Unternehmensprofite in den USA

  • Hallo,
    Die Unternehmensprofite in den USA erreichten in diesem Jahr insgesamt 2.800 Milliarden Dollar. Das sind rund 16 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP).
    Lässt man die im Ausland von amerikanischen Konzernen erwirtschafteten Gewinne hier außer Acht, dann liegt die Profitquote (zum BIP) in den USA bei 11,5 Prozent.
    Das ist vergleichbar den Profitverhältnissen in Deutschland.



    Zu den Daten im Einzelnen:
    1) Die untere, dunkelgrüne Kurve zeigt die Inlandsprofite der US-Industrie.
    Manche Wirtschaftsdeuter, darunter auch Linke, haben die US-Industrie schon längst abgeschrieben und zur kapitalistischen Vergangenheit ("Fordismus") erklärt. Das ist ziemlich falsch.
    Fast die Hälfte der US-Gewinne (1.300 Mrd. Dollar im Jahr 2014) werden im industriellen Sektor erbracht.
    Der sogenannte Dienstleistungssektor bringt ja mehr Mythen als Gewinne hervor.
    Wenn, wie heute gemeldet, der deutsche Konzern e.on aus der Stromproduktion aussteigen will, und sein Kerngeschäft auf die Betreibung der Stromnetze konzentriert, dann mag diese Sparte dann „Unternehmensdienstleistung“ heißen, in der Tat handelt es sich jedoch bei der Errichtung von Stromnetzen und der Steuerung von Stromlieferung um ein industrielles Unternehmen.
    In seriösen Datenerhebungen wird daher nicht zwischen „Industrie“ und „Dienstleistungen“, sondern zwischen „Nichtfinanz-Unternehmen“ und „Finanzunternehmen“ unterschieden. E.on ist und bleibt auch nach der Aufspaltung ein „Nichtfinanzunternehmen“ – auf gut Deutsch: ein Industriekonzern.


    Zurück zu den US-Daten:
    Die Industrieprofite sind vom Höchststand vor der Krise (1080 Mrd) im Jahr 2006 bis zum Tiefpunkt der Krise (650 Mrd) um 40 Prozent eingebrochen.
    Wer da von einer „Finanzkrise“ spricht, hat wenig Ahnung von der Krise 2008/2009.
    Der Vorkrisenhöchststand der Industrieprofite wurde schon im Jahr 2010 wieder erreicht, aber seitdem sind die Industrieprofite nur noch vergleichsweise langsam gestiegen.


    2) Finanzprofite stammen nicht nur von reinen Finanzunternehmen, sondern auch von den Finanzgeschäften der Industrieunternehmen. Diese Finanzgeschäfte der „normalen“ Unternehmen nehmen an Größe und Bedeutung seit langem zu. Das zeigt sich dann in der Grafik in dem steileren Anstieg der Finanzprofite nach dem Einbruch 2008.
    Im Jahr 2014 machten die US-Finanzprofite rund 670 Milliarden Dollar, 24 Prozent vom US-Gesamtprofit.
    Wer da von einem "finanzgetriebenen Kapitalismus" spricht, hat wenig Ahnung von der Wirklichkeit. Der Motor des Kapitalismus ist nicht das Geld oder "die Finanz", sondern "maximaler Profit" - ganz gleich in welcher Gestalt. Die Geldgestalt ist keineswegs die "eigentliche" Form des Profits. Die Profiterzielung gerät in Krise, wenn der Profit in einer einzigen Gestalt verbleibt. Der Profit kommt ins Stocken, wenn er in der Geldgestalt verharrt, ohne sich in Ware verwandeln zu können. Der Profit kommt ins Stocken, wenn er in Warenform verharrt, ohne sich in Geld verwandeln zu können.


    3) Auslandsprofite entstammen den US-amerikanischen Kapitalanlagen im Ausland – sowohl in industrielle Anlagen wie in Finanzanlagen, wobei auch die Mehrzahl der Finanzanlagen direkt oder indirekt in industrielle Anlagen im Ausland fließen. Die Auslandsprofite stiegen seit 2008 noch steiler und schneller als die Finanzprofite.
    Die in den USA ausgewiesenen und versteuerten Auslandsprofite machten im Jahr 2014 rund 850 Milliarden Dollar – 30 Prozent vom US-Gesamtprofit.


