetzungen, dann entwickelt sich mit ihnen die selbständige Organisation von LohnarbeiterInnen. Das wird so oder so zum Bruch mit den bestehenden Gewerkschaften führen und zu neuen Organen, die mit dem Kapital verhandeln. Auch die Geschichte der Arbeiterbewegung lässt an solchen Resultaten von Klassenkampf meiner Meinung nach keinen Zweifel.


    Das ist jetzt leider nur die absolute Kurzversion dessen, was ich geschrieben hatte. Es mag immerhin zu weiterer Diskussion anregen ... oder auch nur Missverständnisse produzieren. Egal!
    Wir stehen meiner Meinung nach an einem kompletten Neuanfang, bei dem es zu lernen gilt aus der Erfolgen und Fehlern der Vergangenheit, oder wir stehen am Ende.


    Viele Grüße
    Robert

  • Hallo Robert,
    (leider komme ich mit der Zitierfunktion noch nicht zurecht)
    Du schreibst:
    "Nur noch Erinnerung?
    Die ganze revolutionäre Arbeiterbewegung ist nur noch Erinnerung. Sollen wir uns deshalb nicht erinnern? Uns nicht auf ihre Erfahrungen beziehen?
    Auch die Pariser Kommune ist nur noch Erinnerung! Trotzdem ist es wichtig sich daran zu erinnern und die richtigen Lehren zu ziehen. Das gilt im Großen wie im Kleinen .... und du und ich tun es ja! "
    Du hast recht, wir sollten uns erinnern, und wir sollten in der Erinnerung prüfen, was für heute taugt und nützlich ist. Die Pariser Kommune gehört dazu, das sehen wir beide so. Ob die "Gewerkschaftsopposition" auch dazu gehört, da habe ich meine Zweifel. Aber lassen wir diese Frage erst mal bei Seite.


    Du fragst weiter:
    "Wie entstehen „Verhandlungspartner“ des Kapitals?
    Auch die Gewerkschaften waren nicht immer anerkannte „Verhandlungspartner“ des Kapitals! In vielen Klassenauseinandersetzungen mussten sie erst stark werden, um anerkannt zu werden. Allein das reichte nicht! In Deutschland wurden sie erst wirklich vom Kapital anerkannt, als sie im ersten Weltkrieg ihren „Burgfrieden“ mit dem Kapital schlossen. Ein „Burgfrieden“ der bis heute Gewerkschaftspolitik prägt! Klassenkämpferische Kräfte, die den „Burgfrieden“ aufkündigen, haben es so oder so schwer! Als „Verhandlungspartner“ für das Kapital werden sie in jedem Fall nur anerkannt, wenn sie stark werden/sind, also Ausdruck realer Bestrebungen von LohnarbeiterInnen sind, ihre Klasseninteressen durchzusetzen."

    Hier habe ich etliche Bedenken. Die "Verhandlungspartner" des Kapitals sind Tatsache. Ich denke nicht, dass wir einfach dorthin zurückgehen können, wo das angefangen hat, um neue Verhandlungspartner des Kapitals zu bilden. Das halte ich für den absehbaren Zeitraum von 5 oder 10 Jahren für ziemlich ausgeschlossen. Ich denke, unter den gegebenen Umständen gibt es keine zwei Wege: mit oder ohne die DGB-Gewerkschaften. Ich denke, heute und in naher Zukunft gibt es nur eine realistische und emanzipatorische Möglichkeit: Die Zweigleisigkeit: Sowohl ohne als auch mit den Gewerkschaften tätig werden. Oder kürzer: Den Kampf ohne Gewerkschaft beginnen, aber mit Gewerkschaft/Betriebsrat beenden.
    Auch die Rolle, die die deutschen Gewerkschaften in der Revolution von 1918 gespielt haben, sehe ich anders. "Burgfrieden" herrschte ja seit 1914. Aber 1918 war der Burgfrieden Makulatur. Aber das sollten wir bei anderer Gelegenheit mal zum Diskussionsthema machen.


