Was denken die Anderen? Eine Bestandsaufnahme


  • Ein Kommentar der Zeitschrift Z. zu dieser Allensbachumfrage [size=14]steht [url='http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2013/09/blickvonunten.pdf']hier bei Labournet


    [size=14]Im Anhang steht die Allensbach-Umfrage "Unbehagen am Kapitalismus"

  • Danke Wal, für den Hinweis auf die Untersuchung, da können wir (hier noch ohne Getränk) auf die Frage nach Sein und Bewusstsein zurückkommen... :)


    Die Allensbacherin lass ich mal aussen vor, aber die linken Soziologen sind auch nicht ohne (homo academicus... ein abgehoben-Bourdieusches Feld für sich, nicht anders, als sies in ihrer Fussnote für die politische Klasse formulieren: ihre Fähigkeit zur professionellen Distanzierung des, hm, Gegenstands grenzt ans Entomologische (Insektenforscherliche)...
    Mich fasziniert aus dem ganzen bunten Strauss an Interview-Fragen und Antwortern immer wieder die - auch negative - SYSTEM-Gläubigkeit: Das System leistet oder behindert, fördert Leistung oder Solidarität, und da muss man halt sein System wählen... wieso eigentlich? Wenn ihr leisten wollt, leistet doch. Das System leistet doch nicht. Bloss... beschwert euch dann nicht angesichts der grossartigen "Effizienz" über mangelnde Solidarität und Arbeitshetze.
    Wann werden diese Leute glauben, dass sie alles selber machen (könnten)? Und sie gleich welches system vergessen können...
    (Ach... wann werden die Linken endlich das System vergessen? Die System-GLÄUBIGKEIT der Andern nicht, die ist leider sehr real, aber das, woran sie glauben.. Deine Überschrift hätte somit lauten sollen; Was glauben die Andern?)

  • Danke Wal, für den Hinweis auf die Untersuchung, da können wir (hier noch ohne Getränk) auf die Frage nach Sein und Bewusstsein zurückkommen... :)


    Die Allensbacherin lass ich mal aussen vor,...


    Hallo Franziska,
    ich versuche eine Bestandsaufnahme anhand der Meinungsumfrage von Allensbach, und du lässt das "mal aussen vor". ?(


    Gruß Wal

  • ...wenn es so sein sollte, entschuldige das bitte. Es gab von seiten der Kommantatoren bei labournet, deren Beitrag du verlinkt hast, eine eigene Untersuchung und auch methodische Kritik am Allensbach-Procedere, darauf hab ich mich bezogen. Und... neben all den vielen, ohne jede logische Ordnung nebeneinander gestellten abgefragten oder in der Runde (bei den labournet-Leuten) erörterten Statementas gab es eben dieses eine: man halte den Kapitalismus (durchaus mit Bedauern gesagt) für alternativlos. Und an der Stelle wurde das dann doch kurz mal für etwas recht grundlegendes gehalten, wenn ich mich recht entsinne.


    Eine schlechte Meinung von ihrem System (bei Allensbach mit Bezug auf Kapitalismus breitgetreten) hatten die Leute, mal mehr, mal weniger, "drüben" (im Realsozialismus) schon lange, und "hier" seit je her. Woran nie Zweifel auftauchen, ist, ob der Mensch ein "System" braucht, und was für seltsam widersprüchliche "Leistugnen" dadurch für ihn erbracht werden. Was ich letztlich sagen will (egal, ob in Anknüpfung an diesen einen peripheren Punkt in einer der Studien, oder ob ichs selber und von mir aus einbringe):


