Franziskas Blog: Geschichtliche Entwicklung der Trennung von Arbeit und Eigentum

  • Hallo Franzika,
    deine interessantesten Beiträge versteckst Du gerne im Blog. Robert Schlosser hatte vor einiger Zeit so einen Beitrag ins Forum geholt und daraus entwickelte sich eine lange Kontroverse. Ich hole auch mal einen Beitrag von Dir ins Forum, hoffe aber, dass die Diskussion nicht genau so in unfruchtbarem Streit endet. :S
    Schon deine Überschrift erreicht episches Ausmaß: Zwischenbemerkung 2: Produktivkräfte? Produktionsverhältnisse? oder welche Kategorien benötigt eine "materialistische" Theorie der Geschichte und Epochengliederung? Ein paar Anmerkungen dazu von mir.
    Dein Thema und deine Analyse ist recht ambitioniert, wenn du „die Stadien der Industriegeschichte“ beschreiben willst. Gut finde ich, dass du als Messlatte den Gegensatz von „Kommandierenden und Kommandierten“ nimmst. Das deckt sich ganz mit dem Erkenntnisinteresse von Marx, wenn dieser sich mit der Trennung des Arbeiters (im weiten Sinn von „homo faber“) von seinen Arbeitsbedingungen befasst, juristisch ist das die Trennung von Arbeit und Eigentum.


    Allerdings siehst du hier nur einen Ausgangspunkt: das antike Großreich, Marx sah da zwei frühe Ausgangspunkte.


    Mit der Sesshaftigkeit (seit ca. 8000 v. Chr.) entwickelt sich das Gemeineigentum entweder zu einem patriarchalen Despotismus (Sumerer, Ägypter, Inder, Chinesen = „asiatische Produktionsweise“) oder zur patriarchalen antiken Demokratie (frühe Griechen und frühe Römer, Germanen)
    „Es kann ferner die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem einzigen Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist (= patriarchaler Despotismus) oder als die Beziehung der Familienväter aufeinander (= patriarchale Demokratie). Danach entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form dieses Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 377.


    Während die universitäre Wissenschaft im 19. Jahrhundert sich fast nur mit der patriarchalen Demokratie befasst hatte, habe ich den Eindruck, dass man sich heute fast nur noch mit den antiken Flächenstaaten befasst.
    Ich habe ja eine ausführliche Untersuchung der Entwicklung der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft gemacht. Diese Darstellung liegt ganz auf der Linie deines Analyseansatzes. Vielleicht findest du mal die Zeit, diese Untersuchung zu lesen (sie liest sich ganz leicht und locker und erwartet keine Vorkenntnisse) und hast dann noch die Zeit und Muße dazu hier im Forum kritische Anmerkungen zu machen.

    Die Frage, die ich hier aufwerfen möchte, ist: Was hilft uns der Blick in die gesellschaftliche Vergangenheit? Der Marxismus-Leninismus suchte in der Vergangenheit eine stringente Entwicklungslinie. Für den M-L ist Vergangenheit immer ein Verweis auf die Gegenwart, wenn auch ein Verweis, der in "Epochen" durchbrochen ist. Die bürgerliche Wissenschaft sucht in der Vergangenheit die Identität, die Gemeinsamkeit mit Heute. Auch für die bürgerliche Wissenschaft ist die Vergangenheit immer ein Verweis auf die Gegenwart.



    Für Marx war die Vergangenheit vor allem das Andersartige, ein Gegensatz zu Heute:
    „Die ursprüngliche Einheit zwischen Arbeiter (d. h. Produzent) und Arbeitsbedingungen ... hat zwei Hauptformen: das orientalische Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in der einen oder anderen Form. Beide Formen sind Kinderformen und gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit zu entwickeln. Daher die Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den Produktionsbedingungen). ... Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin zugleich die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit am mächtigsten entwickelt werden, ist die des Kapitals. Auf der materiellen Basis, die es schafft, und vermittelst der Revolutionen, die im Prozess dieser Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze Gesellschaft durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit hergestellt werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 414f.