    Weiter schreibst du:
    "Meines Wissens sah sich das Ford-Management 1973 gezwungen mit dem Streikkomitee zu verhandeln, weil allein diese Streikkomitee anerkannter Sprecher der kämpfenden LohnarbeiterInnen war. Welche Vertretung auch immer vom Kapital als "Verhandlungspartner" anerkannt werden will, sie muss Produkt der und Ausdruck der Bewegung selbst sein ... allein daraus ihre Stärke schöpfen!"


    Das war ganz und gar nicht der Fall. Wenn die radikale Linke den Ford-Streik immer noch als Erfolg feiert, belügt sie sich selbst. Ich zitiere mal Wikipedia als einigermaßen "neutrale" Quelle:
    „Wilder Streik“ bei Ford bezeichnet die Arbeitsniederlegung überwiegend türkischerArbeitnehmer im Kölner Werk des AutoherstellersFord im August 1973. Es handelte sich um einen wilden Streik, der mit einer Betriebsbesetzung verbunden war. Zugleich war es der erste größere Arbeitskampf in der Bundesrepublik Deutschland, der vor allem von Arbeitsmigranten getragen wurde. Er endete mit einer Niederlage der Streikenden. Dabei spielte eine erhebliche Rolle, dass Betriebsrat und IG Metall den Streik ablehnten und es den Streikenden auch nicht gelang, größere Teile der deutschen Belegschaft dauerhaft auf ihre Seite zu bringen. ...
    27 als "
    Rädelsführer" Beschuldigte wurden verhaftet, weit über 100 Arbeitern wurde fristlos gekündigt, etwa 600 weitere kündigten, nach einigem Druck seitens des Arbeitgebers, von sich aus. Der Betriebsrat hätte den Entlassungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz widersprechen können, es ist jedoch kein Fall bekannt, in dem Widerspruch eingelegt wurde.


    Meine Vermutung, dass es der unabhängigen Arbeiterbewegung in der BRD kein einziges Mal gelungen ist, ohne die Gewerkschaft bzw. den gewählten Betriebsrat einen dauerhaften (=vertraglichen) Erfolg zu erzielen, bleibt weiter bestehen.
    Weiter schreibst du:
    "Wenn du also festhältst, dass heute keinerlei Zugeständnis des Kapitals gegenüber der Lohnarbeit ohne die Beteiligung „der Gewerkschaften“ möglich ist, dann stimme ich dem zu. Das bedeutet aber, dass diese möglichen Zugeständnisse so gestaltet werden, dass sie dem Kapital kaum weh tun, und den LohnarbeiterInnen kaum Besserung oder auch nur Erhalt des Status Quo bringen. (Die „Klassenkompromisse“ fallen längst mehrheitlich/einheitlich zu Gunsten des Kapitals aus.)"
    Das sehe ich anders. Die Klassenkompromisse fallen zu Gunsten des Kapitals aus, wenn die IGM-Führung eine Bewegung von Anfang an steuert und kontrolliert. Falls aber außerhalb der Gewerkschaft eine starke Bewegung mit klaren Forderungen entsteht, die gleichzeitig die Gewerkschaft glaubwürdig auffordert, mitzutun und ihre Forderungen zu unterstützen, dann besteht die realistische Chance, dass die unabhängige Bewegung einen guten Teil ihrer Forderungen dauerhaft sichern kann. Falls die Bewegung nicht diesen Weg einschlägt, sehe ich auf absehbare Zeit keine Erfolgschancen.
    Weiter schreibst du:
    "Jede auch nur einigermaßen „nachhaltige“ Verbesserung oder auch nur Verteidigung der gegenwärtigen Einkommens- und Lebensverhältnisse von LohnarbeiterInnen setzt große Auseinandersetzung zwischen den Klassen voraus! Entwickeln sich diese Klassenauseinandersetzungen, dann entwickelt sich mit ihnen die selbständige Organisation von LohnarbeiterInnen. Das wird so oder so zum Bruch mit den bestehenden Gewerkschaften führen und zu neuen Organen, die mit dem Kapital verhandeln. Auch die Geschichte der Arbeiterbewegung lässt an solchen Resultaten von Klassenkampf meiner Meinung nach keinen Zweifel."
    "Selbständige Organisation von LohnarbeiterInnen"? Alles wieder auf Null? Alles noch einmal von ganz vorne? 100 Jahre Entwicklung noch einmal durchlaufen? Nee, ich glaube, das wird so nichts. Die alten Vertreterorganisationen der Arbeiterbewegung entstammen einer Zeit ohne Kommunikationsmittel. Wer sich beraten wollte, musste sich mit anderen treffen. In diese Kommunikationssteinzeit müssen wir nicht zurück, das zeigen etliche Emanzipationsbewegungen unter anderem der arabische Frühling.