    Solang "das System" Gegenstand der Debatte ist, sei es der kitischen, oder aberd er legitimatorischen, ist etwas grundlegend verkehrt aus meiner Sicht. Und das gilt gerade auch für die Linke (hab ich schon gesagt), die sich von "Abschaffung" des "Systems" einen "systematischen" Gewinn verspricht.
    Während ich, um das kurz nochmal anzudeuten, glaube, dass das wesentliche an dieser Gesellschaftungseinrichtung die FEHLENDE Planung, Übersicht, Abstimmung, Konsensbildung ist. (Die "Abschaffung" des Mangels besteht also darin, das Fehlende AUFZUBAUEN.)
    Was sich ihre Befürworter dann an Verrücktheiten (und zugleich schlechten Meinungen davon) einfallen lassen, wie zB Geld, um die Folgen dieses Fehlens zu neurtralisieren, ja geradezu ins Gegenteil zu verkehren (der Markt plant ja soviel besser, informiert viel besser, führt viel konsensfähigere Güter-Allokationen herbei als jede Verhandlung oder faktische Absprache): das ist so gleichgültig, wie der besondere Inhalt irgendeines religiösen Glaubens (und der "Zweifel", ob er so auch recht ist) über die bereits längst vorhandene (nur uns leider unbekannte) Beherrschtheit der Welt - Hauptsache, es ist überhaupt ein Glaube. Hauptsache, es ist überhaupt ein System, oder eben der Glaube daran. Der Glaube oder auch Aberglaube ans "System" ist nur eben nicht bezogen auf Welt, sondern Gesellschaft.


    Das ist gemeint als sehr ernsthafter Einwand gegen die (mögliche) Hoch- und Überschätzung "schlechter Meinungen" beüglich Kapitalismus.

  • ...wenn es so sein sollte, entschuldige das bitte. Es gab von seiten der Kommantatoren bei labournet, deren Beitrag du verlinkt hast, eine eigene Untersuchung und auch methodische Kritik am Allensbach-Procedere, darauf hab ich mich bezogen.


    Das ist gemeint als sehr ernsthafter Einwand gegen die (mögliche) Hoch- und Überschätzung "schlechter Meinungen" beüglich Kapitalismus.


    Hallo Franziska,
    Entschuldigung angenommen, aber den Kommentar der Zeitschrift Z zu der Allensbachumfrage habe ich eingestellt, weil er eine eigene Umfrage im betrieblichen Umfeld enthält. Die Kritik von Z bezieht sich nicht auf Daten, die ich in der Grafik verarbeitet habe.
    Mir geht es mit der Grafik und diesem Thread erstmal um eine Einschätzung von richtigen Denkansätzen (Bestandsaufnahme). Du kritisierst gleich deren mögliche Hoch- und Überschätzung.
    So kommen wir in der Sache nicht weiter.
    Sorry Wal

  • Wal, es ging mir nicht um die Hoch- und Überschätzung der DATEN, vielmehr wollte ich mich sehr wohl auf die Denkansätze zu beziehen, die da den Befragten zugeschrieben werden, oder auch (indem sie antworten auf Fragen, die ihnen diese Ansätze unterstellen) von ihnen betätigt werden: Das sind ja sogar solche, die sie mit der Demoskopin, den Alternativ-Soziologen und womöglich sogar dir teilen.
    Möchtest du lieber darüber sprechen, dass da immerhin soundsoviel Prozent ganz ganz schlimme Sachen mit "Kapitalismus" assoziieren? Dass sie zwischen an sich guter Marktwirtschaft und bösebösem Kapitalismus zu unterscheiden gelernt haben (solche Unterscheidungen gabs auch im Realsozialismus, nicht wahr?) Oder möchtest du lieber drüber nachdenken, warum die schlimmen Assoziationen (worauf die linken Soziologen im Artikel bei labournet verweisen) auch schon mal heftiger waren, und irgendwie ihre Konjunkturen haben, grad so wie der Kapitalismus selber?
    Der Fehler, den ich bemerke, statt richtiger Denkansätze, lässt sich mal so illustrieren: Wenn jemand ernsthaft auf die Frage (jetzt mal vergröbert) antwortet: Wofür ist Ihrer Meinung DER KAPITALISMUS verantwortlich, was bringt er hervor? und der antwortet dann, womöglich im selben Fragenkatalog zB: a) Effizienz (gut!), und b) Arbeitshetze (leider!) - dann erinnert der mich an diese Sorte Schüler, die den Zwang gut finden, weil sie ja sonst nix lernen, und das für eine erfolgreiche METHODE (das ist sowas ähnliches wie "erfolgreiches System") ausgeben: Da ich nicht wollte, wars gut, dass ich musste, weil ich dann (wollen) konnte, was ich sollte.


