Zwei amerikanische Historiker, Peter Leeson und Jacob Russ, sammelten die Daten von 43.000 europäischen Hexenprozessen aus frühkapitalistischer Zeit. 60 Prozent dieser Prozesse konzentrierten sich auf die 70 Jahre zwischen 1560 und 1630 – eine Zeit der politischen, sozialen und ideologischen Unsicherheit.
Aber die Hauptmasse der Hexenprozesse lässt sich nicht nur einer chaotischen Umbruchszeit zuordnen, auch die lokale Zuordnung der Hexenverfolgungen zeigt ein gemeinsames Muster: Hexenprozesse waren dort selten, wo eine Reliigionsrichtung unangefochten dominierte - in Italien, Spanien, Frankreich oder England. Hexenprozesse waren viel häufiger dort, wo beide sich bekämpfenden Glaubensrichtungen mehr oder minder gleich stark waren und gegeneinander um Anhänger warben - besonders in der Schweiz, aber auch in Deutschland.
Offenbar waren die Hexenprozesse ein Mittel, um Emotionen der eigenen Anhänger zu wecken und zu schüren, und gleichzeitig religiöse und politische Konkurrenten einzuschüchtern.
Das ist die Parallele für moderne Hexenjagden – egal ob sie sich gegen Juden, Muslime, Ausländer oder Schwule richtet, oder auch gegen AfD-Wähler und Neonazis.
Indem Andersdenkende und Andersseiende verteufelt werden, werden bei den eigenen Anhängern Schein-Identitäten aufgebaut und verstärkt (Nation, Rasse, Geschlecht), während man Sündenböcke ausgeguckt, denen man die Ursache für die eigene Existenzunsicherheit in die Schuhe schiebt.
Man kann auch kürzer sagen: Krisen machen Angst, Verbrechen verbinden.
Gruß Wal