    Wie kann man es besser machen? Deshalb nochmal zum Fordstreik 1973:
    Anhand des Ablaufs des Fordstreiks möchte ich erläutern, wie ich mir ein erfolgreiches Vorgehen vorstelle:
    Anlass des Fordstreiks war die fristlose Kündigung von 300 türkischen Arbeitern, die verspätet aus dem Urlaub zurückgekommen waren.
    Es gab deshalb am Freitag, den 24. August eine Spontandemonstration von 400 Arbeitern durch die Werkhallen, die die Rücknahme der Kündigung forderten. Daraufhin legte die gesamte Spätschicht mit 8.000 Arbeitern die Arbeit nieder. In den Debatten während dieser Schicht wurden zusätzliche Forderungen aufgestellt: eine Mark mehr für alle!, Reduzierung der Bandgeschwindigkeit, längerer Urlaub etc. Übers Wochenende wurden diese Debatten in den Wohnheimen fortgesetzt. Dann legte am Montag auch die Frühschicht mit 12.000 Arbeitern die Arbeit nieder und zogen in Demonstrationszügen durchs Werk.
    Bis hierhin war es eine spontane Bewegung ganz außerhalb der Gewerkschaften. So oder so ähnlich beginnen alle spontanen Bewegungen im Betrieb.
    Am Montag, dem zweiten Streiktag trat der Betriebsrat (in dem keine türkischen Kollegen saßen) auf den Plan, versprach sich der Sache anzunehmen und forderte die Kollegen auf, an die Arbeit zurückzukehren.
    Das lehnten die Kollegen ab und wählten stattdessen ein Streikkomitee.
    Derweil rief die Geschäftsleitung die Polizei und sperrte die Zugänge zum Werk. Die Streikenden blieben aber im Werk und gingen nicht nach Hause.
    Soweit so prima.
    Am Mittwoch machte die Betriebsleitung ein Angebot: „Überprüfung“ der Entlassungen und eine einmalige Zulage von 200 DM für alle. Per Abstimmung wurde dieses Angebot von den Streikenden abgelehnt.
    Ich denke, hier wurden die Weichen für die Niederlage gestellt. Von da ab war der Kampf verloren.
    Ich denke, wenn die Geschäftsführung ein Angebot macht, dann ist das nicht das letzte Wort, sondern ein Gesprächsangebot. Darüber muss man in jedem Fall verhandeln. Mit der damaligen Stärke hätten die Streikenden mindestens erreichen können, dass in der Verhandlungskomission mit der Geschäftsführung paritätisch der Betriebsrat und das Streikkomitee sitzt. Notfalls hätte man während dieser Verhandlungen den Streik unterbrechen und die Arbeit wieder aufnehmen müssen.
    Mit dieser Vorgehensweise wäre nicht alles erreicht worden, aber auch nicht alles verloren gewesen.
    So aber wurden vom Werksschutz und Polizei Schlägertrupps organisiert, die im Werk Jagd auf Streikende machten und am nächsten Tag (dem Donnerstag) brach der Streik zusammen.
    27 als "
    Rädelsführer" Beschuldigte wurden verhaftet, weit über 100 Arbeitern wurde fristlos gekündigt, etwa 600 weitere kündigten, nach einigem Druck seitens des Arbeitgebers, von sich aus. Der Betriebsrat hätte den Entlassungen nach dem Betriebsverfassungsgesetz widersprechen können, es ist jedoch kein Fall bekannt, in dem Widerspruch eingelegt wurde. (Wikipedia)
    Kann man das als Erfolg hinstellen? Nein wirklich nicht!