    Was in jedem Fall gesollt ist, das ist: "Wachstum" ALSO Fortschritt, von was auch immer. Toll am Kapitalismus ist, dass er dafür sorgt, dass die effizientesten Beiträge zu diesem Wachstum belohnt, Nicht-Beitragen aber bestraft wird (das ist das Müssen). Dieser Satz ist kaum zu widerlegen (so wie ähnliche Sätze im Realsozialismus), zumal Null- oder Minuswachstum so gut wie immer irgendwelche system-externen Verusacher hat (die Trennung in gutes System, das aber missbräuchlich oder system-fremd gehandhabt wird, wie ein technischer Apparat, bei dem die Gebrauchsanweisung missachtet wird, ist auch aus dem Realsozialismus bekannt).


    Innerhalb der Marktwirtschaft, der an sich so guten, gäbe es ja durchaus Alternativen zum bösebösen Wachstums-Kapitalismus (so wies ja auch etwas weniger autoritäre Realsozialismen hätte geben können...)
    Das fängt bei der Konsumenten-Souveränität an.
    So wie Robert Schlosser es mal für die Produkte der selbstverwalteten Betriebe erwog: Ob man da nicht zertifizierte Siegel nach dem Vorbild der Bio-Siegel einführen könne, die dem "solidarischen" Verbraucher signalisieren, wo er zugreifen sollte - so könnte man ja weitere Siegel einführen und bündeln, bis hin zu spezifischen Öko-Siegeln (das berührt Fragestellungen aus dem ökologische-Rucksack- und MISP-thread drüben): "Aus arbeitshetze-freier Herstellung", "langsam+nachhaltig wachsender Betrieb" usw. Die betreffenden Produktions-Abwandlungen werden aber immer nur dem "Verbraucher" (und das im Mass seiner Kaufkraft) angeboten, nicht ihm als dem Mit-Produzenten von allem und jedem; denn verfügt wird ja schliesslich immer noch privat über Produktionsmittel. Hier ist, einmal mehr, unterstellt, dass es keine komplexen kollektiven Richtungsentscheidungen über Produktion geben kann, sondern sich alles und jedes sofort in die unendliche Vielfalt persönlicher Präferenzen, und das noch bezogen auf Einzelgüter, und "Meinungen" über Einzel-Zusammenhänge auflöst: Erdbewegung (hier) ja (dort nein), Wasserverbrauch (generell) nein, Arbeitshetze im Rahmen (und speziell daundda aber unbedingt, !), Langsam wachsen um die 0,7% (mehr oder weniger wäre von Übel, ausser in denundden Sektoren ) usw
    Das zerfaserte Stimmrecht, das der Verbraucher da mit jedem auszugebenden Euro in Händen hält, müsste also ergänzt werden um eine Produktionsmittel-Verfügungs-Komponente, die die Zahlungsfähigkeit beschränkt nach Massgabe der Verfügungsrechte über Produktionskapazitäten: Du hast dann ein Energie-Budget (womöglich aufgeschlüsselt nach Energiearten), ein Rohstoff-Budget (dito), ein (qualifikations-?)gewichtetes Arbeitszeit-Budget, ein Innovations- und Forschungsbudget usw - und natürlich darfst du damit vor deinen Einkäufen (wie im Emissionsrechtehandeln) an der produktionsbudget-Börse schachern (tausche 10 Forschungseinheiten gegen 20 Einheitsarbeitsstunden...)


