• Siemens ist ein Promi unter den deutschen Firmen. Jeder von uns hat schon mal ein Gerät von Siemens benutzt. Siemens ist in Deutschland in 125 Orten mit Niederlassungen und Standorten vertreten. Siemens zählt zu den ältesten und den größten Unternehmen in der ganzen Welt.

    Vor dem ersten Weltkrieg war der Siemens-Konzern nicht nur am wirtschaftlichen Aufstieg des deutschen Kaiserreiches mit Produktionsstätten in England, Russland, Österreich, Frankreich, Belgien und Spanien beteiligt, Siemens war auch in der Aufrüstung des Deutschen Heeres engagiert. Nach der deutschen Niederlage gehörte Siemens schon 1920 wieder zu den fünf größten Elektrokonzernen der Welt.

    Die Kriegsrüstung der Nationalsozialisten sorgte dafür, dass Siemens mit knapp 190.000 Beschäftigten größter Elektrokonzern der Welt wurde. Filialen und Produktionsstätten von Siemens folgten der Expansion der deutschen Wehrmacht. Da die Produktionsstätten voll ausgelastet waren, wurden in großem Umfang KZ-Häftlinge, Zwangs- und Fremdarbeiter eingesetzt.

    Schon 1950 erreichte Siemens wieder 90 Prozent der Produktion von 1936, obwohl die Betriebe in der Ostzone verloren gegangen waren. 1962 arbeiteten 240.000 Lohnarbeiter für den Konzern. Seit Mitte der 70er Jahre sanken die Beschäftigungszahlen in Deutschland, während die Auslandsbeschäftigung weiter anstieg. Seit den 1980er Jahren übertrifft den Auslandsumsatz den in Deutschland erwirtschaften Umsatz. 1991 übernahm Siemens frühere DDR-Unternehmen.

    Seit Beginn dieses Jahrhunderts geriet Siemens immer mehr in negative Schlagzeilen. Beim Verkauf der Handysparten BenQ gingen 2005 tausende Arbeitsstellen verloren. Zwischen 2006 und 2008 stand Siemens im Mittelpunkt einer riesigen Korruptions- und Schmiergeld-Affäre. 2007 wurde der Konzern wegen illegaler Preisabsprachen von der EU zu einer Millionengeldstrafe verurteilt. Dann kam heraus, dass die Konzernführung eine kapitalfreundliche „Gewerkschaft“, die AUB, finanziert und gesteuert hatte.

    2015 vernichtete der Konzern weitere 3300 Stellen in Deutschland.


    Heute arbeiten weltweit gut 370.000 Lohnarbeiter für Siemens, davon ein Drittel in Deutschland. Aber nur 13% des Umsatzes wird in Deutschland erwirtschaftet. Pro Kopf erwirtschaftete jeder Siemenskollege im Ausland rund 275.000 Euro, jeder Inlandskollege nur rund 100.000 Euro.

    Daran kann man ablesen, wohin die Reise bei Siemens geht: Kapital wandert dorthin, wo höherer Profit winkt.




    Schon seit Jahren hat Siemens Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut. Warum jetzt die besondere Aufregung? Ich glaube, die Aufregung kommt daher, dass vor allem Standorte im Osten Deutschlands betroffen sind, wo erst kürzlich die AfD viele Wählerstimmen gewonnen hat.

    Das Zentralorgan des deutschen Kapitals, die FAZ, fragt sich daher, ob Siemens nicht „den Extremismus“ stärkt. Das ist nicht ausgeschlossen, aber hängt auch davon ab, wie andere gesellschaftliche Kräfte auf die Situation reagieren.

    Die IGM verkündet lautstark: „Wir werden kämpfen“ und hat schon einige Warnstreiks und Demonstrationen veranstaltet. Aber die IGM verschweigt, wofür sie „kämpfen“ will. In der Vergangenheit hat sie noch jeden Stellenabbau abgesegnet.

    Die Gewerkschaftslinken tönen: „Man muss hier um jeden Arbeitsplatz kämpfen!“ Auch das ist die linke Begleitmusik zu jeder Massenentlassung der letzten 50 Jahre.

    Die Landesvorsitzende der Linkspartei, Katina Schubert, mahnt, dass man vom ‚Turbokapitalismus‘ zur ‚sozialen Marktwirtschaft‘ zurückkehren müsse.


    Alle diese Stellungnahmen machen mir wenig Hoffnung, dass damit Arbeitsplätze gerettet und „der Extremismus“ geschwächt werde.

    Alle diese Stellungnahmen beschönigen den Kapitalismus, indem sie die Ursachen der Misere beim „unfähigen Management“ sehen, und indem sie unterstellen, ein kapitalistisches Unternehmen könne sein Kapital nach humanitären Gesichtspunkten einsetzen. Falls es das täte, würde es über kurz oder lang von Konkurrenten vom Markt verdrängt.

    Der jetzige Stellenabbau bei Siemens ist eine Folge der weltweiten Konkurrenz auf dem Energiesektor, was die Unternehmen zwingt, ihr Kapital dort anzulegen, wo es den höchsten Profit bringt. Den höchsten Profit erwirtschaftet der Siemenskonzern im Ausland, in der kapitalistischen Peripherie. Weltweit liegen die Fertigungskapazitäten bei 400 Großturbinen im Jahr. Im letzten Jahr wurden aber nur gut 100 verkauft. Das heißt, es gibt auf der Welt Produktionskapital im Überschuss. Irgendwo muss überschüssiges Kapital abgebaut und vernichtet werden.

    In den kapitalistischen Metropolen ist das Kapital längst so hoch konzentriert, dass die Profitrate stagniert oder fällt. Die globale kapitalistische Konkurrenz führt zu der Deindustrialisierung, die andere europäische Länder schon stärker erfasst hat als Deutschland. Deutschlands folgt nun auch diesem „Entwicklungspfad“. Siemens ist ein Beispiel dafür, dass der Kapitalismus zerstörerisch (geworden) ist.


    Wal Buchenberg, 18.11.2017

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