    meint Wal

  • Die "Verhandlungspartner" des Kapitals sind Tatsache. Ich denke nicht, dass wir einfach dorthin zurückgehen können, wo das angefangen hat, um neue Verhandlungspartner des Kapitals zu bilden. Das halte ich für den absehbaren Zeitraum von 5 oder 10 Jahren für ziemlich ausgeschlossen. Ich denke, unter den gegebenen Umständen gibt es keine zwei Wege: mit oder ohne die DGB-Gewerkschaften. Ich denke, heute und in naher Zukunft gibt es nur eine realistische und emanzipatorische Möglichkeit: Die Zweigleisigkeit: Sowohl ohne als auch mit den Gewerkschaften tätig werden. Oder kürzer: Den Kampf ohne Gewerkschaft beginnen, aber mit Gewerkschaft/Betriebsrat beenden.

    Hallo Wal,
    was die notwendige Zweigleisigkeit anbetrifft, so sehe ich keinerlei Differenz zwischen unseren Einschätzungen. Was den Neuanfang anbetrifft, so dachte ich dabei zunächst weniger an neue "Verhandlungspartner" des Kapitals, sondern an das heute vorherrschende Bewusstsein in der Klasse der LohnarbeiterInnen, an den Zustand von Klassenkampf und dem Zustand jener Kräfte, die nach sozialer Emanzipation in Deutschland streben. Wenn ich von Neuanfang spreche, dann handelt es sich nicht einfach um einen Wunsch meinerseits, sondern um die Einschätzung der heutigen Situation, wie sie Produkt vergangener Klassenkämpfe und der ökonomischen und sozialen Veränderungen des Kapitalismus sind. Der Bruch ist meiner Meinung nach offensichtlich, sowohl was Klassenbewusstsein und kommunistisches Denken, kommunistische Ziele anbetrifft, als auch was die Organisation anbetrifft. Natürlich können wir nicht dorthin zurück kehren, wo alles angefangen hat. Und von einem Wollen meinerseits kann gar nicht die Rede sein. Ich gehe davon aus, dass der Neuanfang objektiv auf der Tagesordnung steht (die Frage ist meiner Meinung nach nicht, ob wir das "können")... und alles was sich heute an sozialem Widerstand entwickelt legt meiner Meinung nach davon Zeugnis ab. Auch die Initiative zu einer "Neuen antikapitalistischen Organisation" sah ich in diesem Zusammenhang. Auch unsere Initiative "Bochumer Programm" sehe ich in diesem Zusammenhang. etc.


    Doch noch einmal kurz zurück zu Opel. Das Dilemma ist ja offensichtlich: Eine deutliche Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder im Bochumer Werk hat den zwischen GM und der IGM ausgehandelten Plan abgelehnt. Die IGM hat den Plan jetzt ausdrücklich für verbindlich erklärt (er tritt in allen anderen Werken damit in Kraft). In Bochum ist so oder so "sozial verträgliche" Abwicklung das Resultat und Diktat, dass die KollegInnen nicht akzeptieren wollen. Über eine weitergehende Perspektive jedoch verfügen sie nicht. Sie klammern sich an den Erhalt ihrer Lohnarbeitsplätze in einer Bochumer Automobilproduktion oder wollen eine höhere Abfindung. Hätten sie eine weiter reichende Perspektive, würde das in jedem Fall zu entsprechender selbständiger Aktivität und Organisation führen ... in welcher Form auch immer. Auf die Unterstützung der IGM-Führung könnten sie dabei noch weniger rechnen als auf die Unterstützung ihrer jetzigen Haltung der Verweigerung von Zustimmung. "Mit Gewerkschaft abschließen", das ist leichter gesagt als getan. Mit der jetzigen IGM-Politik und -Führung halte ich das für ausgeschlossen. Dazu müsste sich in der IGM selbst einiges verändert haben.