    Was fehlt da? Die individuelle Meinungsbildung ist darum so vielfältig, weil sie auf ebensovielen Wissensrückständen und Reflexions-Ausfällen beruht. "Der Markt" erspart es einem, ordentlich nachzudenken. Das tut er natürlich nicht, sondern die über unendliche viele Irrungen und Wirrungen sich am Ende, wenn es wahrscheinlich zu spät ist, wieder mal durchsetzende bessere Einsicht. Gesellschaften, die derart grosse Räder drehen wie die modernen, können sich solch archaische Informationsverarbeitung aber nicht leisten.
    "Markt" ist der Name der Erwartung, wenn nur alle mit IHREM Wissen miteinander ihre Budgets handeln, werde die bessere Einsicht sich schon als solche erweisen. Das tut sie im allerbesten Falle irgendwann auch, aber eben viel zu langsam. Mit solchen Leuten im selben Produktions-Boot zu sitzen, ist Selbstmord. Schon darum müssen die Leute, die kollektiv planen, ihr eigenes Not-Reproduktionssystem aufziehen, mit dem sie zur Not weitgehend unabhängig werden von dem Chaos, das Gesellschaften grade dabei sind anzurichten, die moderne Forschung und Technik-Folgen glauben mit vormodernen Formen der Wissens-Organisation verbinden zu können. Von der Ungleichverteilung des Einflusses auf Produktionsentscheidungen in Gestalt der Klassengesellschaft ganz zu schweigen...


    "Aber das System belohnt doch die rationellsten Entscheider, und verschafft gerade ihnen früher oder später Verfügung über die Produktionsmittel...."
    "Aber das System kann doch seine Überlegenheit immerzu nicht unter Beweis stellen, weil systemfremde Elemente es verzerren und missbrauchen..."
    "Aber im Sozialismus (als System) müsstest du dafür inkaufnehmen, dass..."
    (langsam ausblenden...)


    So, Wal, ich hoffe ich habe mal kurz illustriert, was es bedeutet, Fragen nach MEINUNGEN (oder noch besser, Begriffs-Assoziationen, die neueste Form des Urteilens mündiger Bürger?) über Kapitalismus als "System mit Vor- und Nachteilen" zu stellen und auch noch zu beantworten - statt das als Unverschämtheit und gefährlichen Unfug zurückzuweisen.

  • So, Wal, ich hoffe ich habe mal kurz illustriert, was es bedeutet, Fragen nach MEINUNGEN (oder noch besser, Begriffs-Assoziationen, die neueste Form des Urteilens mündiger Bürger?) über Kapitalismus als "System mit Vor- und Nachteilen" zu stellen und auch noch zu beantworten - statt das als Unverschämtheit und gefährlichen Unfug zurückzuweisen.


    Hallo Franziska,
    du weist fremde Meinungen zum Kapitalismus als "Unverschämtheit" und "gefährlichen Unfug" zurück.
    Ich konstatiere:
    Linke "wissen" (angeblich) über die Meinung der Anderen Bescheid, ohne sie fragen zu müssen. Meinungsumfragen seien da weder nötig noch nützlich. Die Fragetechnik von bürgerlichen Meinungsumfragen wird von Linken kritisiert. Doch ihre eigene Fragetechnik wird gar nicht erst in Betracht gezogen.
    Hier und in dem anderen Thread, aus dem ich mich verabschiedet hatte, wurden ständig Aussagen über das Denken anderer Leute gemacht, ohne irgendeinen Quellenhinweis, ohne irgendeine Basis, die größer wäre als vielleicht ein Dutzend Leute.


