Fanatismus und Terror

  • Ein Mensch hat andere Menschen umgebracht. Wir fragen ihn: „Warum hast du das gemacht?“ Der Mörder sagt: „Für meinen Glauben!“

    Nehmen wir einem Mörder das ab? Glauben wir, ein Mörder sei sich über seine Beweggründe ganz im Klaren? Und selbst wenn der Mörder seine Beweggründe kennt, glauben wir, er sagt uns, seinen Anklägern, darüber die volle Wahrheit?

    Geht es den islamistischen Attentätern von London und Berlin, von Paris und Barcelona wirklich um Religion und Glauben?


    Es gibt in der Geschichte eine Reihe Vorbilder für religiöse Fanatiker, die andere Menschen abschlachten, angeblich weil sie einen anderen Glauben haben. Man googel mal „Religionskriege“ oder „Pogrom“.


    Die „Religionskriege“ der Vergangenheit in Europa hatten nur nebensächlich mit Religion zu tun. Hauptsächlich ging es um die Durchsetzung kapitalistischer Lebens- und Verhaltensweisen, um die Vorherrschaft der Zentralmacht gegenüber lokalen und regionalen Mächten (Städte, kleiner und mittlerer Adel) und darüber hinaus ging es in den Religionskriegen viel um gewaltsame Bereicherung und Raub.

    In der Regel stand „Protestantismus“ für Regionalmacht und für kapitalistische Moderne. „Katholizismus“ stand für Zentralmacht und Traditionalismus. Am Ende schlossen Zentralmacht und Kapitalismus ein Bündnis auf Kosten der Regional- und Lokalmächte und des Traditionalismus.


    Einige Jahrhunderte zuvor, bei den mittelalterlichen Kreuzzügen, trugen die Kämpfenden ein Kreuz oder einen Halbmond vor sich her, aber sie kämpften vor allem um die Handelswege und Reichtümer des Ostens. Damals vertraten die christlichen Kreuzzügler „freie Handelswege“, sie trieb die Hoffnung auf leichte Beute. Die Moslem verteidigten ihre Vorherrschaft im Mittelmeer und ihr Monopol im lukrativen Gewürzhandel.


    Auch Pogrome der neueren Zeit richteten sich zwar gegen irgendwie andersartige Menschen, aber im Ergebnis führten die Pogrome und Massenmorde des 20. Jahrhunderts zu einer Umverteilung des Reichtums und zu einer Umschichtung der Machtverhältnisse – in Ruanda gegen die Tutsi oder in Europa unter der Herrschaft der Nationalsozialisten gegen die Juden.

    Wenn Menschen ermordet werden, suchen die Mörder nach einer Rechtfertigung. Wenn Menschen ermordet werden, finden die Mörder immer Vorwände, die ihre Tat weniger grausam, weniger inhuman erscheinen lässt: die eigene Religion, das eigene Vaterland, die eigene Rasse.


    Mörder suchen sich Vorwände für Mord an Wenigen. Mörder suchen auch Vorwände für Krieg, dem Mord an Vielen.

    Wir sollten nichts darum geben, was Mörder und Kriegstreiber als Vorwände und Rechtfertigung für ihre Taten vorgeben. Wir sollten stattdessen schauen, welche Hoffnungen sie sich machen. Wir sollten schauen, was Mörder und Kriegstreiber für sich selbst erreichen wollen. Nur zu oft sind das kleinliche und hässliche Motive. Attentäter ohne Perspektive wollen kurzfristig Helden für eine "große Sache" spielen. Die angeblich "große Sache", die islamische Religion , kämpft in der postreligiösen, kapitalistischen Welt ums Überleben. Das ist ein Kampf, der uns Nichtgläubige und Nichtmoslems nichts angeht. Aber neben der Religion kämpfen islamische Politiker und Nationalisten außerhalb wie innerhalb der arabischen Region um die Kontrolle des arabischen Ölreichtums. Auch das ist nicht unser Kampf. Da geht es um Kapitalinteressen, nicht um unsere Interessen als Lohnabhängige.*


    Islamische Fanatiker sind nicht unsere Freunde, aber die Staatsmächte in Europa sind nicht unser Verbündete.

    Die Staatsmächte in Europa haben, wo immer sie konnten, in der arabischen Welt Kriege angezettelt und geschürt. Die Staatsmächte in Europa haben, wo immer sie konnten, Attentatsverdächtige auf unseren Straßen und Plätzen erschießen lassen. Auch US-Präsident Trump hat jetzt offen dazu aufgerufen, gefangene Attentäter zu erschießen. Damit wird der Konflikt noch angeheizt.


    Wir sollten nicht das Verhalten der islamischen und nicht das Verhalten der christlichen Mörder und Kriegstreiber nachmachen und kopieren.

    Wir sollten in diesem hässlichen Krieg weder die eine noch die andere Seite unterstützen. Wir sollten weder den Anhängern des Islam noch den Anhängern der Neuen Rechten den Krieg erklären und ihnen das Recht zu leben absprechen, was das Recht zu denken, zu beten und zu reden einschließt.


    Wal Buchenberg, 18. August 2017


    *Anmerkung: Wo sich die PKK und ihre Bruderorganisationen als "Kämpfer gegen den Islamischen Staat" anpreist, dienen sie sich westlichen Imperialisten an. Einen emanzipatorischen Inhalt hat der "Kampf gegen den Terror" nicht.


    Siehe auch:


    Terror und Internet

    Religionen der Welt
    Quecksilber gegen den Terror!

    Jenseits des Islam

    Macht Islam sexistisch?
    An unsere Ausländerfeinde in Deutschland
    Der Islam in Europa
    Faschismus und Islamischer Staat
    Krieg gegen den Islamischen Staat?
    Islamischer Räuberstaat IS

  • Mörder suchen sich Vorwände für Mord an Wenigen.Mörder suchen auch Vorwände für Krieg, dem Mord an Vielen.

    Wir sollten nichts darum geben, was Mörder undKriegstreiber als Vorwände und Rechtfertigung für ihre Taten vorgeben. Wir sollten stattdessen schauen, welcheHoffnungen sie sich machen. Wir sollten schauen, was Mörder und Kriegstreiberfür sich selbst erreichen wollen.

    Ja, das solltest Du mal.

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