Anhand dieser Nahost-Grafik lassen sich einige gängige Theorien überprüfen – Theorien über den US-Imperialismus, über Multipolarität und die Verschwörungstheorien.
1. US-Imperialismus:
Etliche Linke und die große Mehrheit der politischen Rechten orten Imperialismus geografisch: Imperialismus ist für sie identisch mit der Politik der USA.
Die Grafik zeigt jedoch, dass die USA im Nahen Osten nur ein Großmachtspieler unter Vielen sind. Viele andere Regierungen mischen sich neben und unabhängig von den USA in fremde Staatsgebiete ein, finanzieren Rebellenbewegungen oder greifen sogar direkt mit Waffengewalt in Konflikte außerhalb ihres eigenen Staatsgebietes ein.
Jeder kapitalistische Staat, der importiert und exportiert, hat zwangsläufig Interessen, die über die eigenen Staatsgrenzen hinausreichen. Jedes Kapital, dass seine Marktstellung behalten will, muss seine Macht vergrößern. Jeder Staat, der seine Macht behalten will, muss seinen Einfluss ausdehnen. Deshalb hat Imperialismus keine geografische Heimat, sondern erwächst ständig aus der Akkumulation und Expansion der Kapitale. Die Gleichsetzung von Imperialismus mit der US-Politik beruht sowohl auf Unkenntnis der Weltlage wie auf einer mangelnden Kapitalismuskritik.
2. Multipolare Staatenwelt
Etliche Linke und die große Mehrheit der politischen Rechten unterstützen aktiv die globale Tendenz zu einer multipolaren Staatenwelt. Diese multipolare Staatenwelt ist im Nahen Osten längst Realität und macht sichtbar, dass es in einer multipolaren Welt für emanzipatorische Ziele wenig bis nichts zu gewinnen gibt. Die multipolare Staatenwelt mag kommen, aber unsere Welt wird nicht schöner und besser, wenn sie statt von einem großen Tyrannen von vielen kleinen und mittleren Tyrannen und Diktatoren beherrscht wird.
3. Verschwörungstheorien
Jede Verschwörungstheorie glaubt an die Allmacht einer winzigen Clique.
Im Sandkasten und am grünen Tisch lassen sich vielleicht wie in einem Computerspiel verzwickte Ränke und hinterlistige Pläne schmieden. In der realen Welt gibt es aber nicht nur einen, sondern unzählig viele Gegenspieler.
Der Nahe Osten ist eine Schlangengrube. Nichts, was dort geschieht, geschieht nach dem Plan von Wenigen. Dort herrscht kein Masterplan, sondern Chaos. Was immer einzelne Menschen oder Regierungen dort planen, wird von vielen anderen boykottiert und bekämpft. Am Ende kommt das heraus, was keiner gewollt hat: Zunehmende Armut, Flüchtlingselend, massenhafte Krankheit und Tod.
Dieser Nahe Osten zeigt uns das drohende Bild unserer eigenen Zukunft,
meint Wal Buchenberg