    Viele Grüße
    Robert


    p.s.: Was den Ford-Streik 1973 anbetrifft, so ging es mir nicht um eine Verklärung. Ich hatte nur - offenbar fälscherlicher Weise - in Erinnerung, dass es zu Gesprächen mit der Streikleitung gekommen war. Weiter nichts.

  • Hallo Robert,
    du bist ja viel näher dran als ich:
    In der Presse wird teils gesagt, die "IGM-Mitglieder" hätten bei Opel Bochum abgestimmt, teils wird gesagt, die ganze Belegschaft hätte abgestimmt.
    Was ist denn nun richtig? In jedem Fall wird es ja wohl so gewesen sein, dass die Gewerkschaftsmitglieder und IGM-Führung im Werk die Abstimmung organisiert haben, deren gutes Ergebnis uns allen Hoffnung macht.
    Falls das so ist, hat die Werks-IGM sowieso den "Fuß in der Tür" und die Belegschaft wird ohne oder gegen diese Leute nicht aktiv werden.
    Wer also bei Opel Bochum Aktionen plant (und vor jeder Aktion sollte eine Zieldiskussion stehen), der muss so oder so auch die IGM-Mitglieder samt betrieblicher Führung einplanen.
    Die Forderungen des Bochumer Programms, von denen die eine oder andere in diesem Kampf aufgegriffen werden könnte, stehen jedenfalls nicht quer zu den Interessen der IGM-Mitglieder bei Opel.
    In Frage kommen da vor allem:
    - Abschaffung der Hartz-Gesetze. Arbeitslosengeld für die Dauer der Arbeitslosigkeit;
    - Beschränkung der Nacht- und Schichtarbeit in allen Opelwerken;
    - Rente mit 60.


    Gruß Wal

  • Ralf Hess erklärte in der Jungle World die Ablehnung des „Masterplanes“ von GM durch die IGM-Mitglieder in Bochum: „Insbesondere die in Bochum stark vertretenen oppositionellen Gewerkschaften wollten diese Politik jedoch nicht weiter mittragen.“Oppositionelle Gewerkschaft“ – und das gleich mehrfach? Ich frage mich, in welcher „oppositionellen Welt“ Ralf Hess lebt. Die Welt der Bundesrepublik kann es nicht sein,
    meint Wal.

  • Ralf Hess erklärte in der Jungle World die Ablehnung des „Masterplanes“ von GM durch die IGM-Mitglieder in Bochum: „Insbesondere die in Bochum stark vertretenen oppositionellen Gewerkschaften wollten diese Politik jedoch nicht weiter mittragen.“ „Oppositionelle Gewerkschaft“ – und das gleich mehrfach? Ich frage mich, in welcher „oppositionellen Welt“ Ralf Hess lebt. Die Welt der Bundesrepublik kann es nicht sein,

    Hallo Wal,
    ich nehm mal an, dass es sich um einen Tippfehler handelt. Vermutlich soll es heißen "oppositionelle Gewerkschafter" und nicht "Gewerkschaften". (So blind kann ja keiner sein!) So oder so kann die GOG - ehemals "Gruppe oppositioneller Gewerkschafter in der IGM", später "Gegenwehr ohne Grenzen" - nicht gemeint sein. Personell ist die jedenfalls nicht mehr stark im Betrieb vertreten ... was nicht heißt, dass ihre langjährige klassenkämpferische Aktivität im Betrieb (seit 1972) folgenlos blieb.
    Wie bereits erwähnt haben rund 73% der abstimmenden Gewerkschaftsmitglieder - nur die waren zur Abstimmung aufgerufen, nicht die ganze Belegschaft -
    den "Masterplan" abgelehnt und sich damit gegen die Politik der Entscheidungsgremien der IGM gestellt. Diese Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder bei Opel in Bochum sind in diesem konkreten Fall die "oppositionelle Gewerkschaft"! :S


    Viele Grüße
    Robert

  • "Der Opel-Aufsichtsrat wird nach dpa-Informationen am morgigen Mittwoch über das Ende der Autoproduktion am Standort Bochum Ende 2014 abstimmen. Die Bochumer Belegschaft hatte im März den von Gewerkschaft und Management ausgehandelten Sanierungsplan abgelehnt und damit auf die Verlängerung der Standortsicherung um zwei Jahre verzichtet. Daraufhin hatte der Opel-Vorstand angekündigt, daß Opel im Ruhrgebiet ab 2015 keine Autos mehr bauen werde. Es gilt als sicher, daß der Aufsichtsrat diesen Plänen zustimmen und damit das Ende des Autobaus in Bochum besiegeln wird. (dpa/jW)"


    eingestellt von w.b.

