Arbeitswertlehre

  • Hallo Leute, Hallo Buchenberg,
    ich habe mir gestern den Beitrag "Ab heute, 8. Juli...."angeschaut. Da ich seit längere Zeit bezüglich der dabei
    zugrunde gelegte Mehrwerttheorie von Marx ein Paar Fragen habe, worauf ich selbst keine befriedigende
    Antwort finden könnte, dachte ich mir, nutze einfach die Gelegenheit hier und stelle die Fragen in dieser Forum!
    Nach Marx' Auffassung setzt sich der Tauschwert (W) jeder Ware zusammen aus:
    (1) Dem konstanten Kapital c (=Abschreibungen an Anlagen) , (2) dem variablen Kapital v sowie (3) dem

    ausschließlich durch Arbeitseinsatz geschaffene Mehrwert m. Es gelten dann folgende Relationen:
    Der Wert des Gutes W = c + v + m., Mehrwertrate m'=m*v und das Profitrate (p') =m / (c + v). Der Mehrwert
    resultiert aus dem Unterschied zwischen Tauschwert und Gebrauchswert der Arbeitskraft.Tauschwert, die
    sich an die Reproduktionskosten der Arbeitskraft orientiert, ist niedriger als deren Gebrauchswert. Hierdurch
    kommt zu Mehrarbeit und Schaffung der Mehrwert durch die Arbeitskraft.Meine Frage lautet nun:
    1. wenn der Mehrwert ausschließlich durch Arbeitskraft produziert wird, warum nehmen denn die Investitionen in c
    (Maschinen, neue Technologien, neue Organisationsformen ...) eher zu? Müsste nicht eher umgekehrt sein?
    2. Die Einführung einer neuen Technologie oder Organisationsform kann die Produktivität steigern und zusätzliche
    Erträge erwirtschaften, ohne dass die Arbeiter eine höhere Belastung ausgesetzt sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass
    die Arbeit sogar erleichtert wird. Unter diesen Umstand, wie kann der Mehrwert nur den Arbeiter verschuldet sein?

    Besten Dank im Voraus

    Reypoo ?(


  • Hallo Reypoor,
    Deine Fragen sind nicht so ganz einfach zu beantworten. Hier ein erster Versuch:


    1) Natürlich vergrößert das konstante Kapital (Maschinerie, Rohstoffe etc.) den Gesamtwert der Produktion. Nehmen wir an, ein Goldschmied fertigt einen Ring aus 10g Silber und dann denselben Ring aus 10g Gold. In beiden Ringen steckt die gleiche Arbeit. Dennoch ist der Goldring um soviel teurer als 10g Gold teurer sind als 10g Silber. (Vom höheren Schmelzpunkt und der höheren Energiezufuhr bei der Herstellung einmal abgesehen.) Ja, konstantes Kapital vergrößert den Gesamtwert. Aber in dem Gesamtwert der fertigen Produktion steckt nicht mehr konstantes Kapital als zu Beginn der Produktion für diese Produktion bereitlag.


    2) Wenn ein Kapitalist eine Maschine für 1 Million Euro kauft, dann berechnet er, wie viele Einzelprodukte er mithilfe dieser Maschine herstellen kann. Kann er mithilfe dieser Maschine 1 Million Einzelprodukte herstellen, dann enthält jedes Produkt 1 Euro Maschinenwert oder Maschinenkosten. Hat dieser Kapitalist 500.000 Produkte mithilfe dieser Maschine hergestellt, dann ist die Maschine auch nur noch 500.000 Euro wert. Im Gebrauch verliert die Maschine ihren Wert, aber sie überträgt ihren Wert anteilig auf die Produkte, die mithilfe der Maschine hergestellt werden. Dieser Wertverlust der Maschine heißt „Abschreibung“.


    3) Bis hierher rechnet Marx nicht anders als alle Kapitalisten oder unser heutiges Finanzamt. Nun zu deiner Frage, wie ein Kapitalist höheren oder mehr Profit macht, der eine modernere Maschine anschafft.
    Die Antwort von Marx ist dazu folgendermaßen:
    Der Wert einer Produktionsmenge bestimmt sich nicht nach den individuellen Produktionsbedingungen, sondern nach den durchschnittlichen Produktionsbedingungen. Angenommen die durchschnittlichen Produktionsbedingungen produzieren mit einer Kapitalzusammensetzung von 80% konstantes Kapital (Maschinen, Rohstoffe, Energie etc.) und 20% Lohnkosten (variables Kapital). Darauf schlagen die Kapitalisten den Durchschnittsprofit von meinetwegen 10%. Das ergibt einen Warenwert von 80c + 20v + 10m = 110.
    Nehmen wir weiter an, ein Kapitalist habe eine modernere Anlage als die Konkurrenz. Diese Anlage ist in der Anschaffung teurer, aber spart 50 Prozent der Arbeitskraft ein.
    Dieser Kapitalist produziert zum Beispiel mit dieser Kapitalzusammensetzung:
    85c + 10v. Die Werte, die mit dieser Kapitalzusammensetzung produziert werden, sind aber vom Durchschnitt bestimmt und betragen 110.
    Der modernere Kapitalist erhält folgende Rechnung: 85c + 10v + 15m = 110.
    Der modernere Kapitalist macht einen höheren Mehrwert als der Durchschnitt, weil er mit höherer Arbeitsproduktivität als der Durchschnitt produziert.
    (In der rauen Wirklichkeit wird dieser Kapitalist aber auf einen Teil seines Extraprofits verzichten, um seine Waren billiger zu verkaufen. Selbst dann macht er noch einen Extraprofit von 3, wenn er zum Beispiel seine Waren zu 108 verkauft (85c + 10v + 13m = 108). Diesen Sachverhalt nennt Marx Extraprofit und das lässt sich hier im Karl-Marx-Forum nachlesen.
    Deshalb der Anschein, als verschaffe die Maschinerie höheren Mehrwert. Dieser Anschein verschwindet jedoch, wenn sich die modernere Produktionstechnik allgemein durchgesetzt hat und auch die Konkurrenz mit dieser Kapitalzusammensetzung 85c + 10v produziert. Dann entfällt auf alle diese Kapitalien auch nur der Durchschnittsprofit von 10% auf das vorgeschossene Kapital 95 c+v = 9,5 m. Es ergibt sich ein Warenwert von 85c + 10v + 9,5 m = 104,5. Der Warenwert ist gesunken und der Konkurrenzvorteil den moderne Maschinerie verschafft, ist verschwunden.
    Erst mal soweit.


    Die letzte Frage, ob moderne Maschinen notwendig auch eine höhere Belastung für die Lohnarbeiter bedeuten, kann man einfach beantworten: Nicht notwendig. Ja, es kann sogar die Arbeit erleichtert werden. Aber immer führt die modernere Maschinerie dazu, dass Arbeiter entlassen werden und die Arbeitslosigkeit steigt.


    Gruß Wal

  • Hallo Wal
    danke zunächst für deine Antwort und beigefügten Link zu Marx. Alles, was du geschrieben hast scheint mir richtig zu sein,
    geht aber leider am Kern meine Frage vorbei. Ich versuche meine Frage so neu zu Formulieren:
    Ein Kapitalist produziert mit einer Technologie X seine Ware und erzielt dabei die marktübliche durchschnittliche Profitrate von 10%.
    Er führt nun die neue Technologie Y ein, was ihm einen höheren Gewinn im Vergleich zu Konkurrenten beschert. Er hat nun aufgrund seiner
    technologischen Vorsprung eine höhere Profitrate von 15%. Die Konkurrenten aber immer noch 10%. Die Belastung durch die Arbeit
    ist in beiden Fällen gleich.(Dass durch die allmählichen Übernahme der neuen Technologie die Vorsprünge und damit auch die Profitraten
    angeglichen werden, ist ja evident). Die Frage ist nun, wem steht diese 5% zu? Im kapitalistischen System ist die Antwort eindeutig:
    Der Anteil wird von dem angeeignet, der die neue Technologie angeschafft hat, also dem Kapitalisten. Wenn wir aber die Arbeit als
    Quelle der Wertschöpfung anerkennen, dann ist dies keine befriedigende Antwort. Steht der Anteil (5%) den Arbeitern zu? Sie leisten aber
    (annahmegemäß) nicht mehr als vorher und im Vergleich zu den Arbeitern, welche bei Konkurrenten (immer noch mit der alten Technologie)
    arbeiten! Die Arbeitsbelastung ist also konstant geblieben. Wie ist diese Verteilungsfrage zu beantworten?
    Beste Grüße


  • Hallo reypoor,
    deine Frage kommt für mich ziemlich überraschend. Und ich glaube, es gibt auf diese Frage etliche mögliche Antworten.
    Ich versuche mal nur die Antwort zu geben, die (möglichst) nahe an dem liegt, was Karl Marx zu deiner Frage antworten könnte.


    1) der Lohn, "der den Lohnarbeitern zusteht", ist der Lohn, der ihnen die gesellschaftlich übliche Reproduktion erlaubt. (Davon gibt es bei einzelnen Lohnarbeitergruppen Abweichungen nach oben wie nach unten, aber die sollen uns erst einmal nicht interessieren.)


    2)Was die Arbeiter über ihren üblichen Reproduktionsbedarf hinaus produzieren, gehört im Kapitalismus von Rechts wegen dem Kapitalisten. (Dass der industrielle Kapitalist diesen Mehrwert noch mit dem Banker, Kaufmann, Grundbesitzer etc. teilen muss, soll uns hier nicht interessieren). Genauer gesagt:
    Dem Kapitalisten gehört das gesamte Arbeitsprodukt, das die Lohnarbeiter erarbeiten. Tatsächlich hat die Größe des Arbeitsprodukts und die Höhe des Lohns nichts direkt miteinander zu tun. Der Lohn entspricht den Reproduktionskosten der Lohnarbeiter und der Lohn bezahlt quasi 24 Stunden Leben des Lohnarbeiters.


    Aber es ist natürlich klar, dass der Kapitalist, indem er Lohn zahlt, einen Teil des Arbeitsprodukts an die Lohnarbeiter zurückgibt. Und der Kapitalist interessiert sich natürlich vor allem für den Teil des Arbeitsprodukts, der ihm am Ende übrig bleibt (=Profit bzw. Mehrwert). Wenn wir vom Wert des verbrauchten konstanten Kapitals absehen, das im Wert des Produkts nur wiedererscheint, so interessiert den Kapitalisten "nur die Differenz zwischen dem Preis der Arbeitskraft (= Lohn) und dem Wert, den ihre Anwendung schafft.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 564.
    Die Differenz zwischen Lohn und Mehrwert spielt eine so große Rolle in der Auseinandersetzung zwischen Lohnarbeit und Kapital, dass der Kapitalist diesen Mehrwert nur als bloßen Aufschlag auf den Lohn sieht. Genauso kann sich der Lohnarbeiter einbilden, dass seine gesamte Arbeit bezahlt ist, und sein Lohn die Bezahlung für 8 Stunden Arbeit ist. Wäre mit dem Lohn die Arbeit von 8 Stunden bezahlt, dann würde kein Gewinn/Mehrwert für den Kapitalisten bleiben.
    Der Lohn bezahlt nicht die 8 Stunden Arbeit am Tag. Den Gebrauch der Arbeitskraft während dieser 8 Stunden gehört ganz dem Kapitalisten.
    "Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschossene Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware Arbeitskraft erhalten hat, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer." K. Marx, Kapital I, MEW 23, 610f.
    Siehe dazu im Karl-Marx-Lexikon: Lohn.