    Ich glaube, darin zeigt sich die linke Tradition des "Parteistandpunkts". Die Partei weiß (angeblich) besser, was die Lohnabhängigen wollen und was ihre Interessen sind, als die Lohnabhängigen selbst. An die Stelle der Partei tritt inzwischen jedes "emanzipierte, linke Individuum". An anderer Stelle hatte ich darauf hingewiesen, dass diese Kopfguckerei ein Herrschaftsinstrument ist.
    Ich meine, darin steckt viel subjektive Überheblichkeit und darin steckt mindestens Missachtung, wenn nicht Verachtung der Mehrheit der Lohnabhängigen. Selbstverständlich spüren die Lohnabhängigen diese linke Überheblichkeit. Selbstverständlich spüren die Lohnabhängigen, dass ihre Meinung weder gefragt ist, noch ernst genommen wird.
    Ich bin sicher, hier steckt der Kern und der Knotenpunkt aller linken Erfolglosigkeit.


    Ich dagegen meine, wer wissen will, was andere Leute denken und wollen, der muss sie fragen.
    Bürgerliche Meinungsumfragen sind da ein vorläufiger Notbehelf. Besser sind Volksabstimmungen und Volksentscheide.


    Ich bin es wirklich leid, über dieses Thema "Was denken Linke über das Bewusstsein der Lohnarbeiter" weiter mit Linken zu diskutieren. X(


    Sorry und Gruß
    Wal


    Aus dem alten Forum:
    Und wieder behauptet jemand wissen, was Millionen fremde Menschen verstanden haben und was sie nicht verstanden haben, ohne dass sie sich in der Sache geäußert hätten.


    Sinnvoll diskutieren lässt sich über solche Gedankenleserei nicht.
    Ich behaupte: Du kannst keinem einzigen Menschen in den Kopf gucken, geschweige denn Millionen Menschen.


    Leider ist solche Gedankenleserei nicht politisch folgenlos: Solche Gedankenleserei war/ist Teil der Herrschaftsideologie der repräsentativen Demokratie und des Staatssozialismus. Die machtausübenden Partei- und Staatsbürokraten behaupteten von sich, ein "wissenschaftliches Wissen" von den "Interessen der Arbeiterklasse" (bzw. vom "Wohl des Volkes") zu haben. Mit diesem Machtwissen erübrigt es sich, diese Arbeiterklasse oder das Volk in irgendeiner Sache zu fragen und über irgendeine Sache selbst entscheiden zu lassen.


    Diese "höhere Einsicht" der Partei- und Staatsbürokraten in die Interessen und das Wohlergehen fremder Menschen wurde und wird ergänzt durch die Behauptung, man "kenne seine Pappenheimer", man wisse, "wie das Volk tickt und was das Volk denkt" usw. usf.
    Das alles sind Macht- und Herrschaftsinstrumente, um die Leute rechtlos zu halten, um zu verhindern, dass die Leute selbst denken, selbst reden und selbst entscheiden können.

  • Erstmal, Wal: Ich habe keine Macht und will keine. Dass die Meinungen der vielen unbekannt sind, ihnen untereinander so wie mir (das ist wohl das einzige, was wirklich feststeht), bespreche ich - in vielleicht schrilleren Formen als andere hier - als historische Katastrophe, die nur noch dadurch überboten wird, dass es keinerlei zwanglose Einflussmöglichkeiten auf die Urteilsbildung dieser anderen, keinerlei VERSTÄNDIGUNG gibt - dass es nicht einmal im Ansatz Instrumente und Verfahren für solche Verständigung gibt, und zwar vor allem bei, IN den Einzelnen nicht, auf die bereits ich, mit meinem winzigen sozialen Erfahrungsschatz (ist der soviel kleiner als der der andern hier?), stosse. Sie sind kaum drauf vorbereitet (und ich leider nur schlecht).