    Der Marxismus-Leninismus wie auch die bürgerlichen Wissenschaftler behaupten irgendwie eine mehr oder minder direkte Entwicklung aus der Vergangenheit in die Gegenwart - entweder als geradlinige Entwicklung oder als stufenförmige Entwicklung.
    Karl Marx war solchen Versuchen gegenüber durchaus skeptisch. Er wies darauf hin, dass man die früheren Gesellschaften nur versteht, wenn man den heutigen Kapitalismus verstanden hat. Es ist aber nicht möglich, aus den früheren Gesellschaft Erklärungen und Analysen für den heutigen Kapitalismus abzuleiten. Man kann ein Lebewesen aus seiner entwickelten Gestalt bis zum Embryo zurückverfolgen, aber nicht umgekehrt aus einem Embryo die entwickelte Gestalt vorhersagen.

    "Die bürgerliche Gesellschaft ist die entwickeltste und mannigfaltigste historische Organisation der Produktion. Die Kategorien, die ihre Verhältnisse ausdrücken, das Verständnis ihrer Gliederung, gewährt daher zugleich Einsicht in die Gliederung und die Produktionsverhältnisse aller der untergegangnen Gesellschaftsformen, mit deren Trümmern und Elementen sie sich aufgebaut, von denen teils noch unüberwundne Reste sich in ihr fortschleppen, bloße Andeutungen sich zu ausgebildeten Bedeutungen entwickelt haben etc. Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf Höhres in den untergeordneten Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist. Die bürgerliche Ökonomie liefert so den Schlüssel zur antiken etc. Keineswegs aber in der Art der Ökonomen, die alle historischen Unterschiede verwischen und in allen Gesellschaftsformen die bürgerlichen sehen. Man kann Tribut, Zehnten etc. verstehn, wenn man die Grundrente kennt. Man muß sie aber nicht identifizieren. Da ferner die bürgerliche Gesellschaft selbst nur eine gegensätzliche Form der Entwicklung, so werden Verhältnisse frührer Formen oft nur ganz verkümmert in ihr anzutreffen sein, oder gar travestiert. Z.B. Gemeindeeigentum. Wenn daher wahr ist daß die Kategorien der bürgerlichen Ökonomie eine Wahrheit für alle andren Gesellschaftsformen besitzen, so ist das nur cum grano salis <in ganz bestimmter Richtung> zu nehmen. Sie können dieselben entwickelt, verkümmert, karikiert etc. enthalten, immer in wesentlichem Unterschied. Die sogenannte historische Entwicklung beruht überhaupt darauf, daß die letzte Form die vergangnen als Stufen zu sich selbst betrachtet und, da sie selten und nur unter ganz bestimmten Bedingungen fähig ist, sich selbst zu kritisieren...“ K. Marx, Einleitung zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 636.


    Überspitzt formuliert: Die Beschäftigung mit der Vergangenheit bringt nichts/wenig für das Verständnis der Gegenwart. Umgekehrt gilt: Die Kritik der Gegenwart ist die unabdingbare Voraussetzung für das Verständnis der Vergangenheit.
    Salopp formuliert: Das geringe Interesse der lohnabhängigen Mehrheit an der Vergangenheit steht ganz im Einklang mit dem Geschichtsverständnis von Karl Marx. :)


    Gruß Wal

  • Ich versuche mal, in folgenden 5 Punkten zusammenzufassen, worum es mir in dem Blogbeitrag geht:


