So ungefähr könnte die Überschrift zu einem Artikel von Joachim Hirsch im Express 12/2012 lauten – im Kontrast zu meinem Artikel „Der drohende Zusammenbruch der Kapitalakkumulation stellt die Systemfrage“. Tatsächlich heißt die Überschrift „Bricht der Kapitalismus zusammen?“ Besonders bemerkenswert ist der Abschnitt über „strukturelle Überakkumulation“. Schreibt er doch:
„EineLösung steht nicht in Aussicht, solange es – auf der Basisveränderter gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse – zu keinemradikalen Wandel der Wirtschafts- und Sozialpolitik kommt. Dazu gibtes indessen gegenwärtig keine Anzeichen.“
Und das, nachdem er doch wenigstens halbwegs klar die der Misere zugrundeliegenden ökonomischen Ursachen/Widersprüche benannt hat. Die„Lösung“ soll erfolgen durch „radikalen Wandel derWirtschafts- und Sozialpolitik“. Genau, die richtige Wirtschafts-und Sozialpolitik wird es schon richten, die Masse der Lohnabhängigen darf weiter zuhause bleiben und muss nur richtig wählen. Aber richtig ärgerlich wird es aus meiner Sicht am Schluss, wenn die übliche Demagogie gegen „Zusammenbruchstheoretiker“ formuliert wird:
„Allein das Scheitern der Eurozone könnte ein Desaster globalen Ausmaßes bewirken. Darauf zu hoffen, wäre indessen verfehlt. Große ökonomische Krisen haben kaum jemals emanzipative Entwicklungen nach sich gezogen. Sie können aber wirtschaftliche und gesellschaftlicheZerstörungen anrichten, die dem Kapital durchaus einen erfolgreichen Neuanfang ermöglichen. Das ist die eigentliche historische Logik desKapitals. Ein anderer Ausweg wäre ein neuer größerer Krieg.
Der Kapitalismus, das zeigt die historische Erfahrung, bricht nicht von sich aus zusammen, sondern bewegt sich von Krise zu Krise und richtet dabei ungeheure Zerstörungen an, politische wie soziale und ökologische. Er schafft sich nicht selbst, sondern nur humane Lebensbedingungen ab. Angesichts dessen lohnte es sich vielleicht, mal wieder genauer darüber nachzudenken, ob er wirklich die beste aller denkbaren gesellschaftlichen Ordnungen ist.“
(So, so. Der Kapitalismus schafft also humane Lebensbedingungen ab. Dann hatten wir die also schon, bevor es Kapitalismus gab. Dann nichts wie zurück! Da haben wir was verpasst. )
Zumx-ten Male wird einer linken Öffentlichkeit erklärt, dass der Kapitalismus sich nicht selbst abschafft. Wer hätte das gedacht …und vor allem, wer hätte das jemals behauptet??????
Es hört einfach nicht auf! Fällt das Reizwort „Zusammenbruch“, dann spult eine bestimmte Sorte linker Theoretiker gebetsmühlenartig die gleiche Leier ab.Wer sich etwas auskennt, der weiß, dass weder Rosa Luxemburg noch Henryk Grossmann, diese beiden wohl bekanntesten „Zusammenbruchtheoretiker“ mit einem ökonomischen Zusammenbruch die „Selbstabschaffung des Kapitalismus“ verbanden.
Warum also ständig dieses Spielchen?
Da wollen uns Leute auf den Weg der Reformen einschwören, die diesen Zusammenbruch vermeiden sollen, den
Kapitalismus sozusagen in sanfteres Fahrwasser überführen. Galt noch bis vor wenigen Jahren allein die Annahme einer Krise, die ökonomischen Zusammenbruch der Kapitalakkumulation bedeutet (!!!! Was ist ein Zustand ständig schrumpfenden BIPs wie in Griechenland oder Spanien anderes??), als ausgemachte linksradikale Spinnerei, so stellt man sich jetzt mehr oder weniger gezwungenermaßen den Tatsachen … die versuchte Orientierung und Konzentration auf einen den Kapitalismus reparierenden Sozialreformismus aber bleibt bestehen!
Am Schluss stehen dann oft so denkwürdige Sätze wie dieser von Joachim Hirsch:
„Angesichts dessen lohnte es sich vielleicht, mal wieder genauer darüber nachzudenken, ob er wirklich die beste aller denkbaren gesellschaftlichen Ordnungen ist.“
Aber es "lohnt" (?) sich halt nur „vielleicht“! Tatsächlich offenbar nicht. Entweder der Mann denkt nicht darüber nach oder er verheimlicht seine tollen, möglicher Weise sogar „genaueren“, Gedanken! Und auf diese Weise betreibt man „selffullfilling prophecy“. So nämlich kann eine tiefe Krise niemals zur Grundlage für Bestrebungen der Lohnabhängigen werden, den Kapitalismus abzuschaffen! Entweder diese Leute wollen gar keine Überwindung des Kapitalismus, oder aber sie selbst sind es, die auf „Selbstabschaffung“ hoffen. Andernfalls würden sie es nicht bei solch abgeschmackten Schlusssätzen belassen. (Die müssten verboten werden!!!
)
Wer also wirklich den Kapitalismus abschaffen will, muss mit einem ökonomischen Zusammenbruch - ich hab
einiges dazu schon gesagt - als einer notwendigen objektiven Bedingung rechnen. Er muss - sich vorbereitend -
praktisch-programmatisch an einem konkreten Konzept des Übergangs zu einer Gesellschaft arbeiten, die in Produktion und Reproduktion folgendes realisiert:
- Gemeineigentum statt Privateigenum
- Gesellschaftliche Kooperation
statt Konkurrenz - Selbstbestimmung in Selbstverwaltung statt Fremdbestimmung
durch Kommando über fremde Arbeitskraft
Das erfordert keinen „radikalen Wandel der Wirtschafts- und Sozialpolitik“, sondern die Aktivität der
großen Masse der Menschen selbst, ferner die Rücknahme vom Staat wahrgenommener gesellschaftlicher Funktionen in und durch die Gesellschaft (Basis: „Selbstregierung der Kommunen“), die Beseitigung des politischen Charakters der öffentlichen Gewalt . Wer darüber heute nicht sprechen will, hat keine Perspektive sozialer
Emanzipation z u bieten. Der sorgt im Übrigen selbst dafür, dass – wenn die Situation da und die Möglichkeit gegeben ist – es zukeiner sozialen Umwälzung kommen kann, der Kapitalismus nicht abgeschafft wird.
Man kann und muss sowas auch konkreter diskutieren. Dazu muss es überhaupt mal an- und ausgesprochen
werden. Aber, wie ich mittlerweile weiß, ist der „Partei- und Staatssozialismus“ - in welcher Form auch immer – in den Köpfen der Leute wohl die größte Barriere dafür.
Robert
p.s.: Dieser Editor ist sehr gewöhnungsbedürftig!!! Auf jeden Fall dann, wenn man Text aus einer anderen Anwendung hineinkopiert.