    Ich rede nicht mit DEN Lohnabhängigen, ich rede mit euch. Was ich einwende bezüglich der Verwendung von "Kapitalismus" als "System"-Kategorie, ist einzuwenden von allen, die diesen Einwand ricihtig finden, an allen Orten, wo diese Verwendung auftritt. Diese Verallgemeinerkeit und zugleich (hoffentlich) Relevanz von Einwänden ist die einzige Hoffnung, die ich für eine "horizontale" und nichtautoritäre Ausbreitung unter "Gleichgestellten" (im SoziologenJargon: peers) von Gesprächsbeiträgen Einzelner haben kann, die Antworten anderer kommen dann vielleicht irgendwoher an mich zurück. In sich verständigte Gruppen können jedes Mitglied egal wohin schicken, es wird für die andern mitsprechen können in dem Sinn, dass es den gemeinsamen Wissens- und Erkenntnisstand vortragen, und die Einwände anderer repräsentativ für die andern entgegennehmen kann. Ich sehe das Marx-Forum auch als eine solche winzige "repräsentative" Konsens-Bildungs-Zelle an; sie ist darin nicht so winzig, als das Denken der hier schreibenden Einzelpersonen und ihr Horizont auch ein MASS für das abgibt, was IRGENDWER da draussen kann, der doch darin unseresgleichen ist, dass er grundsätzlich gleiche menschliche Bewältigunugsfähigkeit (und Grenzen der Aufmerksamkeit) wie wir aufweist. Das ist die einzige Kopfguckerei, die ich mir gestatte.


    Das Laster aber, das du mir da vorwirfst, Wal, ist in gewisser Weise eher deins: Ich denke im traum nicht daran, mich zur "Arbeiterklasse" ins Verhältnis zu setzen oder ihr soziologisch nachzuforschen (über Methodik DIESER "Guckerei" ein andresMal..). Mir genügt, und ich denke: uns allen hier muss genügen, dies langsame "horizontale" Ausbreiten von Gründen und Gegengründen, hin und her, wo der jedesmalige Gesprächspartner genommen wird als Repräsentant zumindest aller mit DIESER Meinung. (ine ganz andere Form der "Repräsentativität" als die Merkmalsklassifikation, die der "Befragten-Stichprobe" zugrundeliegt.. Frommer Wunsch, amit man überhaupt zu ergebnissen kommt, und unfromme Voraussetzung. "Merkmal" determiniert Meinung, "Merkmal" definiert auch "relevante Teiil-Gruppe", somit hab ich die Gruppenmeinung in der Tasche bzw Tabelle.. Was ist DAS denn erst für ne Guckerei, Wal?)
    Genau darum wird hier, und sehr zurecht, jeder Einzelbeiträger sehr ernstgenommen: was ER denkt, gilt womöglich so ähnlich für 100000 andere seiner Art, Wenn ich IHM schon nicht antworten kann, dann auch den andern nicht.
    Wo, Wal, ist da zumindest bei mir die Arroganz, die du allgemein vorwirfst?

  • Warum nicht? Ist es so abwegig, was ich sage?
    ABER... es gibt ja noch andre hier ausser mir,ich steh dem ja nicht im weg, dass jemand sich mit den Daten von Wal auseinandersetzt.

  • Warum nicht? Ist es so abwegig, was ich sage?.


    Hallo Franziska,
    was soll es bringen, wenn ich Werturteile über deine Argumente abgeben soll? Allgemein gesagt, schätze ich deine Beiträge sehr, aber das führt uns der Sache in diesem Thema nicht näher.
    Für dieses Thema sind mehrere Anläufe gescheitert. Das muss erst mal reichen.


    Genau darum wird hier, und sehr zurecht, jeder Einzelbeiträger sehr ernstgenommen: was ER denkt, gilt womöglich so ähnlich für 100000 andere seiner Art,


    Ja, und wir diskutieren hier als Individuen.
    Und Nein, die Individuen, die hier diskutieren, repräsentieren nicht 100.000 Andere. Es wäre verkehrt, wenn ein Diskussionsbeiträger das von sich denkt, und es wäre verkehrt, wenn wir das von anderen Diskussionsbeiträger denken würden
    Hier spricht jeder nur für sich. Das nur nebenbei.