    1. Ich werfe die Frage auf: Das, was historische Gesellschaften zu einem Zeitpunkt überhaupt leisten können bzw. - wenn Fortschritt sein soll - als nächstes leisten müssen - inwiefern erlegt es ihrer Vergesellschaftung notwendig Schranken auf? - Welche Grenzen und Begrenztheiten kommen da ins ins Spiel? Dasselbe aber auch umgekehrt: Inwiefern behindern bestimmte Formen von (dann veralteter) Vergesellschaftung Schritte, die historische Akteure als die für sie nächstanstehenden erkannt haben? Das ist sicherlich zumindest das altbekannte Wechselverhältnis von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen (die wieder aufgespalten in Formen der Verteilung von Eigentum und politischer Macht einerseits, und Güterflüssen zwischen arbeitsteiligen Stationen ihrer produktiven Verarbeitung, die durch diese Eigentums- und politischen Formen vermittelt werden, andererseits).
    Ich hab dann versucht anzudeuten, dass der Begriff Produktivkraft eine Bedeutung bekommen muss, die über die rein technische hinausgeht, und dann sehr wohl herangezogen werden kann, um geläufige Epochen-Einschnitte (antik, mittelalterlich) mit zu begründen; ähnlich für die zugehörigen Produktionsverhältnisse (von denen man sehr wohl sagen konnte, dass und inwiefern sie obsolet geworden sind).


    2. Vom Nutzen und Nachteil von historischen Kategorien für das heutige Leben will ich soviel sagen: Es wäre ein schlimmer Fehler, diesen Kategorien-Apparat einfach zu suspendieren, und das - wenn auch verworrene und primitive, aber immerhin vorhandene - Bewusstsein der "Historizität" vorgefundener gesellschaftlicher Verhältnisse im ML endgültig über Bord zu werfen, statt es begrifflich auszudifferenzieren und auf ein angemessenes Niveau zu heben.
    Ein Kunstwort, das ich für das übergreifend Gemeinsame aller historischen Vorgänge (bis hin zu den aktuellen) zu gebrauchen vorschlage, ist der des KULTURELLEN LERNENS. Mit diesem Begriff ist dann unmittelbar ein Problem aufgeworfen, mit dem sich bis heute jede Gesellschaftstheorie herumschlägt, die zu halbwegs verbindlichen Erkenntnissen gelangen will: Nicht Gesellschaften oder Kulturen "lernen", sondern Einzelmenschen lernen, im Rahmen ihrer Biographien. Wie also gelangen historische Fortschritte von einem Leben in andre, von einem Leben in viele, wie stimmen diese Leben ihre Erfahrungsverarbeitung (im Licht des Gelernten) ab, wie bewältigen sie die Unterschiede, die sich zwischen ihnen auftun, wie gehen sie mit dem Rückstand anderer Bevölkerungsgruppen um?


    3. Es gibt nun aber - gerade im Zusammenhang mit der letzten Frage - einen Aspekt, der diese ganzen Betrachtungen unmittelbar ins Zentrum jeder aktuellen politischen Theorie rückt, und das ist dieser: Vormals fortgeschrittene Mentalitäten mögen KULTURELL nicht mehr bestimmend sein; in Bildungsgängen, Biographien, Lebensformen "zurückgebliebener" Bevölkerungsgruppen spielen sie noch immer eine enorme Rolle. Womöglich (das wäre genauer zu zeigen) in der Weise, dass diese Gruppen die kulturell massgeblichen Inhalte ihrer Zeit in - diesen Inhalten nicht mehr angemessenen - primitiveren Denk- und Erlebens-Formen verarbeiten, und nur auf diese Weise am gesellschaftlich etablierten kulturellen Fortschritt teilhaben. Diese Unangemessenheit der Einstellungen von Bevölkerungsmehrheiten oder verschiedenster grosser Minderheiten, was die kulturell "hegemonialen" Inhalte ihrer Zeit betrifft, wurde mit dem Wort "Ungleichzeitigkeit" belegt (diese beiden Kategorien des kulturell "Hegemonialen" von Gramsci und des "Ungleichzeitigen" von Bloch sollte man meines Erachtens immer in engem Zusammenhang miteinander denken).


