Energiewende, Rohstoffverbrauch und kommunistische Produktion

  • Die sogenannte „Energiewende“, mit der die Stromversorgung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energiequellen (Wind-, Wasser- und Solarenergie) umgestellt werden soll, findet auch unter Linken breite Unterstützung.
    Am Koalitionsvertrag kritisierten links-ökologische Aktivisten vor allem, dass die Energiewende von der neuen Regierung zu zögerlich umgesetzt wird.


    Französische Wissenschaftler weisen nun darauf hin, dass der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf „grüne Energie“ neue und andere Rohstoffe in größerem Umfang vernutzt.
    Egal wie solche Untersuchungen motiviert sind, ihre Ergebnisse sollten von uns zur Kenntnis genommen werden.
    Für den Umbau von fossilen Kraftwerken auf Windräder und Solarmodule wird voraussichtlich die neunzigfache Menge an Aluminium und die fünfzigfache Menge an Eisen und Kupfer gegenüber herkömmlichen Kraftwerken benötigt, Stoffe, die vor allem aus Afrika an Europa geliefert werden.
    Für Magnete in Windrädern werden seltene Erden wie Neodym gebraucht, die zu 95 Prozent aus China geliefert werden.

    Europa verbraucht derzeit gut ein Fünftel der weltweit produzierten Metalle. Aber nur 1,5 Prozent des Eisens und Aluminiums wird auf europäischem Boden gefördert.


    Der WWF hofft, dass in Europa in gut 20 Jahren 12.000 Terrawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien kommen. Für das „konstante Kapital“ dieser "grünen" Anlagen werden 3,2 Milliarden Tonnen Stahl, 310 Millionen Tonnen Aluminium und 40 Millionen Tonnen Kupfer benötigt.


    Daraus ergibt sich für mich folgendes Problem:
    Ich denke, die Energieversorgung sollte nicht nur erneuerbare Energien nutzen, sondern auch dezentral auf Kommunen, Stadtteile und einzelne Betriebe umgestellt werden. Diese Umstellung erfordert allerdings einen hohen und zusätzlichen Material- und Arbeitseinsatz.
    Wenn wir Kommunisten/Sozialisten in einer nachkapitalistischen Gesellschaft keine Wege finden, wie wir diese Materialien aus dem nichtkommunistischen Ausland beziehen können, dann wäre jede Ungleichzeitigkeit der emanzipatorischen Entwicklung unmöglich. Kurz: Eine nachkapitalistische Gesellschaft wäre nur global und innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters zu errichten. Das halte ich jedoch für völlig ausgeschlossen und irreal.
    Daraus folgt für mich: Entweder ist der Kommunismus als "kommunistische Insel im kapitalistischen Meer" in einem Land (oder sogar in einer Kommune) möglich oder er ist niemals und nirgends möglich.


    Konkret bedeutet das: Für eine gewisse (lange?!) Zeit müsste jede kommunistische Gemeinschaft neben ihrer kommunistischen Eigenproduktion (ohne Waren- und Geldbeziehungen) noch einen gewissen Anteil Warenproduktion betreiben, um Äquivalente zu haben für den Austausch mit dem rückständigen kapitalistischen Ausland. Der Anteil der Warenproduktion an der Gesamtproduktion müsste mengenmäßig so groß sein, dass die Warenbeziehungen mit dem kapitalistischen Ausland abgedeckt werden können.


    Siehe dazu: Rohstoffbericht für Deutschland 2012, wo Art und Menge aller Rohstoffe aufgelistet sind, die in Deutschland vorkommen oder 2012 importiert wurden.


    Gruß Wal Buchenberg

  • Hallo Wal,


    was mir zum Thema Energie- und Rohstoffverbrauch ganz wichtig erscheint, dass es bei einer nicht profitorienterten Produktionsweise gegenüber der heute üblichen zu umfangreichen Einsparpotentialen kommen kann. Als Stichworte kann man nennen: keine sinnlosen Transporte wg. "Niedriglohn", keine "geplante Obstruktion", keine Herstellung von "Gadgets" ausschließlich zur Profiterzielung, keine Vernichtung von Lebensmitteln etc. zur "Preisstabilisierung, kein (oder weniger) Pendeln zum Arbeitsplatz. Liegen zu einer solchen Kalkulation eigentlich irgendwo belastbare Zahlen vor? Was natürlich auch wegfallen würde, wären die Ressourcen bezgl. menschlicher Arbeitskraft für "Unsinn".


    Leider habe ich gerade keine Zeit, das jetzt weiter auszuführen und eigene Recherchen zu machen, vielleicht weiß ja hier schon jemand mehr dazu. Ich wollte es auf jeden Fall als Gedankenanregung anmerken.


    cu
    renée

  • Hallo Wal, hallo renée,
    ich möchte Euch erstmal beiden zustimmen. Renée hat dabei insofern recht, als nicht nur durch die Rationalisierung der gesellschaftlichen (!) Produktion der Bedarf verkleinert werden wird, sondern auch durch ein echtes Recycling. Das betrifft insbesondere die Demontage nicht mehr benötigter Fabriken, die nicht einfach gesprengt und in den Müll verfrachtet werden dürften, weil die Rohstoffe (noch) billiger sind als ihr Recycling.
    Ansonsten stimme ich Wal 100%ig zu, dass
    1. Kommunismus regional möglich sein muss oder zur Fiktion wird,
    2. dann ein gewisser Markt aufrecht erhalten werden muss, weil wir die Rohstoffe nicht hier fördern können, sondern einführen müssen.
    Beste Grüße
    Peter

    "So Ihr aber begehrt, ein wahrer Mann der Wissenschaft zu werden und nicht nur ein schäbiger Handlanger und Experimentator, so beherzigt meinen Rat und beschäftigt Euch mit sämtlichen Zweigen der Naturwissenschaft, einschließlich jenes der Mathematik" (Mary W. Shelly: Frankenstein)

  • Hallo,
    der Rohstoffbericht für Deutschland von 2012 gibt darüber Auskunft, dass im letzten Jahr Rohstoffe (Energieträger, Metalle und Nichtmetalle) im Wert von 150 Mrd. Euro eingeführt worden sind. Das macht vom BIP 2012 rund 6 %.
    Kommunistisch gesprochen müsste - auf der Basis der Produktionszahlen von 2012 - ein deutsches Netzwerk kommunistischer Kommunen also rund 6% ihrer Gesamtarbeitszeit aufwenden, um Warenwerte für den Weltmarkt zu schaffen, für die im Tausch alle benötigten Rohstoffe bezahlt und importiert werden können. Ich denke, das ist eine überschaubare Größe.


    Natürlich können durch rücksichtsvollere Produktion und durch Recyceln noch Rohstoffe eingespart werden. Aber allzuviel können wir da nicht erwarten, weil schon jetzt unter kapitalistischen Bedingungen große Mengen von (metallischen) Rohstoffen recycelt werden, wie die folgende Grafik aus dem Rohstoffbericht zeigt:



    Gruß Wal

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