  • Der Opel-Aufsichtsrat hat am Mittwoch die Schließung des Bochumer Werks beschlossen. Bereits Ende 2014 soll die Fahrzeugproduktion in der Ruhrgebietsfabrik auslaufen. Das ist keine betriebswirtschaftliche, sondern eine politische Entscheidung des Opel-Mutterkonzerns General Motors (GM). Denn das aktuelle Zafira-Modell läuft noch bis 2016. Eine Verlagerung inmitten des Produktionszyklus ist ökonomisch unsinnig.


    Daß die GM-Bosse dennoch das schnelle Ende wollen, hat mehrere Gründe. Zum einen gilt es, eine rasche »Sanierung« von Opel zu suggerieren, um die Finanzmärkte positiv zu stimmen. Der Konkurrent Ford hat hier mit der Ankündigung vorgelegt, drei europäische Werke mit insgesamt 6200 Beschäftigten dicht zu machen. Zum anderen dürfte so mancher GM- und Opel-Manager froh sein, die renitente Bochumer Belegschaft loszuwerden. Immer wieder hatte diese die Pläne der Detroiter Konzernlenker und ihrer europäischen Statthalter durchkreuzt. Im Jahr 2000 sorgte sie mit einer spontanen Arbeitsniederlegung dafür, daß binnen weniger Tage weite Teile der GM-Produktion in Europa zum Erliegen kamen – und verhinderte auf diese Weise die Zerschlagung ihres Betriebs. Im Oktober 2004 erreichten die Bochumer Opelaner mit einer sechstägigen Arbeitsniederlegung, daß das Werk entgegen anderslautender Ankündigungen erhalten blieb.


    Vor diesem Hintergrund läßt sich der Aufsichtsratsbeschluß durchaus als Bestrafungsaktion gegen eine kämpferische Belegschaft interpretieren. Ihr unangepaßtes Image hatte sie zuletzt durch die Ablehnung der von der IG Metall ausgehandelten Verzichtsvereinbarung bestätigt. Zu Recht. Denn ein positives Votum hätte keinen einzigen Arbeitsplatz gesichert. Die Belegschaft hätte damit lediglich ihrer eigenen Abwicklung zugestimmt.


    Vielsagend ist, daß der Aufsichtsrat zwar das Ende der Zafira-Produktion in Bochum beschlossen hat, aber nichts dazu sagt, wohin diese verlagert wird. Das Schweigen ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß Rüsselsheim Profiteur der Schließung sein soll. In dem hessischen Stammwerk wird, so berichtet der Bochumer Betriebsrat, die Übernahme der Zafira-Fertigung schon seit längerem vorbereitet. Ohne die Kooperation der Rüsselsheimer Beschäftigtenvertretung wäre eine Verlagerung aber wohl nicht umsetzbar. Der Appell des Bochumer Betriebsratsvorsitzenden an die Solidarität seiner hessischen Kollegen macht daher durchaus Sinn. Verlassen sollte er sich darauf allerdings nicht. Entscheidend wird sein, ob und wann die Bochumer Belegschaft selbst in Aktion tritt. Würde sie den Preis der Schließung – in Form von Abfindungen, vor allem aber durch eine Schädigung des Markenimages – stark in die Höhe treiben, könnte sich die GM-Spitze gezwungen sehen, ihre Entscheidung zu überdenken. Denn in letzter Konsequenz sind es dann doch die harten Fakten der Ökonomie, die das Handeln der Konzernvorstände bestimmen.


    ungefragt und ungekürzt aus: Junge Welt
    (eingestellt von w.b.)

  • Newly created posts will remain inaccessible for others until approved by a moderator.