    3) Nun erhalten wir durch die Anschaffung neuer Technologie eine veränderte Situation: Wir setzen voraus, dass die Arbeitsbelastung dadurch nicht steigt.
    Ich hatte im vorigen Posting gezeigt, dass ein Kapitalist durch höhere Arbeitsproduktivität einen Extraprofit macht. Häufig senkt dann der Kapitalist seine Verkaufspreise und macht immer noch einen (geringeren) Extraprofit. Er kann auch noch die Löhne seiner Lohnarbeiter anheben, zum Beispiel um qualifiziertere, fleißigere Lohnarbeiter auf dem Arbeitsmarkt anzulocken. Selbst dann kann dieser Kapitalist noch einen Extraprofit machen.
    Aber keineswegs ist der Kapitalist verpflichtet, den Lohn zu erhöhen, wenn sich die Verausgabung von Arbeitskraft nicht erhöht hat.
    Prinzipiell ist der Lohn nicht von der Verausgabung der Arbeitskraft abhängig. Was der Kapitalist kauft ist die übliche, normale Verausgabung von Arbeitskraft. Eine Intensivierung der Arbeit müsste Lohnerhöhungen nach sich ziehen, wenn sie das Durchschnittsmaß überschreitet. Das ist hier nicht der Fall.
    Deine Frage rührt daher, dass du den Lohn in einen direkten Zusammenhang mit der Arbeitsleistung bringen willst. Laut Marx hat aber die Höhe des Lohns nichts mit der Menge der geleisteten Arbeit zu tun. Der Lohn bezahlt nicht die Arbeitsleistung, auch wenn das so scheint.


    4) Resümee:
    Die Höhe des Lohns ist bestimmt durch die Reproduktions- und Ausbildungskosten des Arbeiters. Was der Arbeiter in seiner Arbeitszeit an Werten schafft, gehört insgesamt und ohne Ausnahme dem Kapitalisten, der den Gebrauch der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit gekauft hat. Diese beide Größen: Wert der Arbeitskraft (=Lohn) und Wert des Arbeitsprodukts haben nichts miteinander zu tun - außer dass der Kapitalist erwartet, dass der Wert des Arbeitsprodukts den Wert des vorgeschossenen Kapitals (c +v) übersteigt. Andernfalls würde der Kapitalist den Arbeiter nicht einstellen. Falls sich der Wert des Arbeitsprodukts irgendwie ändert (c wird kleiner oder größer/ m wird kleiner oder größer), geht das die Lohnarbeiter nicht an, und das kann keine Auswirkungen auf die Höhe des Lohns haben,


    meint Wal

  • Verzeihung, wenn ich mich einmische... ich dachte, der Hinweis auf die beiden Begriffe in der Überschirft könnte vielleicht weiterhelfen.
    Es ist nämlich im Szneario mit der neuen Technologie ein Schritt nicht so genau benannt - was IST denn der Effekt dieser Einführung?
    Die Lohnkost oder Arbeitszeit, in der der Arbeiter tatsächlich für seine Lebensmittel arbeitet, bleibt gleich, stellt sich aber pro Arbeitstag in einem grösseren Produkt dar - der Anteil für Lohnkost bzw notwendigen Arbeit pro Einheit des Produkts sinkt. Andererseits bleibt der WERT des Produkts erstmal noch derselbe, es sei denn, der betreffende Kpitalist senkt ein bisschen den Preis und macht (mit einer gegenüber dem Ausgangszustand immer noch verbesserten Profitrate) dasselbe auf erweiterter Stufenleiter. Beide Bewegungen kommen mit einem oder auch mehreren Akteuren gleichzeitig vor, so sinkt ja dann auch der Wert - es wird einfach Durchschnitt und üblich, mit dieser neuen Technologie zu produzieren. Wurde schon erklärt.
    In den Überlegungen zur Steigerung von relativem und absoluten Mehrwert hat Marx beschrieben, was Kapitalisten sich so alles einfallen lassen können, um das Argument "aber dein Lebensunterhalt ist doch gesichert" für die Senkung der Stück-Lohnkosten (und auch Steigerung des Durchsatzes, des Produktionsausstosses pro Zeit, heisst heute Flexibilisierung) zu nutzen. Wals Hinweis, das eine habe nichts mit dem andern zu tun, ist also bereits Wiedergabe der Kapitalisten-Position im Hin und her um Lohn und wer wieviel warum (nicht) verdient.
    Die Kapitalisten sind Grossgrundbesitzern in vorkapitalistischen Zeiten zu vergleichen: Sie haben schlicht das wichtigste Produktionsmittel, im Fall moderner Gesellschaften ist das die Industrie, in der Hand, und können die unmittelbaren Produzenten zu allem möglichen erpressen. Vor allem dazu, sich das Argument mit dem Lebensunterhalt (der vielleicht immer noch grösser ist als beim Leiharbeitskollegen, oder gar HartzIV-ler, also halt still) gefallen zu lassen. Und das geht solang wie bei Grossgrundbesitzern, bloss dass man die Industrie halt nicht mehr so gut in Selbstversorgungseinheiten stückeln kann, und die Arbeiter, wenn sie diesen Apparat übernehmen, irgendwie zu gemeinsamer Planung kommen müssen. Oder, sie lassen sich weiter erpressen.
    Anmerkung 1: Auch im Kommunismus wäre neue Technologie mit Arbeitsmehrprodukt zu erstellen gewesen (und, nebenbei, vielleicht noch anderen Überschüssen, denn in einer nicht mehr GANZ früh-industriellen Produktionsumgebung sind auch Produktionsfaktoren nicht gleichzeitig für alles zu verwenden, müssen Innovationen mit Überschüssen, nicht nur an Arbeitskraft, produziert werden (wenn der Betrieb weiterlaufen soll) (es sei denn, die Produktionsfaktoren werden neu angeordnet, aber das geschieht meist mit neuen Ingredienzien, die eben zusätzlich hergestellt werden müssen).
    Anmerkung 2: Den Profit als Lohn für Innovation anzusehen, setzt die Eigentumsverteilung voraus: So mancher hätte vielleicht so manche innovative Idee, man muss aber Eigentümer sein, um die Chance zu haben, sie auszuprobieren. Für Klassengesellschaft gibts einfach kein gutes Argument. Ausser... dass die Lohnabhängigen derzeit einfach nicht genug dagegen haben.

  • franziska wrote:

    Anmerkung 1: Auch im Kommunismus wäre neue Technologie mit Arbeitsmehrprodukt zu erstellen gewesen (und, nebenbei, vielleicht noch anderen Überschüssen, denn in einer nicht mehr GANZ früh-industriellen Produktionsumgebung sind auch Produktionsfaktoren nicht gleichzeitig für alles zu verwenden, müssen Innovationen mit Überschüssen, nicht nur an Arbeitskraft, produziert werden (wenn der Betrieb weiterlaufen soll) (es sei denn, die Produktionsfaktoren werden neu angeordnet, aber das geschieht meist mit neuen Ingredienzien, die ben zusätzlich hergestellt werden müssen).


    Hallo franziska,


    wenn Du unter "Arbeitsmehrprodukt" nichts anderes verstehst als ich, will ich diesen Kommunismus nicht ;-)


    Btw. Ich verstehe darunter keine Reserve- oder Notanlage, ich verstehe darunter, so wie Du das schreibst, etwas im Wertsinn - und hätte in 'meinem Kommunismus' nichts aber auch gar nichts verloren.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Nein Wat, Mehrprodukt ist da was geplantes und im Konsens aller (bzw derer die mitmachen wollen) Erarbeitetes. Ausser Reserve und Notrücklage gibts ja vielleicht auch noch den Wunsch, da und dort was Neues auszuprobieren und, wenns gut ist, allen zugänglich zu machen. Dafür brauchts auch Reserven. Das geht beim Forschen und Experimentieren schon los. Mehrprodukt ist, was die Leute in ihrer "disposable time" (und, ich wiederhols nochmal, mit ihren ebenso "disposable means": frei verfügbare Zeit UND Mittel) über das für Aufrechterhaltung des aktuellen Status quo (seiner "einfachen Reproduktion") Nötige hinaus machen. Einige oder viele mit Zustimmunhg der andern - wie auch immer. Das hat nichts mit Zwang zu tun, aber mit Konsens schon, sobald die gemeinsamen Überschüsse (Reserven usw) genutzt werden.

  • Nein Wat, Mehrprodukt ist da was geplantes und im Konsens aller (bzw derer die mitmachen wollen) Erarbeitetes. Ausser Reserve und Notrücklage gibts ja vielleicht auch noch den Wunsch, da und dort was Neues auszuprobieren und, wenns gut ist, allen zugänglich zu machen. Dafür brauchts auch Reserven. ... Mehrprodukt ist, was die Leute in ihrer "disposable time" (und, ich wiederhols nochmal, mit ihren ebenso "disposable means": frei verfügbare Zeit UND Mittel) über das für Aufrechterhaltung des aktuellen Status quo (seiner "einfachen Reproduktion")


    Hallo Franziska,
    das Obige ist nur dein privater Sprachgebrauch. Bei Karl Marx liest sich das anders:
    „Das Mehrprodukt (sollte eigentlich heißen der Mehrwert), das übrig bleibt, nachdem die Arbeiterklasse ihren Anteil von ihrer eigenen jährlichen Produktion erhalten hat, bildet die Substanz, von der die Kapitalistenklasse lebt.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 419.
    „Die zweite Periode des Arbeitsprozesses, die der Arbeiter über die Grenzen der notwendigen Arbeit hinaus rackert, kostet ihm zwar Arbeit, Verausgabung von Arbeitskraft, bildet aber keinen Wert für ihn. Sie bildet Mehrwert, der den Kapitalisten mit allem Reiz einer Schöpfung aus Nichts anlacht. Diesen Teil des Arbeitstags nenne ich Surplusarbeitszeit (Mehrarbeitszeit) und die in ihr verausgabte Arbeit: Mehrarbeit ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 231.
    „Das Kapital hat die Mehrarbeit nicht erfunden. Überall, wo ein Teil der Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, muss der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung notwendigen Arbeitszeit überschüssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel für den Eigner der Produktionsmittel zu produzieren ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 249.


    Im Kommunismus verschwindet die Mehrarbeit. Gesellschaftliche Reserve- und Akkumulationsfonds sind im Kommunismus Teil der notwendigen Arbeit.
    „Die Beseitigung der kapitalistischen Produktionsform erlaubt, den Arbeitstag auf die notwendige Arbeit zu beschränken. Jedoch würde letztere, unter sonst gleich bleibenden Umständen, ihren Raum ausdehnen. Einerseits weil die Lebensbedingungen des Arbeiters reicher und seine Lebensansprüche größer. Andererseits würde ein Teil der jetzigen Mehrarbeit zur notwendigen Arbeit zählen, nämlich die zur Erzielung eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 552.


    Gruß Wal

  • Quote

    Deine Frage rührt daher, dass du den Lohn in einen direkten Zusammenhang mit der Arbeitsleistung bringen willst. Laut Marx hat aber die Höhe des Lohns nichts mit der Menge der geleisteten Arbeit zu tun. Der Lohn bezahlt nicht die Arbeitsleistung, auch wenn das so scheint.

    Hallo Leute
    ich danke euch alle für eure Beiträge. Der oben zitierte Satz tangiert sehr stark meine Frage.Ich möchte in der Tat einen direkten Zusammenhang zwischen Lohn und Arbeitsleistung herstellen bzw. diesen Aufdecken. Dass dieser Zusammenhang in einem kapitalistischen System nur mangelhaft existiert und der Lohn sich grundsätzlich nach Reproduktionskosten der Arbeitskraft richtet, ist, so denke ich, allen Diskussionsteilnehmer bekannt. Im Hinblick auf meine Frage bzgl. der Zuordnung des Extraprofits bei der Einführung der neuen Technologie oder aber auch im Mehrwert im Normalfall bedeutet dies, wie kann der "richtige Entgelt" identifiziert werden und als Richtschnur für die Überwindung der ausbeuterischen Verhältnissen dienen ?( ?

