Alexis Tsipras hat als linker Hoffnungsträger sehr gelitten. Auch Pablo Iglesias, die Führungsfigur der Bewegungspartei Podemos, hat viel versprochen und wenig wahr gemacht. Die lateinamerikanische Linke hat ihr Pulver (sprich: ihre von der Weltkonjunktur begünstigten Einnahmequellen) verschossen. Überall in Europa stehen Linke rat- und hilflos vor einer zerbröckelnden Welt.
Welches Programm hat der britische Labour-Linke Jeremy Corbyn?
Corbyn verspricht:
„Eine Wirtschaft, die nicht darauf beruht, dass öffentliche Ausgaben gekürzt werden, sondern in der Lage ist zu investieren und ein breites Feld abzudecken, um jedem Einzelnen anständige Chancen zu bieten.
Ein Sozialsystem, das Menschen mit Behinderungen nicht bestraft, sondern fördert.
Ein öffentliches und kostenloses Gesundheitssystem für alle und für das ganze Leben ohne Privatisierungen.
Eine Außenpolitik, die auf den Menschenrechten basiert und auf die Förderung von Demokratie in aller Welt.“
Im Original:
“An economy that doesn’t cut public expenditure as a principle, that instead is prepared to invest and participate in the widest economy in order to give opportunities and decency for everyone. A welfare system that doesn’t punish those with disabilities but instead supports people with disabilities. A health service that is there for all, for all time, without any charges and without any privatisation within that NHS. And a foreign policy that’s based on human rights, the promotion of democracy around the world.”
Ich denke: Grundlage dieser linken Forderungen und dieses linken Denkens ist ein „Schönwetter-Kapitalismus“ und sind Illusionen über den kapitalistischen Staat. Das Vorbild dieser linken Gedankenwelt liefert ein verklärter Blick in unsere Vergangenheit der 50er und 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts, als der Nachkriegs-Kapitalismus in den Metropolen boomte und sich die Lebensbedingungen der Lohnabhängigen verbesserten.
Der Pferdefuß für alle diese staatlichen Sozialprogramme ist: Sie sind nur finanzierbar, wenn die kapitalistische Ausbeutungs- und Profitmaschinerie wie geschmiert läuft. Wie viel Soziales machbar ist, bestimmt keine Regierung, sondern die Kapitalistenklasse - von denen kommt das Geld.
Die Linke hat kein glaubwürdiges Programm für die chronische Krise der kapitalistischen Wirtschaft und für unsere Zeit der wachsenden politischen Unsicherheiten.
„Tatsächlich kann man die unterdrückte Klasse nichtbefreien, ohne der Klasse, die von ihrer Unterdrückung lebt, Schaden zu tun undohne gleichzeitig den ganzen Überbau des Staates, der auf solch einer elendensozialen Basis ruht, durcheinanderzubringen.“ K. Marx, Aufhebung derLeibeigenschaft in Russland, MEW 12, 591.
Ich denke die Linke wird erst wieder anziehend, wenn sie
- gesellschaftliche (kommunale), nicht (zentral)staatliche Lösungen sucht und
- Lösungen, die auf Selbsttätigkeit und Solidarität bauen, nicht auf Geldtransfers.
Wal Buchenberg
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