Vergesellschaftung der Banken???

  • verfasst von Robert Schlosser(R), 06.09.2012, 21:24


    Überall in der Linken tönt es „radikal“: Banken vergesellschaften!


    Was würde da „vergesellschaftet“, zu welchem Zweck und wie???


    1. Gäbe es eine breite Bewegung, die - in Folge eines ökonomischen Zusammenbruchs - Betriebe in wesentlichen Bereichen der Wirtschaft besetzt hält, die Belegschaften deren Organisation und Leitung übernommen hätte, dann ließe sich darüber reden, wozu der Kredit, den Banken vergeben, nützlich sein könnte, solange noch nicht verteilt wird. Eine solche Situation besteht aber zweifellos nicht.


    2. Was würde da gegenwärtig „vergesellschaftet“? Bekanntlich haben die Banken Schwierigkeiten! Sie sitzen auf jede Menge selbst erzeugter Schrott-Wert-Papiere. Sie müssen großzügig von den Notenbanken mit Liquidität versorgt werden, Geld muss gedruckt werden. Was hätte „die Gesellschaft“ davon, diese Papiere, dieses merkwürdige „Eigenkapital“ zu übernehmen? Die „Vergesellschaftung“ der Verluste der Banken funktioniert doch auch jetzt schon ganz gut! Diese „Vergesellschaftung“ ist doch gerade Zweck der staatlichen Maßnahmen, bis hin zur Verstaatlichung von einzelnen Banken wie der Hypo Real Estate! Schon vergessen?


    3. Manche Linke verstehen unter „Vergesellschaftung“ der Banken schlicht und einfach Verstaatlichung. Staat und Gesellschaft ist ihnen eins oder sie können sich einfach keine andere Gesellschaft mehr vorstellen, ohne dieses staatliche Zwangskorsett. Der demokratische Staat soll es für seine Bürger richten.
    Andere wollen „wirkliche Vergesellschaftung“. Alle möglichen Räte werden ersonnen, die nicht existieren (!), und sollen die Banken übernehmen. Was aber – selbst wenn es sie gäbe – sollten sie damit tun, mit diesen Banken? Das übliche Geschäft für die Privatwirtschaft fortsetzen? Schließlich gibt es die von mir oben angedeutete Bewegung der Aneignung nicht. Oder doch den vergeblichen Versuch unternehmen, den Kapitalismus endlich zu sanieren, damit er ohne Krisen und soziale Polarisierung funktioniert?
    Ohne eine entsprechende Emanzipationsbewegung in der „Realwirtschaft“ ist das Verlangen nach „Vergesellschaftung der Banken“ eine ziemlich hohle Brosche!


    Mir kommt das Gerede über die nötige „Vergesellschaftung der Banken“ jedenfalls sehr „spanisch“ vor und ich wundere mich nicht, dass die Forderung hier und heute wenig Anklang findet. Das ist eine typisch linke Luftnummer für Leute, die radikale „Praxis“ machen wollen, auch wenn die Mehrheit der Lohnabhängigen radikal (noch) nicht ist. Eine "nachhaltig" wirkungsvolle Maßnahme gegen Kapitalvernichtung und die Verschärfung der Ausbeutung (die in einer schroffen kapitalistischen Krise unvermeidlich anstehen) wäre die „Vergesellschaftung der Banken“ unter gegenwärtigen Bedingungen jedenfalls nicht.


    (was die soziale Potenz des Staates anbetrifft: siehe auch Wals Beitrag zu "UmFairteilen")


    Viele Grüße
    Robert


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