  • NOCH weniger als mit der geleisteten Arbeit (Intensität, Dauer) hat der Lohn irgendwas ökonomisch Zwingendes mit der Arbeitsproduktivität zu tun. Die wird durch die neue Technologie gesteigert, vielleicht auch noch der Verbrauch an allem möglichen andern gesenkt, also sinken di Stücklohn- und sonstigen -Kosten des Technologie-Einführers. Fängt er nicht an, seinen Vorteil irgendwie zur Gewinnung grösserer Marktanteile zu nutzen, merkt bei gegebnen Marktpreisen für die betreffende Warensorte niemand was davon ausser der internen Buchhaltung. Was er aus seinem Vorteil macht, ist völlig offen, er kanns auch als Preissenkungsspielraum für Nachfrage-Einbrüche nutzen.
    Und wenn jetzt die Arbeitsintensität aber gestiegen ist? Was ist dann gerecht?
    Antwort: Alles, was die Arbeiter sich gefallen lassen.
    Und die Analyse reicht doch, die besagt: Ihre notwendige Arbeit bei heutigem Arbeits-Produktivitätsniveau (was das für eine Produktivität ist, die ständig Natur, Ressourcen und Leute zerstört, steht auf einem andern Blatt) sinkt und sinkt - sie machen sich selber überflüssig, und konkurrieren um die verbleibenden "Arbeitsplätze" als hohes Gut - das Arbeits-Mehrprodukt ist grösser denn je, soviel steht als Tendenzaussage fest, und die Kapitalisten dürfen es sich komplett aneignen, weil sie die Produktionsmittel besitzen. Noch Fragen, reypoor? (Das ist nicht patzig gemeint, sondern die theoretische Behauptung, dass das (spätestens wnen jemand die Begriffe verstanden hat) eigentlich alles ist, was man wissen muss, und auch wissen kann. Und... dass es für eine "Kritik" völlig ausreicht. Oder wo sind die Lücken?)

  • Quote

    „Die Beseitigung der kapitalistischen Produktionsform erlaubt, den Arbeitstag auf die notwendige Arbeit zu beschränken. Jedoch würde letztere, unter sonst gleich bleibenden Umständen, ihren Raum ausdehnen. Einerseits weil die Lebensbedingungen des Arbeiters reicher und seine Lebensansprüche größer. Andererseits würde ein Teil der jetzigen Mehrarbeit zur notwendigen Arbeit zählen, nämlich die zur Erzielung eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 552.

    Vielen Dank Wal. Diese Sätze sind Richtungsweisend! Ich wusste leider nicht, dass Marx sich so deutlich über die Sache geäußert hatte. Nun kann ich meine Diskussion näher an Marx'sche Terminologie fortsetzen. Meine Frage kann dementsprechend so formuliert werden: Ein Teil von dem, was Marx als von den Arbeitern geschaffenen, aber durch den Kapitalisten angeeigneten Mehrwert bezeichnet, ist nicht das, was der Gesellschaft als ganzes "zur Erzielung eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" zusteht (und nicht nur den Arbeitern)? Darüberhinaus schließt nicht die "gesellschaftliche Reserve- und Akkumulationsfonds" auch die Natur und Kultur (samt Wissenschaft und Technologie, etc.) als integralen Systemelemente jeglicher Vergesellschaftung ein? und Schließlich, wenn die Antwort auf die Fragen positiv ausfällt, sollte nicht der Anteil der "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" von Anfang an in die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise einbezogen werden?
    Gruß

  • Ich wusste leider nicht, dass Marx sich so deutlich über die Sache geäußert hatte. Nun kann ich meine Diskussion näher an Marx'sche Terminologie fortsetzen. Meine Frage kann dementsprechend so formuliert werden: Ein Teil von dem, was Marx als von den Arbeitern geschaffenen, aber durch den Kapitalisten angeeigneten Mehrwert bezeichnet, ist nicht das, was der Gesellschaft als ganzes "zur Erzielung eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" zusteht (und nicht nur den Arbeitern)? Darüberhinaus schließt nicht die "gesellschaftliche Reserve- und Akkumulationsfonds" auch die Natur und Kultur (samt Wissenschaft und Technologie, etc.) als integralen Systemelemente jeglicher Vergesellschaftung ein? und Schließlich, wenn die Antwort auf die Fragen positiv ausfällt, sollte nicht der Anteil der "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" von Anfang an in die Analyse der kapitalistischen Produktionsweise einbezogen werden?
    Gruß


    Hallo reypoor,
    ja das sind interessante Fragen. Der Kapitalist kümmert sich ja nur um seinen individuellen Akkumulationsfonds. Wie der entsteht und wächst, darüber gibt es bei Marx detaillierte Untersuchungen. Über die Staatstätigkeit hatte Marx ja wenig untersucht, weil damals die Staatstätigkeit wenig entwickelt war.
    Soweit also der Staat Grundlagenforschung etc. unterstützt, kann man das als "gesellschaftlichen Akkumulationsfonds" sehen, der natürlich unmittelbar den Kapitalisten zugute kommt
    Im Kern wird es sich bei staatlichen Subventionen um einen "gesamtkapitalistischen Reserve- und Akkumulationsfonds" handeln, aber das eine oder andere "Abfallprodukt" fällt wohl auch für andere Klassen an.
    Aber das ist jetzt ohne lange Überlegung mal so dahin gesagt. :)
    Gruß Wal

  • Hallo Leute
    ich danke euch alle für eure Beiträge. Der oben zitierte Satz tangiert sehr stark meine Frage. Ich möchte in der Tat einen direkten Zusammenhang zwischen Lohn und Arbeitsleistung herstellen bzw. diesen Aufdecken. Dass dieser Zusammenhang in einem kapitalistischen System nur mangelhaft existiert und der Lohn sich grundsätzlich nach Reproduktionskosten der Arbeitskraft richtet, ist, so denke ich, allen Diskussionsteilnehmer bekannt. Im Hinblick auf meine Frage bzgl. der Zuordnung des Extraprofits bei der Einführung der neuen Technologie oder aber auch im Mehrwert im Normalfall bedeutet dies, wie kann der "richtige Entgelt" identifiziert werden und als Richtschnur für die Überwindung der ausbeuterischen Verhältnissen dienen?(?


    Hallo reypoor,
    sich um Verbesserungen der Lage (einschließlich des Lohns) der Lohnarbeiter zu kümmern, ist sicherlich unterstützenswert.
    Dir wird aber auch nicht entgangen sein, dass wir hier darüber diskutieren, wie und warum die Lohnarbeit ganz abzuschaffen sei.
    Wir hier sind daher quasi nicht qualifiziert genug, dir bei deiner Suche nach gerechterem Lohn zu helfen. :)


    Gruß Wal

  • Hallo Wal,
    1. Deine "Zitat von Frazisca" in deinem Schreiben an sie ist nicht von ihr, sondern von mir!
    2. Es ist mir klar, dass die Teilnehmer hier für die Abschaffung der Lohnarbeit eintreten.
    3. Wenn meine Überlegungen zur "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" zutreffen,
    dann eignet sich das kapitalistische System nicht nur Mehrwert an, sondern Transformiert auf diesen Wege
    auch die allgemeine Güter der Natur und Kultur zu Privateigentum der Kapitalisten! Oder?

  • Hallo Wal,
    1. Deine "Zitat von Frazisca" in deinem Schreiben an sie ist nicht von ihr, sondern von mir!


    Hallo reypoor,


    Ich habe den Beitrag von Wal dementsprechend korrigiert. Der Link unter der Zitat-Angabe führte trotz falscher Ansprache zu Deinem Post.


    Liebe Grüße - Wat.

  • .. ist doch, ob die Mehrarbeit über das zum Erhalt des Status quo hinaus Nötige (sie mag dann im Kommunismus heissen wie auch immer) hinsichtlich ihres Wieviel und Wofür von denen, die sie leisten ohne Zwang selbst geplant und freiwillig geleistet wird - oder ob in beiden Hinsichten erzwungen. An der Hässlichkeit des Zwangs kommt man nicht vorbei, selbst wenn sich die herrschenden "Eliten" ständig drauf berufen, wieviel Neues da schon alles für die Menschheit erfunden wurde, wie billig es dann immer wieder wird, wieviel Allgemeinwohl-Dienliches mit den erzielten Überschüssen angestellt werden kann: Die Kosten der Produzenten werden dazu nicht ins Verjältnis gesetzt (nichtmal von ihnen selber, derzeit), geschweige denn, dass sie je hätten über dies Verhältnis selber befinden dürfen. Und... wie Wat sehr richtig angemerkt hat: Solang sie nichtmal dürfen, werden sie nicht lernen es zu können. Die Frage, inwiefern sie es können WOLLEN, ist dann ind er Tat eine ganz andre.


    Ich möchte an der Stelle noch etwas anmerken, reypoor. Es hat für mich stark den Anschein, als würdest du nach weiteren Argumenten für eine De-Legitimierung des Kapitalismus suchen. Was ich hier bringe, klingt auch stark danach. Bei mir ist es aber garnicht "(de)legitimatorisch" gemeint, also nicht moralisch. Ich halte die Trennung der Leute in Verantwortliche, meist ja Verantwortliche für irgendeinen mehr oder weniger winzigen Teil-Aspekt des grossen bürgerlichen Getriebes, und Passiv-Unzuständige, über die verfügt wird, vor allem für extrem riskant und daher schädlich. Kapitalistische Geellschaften lernen zu langsam, dafü´r drehen sie ein viel zu grosses Rad, dessen Lauf sie kaum vorhersehen oder beherrschen. An anderen Stellen in diesem Forum diskutieren wir über die Thesen in die Richtung, dass Kapitalismus schlicht unfähig ist, ökologisch zu sein. Wie auch immer - das ist die Richtung, in die meine Kritik geht. Unwissen, Unmündigkeit, Ungesteuertheit, Planlosigkeit sind die schlimmen Folgen der Zwänge, die die Klassengesellschaft ihren Angehörigen allseits auferlegt. Und spätestens darum geht es mit ihr vernünftigerweise nicht weiter.

  • .. ist doch, ob die Mehrarbeit über das zum Erhalt des Status quo hinaus Nötige (sie mag dann im Kommunismus heissen wie auch immer) hinsichtlich ihres Wieviel und Wofür von denen, die sie leisten ohne Zwang selbst geplant und freiwillig geleistet wird - oder ob in beiden Hinsichten erzwungen. An der Hässlichkeit des Zwangs kommt man nicht vorbei, selbst wenn sich die herrschenden "Eliten" ständig drauf berufen, wieviel Neues da schon alles für die Menschheit erfunden wurde, wie billig es dann immer wieder wird, wieviel Allgemeinwohl-Dienliches mit den erzielten Überschüssen angestellt werden kann: Die Kosten der Produzenten werden dazu nicht ins Verjältnis gesetzt (nichtmal von ihnen selber, derzeit), geschweige denn, dass sie je hätten über dies Verhältnis selber befinden dürfen. Und... wie Wat sehr richtig angemerkt hat: Solang sie nichtmal dürfen, werden sie nicht lernen es zu können. Die Frage, inwiefern sie es können WOLLEN, ist dann ind er Tat eine ganz andre.


    Hallo franziska,


    Status quo gibt es im Leben nicht. Nirgends, niemals und bei niemandem.
    Es bewegt sich immer, die Frage ist einzig: Von wem, durch wen, wer bewegt (sich)...


    Die Hässlichkeit des Zwangs läßt sich schon darum nicht umgehen, weil wir Lebewesen sind und gezwungen sind, für unseren 'Erhalt' (Reproduktion) zu tun/ zu arbeiten.
    Hier wieder nur die Frage: Wer für wen.
    (Dadurch unterscheiden sich letztendlich die Gesellschaftsordnungen.)


    Ja, da bin ich Krümelkacker hoch zehn, wenn das Wort "Mehrarbeit" oder "Mehrprodukt" fällt, mache ich dicht. Denn, wenn ich die leiste, arbeite ich für den Erhalt einer herrschenden Klasse. (einer herrschenden Minderheit!!!)


    Das ist also kein Lapsus, den ich mal einfach übergehen könnte - das mache ich vorübergehend im 'Straßengespräch' - aber hier im Forum (noch dazu Marx-Forum) stehe ich da sofort auf der Matte ;-)


    Außerdem... wenn Wat. anmerkt "so lange sie nicht mal dürfen", muß ich eben noch schnell sagen:
    Emanzipation hat nichts mit Erlaubnis bekommen; dafür mit es einfach so machen, es sich holen (wollen), zu tun.


