Medien und Ideologie

  • Karl Marx behauptete: „Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d. h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, verfügt damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so dass ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen sind. Die herrschenden Gedanken sind weiter nichts, als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft. ... Die Teilung der Arbeit, die wir schon oben als eine der Hauptmächte der bisherigen Geschichte vorfanden, äußert sich nun auch in der herrschenden Klasse als Teilung der geistigen und materiellen Arbeit, so dass innerhalb dieser Klasse der eine Teil als die Denker dieser Klasse auftritt (die aktiven ... Ideologen derselben, welche die Ausbildung der Illusion dieser Klasse über sich selbst zu ihrem Hauptnahrungszweig machen), während die anderen sich zu diesen Gedanken und Illusionen mehr passiv und rezeptiv verhalten, weil sie in der Wirklichkeit die aktiven Mitglieder dieser Klasse sind und weniger Zeit dazu haben, sich Illusionen und Gedanken über sich selbst zu machen." K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 47.

    Dass die herrschenden Gedanken die Gedanken der herrschenden Klasse sind, wird heute auch von Nichtmarxisten allgemein anerkannt. Meinungsverschiedenheiten gibt es allein darum, wie die Gedanken der herrschenden Klasse zur Herrschaft gelangen. Die Rechten behaupten meist zweierlei:

    Erstens: die Lohnabhängigen seien „zu dumm“, um die Wahrheit zu erkennen.

    Zweitens: die Staatsmedien lügen („Fake News“).

    Zu 1) Karl Marx behauptete niemals, wir Lohnarbeiter seien für irgend etwas zu dumm. Karl Marx meinte jedoch, die herrschende Arbeitsteilung zwischen Kopf- und Handarbeit führe notwendig dazu, dass eine Klasse von "Ideologiearbeiter" entsteht, die viel Zeit, Geld und Muße haben, um sich die Köpfe im Interesse der herrschenden Klasse zu zerbrechen. Sie sind bezahlte Ideologen, die für uns die Welt aus Sicht der Herrschenden darstellen.

    Wir anderen haben weder die Zeit noch die Möglichkeiten, uns andauernd Gedanken zu machen über Dieses und Jenes. Wir finden auch überall schon herrschenden Gedanken vor: in der Schule, in den Medien, in den Büchern, an der Uni. Wer die Gedankenproduktion nicht als Job bezahlt bekommt (Lehrer, Profs, Juristen, Pfaffen, Politiker), der verhält sich zu „diesen Gedanken und Illusionen mehr passiv und rezeptiv“ (K. Marx) - das macht die große Mehrheit der Lohnarbeiter.

    Die herrschenden Gedanken sind jedoch für uns Lohnabhängige notwendig fremde Gedanken, die immer dann von uns abfallen (können), wenn der Konflikt zwischen den herrschenden Gedanken und unseren eigenen Verhältnissen zu offensichtlich wird. Dann sehen die Leute überall Fake News, Verschwörungen und Intrigen.

    „Die wirkliche, praktische Auflösung dieser Phrasen, die Beseitigung dieser falschen Vorstellungen aus dem Bewusstsein der Menschen wird, wie schon gesagt, durch veränderte Umstände, nicht durch theoretische Deduktionen bewerkstelligt.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 40.

    Zu 2) Die Volkserfahrung sagt richtig: Lügen haben kurze Beine. Propaganda, die sich auf Lügen stützt, hält nicht lange vor. Tatsächlich überschütten uns die kapitalistischen Medien täglich und stündlich nicht mit Lügen, sondern mit "Wahrheiten", die aber für unser Leben und Arbeiten kaum Bedeutung haben.



    Die Menge der täglichen Nachrichten, mit denen wir überschüttet werden, suggeriert Folgendes:

    - Es kömmt immer auf wichtige Einzelpersönlichkeiten an. Diese Eliten wissen alles, die Eliten können alles, die Eliten machen alles.

    - Es kömmt immer auf den Staat an, ohne Staat geht nichts. Der Staat beherrscht alles, der Staat regelt alles, der Staat ist unser Helfer, nicht unser Feind.

    - „Die Wirtschaft“ hilft uns. „Die Wirtschaft“ gibt uns Arbeit, „die Wirtschaft“ gibt uns Lohn, „die Wirtschaft“ zahlt unsere Steuern.

    - Wir „da unten“ sind Abhängige. Wir sind Konsumenten. Wir sind Abhängige vom Lohn, abhängig vom Arbeitsmarkt, abhängig vom Staat. Wir Abhängige brauchen uns nicht einmischen und nicht kümmern, es läuft alles prima ohne uns. Hauptsache unser Konsum läuft.


    Wal Buchenberg, 14. Mai 2017

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