    Gruß Wal

  • ... das mit dem Einzelbeitrag will ich noch richtigstellen. Ich sage ja nicht, dass es die Gruppe DIESER Meinungsträger gibt, nur dass alles, das an guten Gründen hier für oder gegen etwas verhandelt wird, ebensoo gut ist an andern Orten, wo dieselbe Debatte sich wiederhol. Und... dass sehr wohl auf die Weise Argumente, Begriffe, Gedanken sich unter Gleichgestellten, die miteinander im Gespräch snid, eben "horizontal", verbreiten können - ohne dass irgendwo ein autoritäres Gefälle zu unterstellen ist.
    An dieser Stelle ist ein sehr erhebliches und für Kommunismus-Aufbau gewichtiges Problem versteckt:
    Wie erfährt eigentlich das Einzelmitglied einer sich zwangfrei selbst verwaltenden Gesellschaft von den Meinungen der andern?
    (Oh - da behaupte ich ja beinah sowas wie: Dieses dein Problem mit mir oder den Meinungsumfragern ist die Konnkretisierung dieses allgemeineren Problems - es ist ein repräsentativer Einzelfall...)
    Und da sage ich: Auf keinem andern Weg als so, wie ich es beschreibe - durch die Gesprächszusammenhänge, in denen Einzelne mit andern Einzelnen sprechen, und die Meinung aller, die mit den da jeweils Redenden verständigt sind, MIT aussprechen - weil man sich einfach mit guten Gründen auf diese Einschätzung verständigt hat.
    Unter Verständigten kann jeder für alle andern sprechen, sagt jeder das, was die andern auch sagen würden.
    Darum ist Verständigung so wichtig.
    Und... sie fängt unter solchen wie denen, die hier schreiben an.
    Und... das Mass, in dem sie tatsächlich Verständigung unter sich erreichen, ist auch eine Probe darauf, wie weit andere kommen können.
    Denk nicht, der Punkt wäre unerheblich. es ist, wie ich meine, ein SCHLÜSSELTHEMA.


    Aber ich wollte ja hier keinen Brückenbau erzwingen... drum sag ich erstmal nicht mehr.


  • Hallo franziska,


    gibt es nach der Verständigung dann einen Beschluß, daß ich bei der Verständigung bleiben muß?


    Wurden bei der Verständigung schon alle Aspekte angesprochen, auch die, von denen ich noch nicht wußte. Auch Ansichten zu Einzelaspekten können sich ändern.
    Wie meine Erfahrungen, wie ich zu den jeweiligen Schlußfolgerungen kam und zu zukünftigen komme, nicht nur sehr verschieden von den Deinen sind, auch immer sein werden. Unser Ausgangspunkt ist schon ein anderer.
    Und in Gesprächen mit weiteren Einzelnen kommen viele weitere hinzu, die das eine oder andere der bisher Verständigten in Frage stellen kann, vielleicht sogar muß.


    Es gibt keine Einigkeit im Denken, eine im Handeln schon, aber immer wieder neu darauf/ darüber verständigt.


    Btw. Wichtig ist, daß wir zueinander finden, da sind wir einig. Es wäre nun nett, wenn Du akzeptieren könntest, wo die Grenze des 'Theoretisierens' (für mich) überschritten wird.
    Ich bin kein genormter Meter Regal, der zur DIN 'paßt'...


    Laß das jetzt hier geschriebene doch bitte einfach mal eine kurze Weile in Dir 'nachklingen', bevor Du hierauf antwortest. Danke Dir ;-)


    Liebe Grüße - Wat.

  • Erstmal, Wat: Ich verwende das Wort "Verständigung" so, dass es einen objektiven ZUSTAND bezeichnet, der besteht oder nicht besteht, aber nicht durch Beschluss fixiert oder durch Massnahmen erzwungen werden könnte. Er beruht auf freier Einsichtsbildung derer, zwischen denen dieser Zustand besteht - soweit er besteht. Er ist also jederzeit revidierbar. Vor allem muss er, angesichts neu gemachter Erfahrungen, immer wieder hergestellt werden: nur so wird gemeinsam gelernt, und das auf womöglich gesellschaftlicher Stufenleiter - ohne theoretisierende Autoritäten, die schon mal für die andern stellvertretend denken und vorausgehen.