    Gerade weil sie/wir hier nicht dürfen, ist 'wenigstens sicher gestellt', daß sie/wir nichts machen (müssen), was sie/wir noch gar nicht wollen. :thumbsup:


    @franziska, sieh es mir bitte nach, habe heute wohl wirklich meinen 'krümelkackerigen'...


    Liebe Grüße - Wat.

  • Ich halte den Begriff der Mehrarbeit auch für problematisch. Schon im Kapitalismus aber erst recht in einer vernünftigen Gesellschaft. Während hier und jetzt einfach der Lohn diktiert, was noch zum "Notwendigen" dazugehört und über die Eigentumsordnung sichergestellt ist, daß den Arbeitenden eben nur dieses Minimum zur Verfügung steht, wäre das in einer Gesellschaft in der bewußt von allen entschieden würde, was "man" denn so alles haben also herstellen will, ganz anders. Insbesondere gäbe es da kein klare Trennung zwischen dem "Notwendigen" und dem darüber hinaus gehenden "Luxus". Wie immer mein Standardbeispiel dafür: Wohnen, was da notwendig ist und was buchstäblich darüber hinaus geht, ist ein weites Feld. Von WBS 70-Wohnungen bis zur klassischen Altbauwohnung mit "großzügigem" Grundriß und dementsprechender Deckenhöhe oder zu einer der heutigen angeblichen Luxus-Eigentumswohnungen, die - wenn man genau hinschaut -einfach nur teuer aber alles andere als luxuriös sind, gäbe es da viel. Noch schwieriger wird es, wenn die eine Gruppe "dies" will und die anderen "das". Gebrauchswerte sind ja nicht kommensurabel, da kann man schlecht sagen, in welche Kategorie da etwas gehört. Das hat ja auch was mit dem moralischen und kulturellen Aspekten zu tun, von denen schon Marx bei der abhandlung des Wertes des Ware Arbeitskraft im Kapitalismus geschrieben hatte.
    Oder andere Frage: Wäre Schweinefleisch schon Luxus, weil es auch vegan ginge?

  • "Mehrprodukt", "Mehrarbeit" könnte man mit Ausbeutung in Zusammenhang bringen, dann aber auch das von Marx selbst verwendete Wort "Akkumulationsfonds".
    Letzteres trifft eigentlich, was ich meine: Innovation, Forschung, Entwicklung. Mit "Luxus" hat das nichts zu tun, es ist auch nicht wirklich Gegenbegriff zu "notwendig" (von Marx wurde es gleich mit unter diesen Titel gebucht), drum hatte ich aus Verlegenheit den Ausdruck "Status quo" bzw. dessen "einfache Reproduktion" gewählt. Im Zweifel sind das Namen für zwei Abteilungen des (gemeinsam für "notwendig" erachteten) kollektiven Plan-Budgets.


    @Wat: ...sind eigentlich keine Kinkerlitz-Krümel-Themen, die du da ansprichst...
    Was stabil reproduktive Verhältnisse (Status quo) anlangt, kann man sich fragen, ob man sowas nicht auch mal anstreben sollte. Und... ob Reproduktion von der Natur erzwungen erscheint, hängt wesentlich davon ab, wie gut und bedürfnisorientiert man diese Reproduktion einrichtet. Kann sein, dass man dann "auf bedürfnis-orientierte Weise das zur Bedürfnis-Befriedigung Nötige erzeugt". Das wär doch mal was.
    Und darum schlag ich ja auch ständig vor, sich beim Nachdenken über kommunistisches Planen das Produzieren daraufhin anzuschauen, ob es vielleicht "bedürfnis-gerechter" ablaufen könnte als heutzutage. Vielleicht so, dass man es dann nicht mehr auf-Teufel-komm-raus beschleunigen und verkürzen will, um danach endlich wahrhaft freie Zeit zu haben. Ist nur leidvolle Arbeit produktiv, ist Produktives immer entfremdend, anstrengend, möglichst zu vermeiden und zu reduzieren?


    PS (2.Bearbeitung): Beim Wiederlesen seh ich grad, dass man missverstehen konnte, welchen "zwang" ich meine: Natürlich die Erpressung der Arbeiter, sich Lohn-Stückkostensenkungen aller Art gefallen zu lassen. Danach sollen sie sich dann über alle möglichen positiven Folgen freuen, die das um 100000 Ecken rum für irgendwen hat, oder darüber, dass es so schrecklich "effizient" ist. Sind aber nie gefragt worden, was davon sie eigentlich wollen...



  • @Wat: ...sind eigentlich keine Kinkerlitz-Krümel-Themen, die du da ansprichst...
    Und darum schlag ich ja auch ständig vor, ...


    ... und ich wiederhole mich auch gern:


    Wenn die Menschen, die selbst verbrauchen wollen auch selbst produzieren (wollen, müssen, dürfen), dann produzieren sie bedürfnisorientiert nach ihren Bedürfnissen.


    Nach wessen bitte denn sonst^^ sorry.

  • ... aber erstens produzieren sie, soweit arbeitsteilig, auch für andre bzw für einander, zweitens produzieren sie auch MITeinander (und können da unterschiedliche Vorstellungen haben), drittens, es gibt auch selbstauferlegte Zwänge.
    Und viertens, ich mache bloss Vorschläge, keine Vorschriften.
    Das Problem erledigt sich auch aus meiner Sicht insofern von selbst, als sich bloss solche Leute zusammentun werden, die gemeinsame Vorstellungen haben, wie sie miteinander füreinander produzieren. Andre machen sich nicht auf den Weg. Ich teile ja bekanntlich nicht die Erwartung, dass sie sich massenhaft für Kommunismus entscheiden oder da reingetrieben werden, und sich dann fragen müssen, wie sie den nun aufziehen.

  • Das Problem erledigt sich auch aus meiner Sicht insofern von selbst, als sich bloss solche Leute zusammentun werden, die gemeinsame Vorstellungen haben, wie sie miteinander füreinander produzieren. Andre machen sich nicht auf den Weg.


    Hallo Franziska,
    Ja, dein Konzept (Kommunismus für wenige) basiert auf Selbstbestimmung der Leute und ist deshalb emanzipatorisch. Aber auch deine kommunistische Insel ist ja mindestens auf die Duldung aller anderen angewiesen. Im Krieg mit der Restgesellschaft könnte deine Kommune nicht überleben.
    In meinem Konzept gibt es viele unterschiedliche Kommunen nebeneinander. Da können sich die Leute mehr oder minder ihre Lebensform aussuchen. Es wird dann Raucherkommunen, Veganerkommunen oder Motorradfahrerkommunen geben können. Das ist dann das große Experimentierfeld, wo sich herausstellt, welche der selbstbestimmten Lebensform nachhaltig ist.


    Gruß Wal

  • ... sondern eine (begründungsbedürftige) PROGNOSE. Was ich gern hätte, spielt dabei keine Rolle, insofern ists auch nicht "meins" oder "deins".
    Die Prognose auf längere Frist sieht allerdings anders aus: Die vielen KLein-Kommunen, die da höchst prekär gestartet sind, werden sich zusammenschliessen, und auf je angemessen höherer Stufenleiter produzieren können; und das wird auf Dauer für immer mehr Leute an sich schon immer attraktiver, erst recht aber, wenn gezielt und stufenweise die Kommunen ihren Standpunkt den je ihnen Nächststehenden unter denen, die nicht mitmachen, vermitteln (vorstellen, bei Interesse begründen usw - nicht aufdrängen).
    Veganer- und Raucherkommunen können sich meinetwegen entwickeln soviele wie sie wollen, die Zentralfragen bleiben da leider erstmal ungeklrt: Wie produzieren wir gemeinsam unsern Lebensunterhalt? Vegan und Rauchen, das sind Konsumenten-Clubs... Wenns ums Produzieren geht, haperts offenbar mit dem Zusammenschliessen...

  • ... Wie produzieren wir gemeinsam unsern Lebensunterhalt? Vegan und Rauchen, das sind Konsumenten-Clubs... Wenns ums Produzieren geht, haperts offenbar mit dem Zusammenschliessen...


    Hallo Franziska,
    Diese Gegenüberstellung sehe ich nicht. Was wir in einer nachkapitalistische Gesellschaft konsumieren WOLLEN, das MÜSSEN wir produzieren.
    Das sind nicht zwei Entscheidungen, sondern nur eine.
    Umgekehrt: Wir können nur das konsumieren, was wir produziert haben. Das Produktionsergebnis stellt sowohl die Richtigkeit unseres Wollens wie unseres Tuns auf die Probe. :thumbsup:
    Gruß Wal

  • .. denn ich denk ständig von der Frage aus, wie wir in eine nach-kapitalistische Gesellschaft reinkommen (und NICHT in "Kommunismus für wenige", bittesehr! "Kommunismus DER Wenigen" ist bedauerlicherweise ein Zwischenstadium, weil mehr Leute, wie mir scheint, nicht mitmachen werden, aber doch nicht der Zweck!)


    Während deine Voraussetzung zu sein scheint, dass man da irgendwie reingerät, und sich dann fragen muss, wie man mit der Situation zurechtkommt. Und das in dann doch sehr grossen Gruppen. Du weisst ja, Wal, dass ich immer wieder die Frage stelle, wie das gehen kann - relativ schnell, relativ plötzlich, sodass sich da grössere Teile der Bevölkerung mit dieser Fragestellung wiederfinden. Erdrutschartige (naja, langsamere tätens auf mittlere Fristen auch) Überzeugungswechsel bei diesen Bevölkerungsteilen? Solche, von denen die Allensbacher Demoskopin erste Vorzeichen registriert? Politökonomische, grundstürzende Krisen-Erdbeben? Kann man mir da nicht ein paar Stichworte geben?
    Umgekehrt: das, wovon ich immer rede, der langsame Aufbau mit kleinen zusammenwachsenden Gruppen, die gemeinsam immer grössere Anteile ihrer Gesamtreproduktion mit eigenen Mitteln bestreiten und das beherrschen lernen, ist Konsequenz der Einschätzung, dass nur solche Leute (die das jetzt wollen) sich auf kurze und mittlere Frist (dh nächsten 10-20 Jahre) auf den Weg machen werden, die aber schon. (Ich gehör ja selbst zu solchen.) Dass diese Leute nicht nur ihresgleichen anziehen, sondern auch ihnen Nahestehende zu ihrer Position bringen können. Dass das Hauptfeld der Differenz zu andern bzw der internen Übereinstimmung die Art der alltäglichen Lebenseinrichtung (darin Produktion und Konsumtion zusammengeschlossen) ist. Das ist, zugegeben, etwas speziell.
    Drum frag ich immer wieder nach den Sznearien der Andern... Was seht ihr, was ich (offenbar) nicht sehe?
    (Hier nochmal: Die Leute, die sich auf kommunistische Perspektiven einlassen, wollen wissen, wie es gehen soll - warum dies eine Alternative ist, die funktionieren kann. Drum fragen sie: Wie? Ausser marxistischen Linken kenn ich niemand, der da ZWEI Schritte sieht - niemand, der den Eindruck hat, dass da erstmal ein gigantisches Hindernis weggeräumt werden muss. Die "Normalmenschen", die ich über Kommunismus räsonnieren höre, reden immer nur so: Könnten wir machen (ist im Prinzip, aus dem Stand heraus (ohne "Abschaffung") möglich, aber wie richten wir uns dann ein? Warum sollten wir es WOLLEN? Den Kapitalismus nehmen wir doch bloss inkauf, weil uns alles andre NOCH schlimmer erscheint. Ich kenn niemand, der Kapitalismus nicht bespricht als Ergebnis einer WAHL, die jederzeit revidierbar wäre. Nicht als Schicksal, oder Verhängnis. Und die Klage, dass man nichts machen könne, bezieht sich nicht auf die Übermacht der Mächtigen, sondern darauf, dass die andern um einen herum immer so ganz andere Auffassungen haben und andres wollen. Und man nichts gemeinsames (nichtmal in Teilpunkten, geschweige denn in so prinzipiellen Fragen) findet, für das genug Leute einstehen.

