Durch die demokratische Februarrevolution von 1848 in Paris wurde nach drei Tagen Straßenkampf die „Julimonarchie“ des „Bürgerkönigs“ Louis-Philippe vertrieben und die Republik ausgerufen. Diese demokratische Revolution in Paris brachte „die Linke“ an die Regierung und setzte das Signal für antifeudale Revolutionen in ganz Europa.
Durch die griechische Parlamentswahl vom 17. Juni 2012 eroberte das Linksbündnis Syriza die Parlamentsmehrheit in Athen. Aber ein Anstoß für linke Bewegungen in Europa wurde daraus nicht. Ursache und Antrieb für den linken Wahlsieg war der schwelende Staatsbankrott Griechenlands und die harten Einschnitte, die die ausländischen Gläubiger von den bisherigen Regierungen in Griechenland verlangten. Die ausländischen Gläubiger wollten um keinen Preis ihre Forderungen an den griechischen Staat aufgeben.
Auch die provisorische Regierung in Paris von 1848 stand vor dem finanziellen Bankrott.
Karl Marx führte dazu aus:
„Der öffentliche Kredit und der Privatkredit waren natürlich erschüttert. Der öffentliche Kredit beruht auf dem Vertrauen, dass sich der Staat durch die Juden der Finanz ausbeuten lässt. Aber der alte Staat war verschwunden, und die Revolution war vor allem gegen die Finanzaristokratie gerichtet. ... Der Privatkredit war also paralysiert, die Zirkulation gehemmt, die Produktion gestockt, ehe die Februarrevolution ausbrach. Die revolutionäre Krise steigerte die kommerzielle. ...
Um selbst den Verdacht zu beseitigen, als wolle und könne sie den von der Monarchie übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen, um an die bürgerliche Moral und Zahlungsfähigkeit der Republik glauben zu machen, ... zahlte die ... provisorische Regierung den Staatsgläubigern die Zinsen der 5%, 4,5% 4% ... vor dem gesetzlichen Zahlungstermin aus. ... Die Geldverlegenheit der provisorischen Regierung verminderte sich natürlich nicht durch einen Theaterstreich, der sie des vorrätigen baren Geldes beraubte. Die Finanzklemme war nicht länger zu verbergen, und Kleinbürger, Dienstboten, Arbeiter mussten die angenehme Überraschung zahlen, welche man den Staatsgläubigern bereitet hatte.
Die Sparkassenbücher über den Betrag von 100 frs. Hinaus wurden für nicht mehr in Geld einwechselbar erklärt. Die in den Sparkassen niedergelegten Summen wurden konfisziert und durch ein Dekret in eine nicht rückzahlbare Staatsschuld verwandelt. ...
Dieses Manöver ... schlug notwendig auf die Bank selbst zurück. Die Kapitalisten zogen das Geld zurück, das sie in den Kellern der Bank niedergelegt hatten. Die Inhaber von Banknoten stürzten an ihre Kasse, um sie gegen Gold und Silber auszuwechseln.
Ohne gewaltsame Einmischung, auf legale Weise konnte die provisorische Regierung die Bank zum Bankrott zwingen; sie hatte sich nur passiv zu verhalten und die Bank ihrem Schicksal zu überlassen. Der Bankrott der Bank – das war die Sündflut, welche die Finanzaristokratie, die mächtigste und gefährlichste Feindin der Republik ... in einem Nu von dem französischen Boden wegfegte. Und die Bank einmal bankrott, musst die Bourgeoisie selbst es als einen letzten verzweifelten Rettungsversuch betrachten, wenn die Regierung eine Nationalbank schuf und den nationalen Kredit der Kontrolle der Nation unterwarf. ...
Unterdessen krümmte sich die provisorische Regierung unter dem Alp eines wachsenden Defizits. Vergebens bettelte sie um patriotische Opfer. Es musste zu einem heroischen Mittel geschritten werden, zur Ausschreibung einer neuen Steuer. Aber wen besteuern? Die Börsenwölfe, die Bankkönige, die Staatsgläubiger, die Rentiers, die Industriellen? Das war kein Mittel, die Republik bei der Bourgeoisie einzuschmeicheln. Das hieß von der einen Seite den Staatskredit und den Handelskredit gefährden, während man ihn von der anderen Seite mit so großen Opfern und Demütigungen er erkaufen suchte. Aber jemand musste blechen. ...
Während die Revolution von 1789 damit begann, den Bauern die Feudallasten abzuschütteln, kündigte sich die Revolution von 1848, um das Kapital nicht zu gefährden und seine Staatsmaschine in Gang zu halten, mit einer neuen Steuer bei der Landbevölkerung an.
Nur durch ein Mittel konnte die provisorische Regierung alle diese Ungelegenheiten beseitigen und den Staat aus seiner alten Bahn herausschleudern – durch die Erklärung des Staatsbankrotts. ...
Indem die provisorische Regierung die Schuldwechsel anerkannte, welche die alte bürgerliche Gesellschaft auf den Staat gezogen hatte, war sie ihr verfallen. Sie war zum bedrängten Schuldner der bürgerlichen Gesellschaft geworden, statt ihr als drohender Gläubiger gegenüberzustehen. Sie musste die wankenden bürgerlichen Verhältnisse befestigen, um Verpflichtungen nachzukommen, die nur innerhalb dieser Verhältnisse zu erfüllen sind. Der Kredit wurde zu ihrer Lebensbedingungen ....
Karl Marx, Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850. MEW 7, 22-25.
Aus der Umklammerung der Staatsgläubiger hätte sich die griechische Regierung nur durch den Staatsbankrott befreien können. Statt dessen sicherten Tsipras und sein Finanzminister Varoufakis den Staatsgläubigern der EU „die Anerkennung aller Schulden gegenüber allen Kreditgebern“ zu. Das war die politische Bankrotterklärung der Tsipras-Regierung. Damit hat sich diese Regierung in die freiwillige Knechtschaft der „Troika“ plus Weltbank begeben.
Die Tsipras-Regierung hatte die kindische Vorstellung, in der EU bleiben zu können, ohne sich an die Geschäftsbedingungen der EU halten zu müssen. Und die erste Geschäftsbedingung der EU heißt: Geld wird nicht verschenkt, sondern ausgegeben, damit es vermehrt und vergrößert zurückkehrt.
Die griechische Regierung hing dem Kinderglauben an, dass sie neue Schulden machen könne, ohne alte Schulden zurückzahlen zu müssen.
Wal Buchenberg, 12.09.2016
Siehe auch:
Alles außer Staatsbankrott ist asozial
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