    Anm. In diesem Zusammenhang würde ich einer Erwartung von beinah religiösem, zumindest idealismus-verdächtig optimistischem Zuschnitt widersprechen, die sich mit dem Marxschen Ideologie- und Überbau-Begriff verbindet, und zB kürzlich in Mario Ahners Beitrag so vorkam, dass alle möglichen unliebsamen Überzeugungen (Nationalismus, Sexismus usw) vermutlich mit dem Verschwinden monetärer Verhältnisse von selber absterben werden. Es wird da garnicht in Betracht gezogen, dass der Zusammenhang womöglich umgekehrt ist - dass die rückständigen Denkformen auch das Verschwinden des Geldes und den Übergang zu rationellen Vergesellschaftungsformen behindern (sie behindern diesen Übergang schon an sich, darüber hinaus aber könnten sie Anzeichen sein für noch viel fundamentalere und Fortschritts-blockierende Entwicklungsdefizite im Denken der betreffenden Leute.) Anm.Ende


    4. Dass dies alles von Linken wenig oder garnicht bedacht wird, hat mit der schlimmen Vernachlässigung einer Kategorie zu tun, die in "materialistischen" Gesellschaftstheorien geradezu im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen sollte: Die Verteilung der auf gesellschaftlichem, kulurellem Niveau ÜBERHAUPT erreichten fortgeschrittenen Wissensstände und darauf beruhenden Erfahrungsverarbeitungsweisen in der Bevölkerung - das Ausmass, in dem es gelingt, diese Stände zuverlässig zu reproduzieren oder gar auszubreiten, und die politischen, ökonomischen, materiellen Voraussetzungen für weitere Fortschritte in dieser Hinsicht. Dass dies unterschätzt oder garnicht gesehen wird, ist symptomatisch: Die Linke (spätestens die Nicht-ML-Linke heute) sieht sich nämlich garnicht selbst als eine solche kulturell fortgeschrittene Mentalität, sieht wenig Bedarf, die Ursachen ihrer eigenen Fortgeschrittenheit oder umgekehrt für Rückständigkeit anderer zu begreifen. Sie klärt also auch nicht ihr Verhältnis zu weniger weit fortgeschritttenen solchen Mentalitäten und entwickelt somit keinen Begriff davon, wie dieses Entwicklungsgefälle zu anderen Bevölkerungsteilen aufgehoben werden könnte.


    5. Das hat sehr viel mit einem kulturellen Rückstand im Denken der allermeisten heutigen Linken zu tun: dass sie nämlich glauben, die Antwort auf die in 2. oben genannten Fragen schuldig bleiben zu dürfen; dass sie sich, mit Marx, damit begnügen, das Lernen (den Fortschritt) von "Gesellschaften" als ganzen, und die Ausbildung "gesellschaftlicher Verhältnissse" und ihre langsame oder sprunghafte Veränderung als ganze zu betrachten, statt sich immer wieder Rechenschaft darüber abzulegen, wie diese Entwicklungen im Leben ihrer Träger in der Wirklichkeit, nämlich von Einzelpersonen (die Fortschritte und auch deren blosse Reproduktion in ihrem Leben und Bildungsgängen leisten sollen) umgesetzt werden, und wie die betreffenden Vorgänge somit überhaupt zu ERKLÄREN sind. Die begriffliche Hilflosigkeit in dieser Hinsicht macht sich als praktische in der linken "Agitation" schlagend bemerkbar. Marx glaubte, aus dieser kategorialen Not sogar noch eine Tugend machen zu dürfen, indem er auftrumpfte mit der von ihm entdeckten "Unabhängigkeit voim Einzel-Willen" der gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungen. Der Wille, und die ihn bestimmenden Gründe, die Auflösung der objektiven Makro- in die unendliche Mannigfaltigkeit zusammenwirkender subjektiver Mikro-Verhältnisse, wurde von Marxisten seither entweder ganz ignoriert, oder aber mit der primitivst-möglichen und denkbar unmaterialistischen Kategorie der FREIHEIT und Grundlosigkeit der "Willensentscheidung" fürs "Dagegensein" erledigt. Das eine so begriffslos wie das andre; das eine so ignorant gegenüber der wirklichen historischen Entwicklung und ihren MATERIELLEN Grundlagen im Gesellschaftsleben wie das andre. Und darum gelangt man als Nachfolger von Marx in diesem Punkt auch so leicht zu dem negativen Befund: Geschichte und das Geschichtliche (Wissen davon, Erkenntnisse darüber) kannst du getrost vergessen. Man hat da leider nicht so viel, worauf man verzichten könnte.