    Schon diese „nackten“ Zahlen zeigen, dass das „Auslandsgeschäft“ für die US-Kapitalisten noch wichtiger ist als das „Finanzgeschäft“. Dazu kommt, dass der Löwenanteil der Auslandsprofite gar nicht in die USA zurückfließen. Denn: “Under U.S. law, corporations do not have to pay income tax on most of their overseas profits until they are brought into the United States.” (Reuters)
    Wie die Nachrichtenagentur Reuters im April meldete, wurden im Jahr 2013 mehr als 2 Milliarden Auslandsprofite von US-Konzernen überall auf der Welt geparkt und versteckt. Zusammen mit den versteckten Gewinnen addieren sich die Auslandsprofite der USA auf über 2.800 Milliarden Dollar – deutlich mehr als die 2000 Mrd. Dollar, die US-Unternehmen 2014 als heimischen Profit erwirtschaftet haben.
    Ich denke, diese Größenordnungen sind mehr oder minder auf die gesamte kapitalistische Kernzone übertragbar.


    Diese Daten demonstrieren erstens die Profit-, Investitions- und Wachstumsschwäche* innerhalb der Kernzone und den kapitalistischen Aufstieg der Peripherie, und erklären zweitens, warum die Kapitalisten der Kernzone diese Entwicklung mit ziemlichem Gleichmut und Fatalismus hinnehmen:
    Kapital sucht profitablere Anlagesphären. Kapitalisten folgen diesem Zwang und leben gut dabei.


    Gruß Wal Buchenberg


    *Anmerkung: Wobei die Wachstumsschwäche der Investitionsschwäche folgt und die Investitionsschwäche der Profitschwäche. Die heimische Profitschwäche ist allerdings nur erkennbar im Vergleich mit der Peripherie: „Wird Kapital ins Ausland geschickt, so geschieht es nicht, weil es absolut nicht im Inland beschäftigt werden könnte. Es geschieht, weil es zu höherer Profitrate im Ausland beschäftigt werden kann.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 266.

  • Blickt man auf die Unternehmensprofite, dann steht die US-Wirtschaft besser da als vor der Krise. Angeblich sind auch die Arbeitslosenzahlen in den USA fast wieder auf das Vorkrisen-Niveau gesunken. Die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 6%.




    Diese Zahlen geben ein geschöntes Bild.
    Als „arbeitslos“ wird in den USA nur gezählt, wer sich – bei einer Telefonumfrage (!) – arbeitslos meldet. Eine Meldebehörde für Arbeitssuchende gibt es in den USA nicht. Die Arbeitslosenquote wird dann als Anteil der gemeldeten Arbeitslosen an der Erwerbsbevölkerung berechnet.


    Viele US-Amerikaner haben jedoch die Hoffnung auf einen Arbeitsplatz längst aufgegeben und bezeichnen sich nicht mehr als „arbeitssuchend“. Sie fallen aus der Arbeitslosenstatistik heraus.


    Die Erwerbsbevölkerung (= Erwerbstätige plus Arbeitssuchende) in den USA ging deshalb seit der Krise von 66% der Bevölkerung auf 63% zurück. Vor der Krise zählte die
    US-Erwerbsbevölkerung noch 156 Millionen. Heute sind es nur noch 149 Millionen.


    Filtert man diesen Rückgang der Erwerbsbevölkerung um 7 Millionen Menschen aus der Arbeitslosenstatistik heraus, dann liegt die Arbeitslosenquote in den USA nicht bei 6%, sondern bei satten 9% - kaum weniger als in der EU mit ihrer Arbeitslosenquote von rund 10 %.


    In absoluten Zahlen:
    Vor der Krise waren in den USA 7,8 Millionen Menschen offiziell arbeitslos (5 Prozent von 156 Millionen Erwerbsbevölkerung).
    Heute sind es knapp 9 Millionen (6 Prozent von 149 Millionen Erwerbsbevölkerung).
    Zu diesen 9 Millionen kann man und muss man die 7 Millionen Lohnabhängigen hinzurechnen, die die erfolglose Suche nach Lohnarbeit aufgegeben haben.


    Die Unternehmen in den USA haben die Wirtschaftskrise hinter sich gelassen. Die Lohnabhängigen keineswegs.
    Ich denke, die Zunahme von Dauerarbeitslosigkeit und Dauerarmut ist ein wichtiger Faktor bei den aktuellen Protesten gegen Gewalttätigkeit und Rassismus der Staatsbehörden in den USA.
    Gruß Wal Buchenberg

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