  • Hallo Franziska,
    in deinem letzten Beitrag steckt Vieles, was ich unterstütze, Vieles, was ich gerne noch klären möchte, Vieles, was wir noch zusammen diskutieren können.
    Ja, ich bin durchaus der Meinung, dass Leute, die es wollen und können, heute schon anfangen sollen mit dem Kommunismus. Davon kann ich lernen, davon können andere lernen, die sich nicht anzufangen getrauen, davon können die Leute lernen, die schon angefangen haben.
    Die andere Frage: Wie kommen alle anderen zum Kommunismus, diese Diskussion dauert vielleicht noch Jahre - gerne auch hier im Karl-Marx-Forum. :)
    Gruß Wal

  • Hallo Leute,
    ich würde gerne meine Diskussion fortsetzen. Ich hoffe ihr habt noch Lust!


    Was meint ihr,
    1. Von Wem und wie soll die Höhe der für die "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit" bzw. Mittel bestimmt werden?
    2. Nehmen wir an, verfügen die Menschen in einer (kommunistischen) Gesellschaft annähernd über das gleiche Einkommen. Sie haben aber unterschiedlichen Zeitpräferenzen hinsichtlich ihren Konsumausgaben. D. h. einige möchte ihr Einkommen nicht sofort, sondern in Zukunft ausgeben. Somit bilden sich Ersparnisse, die natürlich denen zur Verfügung gestellt werden könnten, die sofort mehr konsumieren möchten. Entsteht hier nicht wieder ein Geldmarkt mit dem durch das Angebot und Nachfrage induzierten Zinssatz?
    3. Ist dieser Zinssatz legitim? Denn im Unterschied zum "ursprünglichen Akkumulation" im Frühkapitalismus durch auf die Arbeitslöhne zurückgehenden Ersparnisse erwirtschaftet werden?
    4. Wenn die Antwort positiv ausfällt, wie soll die Dynamik einer Neukapitalisierung verhindert werden?
    Grüße

  • Hallo reypoor,


    bevor wir 'weitermachen', gestatte ich mir aus meiner Sicht zu sagen, daß Kommunismus/Sozialismus und Einkommen (wie zb. Geld oder andere Verrechnungseinheiten) nicht zusammen passen.
    Wenn die, die produzieren auch die sind, die verbrauchen, braucht es da kein Geld oä.
    Nur wenn sie nicht selbst bestimmen, was sie selbst verbrauchen wollen und darum(!) das auch (gemeinsam) produzieren, benötigten wir weiter dieses 'Vehikel', das ist dann aber im Marx'schen Sinne kein Sozialismus/Kommunismus...


    Liebe Grüße - Wat.


    (Ich schreib Dir das nur schnell, daß wir da nicht aneinander vorbei reden)

  • Hallo Wat,
    das Einkommen kann monetär sein, muss aber nicht. D. h. das Einkommen bzw. Ersparnisse können aus Sachen bestehen, die wir zum Konsum produziert haben,
    aber aus welchem Grund auch immer, einige in der Gemeinschaft ihren Konsum in die Zukunft hinaus schieben wollen (=Angebot) und einige
    möchte jetzt doch mehr konsumieren (=Nachfrage).
    Grüße


  • das Einkommen kann monetär sein, muss aber nicht. D. h. das Einkommen bzw. Ersparnisse können aus Sachen bestehen, die wir zum Konsum produziert haben, aber aus welchem Grund auch immer, einige in der Gemeinschaft ihren Konsum in die Zukunft hinaus schieben wollen (=Angebot) und einige möchte jetzt doch mehr konsumieren (=Nachfrage).
    Grüße


    Hallo reypoor


    Noch einmal: Wenn es in dieser Gemeinschaft Geld oä. braucht, um Konsumentscheidungen zu treffen, reden wir nicht von einer sozialistischen/ kommunistischen Gemeinschaft.


    Reden wir von einer sozialistischen/ kommunistischen Gemeinschaft, haben sich die Gemeinschaftsmitglieder schon vorab darauf geeinigt, daß sie es erst später, wenn das Konsumieren auch gewollt ist, produzieren werden.


    Stelle es Dir bitte so vor, daß es da keine abstrakte Arbeit mehr gibt, es gibt nur noch die konkrete.


    Es wird geguckt, was (von allen einzelnen) verbraucht werden möchte und dann wird (gemeinsam) geguckt und (gemeinsam) entschieden, was jetzt (gemeinsam) produziert wird/ produziert werden kann.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Liebe Wat,
    damit wir uns besser verstehen und schneller zu Kern der Frage kommen, formuliere ich meine Fragen neu: 1. Von Wem und wie soll die Höhe der für die "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit" bzw. Mittel bestimmt werden?
    2. Nehmen wir an, dass die Menschen in einer (kommunistischen) Gesellschaft entschieden haben von der Ware X die Menge M produzieren und konsumieren. Bis der Produktionsprozess abgeschlossen ist, ändern sich die Zeitpräferenzen. D. h. einige möchte ihr einen bestimmten Teil von ihren Ware nicht sofort, sondern in Zukunft konsumieren. Somit bilden sich Ersparnisse, die natürlich denen zur Verfügung gestellt werden könnten, die sofort mehr konsumieren möchten. Entsteht hier nicht wieder ein Markt mit dem durch das Angebot und Nachfrage induzierten Zins (bspw in Form von Ware?
    3. Ist dieser Zinssatz legitim? Denn im Unterschied zum "ursprünglichen Akkumulation" im Frühkapitalismus durch auf die Arbeit zurückgehenden Ersparnisse erwirtschaftet werden?
    4. Wenn die Antwort positiv ausfällt, wie soll die Dynamik einer Neukapitalisierung verhindert werden?
    Grüße

  • 1. Von Wem und wie soll die Höhe der für die "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit" bzw. Mittel bestimmt werden?


    Von allen gemeinsam selbst.
    Es müssen ja auch alle gemeinsam selbst dafür arbeiten (bereit sein)



    2. Nehmen wir an, dass die Menschen in einer (kommunistischen) Gesellschaft entschieden haben von der Ware X die Menge M produzieren und konsumieren. Bis der Produktionsprozess abgeschlossen ist, ändern sich die Zeitpräferenzen. D. h. einige möchte ihr einen bestimmten Teil von ihren Ware nicht sofort, sondern in Zukunft konsumieren. Somit bilden sich Ersparnisse, die natürlich denen zur Verfügung gestellt werden könnten, die sofort mehr konsumieren möchten. Entsteht hier nicht wieder ein Markt mit dem durch das Angebot und Nachfrage induzierten Zins (bspw in Form von Ware?


    1 - Waren gibt es dann nicht mehr oder wir sind nicht im Sozialismus/Kommunismus.
    2 - Dann können es die andere vorher bekommen.
    3 - Angenommen, einer hat sich ein Auto bestellt, alle dafür gearbeitet und nun braucht er es noch nicht... Wie soll da ein Markt entstehen, er müßte es ja an einen verkaufen können, der es jetzt ohne Anmeldung bzw. Bestellung sofort haben will? Warum sollte dieser bezahlen, wenn doch eindeutig ist, daß der andere es nicht braucht, warum sollte er etwas bezahlen, was er selbst mit hergestellt hat und vor allem womit?



    3. Ist dieser Zinssatz legitim? Denn im Unterschied zum "ursprünglichen Akkumulation" im Frühkapitalismus durch auf die Arbeit zurückgehenden Ersparnisse erwirtschaftet werden?


    Es ist überhaupt kein Zinssatz legitim. Wofür und warum. Verabschiede Dich bitte von allem Marktdenken, wenn es Sozialismus/Kommunismus geben können soll.
    (Wenn es den nicht geben können soll, sprich und denke weiter über Zinsen nach, aber dann ist alles legitim, was Dir die Erpressung durch die Verwertung mit privatem Eigentum ermöglicht)



    4. Wenn die Antwort positiv ausfällt, wie soll die Dynamik einer Neukapitalisierung verhindert werden?


    Die Antwort war nicht positiv - trotzdem - Neukapitalisierung ist verhindert, wenn es kein Privates Eigentum am Produktionsmitteln gibt und außerdem (besonders wichtig) keine Wertproduktion mehr gibt.


    Das hat niemand anders so 'vereinbart' als die Übergroße Mehrheit der Menschen, die in dieser Gemeinschaft leben. Entscheiden bzw. Handeln sie so, daß der s.g. Markt wieder Einzug halten kann - dann tragen sie halt auch die Konsequenzen dieser Entscheidung.


    Es `paßt' da niemand extra auf - wozu - sie machen gemeinsam, was sie für richtig halten, korrigieren das, wenn sie möchten und können oder eben nicht - die Konsequenzen tragen sie in jedem Fall und lernen ggf. daraus.
    ... Das ganze nennt sich Emanzipation und bis die geschafft ist, ist es halt ein Emanzipationsprozeß mit Höhen und Tiefen, Mißerfolgen und Erfolgen.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Liebe Wat,
    du verzeihst mir, aber ich glaube du denkst sehr utopisch, ja vielleicht sogar illusorisch. Anders ausgedrückt, es ist nicht eindeutig, wie in deinem Konzept die Allokationsprobleme gelöst werden sollen. Die Mehrheit kann ja nicht über die Konsumtion und Produktion von tausenden, hundert tausenden, ... Güter und ihre Komponenten entscheiden. und Falls es doch irgendwie so verfahren werden sollte, weißt du was für ein Mammut-Verwaltungsapparat geschaffen werden muss? welche nach und nach die Autonomie der Menschen berauben kann. Darüber hinaus was ist dann mit der Minderheit, die nicht mit Konsum- und Produktionsentscheidung einverstanden ist? bzw. anders leben wollen? Die Frage der Lebensführung und -Gestaltung hat mit dem Wertesystem jedes Menschen zu tun und kann/darf nicht von der Mehrheit diktiert werden. Auch dann, wenn die Minderheit anfänglich die Mehrheitsentscheidungen hinnimmt, irgendwann wird sie aber sie nicht mehr mittragen und ihr eigenes Leben führen wollen. Man braucht also andere Institutionen für die Lösung der Interessenkonflikte. Sonst wird zunächst zu einer Diktatur der Mehrheit kommen, die sich aber dann allmählich von der Gesellschaft abtrennt und zu einer bürokratischen Diktatur pervertiert. Ich muss zugestehen, dass dein Konzept sehr liebenswürdig ist, würde aber, so glaube ich, nur in kleinen Gemeinden von Gleichgesinnten funktionieren können; für die große stark differenzierten, arbeitsteiligen und sehr heterogenen Gesellschaften, deren Mitglieder sehr unterschiedlichen Weltanschauungen haben, ist das das Konzept weniger geeignet.
    Grüße

  • Wir reden hier nicht über Liebenswürdigkeiten, sondern Überlebensfragen. Die Überlebensfrage lautet: Schaffen wir es, eine auf permanente Wissenserweiterung (allerdings: in welche Richtung?) ausgerichtete Produktionsweise gesellschaftlich so zu orgnaisieren, dass die Abstimmung der "Lebensführung und -gestaltung" aller Beteiligter der Ausdifferenzierung ihres (dann gemeinsamen) Weltwissens folgen kann? Marktwirtschaft ist die Illusion, dass Wissen nicht gesellschaftlich verarbeitet werden muss (daher die unter Bedingungen von Unwissenheit und "Ungewissheit" "privat" und ohne Abstimmung zu treffenden Entscheidungen), um gesellschaftlich produktiv wirksam zu sein. Eine ökologische Produktionsweise, die extrem stark eine WISSENSBASIERTE ist (Missachtung ökologischer Zusammenhänge beruht ganz allgemein auf Unwissen und verweigerter Informationsaufnahme und -verarbeitung), kann so primitiv nicht wirtschaften. Umgekehrt, die gigantischen Konflikt-Verwaltungs- und Fahrlässigkeits-Folgen-Verwaltungs-Apparate zur Korrektur der marktbesoffenen Sorglosigkeit in jeder erdenklichen Beziehung wuchern doch längt vor unsern Augen. Zur Bewältigung reichen die leider hinten und vorne nicht.
    Was die Riesen-Zahlen angeht... die hinterlassen ja auch ökologisch entsprechende Riesen-Abdrücke.
    Vielleicht ist das alles auch garnicht zu bewältigen ohne gewaltiges Schrumpfen?
    (Daran hat nicht mal der alte Malthus gedacht...)


