Terror und Internet

  • Nach den Anschlägen in London forderte Theresa May eine stärkere Überwachung des Internets. Von Peking über Moskau bis Berlin und Washington: Der Staat hört mit und sieht mit, was im Internet geschieht und will immer mehr Macht und mehr Kontrolle über das Internet.


    Das Internet, soweit es nicht kommerziell genutzt wird, wird direkt und indirekt verantwortlich gemacht für verrückte Massenmorde.

    Kein Mensch kommt auf die Idee, das Internet für Päderastie verantwortlich zu machen. Ich will keineswegs Kinderpornografie verteidigen, aber niemand wird zum Päderasten, nur weil er Bilder von Kinderpopos auf seinen Bildschirm lädt. Wird denn einer zum Terroristen, weil er sich im Internet abgeschnittene Köpfe anschaut? Nach Päderastie ist Terrorismus die Standardausrede, um das privat, sozial und politisch genutzte Internet zu verteufeln und zu überwachen.


    Schauen wir mal, was der Oberteufel, der Islamische Staat, im Internet treibt:

    Laut der Studie „Documenting the Virtual Caliphate“ der „Quilliam Foundation“ aus dem Jahr 2015 veröffentlicht der Islamische Staat täglich rund 40 Publikationen in mehreren Sprachen – Videos, Bilder und Texte.

    Weiter: Die „SITE Intelligence Group“ verfolgte im März 2017 den Weg des Terror-Videos „And You Will Be Superior“, das drei Selbstmordattentäter porträtiert, durch das Internet. Zwei Tage nach Erscheinen war dieses Video 69 mal auf YouTube, 54 mal auf Google Drive und 13 mal auf Google Photos verlinkt, insgesamt 136 mal.

    "Seit November haben sie 158 Videos produziert - und keines davon war professionell", sagt Hischam al-Haschimi, IS-Experte und Berater der irakischen Regierung.

    Ein Handvoll Videos - und das ist die Gefahr, die die ganze „freie Welt“ erschüttern soll? Diese Behauptung ist geistlos und lächerlich.


    Von israelischen Behörden hört man solchen Unsinn nicht, dass das Internet den Terror hervorbringe oder verstärke. Und die Israelis erlebten in den letzten Jahren nicht nur drei Attentate, sondern einige hundert. Palästinenser, die mit Fahrzeugen oder mit Messer und Beil bewaffnet gegen unbeteiligte Bürger losgehen, unterscheiden sich nicht die Bohne von islamistischen Attentätern in Paris, Brüssel oder Berlin.

    Der israelische Geheimdienst hat die Profile vieler Dutzend palästinensischer Attentäter ausgewertet und herausgefunden, dass sie in den wenigsten Fällen Teil einer Terrorgruppe waren und dass sie ganz selten auf Anweisung gehandelt haben. Die palästinensischen Angreifer waren war jung und nicht besonders religiös. Sie handelten meist aus einer spontanen Situation heraus und litten unter einer besonderen psychischen Belastung. Es waren:

    - ein Sohn, der von seinem Vater ungerecht behandelt wurde;

    - ein Bruder, der in einem Erbfall leer ausgegangen war;

    - eine Braut, die von ihrem Ehemann geschlagen worden war,

    - Schüler, die von Mitschülern gemobbt wurden.

    Und wie viele palästinensische Jugendliche hatten sie keine Ausbildung, keinen Job und innerhalb der israelischen Apartheit keine Rechte.


    Frustrierte Jugendliche ohne Perspektive – das sind in der Mehrzahl die Attentäter von heute. Ihr Attentat ist der kurze Moment, in dem sie sich stark vorkommen und ernst genommen werden.

    Seit 1968 konnte jeder Mensch zum Künstler und „für 15 Minuten berühmt“ (A. Warhol) werden.

    Heute kann jeder frustrierte junge Mann zum Attentäter werden und in 15 Minuten Schlagzeilen machen.

    Wer dafür den Islamischen Staat und das Internet verantwortlich macht, der will uns für dumm verkaufen.


    Wal Buchenberg, 11. Juni 2017

    Meine Quellen:

    http://www.economist.com/news/…ech-giants-are-under-fire

    http://www.economist.com/news/…spots-lone-wolf-attackers

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