Der politisch-ideologische inhaltliche Kern des Faschismus ist das Recht der Stärkeren auf Kosten der Schwächeren, ein (besseres/angenehmeres) bevorzugtes Leben zu führen. Das wird ideologisch verbrämt. Politische Kritik ist nicht erlaubt, sondern nur Gehorsam und Auslese. Daraus leiten Faschisten die allgemeine ethische Berechtigung zum Holocaust, zur Euthanasie oder zu imperialistischen Kriegen ab. Das ist, meine ich, der Unterschied zur bürgerlichen Demokratie.
Ansonsten ist der Faschismus eine bürgerliche Klassenherrschaft wie die bürgerliche Demokratie. Nicht einmal die gewaltsame Übernahme des Staates durch einen Staatsstreich einer politischen Clique ist nötig, um den Faschismus einzurichten, sondern er entspringt einer massenhaft in den Köpfen der Individuen vorhandenen Abstraktion, einer völkischen Geisteshaltung, in der das Bekenntnis zu Kampf und Dienst für Höheres, zur völkischen Schicksalsgemeinschaft, potentiell angelegt ist und bei Bedarf praktisch wirksam wird.
Der Faschismus kann sich also inmitten einer bürgerlichen Demokratie entwickeln, weil der wichtigste Nährboden, der stinknormale Nationalismus äußerst populär ist und für die Herrschenden, äußerst praktisch, weil damit ideologisch auch ein gut Teil ihrer Herrschaft begründet ist.
Dieses besondere Verhältnis des Faschismus zum bürgerlichen Staat wird aber von der Antifabewegung so nicht anerkannt, sondern der Faschismus wird als eine besondere, unmenschliche, undemokratische Herrschaftsform betrachtet, neben der die bürgerliche Demokratie als Fortschritt gilt. Die Antifa beschränkt sich damit nur auf das phänomenale und nicht auf die Substanz, das potentielle und praktische Bekenntnis zur Herrschaft, das sowohl Faschismus als auch Demokratie ausmacht. Und einer der Hauptgründe dafür, dass dieses Bekenntnis zustande kommt, ist der Nationalismus.
Die Antifa bleibt bei ihrer Kritik an der Oberfläche haften, wenn sie (moralisch) mit politischer Agitation und Aktionen gegen Ausländer- und Völkerhass auftritt oder Neofaschisten durch (moralische) Anklagen und Aktionen zu ächten versucht. Der eigentliche Kern, warum Neofaschisten überhaupt auf dieser Welt sein können, der Nationalismus, wird dabei ausgeklammert.
Es müsste also zuerst einmal der ganz normale Nationalismus ernsthaft kritisiert werden. Dann muss man zuerst einmal fragen, warum kommen denn Lohnarbeiter überhaupt auf die verrückte Idee, sich Deutsche, Franzosen oder Chinesen zu nennen? Versucht man die Frage zu beantworten kommt man zu zwei Grundgedanken: zum einen glauben Nationalisten, einen Nutzen davon zu haben, wenn sie sich zu einer Nation bekennen, zum andern, wollen sie sich (kulturell) abgrenzen, um sich irgendwie selbst zu erhöhen. Der erste Gedanke ist rational. Doch dann wäre zu prüfen, ob es tatsächlich so ist, dass die Lohnarbeiter etwas vom Nationalismus haben. Der zweite ist irrational und dafür kann es viele Gründe geben, die hier nicht weiter erörtert werden sollen, aber ,ganz allgemein ausgedrückt, ist es auf Seiten der Lohnarbeit eine Art idenditärer Bewältigung der Widersprüche, die sich im realen Leben auftun, durch die abstrakte Auflösung in etwas Höherem.
Doch in dieser Hinsicht haben die Aktionen und die „Aufklärung“ der Antifa nichts gebracht. Vielleicht nicht in der Antifa aber unter den Linken ist der "normale“ Nationalismus weit verbreitet. Und dort gehörte er erst mal aufgegriffen, behandelt und ausgerottet und dann wäre der nächste Schritt, auch die Lohnarbeiter von der Schädlichkeit dieser Gesinnung zu überzeugen. D. h. die Linke müsste sich selbst erst mal klar darüber werden, was es heißt, sich zum Nationalismus zu bekennen und welche Folgen sich für die Lohnarbeiter daraus ergeben.
Wenn Wal mich also fragt, wie ich den Neofaschismus (konkret) bekämpfen würde, dannschlage ich folgendes vor:
1. Es wäre die nationale (unbewusste) Gesinnung der Linken zu prüfen, zu diskutieren. Linke selbst müssen zu allererst ihren Nationalismus ablegen. Linke müssen generell Antinationalisten sein.
2. Es ist anhand des staatlichen Nationalismus (durch öffentliche Kritik, Beiträge, Flugis usw.) die Schädlichkeit des Nationalismus für die Lohnarbeiter aufzuzeigen und nachzuweisen.
3. Schutz von vom Nationalismus direkt negativ Betroffenen und direkt vom Staatsapparat (oder Faschisten) Verfolgten durch Wohnungsaufnahme/gewährung, finanzielle und rechtliche Unterstützung.
Beste Grüße
Kim