  • ... aber ich glaube du denkst sehr utopisch, ja vielleicht sogar illusorisch. [...] Ich muss zugestehen, dass dein Konzept sehr liebenswürdig ist, würde aber, so glaube ich, nur in kleinen Gemeinden von Gleichgesinnten funktionieren können; für die große stark differenzierten, arbeitsteiligen und sehr heterogenen Gesellschaften, deren Mitglieder sehr unterschiedlichen Weltanschauungen haben, ist das das Konzept weniger geeignet.
    Grüße


    Hallo reypoor


    wenn Du nicht möchtest, daß alle Menschen selbst entscheiden können, niemand mehr über sie bestimmt, dann sag das doch einfach - Du mußt das nicht erst in 'süßen Brei' (sorry) verpacken.


    Wenn Du allerdings doch möchtest, daß all das Menschen mal selbst können und dürfen, Du selbst bezeichnest die Vorstellung ja wenigstens als "liebenwürdig" - dann laß uns gemeinsam überlegen, wir das schaffen können.


    An der X-ten Diskussionsauflage von "Jeht nich und Is' nich" habe ich kein Interesse, so wenig wie an einer Neu-Auflage von Diktatur(en) einer Minderheit.


    Nix für ungut.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Ihr Lieben,
    meine langfristige Vision ist eine Gesellschaft der vollständig Emanzipierten. Ich glaube aber der Weg dorthin ist immens wichtig, ja sogar entscheidend für das ganze Projekt!
    Dass mit den kleinen Gemeinschaften meinte ich ernst, denn ich dürfte einige Jahre in einer solchen kleinen Gemeinschaft, organisiert nach dem Motto " Jede nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" leben. Das hat auch gut funktioniert, zumindest so lange die Leute die gleiche Weltanschauung teilten. Solche Erfahrungen sind aber nicht einfach auf die große Gesellschaft übertragbar. Man muss die hierfür notwendige und geeigneten Institutionen identifizieren, sonst kann das Unternehmen sogar kontraproduktiv wirken. Meine Fragen sind also Versuche, den Weg zum erwähnten Ziel besser zu durchleuchten.
    Ich glaube daher die konzeptionelle Lösung solche Probleme, wie Allokationseffizienz, Interessenkonflikte, etc. unverzichtbar sind.
    Grüße

  • Reypoor, es freut mich natürlich, dass du dich quasi als "eine(r) von uns" outest. Und ich teile vollkommen deine Auffassung, dass der Weg in die Gesellschaft der völlig Emanzipierten konstitutiv ist dafür, dass es so eine Gesellschaft überhaupt geben kann - dh sie ist nicht auf beliebigen Wegen erreichbar, vielmehr erlegt gerade diese Anforderung, sich aus kleinen Gruppen und persönlichen Zusammenhängen heraus aufzubauen...


    (dh. immer mehr Wissen und dessen Anwendungen in Gestalt reproduktiver Lebenseinrchtungen überschauen zu lernen, dadurch zugleich immer mehr solcher Gruppen zusammenzuführen, ohne die emanzipatorischen Errungenschaften der Anfänge zu verlieren)


    ... dem Aufbau dieser Vergesellschaftungsform enorme Restriktionen auf, die die scheinbaren Möglichkeiten zu einem ganz schmalen Fortschrittspfad zusammenschrumpfen lassen - einem schmalen Pfad, wo links und rechts der Rückfall in die alten Verhältnisse droht.


    Mich wundert, reypoor, dass du das Problem erst bei der Güter-Allkation siehst, es entsteht doch schon bei der Wissensverarbeitung und der Frage, wie sie entweder gesellschaftlich stattfinden kann (in allen entscheidenden Hinsichten) - und in welchen Hinsichten sie abgetreten werden kann an Zuständige.


    Genau diese Unterscheidung nach Hinsichten - "Was geht alle an (zumindest die Prinzipien), und was braucht nicht jeder mit zu entscheiden, weil klar ist, wie jeder, der dem Prinzip zugestimmt hat, im konkreten einzelfall entscheiden wird?" - die wirkt sich auf alle andern Probleme aus, die sich aus reproduktiver Anwendung des gesellschaftlich verfügbaren (und verarbeiteten) Wissens ergeben könnten.


    Was wir bisher hier von dir zu denkbaren "institutionellen" Regelungen lesen konnten, klang für mich irgendwie nach: MIT (immerhin nicht-monetär) gedachten Markt-Mechanismen (Abtreten eigenen Konsums an die mit dem vorgezogenen Bedarf) kommen NOTWENDIG die alten Formen (Zins) zurück (naja das nimmt die Legitimation des Zinses mit aufgeschobenem Konsum (Zeitpräferenz) ein bisschen sehr ernst, oder?) - aber OHNE sie kriegt man solche Allokationsprobleme garnicht erst in den Griff: Wie sollen denn soviel Leute über soviel Güter-Klassen beschliessen uswusw
    MaW wie wollen sie einen "gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds" gemeinsam verwalten?


    Die Antwort geht, grob gesagt, in Richtung einer Hierarchie von Produktionsaufgaben: Nicht alle müssen über alle Budgets entscheiden.
    Sie müssen es dann nicht, wenn sie garnicht auf allen Ebenen dieser Hierarchie von Produktions-Entscheidungen, die andere an andern Orten treffen, abhängen.
    Das Zauberwort hierfür heisst: DEZENTRAL, oder auch: relative regionale Autarkie.
    Abgesehen von den Rückwirkungen auf Steuer- und Planbarkeit der geselslchaftlichen Produktion, spricht für diese Produktions-Strategie*) vor allem, dass diese Produktionsweise als wahrscheinlich einzige ÖKOLOGISCHEN Anforderungen genügt. Und: Sie genügt problemlos der Anforderung, die kommunistische Gesamtproduktion aus kleineren Vorstufen aufzubauen.
    *)
    (im
    Kern ist es, was man eine TECHNOLOGISCHE Strategie nennen kann, Strategie der Anordnung und
    Kombination von prinzipiell verfügbaren technischen Verfahrensoptionen
    im Raum und in reproduktiv sinnvollen Verknüpfungen untereinander


    Die Lösung der Aufgabe, eigene Ernährung einer Gruppe nachhaltig (zB ohne Zulieferung von Mineraldünger und Energie von aussen) auf dem von ihr bearbeiteten Gelände sicherzustellen und obendrein möglichst alls Bau- und Renovierungsaufgaben (darum auch bauökologisch) mit dort vorfindlichen Mitteln zu bestreiten (Lehm, Ton, Holz gibts beinah überall) - die wäre schon was sehr weitgehendes. Wir könnten noch elementare Fähigkeiten der Holz- und Metallbearbeitung hinzunehmen, und entweder handwerks- oder manufakturmässige Herstellung einfacher Apparate. Wenn das gelingt, wären wir schon mal recht weit. Die weitergehenden Fragestellugnen ergeben sich aus der Grösse freier Kapazitäten, die solch eine lokal konzentrierte Gruppe von Gruppen nutzen kann, um eine nächst-höhere Ebene mit zentralen Versorgunugs- und Reparaturbetrieben zu betreten.Usw


  • Hallo Ihr Lieben,
    meine langfristige Vision ist eine Gesellschaft der vollständig Emanzipierten. Ich glaube aber der Weg dorthin ist immens wichtig, ja sogar entscheidend für das ganze Projekt!
    Dass mit den kleinen Gemeinschaften meinte ich ernst, denn ich dürfte einige Jahre in einer solchen kleinen Gemeinschaft, organisiert nach dem Motto " Jede nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" leben. Das hat auch gut funktioniert, zumindest so lange die Leute die gleiche Weltanschauung teilten. Solche Erfahrungen sind aber nicht einfach auf die große Gesellschaft übertragbar. Man muss die hierfür notwendige und geeigneten Institutionen identifizieren, sonst kann das Unternehmen sogar kontraproduktiv wirken. Meine Fragen sind also Versuche, den Weg zum erwähnten Ziel besser zu durchleuchten.
    Ich glaube daher die konzeptionelle Lösung solche Probleme, wie Allokationseffizienz, Interessenkonflikte, etc. unverzichtbar sind.
    Grüße


    Hallo reypoor


    Ja, der Weg in eine Gesellschaft der vollständig Emazipierten ist immens wichtig, sehe ich auch so. Möglicherweise gibt auch nicht nur den Weg sondern viele.


    Du hast nun schon Deine Erfahrungen gemacht, aus denen Du schlußfolgerst: So geht es nicht.
    Ich habe die meinen Erfahrungen mit Institutionen gemacht, mit dem nur einen Weg, der gangbar sein sollte, aus denen ich schlußfolgere: So geht es nicht.


    Ich hab mit meinen (vielleicht nur bescheidenen) intellektuellen Mitteln versucht zu analysieren, warum es so nicht gehen konnte und in einer (so sehe ich das) Sackgasse endete.


    Wollen wir uns darüber unterhalten?


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Wat,
    ja. Wir können uns gerne darüber unterhalten. Du kannst gerne anfangen!
    Grüße


    Hallo reypoor,


    Danke für Dein Einverständnis zu solcher Art Unterhaltung. Ich denke, über solche Erfahrungsaustausche könnten wir weiterkommen.


    Ich muß nicht anfangen, werde es aber gern tun, wenn Du das möchtest. Ich bitte Dich an dieser Stelle um etwas Geduld, ich hab' Deine Zeilen erst bei meinem letzten 'Rundgang' über das Forum vorgefunden.
    Morgen, am späteren Abend, bin ich wieder hier, muß bis dahin meiner Lohnarbeit nachgehen.


    Bis dahin - liebe Grüße - Wat.

  • Hallo reypoor,


    Wo fange ich an...


    Wie Du schon im meinem Profil gesehen hast, bin ich mit Institutionen, die den Weg in den Kommunismus/Sozialismus bereiten/ begleiten sollen, groß geworden. Hatte selbst schon in solchen gearbeitet, sowohl ehren- als auch hauptamtlich und war kurz vor der Wende auf dem Weg nach 'ganz ganz oben'.


    Es war nicht die Falschanlage der Institutionen, es waren die Institutionen überhaupt, die das ganze nicht gelingen ließen.


    Eine (egal welche) Institution übernimmt Entscheidungen, da ist schon von der Grundanlage keine Luft, daß Entscheidungen vom jemand anderem übernommen werden können.
    Sie ODER die Menschen, sie ODER ein anderer.


    Dreist würde da klausuliert, daß andere in die Entscheidungen der/die Institution(en) eingreifen können, würde dieser Spielraum letztendlich immer von der Institution vorgegeben oder sie selbst jedes Mal in Frage gestellt.
    Sei versichert, keine Institution dieser oder einer anderen Welt wird und kann das jemals zulassen.
    Eigentlich gibt es sie ja auch genau darum, daß sie eben 'bestimmte' Sachen gerade nicht zuläßt.


    Der oder die Wege in eine emanzipierte Gesellschaft führen mE ausschließlich nur über frei(willige) Entscheidungen von Menschen, die sie jederzeit auch gänzlich neu und anders fassen können müssen.
    Es fängt an damit, immer mehr Teile ihres Lebens(umfeldes) selbst in die Hand nehmen zu wollen. Daß und welche das sind, müssen sie selbst entscheiden (können), auch wenn sie wieder zurück zum 'Vorpunkt' wollen, weil sie nicht erreichen konnten, was sie sich mit einer bestimmten Entscheidung vorgestellt haben resp. erreichen wollten.