    Es gibt dabei einen wichtigen Gesichtspunkt. Es gibt fundamentale Übereinstimmung und Verständigung darüber, und darauf aufbauende Fragestellungen, wo man vielleichit noch im unklaren ist, weder mit sich noch mit andern aus gutem Grund einig. Dieser Aufbau der gemeinsamen Erfahrungsverarbeitung auch grosser Gruppen begründet es, warum sie nicht gleich bei Alltagsdifferenzen und Unklarheiten auseinanderfliegen. Man muss halt wissen, wo das Fundament liegt. Man muss es wirklich sorgfältig geklärt haben. Und: Man muss damit rechnen, sich selbst dort geirrt zu haben.


    Das Ungute, das sich hier im thread entwickelt, das (vielleicht) Sich-Mundtot-Gemacht- und Überrollt-Fühlen, berührt, glaube ich, jene Ebene, von der ich neulich so geheimnistuerisch gesprochen habe. Auf dieser Ebene ist (von mir) zuzugeben, dass es sehr verständliche (Aufmerksamkeits- und Verarbeitungs-) Grenzen für den Nachvollzug fremder Gedankengänge und Redeschwälle gibt.

  • Noch einmal kurz gefaßt und ich habe bisher keinen Grund diese Ansicht zu ändern, auch wenn es Dir nicht klar genug herüberkam...


    @franziska


    Auch Verständigte können nicht für einander sprechen!!!


    Btw. Egal wie herum ich es drehe: Für mich hat keiner zu sprechen. Für mich soll keiner sprechen. Nein, für mich darf auch keiner sprechen!
    Ich werde es schon darum auch für andere nicht tun.
    Klitzekleine Ausnahme: Ein einzelner Aspekt wurde zb. unter uns Administratoren und Moderatoren beraten und 'beschlossen'. Dann spreche ich im Auftrag, und nur wenn ich den auch genauso (inkl. 'verständigten' Wortlaut) habe, für das Moderatorenteam.
    Ansonsten bin ich auch hier immer ICH mit MEINER Meinung und erwarte von allen anderen, daß sie das, was mich betrifft, genauso handhaben.
    (Sonst würde sogar ich mal ganz schnell fies eklig)


    Liebe Grüße - Wat.

  • In dem, was die, die "ebensogut wie ich" irgendwo hin gehen können und das von uns, der in sich verständigten Gruppe, soweit sie verständigt ist, gemeinsam Gewusste, Eingeschätzte, und gleich Begründete dort vortragen - in dem also kommt das Wort "ich" oder "wir" nicht vor, jedenfalls nicht im Sinne eines Beschlusses: Sondern allenfalls im Sinne einer "Konsequenz": Das und das war der Fall, es ist für dasunddas zu halten, daraus ergibt sich vernünftigerweise, dass man (jeder an unserer Stelle) dasunddas jetzt als nächstes versucht. Oder... seht ihr (denen das jetzt vorgetragen wird) anders?
    Und, ja, in DEM Sinn ist es auch nie nötig, und wird nie vorkommen, dass jemand für dich spricht, da, wo wirklich nur du es tun kannst. (Das klingt ja nun schon so tautologisch, dass, wie soll ich sagen, schon banale Logik, und nicht erst Moral,
    verhindert, dass es dazu kommt...:) )

  • Ich bin mir vielleicht sogar mit 16 - 17 Millionen ehemaligen Bewohnern der DDR einig, daß es so nicht weitergehen konnte.
    Unsere Schlußfolgerungen und Konsequenzen unterscheiden sich da trotzdem ziemlich sicher erheblich von einander.
    Laß gut sein @franziska, über diese Brücke kann ich nicht gehen.
    ... ich möchte aber 'Frieden' mit Dir ;-)

  • Mit denen bist du ja auch nicht verständigt.
    Das war aber vorausgesetzt.
    Und Friede? - sowieso!


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