    Marktbestandteile einzubauen (Du sprachst weiter oben zb. von Zinsen und Nachfrage (alles Wert- und 'Geldkategorien')) bedarf eines staatlichen Konstruktes, das das verwaltet und bestimmt - damit bestimmen aber Institutionen und in ihnen eine (neue) herrschende MInderheit über die Menschen, die da leben.
    Keine ihrer Entscheidungen kann dann frei gefällt werden.


    Sie müßten sich dann erst von diesen, wenn auch 'neuen' Institutionen', emanzipieren!


    Dann doch besser gleich von hier aus - ohne diesen Umweg ;-)


    Liebe Grüße - Wat.
    (Soweit erst einmal, vielleicht nur ein Einstieg, aber irgendwo mußte ich ja anfangen...)

  • Hallo Wat.,
    Wenn die Institution als Handlungsregeln bzw. Handlungsrechten und -pflichten definiert werden, die an bestimmte Werte gekoppelt sind, dann dürfte praktisch unmöglich sein, eine Gesellschaft zu finden,welche auf Institutionen verzichten könnte. Und das unabhängig von ihrer normativen Orientierung. Die Institutionen schränken natürlich die Handlungsfelder der Menschen ein, aber sie sind einfach unverzichtbare Voraussetzung menschlicher Gesellschaften und Gemeinschaften. Vielleicht meinst du aber Organisation (Verwaltungseinheiten, Unternehmen, etc.), die auch manchmal als Institutionen bezeichnet werden? Die schränken die individuelle Autonomie in Labyrinth ihrer Bürokratie sehr stak ein, aber ehrlich gesagt, ich wüsste nicht, wie eine Gesellschaft auch ohne diese funktionieren könnte. Als einzige Lösung sehe ich derzeit starke demokratische Einbindung und dezentrale, lokale bzw. föderale Basisdemokratie.
    Grüße

  • Als einzige Lösung sehe ich derzeit starke demokratische Einbindung und dezentrale, lokale bzw. föderale Basisdemokratie.
    Grüße


    Hallo reypoor,


    ich muß nachfragen: Was verstehst Du unter "starker demokratischer Einbindung", wenn danach als UND kommt "dezentrale, lokale bzw. föderale Basisdemokratie?
    So wie ich da lese, wäre das sonst ein Widerspruch in sich.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Wat,
    Nein . Ich glaube nicht, dass hier einen Widerspruch vorliegt. Ich meine alle Angelegenheiten, die lokale Gegebenheiten verschuldet sind, sollen auch direkt von der betroffenen lokalen Bevölkerung geregelt werden. Die Probleme, die eine Region betreffen von der Regionbevölkerung usw. Die Angelegenheiten, die alle betreffen von der gesamten Bevölkerung. Damit könnte vielleicht die Entstehung einer übermächtigen zentralistischen Bürokratie verhindert werden.
    Grüße
    Eine Frage noch: Meinst du nicht, dass es besser wäre, für diese Diskussion eine gesonderte Dossier aufzumachen. Und hier sich nur über "Arbeitswertlehre" unterhalten?

  • Hallo reypoor, erstmal möchte ich mich entschuldigen, weil ich dich neulich in etwas überdrehter Form angegriffen habe, ich hab das anschliessend gleich gelöscht.


    In der Sache muss mein Widerspruch aber stehenbleiben. Der Konflikt, in dem du immer wieder ganz selbstverständlich Position beziehst, ist der zwischen der (erwünschten) Grösse von Gesellschaften bzw. dem Ausmass ihrer Arbeitsteilung, und den (unerwünschten) Mechanismen der Steuerung und Koordination, wo die Bedürfnisse der Einzelnen und/oder ihre Einschätzungen und Wünsche nicht mehr berücksichtigt werden können. Stattdessen gelten abstrakte und "mechanisch" (institutionell, organisatorisch, über "Medien") installierte Zielsetzungen und sich durchsetzende "Interessen", bei denen allenfalls darauf geachtet wird, dass sie (ganz gleich, ob Einzelne das nun einsehen oder nicht) "an sich" "legitim" sind (und das für die Eingeweihten einsehbar ist; das soll genügen).


    Die "Regionalisierung" und "Kommunalisierung" scheint in die Härten dieser Steuer-Mechanik etwas Milderung hineinzubringen.


    Ebenso die "Demokratisierung" der Entscheidungs-Prozeduren an den Schaltstellen des Mechanismus.


    In diesem Forum ist das schon öfter diskutiert worden, und wird zurecht immer wieder als Problem angesprochen, zuletzt von dir, reypoor. Deinen Befund hast du wohl noch nicht zurückgenommen:
    "für die großen stark differenzierten, arbeitsteiligen und sehr
    heterogenen Gesellschaften, deren Mitglieder sehr unterschiedliche
    Weltanschauungen haben, ist das Konzept weniger geeignet."

    Oben hast du gesagt:
    Lösung der Allokationsprobleme geht nicht ohne "Einkommen" (spätestens nicht-monetäres), Lösung von Interessenkonflikten nicht ohne "Institutionen". Das alles soll zwar nur noch auf dem Weg in eine Gesellschaft der vollständig Emanzipierten vorkommen, ist auf diesem Weg aber unumgänglich.


    Ich verlängere jetzt einmal deinen Ansatz, und versuche in meinen bzw deinen (zitierten) Worten zusammenzufassen, worauf er mir hinauszulaufen scheint:
    Der ad-hoc-Übergang zur gemeinsam geplanten "Allokation" und Berücksichtigung der "Interessen" aller Beteiligten gelingt nur in ganz kleinen und hochgradig homogenen Gemeinschaften gleicher "Weltanschauung".
    Derselbe Übergang in hochkomplexen, arbeitsteiligen und hoch-heterogenen modernen Gesellschaften bedarf der Stützung und quasi "Lenkung" durch ein System bzw. Abfolge geschickt konstruierter Übergangs-Institutionen (im Sinne von Handlungsregeln
    , -rechten und -pflichten), die das, was später irgendwann von den "Emanzipierten" selbstständig gemacht wird, ihnen vorerst noch abnehmen und für sie leisten bzw. ihnen als "Pflicht" auferlegen, wo sie sich widerspenstig zeigen.


    Schau, reypoor, das ist so ziemlich genau die bürgerliche Legitimation von "Institutionen" generell: "Der Mensch" an sich ist leider zu schwach, um für das Zusammenleben in so grossen Gemeinschaften gerüstet zu sein, drum braucht er diese ausgeklügelten Institutionen (aber wer macht die?), die ihm sagen, wos lang geht.
    Wenn Menschen wie du, die auf eine Gesellschaft der vollständig Emanzipierten, also selbstbestimmt und von Institutionen unabhängig sich mit Andern ihresgleichen Zusammentuenden, hinauswollen, sich das immerzu nur für sehr kleine, "weltanschaulich homogene" Gemeinschaften vorstellen können - ist das dann nicht Ausdruck dessen, dass sie, also etwa du, völlig ratlos sind, wie man diesen engen Rahmen je überschreiten könnte?
    Es sei denn...
    ... dass man den geschickt zu wählenden Institutionen und Allokationsmenchanismen auch noch zutraut, dass sie den WEG regulieren, und dafür sorgen, dass, man weiss auch nicht wie, die höchst gefährdete "Emanzipation" der Leute am Ende von selbst, aber eben unter dem Schutz der starken und weisen Institutionen gelingt, wenn sie nicht dadurch sogar herbeigeführt wird.
    Ungefähr so hat man sich im Kreis der ML-Ideologen den Sozialismus als Schutz- und Leitmechanismus gedacht, der die Mesnchen in den eigentlich erwünschten Kommunismus hinein- und hinüberwachsen lässt, oder auch hineinführt, hineindirigiert... je nachdem, wieviel Eigenleistung man ihnen dabei zutraute.


    Meine libertär-kommunistische oder kommunalistische Antwort darauf ist: Emanzipation und Vergesellschaftung von Emanzipierten ist die Eigenleistung dieser Leute, sie BESTEHT geradezu darin, ihre Ziele selbständig und aus eigener Einsicht zu bestimmen, und die Übereinstimmung mit ihresgleichen selbständig und mit eigenen Mitteln herbeizuführen. Die bisherigen Gesellschaften mögen auf Institutionen, Allokationsmechanismen, Medien vertraut haben. Die Gesellschaft der vollständig Emanzipierten, die vollständig emanzipierte Gesellschaft kann das nur sein, wenn und soweit sie sich von all dem frei gemacht hat.


    Und der Weg dahin besteht darin, eine davon freie Vergesellschaftung aufzubauen, SELBST UM DEN PREIS, dass man zwischenzeitlich erstmal nur in sehr kleinem Rahmen vergesellschaftet ist, und zur Umgebung, ohne es zu wollen, in Verhältnissen steht, die von dieser zahlenmässig weit überlegenen, im Hinblick auf das Niveau ihrer Vergesellschaftung aber weit unterlegnen Umgebung bestimmt werden. Entweder, es gelingt den kleinen Gemeinschaftem der vollständig Emanzipierten erstens, zusammenzuwachsen und DADURCH grösser zu werden, und zweitens, eigenständig das zwischen ihnen und der Restbevölkerung bestehende Gefälle abzubauen und ihre Umgebung sukzessive ebenfalls zu emanzipieren - oder dies Unternehmen ist zum Scheitern verurteilt.


    Bevor wir über solche Alternativen sprechen, sollten wir uns vielleicht einmal besser darüber klarwerden, worin die "vollständige Emanzipation" eigentlich bestünde, und wie und warum sie sich auf grössere Gruppen ausdehnen kann.
    Warum sie mit vollständigem Freiwerden von Vergesellschaftung durch Institutionen, Allokationsmechanismen, Konfliktlösungsprozeduren, Medien aller Art zusammenfällt. (Geklärt sollte somit werden, was Institutionen, Allokationsmechanismen, Konfliktlösungsprozesuren SIND und was sie leisten.)
    Schliesslich: Warum die Vermittlung dieses Verhältnisses an andre NICHT unter dem dann "uns und sie" überspannenden Dach irgendwelcher geschickter Übergangs-Institutionen usw. stattfinden kann.
    Nimm dies, reypoor, bitte erstmal als eine ernsthaft proklamierte politische Position zur Kenntnis. Du musst sie nicht teilen. Aber sie ist erheblich besser durchdacht und begründet, als du es dir offenbar gegenwärtig vorstellen kannst. Wisch sie also bitte nicht vom Tisch mit solchen Allgemeinplätzen wie: Institutionen wird es immer geben, oder der Weg in die vollständige Emanzipation muss mit geschickten Übergangs-Institutionen (Allokationsmechanismen usw) gebahnt werden. Sonst streichst du gleich zu Beginn der Diskussion die Einschätzung durch, mit der du es hier zu tun bekommst und deren Begründung ich (und vielleicht auch die andern "Kommunalisten" hier) dir gerne vortragen würde.
    -----------------------------------------------
    Jetzt noch eine Frage an dich, reypoor. Du hast Wat nicht auf gleicher Ebene geantwortet: Sie hat (wenn auch reichlich abstrakt) versucht, ihre Lebenserfahrung wiederzugeben. Aber du hast mit einer begrifflichen Überlegung (über Institutionen) geantwortet. Bist du Wat und uns nicht vielleicht noch die Erzählung von der Gruppe mit gemeinsamer Weltanschauung schuldig? Warum ist sie auseinandergegangen, woran lags, dass ihr heute nicht mehr zusammen seid?


    Ich aus meinem "kommunistischen Ausnahmezsutands-Alltag" kann berichten, dass in meinem Umfeld, und das besteht aus Leuten, die HEFTIGST um ihr Zusammenkommen als Gemeinschaft ringen, derzeit nichtmal zwei Leute dauerhaft zusammen passen. Das ist die Engstelle, durch die die Gemeisnchaftsbildung meiner Meinung nach durchmuss, wenn sie von Institutionen unabhängig werden will. Ich hab auch eine Vorstellung, woran das Nichtzusammenpassen liegt und wie Zusammenwachsen gehen könnte. Aber ich würde gern die Erzählung von reypoor lesen - es sei denn, ihr entscheidet, dass das woanders hingehört.

  • Hallo reypoor,


    Ja, diskutierten wir 'nur': "Wo wollen wir hin", wäre ein Umzug unter ein anderes Thema in einer anderen, dafür passenden Rubrik, angesagt.


    Nein, noch sind mE genau solche Dinge wie "Arbeitswertlehre" zu klären.
    Das Verständnis dieser zeigt nämlich mE sehr genau, wohin wir mit "Institutionen, etc.pp" gelangen, völlig unabhängig davon, wo wir tatsächlich hin wollen würden ;-)


    Hallo franziska,


    Danke, daß Du mit eingestiegen bist.


    Liebe Grüße - Wat.

  • Hallo Franziska,

    kein Problem und keine Sorge!. Ich habe es gar nicht gelesen: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! Trotzdem dein Verhalten finde ich korrekt und dankenswürdig.

    Hallo Wat.

    Ich nehme den Vorschlag
    an, die Diskussion über die Arbeitswertlehre fortzuführen. Und beginne sofort
    mit einem Zitat aus dem "Grundrisse". Dort heißt es:

    „In dem Maße ..., wie die große Industrie sich entwickelt, wird die Schöpfung des wirklichen
    Reichtums abhängig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit, als von der Macht der

    Agentien, die während der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden. und die selbst wieder in keinem Verhältnis

    steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die ihre Produktion kostet, sondern vielmehr
    abhängt vom allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der

    Technologie oder der Anwendung dieser Wissenschaft auf die Produktion„

    Wir wissen aber, dass im „Kapital“ präsentierte Arbeitswertlehre dieses Moment, die Rolle der
    Technologie bei der Wertschöpfung, nicht berücksichtigt und nur Arbeit als wertschöpfend erachtet.

    Was meint Ihr dazu? Wie erklärt Ihr euch diesen Unterschied?

    Grüße


  • Ich nehme den Vorschlag
    an, die Diskussion über die Arbeitswertlehre fortzuführen. Und beginne sofort mit einem Zitat aus dem "Grundrisse". Dort heißt es: „In dem Maße ..., wie die große Industrie sich entwickelt, wird die Schöpfung des wirklichen Reichtums abhängig weniger von der Arbeitszeit und dem Quantum angewandter Arbeit, als von der Macht der [/align]Agentien, die während der Arbeitszeit in Bewegung gesetzt werden. und die selbst wieder in keinem Verhältnis steht zur unmittelbaren Arbeitszeit, die ihre Produktion kostet, sondern vielmehr abhängt vom allgemeinen Stand der Wissenschaft und dem Fortschritt der Technologie oder der Anwendung dieser Wissenschaft auf die Produktion" (Karl Marx)
    Wir wissen aber, dass im „Kapital“ präsentierte Arbeitswertlehre dieses Moment, die Rolle der Technologie bei der Wertschöpfung, nicht berücksichtigt und nur Arbeit als wertschöpfend erachtet.
    Was meint Ihr dazu? Wie erklärt Ihr euch diesen Unterschied?
    Grüße


    Hallo reypoor,
    Von Wertschöpfung und kapitalistischem Reichtum ist hier gar nicht die Rede, sondern von "wirklichem Reichtum". Kapitalistische Ware bzw. kapitalistischer Wert ist nicht der "wirkliche Reichtum".


    „Je mehr die selbst geschichtlich – durch die Produktion selbst erzeugten Bedürfnisse, die gesellschaftlichen Bedürfnisse – ... als notwendig gesetzt sind, umso höher ist der wirkliche Reichtum entwickelt. Der Reichtum besteht stofflich betrachtet nur in der Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426.


    „In der Tat aber, wenn die enge bürgerliche Form abgestreift wird, was ist der Reichtum anders, als die im universellen Austausch erzeugte Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Produktivkräfte etc. der Individuen? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der so genannten Natur sowohl, wie seiner eigenen Natur? Das absolute Herausarbeiten seiner schöpferischen Anlagen, ohne andere Voraussetzung als die vorhergegangene historische Entwicklung, die diese Totalität der Einwicklung, d. h. die Entwicklung aller menschlichen Kräfte als solcher ... zum Selbstzweck macht?“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 387.


    „wahrer Reichtum ... ist Zeit, die nicht durch unmittelbar produktive Arbeit absorbiert wird, sondern zum Genuss, zur Muße, so dass sie zur freien Tätigkeit und Entwicklung Raum gibt.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 252.


    „Auf Schaffen verfügbarer Zeit beruht die ganze Entwicklung des Reichtums.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 301.


    Siehe im Karl-Marx-Lexikon "Reichtum"


    Gruß Wal


    P.S. Ich finde diese Fragestellung von dir etwas ärgerlich. Du greifst ein isoliertes Zitat von Marx auf und wendest das gegen die gesamte Kapitalismusanalyse im "Kapital" von Marx. Hast du denn nicht in den "Grundrissen" auch vor und nach diesem Zitat gelesen? Dann hätte sich nämlich deine Frage erübrigt. Oder wie bist du sonst auf dieses Zitat gestoßen? Dass du keine präzise Quellen und Seitenangabe für dein Zitat gibst, finde ich auch unpassend.

  • Dieser thread scheint darauf angelegt, seinen Gang in Mäandern zu gehen... aber gut, so werden eben viele Themen berührt und in Zusammenhänge gebracht (auch wenn dabei vielleicht manchmal die Übersicht verlorengeht)...
    Man könnte den Akzent für die Antwort an reypoor andersherum setzen, als Wal es getan hat, und drauf hinweisen: Im Zitat ist von Arbeitszeit die Rede, wo sie mit den zwischenzeitlich hochentwickelten "Agentien" zusammenwirkt, im "Kapital" berücksichtigt als "Durchschnittsbedingungen der Produktivität" in der jeweiligen Branche.
    Marx sagt dann weiter, ich übersetze es mal in eine mehr dem "Kapital" verwandte Terminologie: Der Einspareffekt durch entwickelte Technologie hinsichtlich der bei einem gegebnen Stand der Produktivität überhaupt zur einfachen Reproduktion notwendigen Gesamt-Arbeit ist insgesamt dramatisch, verglichen mit früheren Zuständen. Das heisst, da wird oder würde Arbeit (und eventuell auch andere Ressourcen) freigesetzt für andere Zwecke. Heisst einfach: "Wir alle" müssten beim gegenwärtigen Stand der Produktivität (naja, jetzt mal rein verstanden als unmittelbare Voraussetzungen zur Herstellung von etwas) nur noch vielleicht 2 -3 Stunden am Tag arbeiten, um "uns" zusammen mit der nötigen Technologie auf diesem Stand der Produktivität zu erhalten. Und hätten dann genug Zeit, um Produktivität zu entwickeln, oder uns auch mal nach den externen Nebenwirkungen dieser Sorte Produktion umzuschauen...


    Anders und "bürgerlicher" ausgedrückt: Die "Arbeitsproduktivität" in allen Produktionszweigen hat im Verlauf der Wirtschaftsentwicklung seit der industriellen Revolution enorm zugenommen.


    So, reypoor: Nun zur "Wertschöpfung". Du hattest weiter oben in diesem thread die Frage gestellt, wie man den Wunsch von möglichen "Besitzern" von Bestandteilen des gesellschaftlichen Akkumulationsfonds, die einen Zins als Belohnung für ihren aufgeschobenen Konsum haben wollen, "institutionell" behandeln soll. Daraus schliesse ich, dass du jetzt auf weitere Besitzverhältnisse zu sprechen kommen möchtest: Zum Beispiel die Belohnung der Ideengeber für Produktivitätsverbesserungen. Sie könnten ihre Idee ja auch... hm... für sich behalten?


    Oder... sagen wir: "die öffentliche Hand" als Lizenzgeber für nicht-reproduzierbare und in dem Sinn "knappe" Güter, die für die Vernutzung dieser Güter, je mehr man sich dem Ende der vorhandenen Reserven nähert, "angemessene" Abzüge von durch die Nutzung möglichen Überschüssen festsetzt. Das simuliert das angeblich so überaus nützliche und zu gesellschaftlich sparsamem Umgang mit knappen Ressourcen anhaltende Verhalten der Besitzer dieser knappen Ressurcen, die diese als (ebenso knappe) Einkommensquelle behandeln.


    So. Haben wir einen wesentlichen "Beitrag" zur "Wertschöpfung" vergessen? Ich glaube nicht.


    Soviel Beiträge, soviel unterschiedlich produktiv fungierende Arten von PRIVATEIGENTUM:
    ...an einem Anteil des gesamten Bestands an (auf gegebnem Stand sich mit sich selbst reproduzierenden) Produktionsmitteln
    ...an Arbeitskraft,
    ...an nützlichem innovativ verwertbarem Wissen (Know how),
    ...an sich nicht mit sich selbst reproduzierenden und in dem Sinn knappen Ressourcen. Man könnte noch erwähnen das Privateigentum..
    ...an Überschüssen (Mehrprodukten), die in der aktuellen Art von Reproduktion regelmässig entstehen.


    Und jetzt bekommst du (von mir zumindest) dieselbe Antwort wie oben, aber jetzt für ALL diese "Wert"-Quellen: Solang sie in Privateigentum sind, dienen sie ihren Besitzern, mehr oder weniger gut, als Grundlage der Erpressung anderer, ihnen für Weggabe von diesem "Eigenen" möglichst viel von "deren" Eigentum abzugeben. Diese ununterbrochene wechselseitige Erpressung aller Eigentümer heisst Konkurrenz und soll angeblich dafür sorgen, dass auf vielen Umwegen, aber irgendwie doch, die gesamte Eigentümer-Gesellschaft einen Fortschrittspfad beschreitet, den sie bei vernünftiger kollektiver Planung und vollständiger Kenntnis aller Randbedingungen in etwa auch beschritten hätte. Bloss dass sie vor lauter Eigennutz ja nicht vernünftig kollektiv planen, und obendrein ihre eigenen Produktionsverhältnisse nicht überschauen können, was nichts macht, weil der allweise, allvernünftige und allwissende Markt das schon für sie übernimmt - sie dürfen ihm nur nicht dazwischen pfuschen. (Das ist Religion pur, halt nicht im bezug auf die Welt, sondern im bezug auf gesellschaftliche Verhältnisse.)


    Tja. Das glauben die Kommun(al)isten nun mal alles nicht, sie sagen in frecher Ungläubigkeit: Wenn der Marktgott uns zu was zwingt, was wir ohnehin wollen (und so planen) würden, dann brauchen wir ihn nicht; wenn aber zu anderm, dann schadet er uns. Und da wir das nur entscheiden können, wenn und soweit wir tatsächlich geplant haben, und unter uns Konsens und vollständiges Wissen über alle relevanten Bestandteile unserer Produktion hergestellt haben, darum müssen und können wir es auch gleich selber machen. Dann brauchen wir auch keinen mehr, der "es" (wirklich? woher sollen wir das wissen?) für uns (auf nie nachrpüfbare Weise) übernimmt.


    Mag sein, dass wir dann andre Probleme zu lösen haben (Probleme, die vielleicht zum allerersten Mal überhaupt gestellt werden, nachdem man ihre Lösung vorher dem Marktgott überlasen hatte...) - aber gewiss nicht, wie man die verschiedenen "Besitzer-Klassen" für ihre opferreichen "Beiträge" zu einem alles mit allem (in Preisen) vergleichbar machenden "Wertprodukt" entschädigt oder ihr Vorhandensein möglichst simuliert, weil es ohne Besitz und Besitzer und ihr eigennütziges Besitzerverhalten nun mal nicht geht.


    (Nebenbei, ich glaube, dass JEDE (De)Legitimation, die mit der Vorstellung einer solchen Vergleichbarkeit verschiedenster Güterklassen durch EINEN Preis arbeitet, theoretischen Unsinn produziert und nicht funktioniert. Aber das ist ein weites Feld...)

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