  • Hallo Franziska,


    Ich hatte schon gesagt, dass deine Fragen interessant und relevant sind. Keinesfalls könnte ich zu so einem ambitionierten Vorhaben einen Gegenentwurf vorlegen. Ich werde zum einen oder anderen deiner Ergebnisse Anmerkungen en Detail machen wollen. Also: Nur zu! :thumbsup:


    Gruß Wal

  • Hallo franziska,


    aber auch an andere. Ich habe leider ein großes Problem, deine Texte zu lesen, vor allem wegen der äußeren Form. Wäre es dir (und anderen) möglich, etwas mehr Absätze einzufügen, und zwar mit 2x Return, damit auch eine sichtbare Lücke entsteht. Sonst bleibt mir nichts anderes übrig, als solche Texte zu kopieren, in einen Editor zu setzen und komplett zu überarbeiten. Oder wegen Zeitmangel zu ignorieren, was schade wär.


    Seltsamerweise sind manche deiner Beiträge für mich ganz leicht und flüssig zu lesen, bei anderen stellen sich die Sätze "quer", die lese ich 10 mal durch und habe höchstens eine leichte Ahnung, was du da schreibst. Oft erschließt sich erst aus den Kommentaren der anderen, was du da ausdrückst. Also geht es wohl nur mir so. Anscheinend ist dein Schreibstil und meine Informationsaufnahme nicht sehr kompatibel.


    Da ich dem, was ich verstehen konnte, in vielen Punkten weitgehend zustimme, frustriert es mich natürlich sehr, dass ich ca. 50 - 60 % deiner Beiträge fast gar nicht verstehe. Bei sehr langen und verschachtelten Sätzen krieg ich wohl eien Knoten ins Hirn. ;(


    Wenn es dir zu umständlich ist, dann brauchst du darauf natürlich keine Rücksicht zu nehmen, da der Rest deiner Leserschaft ja keine Probleme damit hat.


    cu
    renée

  • da der Rest deiner Leserschaft ja keine Probleme damit hat.


    Bloß weil das sonst keiner moniert hat, heißt das noch lange nicht, daß das nicht andere Leser auch so sehen wie du. Mir ist der Unterschied im Schreibstil auch schon aufgefallen. Vielleicht sind die schwierigen Texte ja schon vorliegendes Zeugs, das schon allzusehr zusammengedampft wurde. Wie dem auch sei, leichter lesen lassen sich Texte immer, die nicht allzu "dicht" geschrieben sind.

  • Ich wollte eigentlich schon Wals Wortwahl von wegen "ambitioniert" zum Anlass nehmen, etwas mehr über theoretische und begriffliche Arbeit zu sagen.
    Erstmal grundsätzlich: Ich bin nicht anders als andere Leute, höchstens anders motiviert. Das heisst, ich verwende SEHR viel mehr Kraft und Aufmerksamkeit auf Aufgabenstellungen, die andere auch wichtig finden, aber eben nicht SO wichtig. Und das mache ich schon sehr lange so, eigentlich mein ganzes (Erwachsenen)Leben lang. Mit andern Worten, ich bin eine völlig vereinseitigt tätige und ausgebildete Person.


    Man kann dann fragen, ob wenigstens andere etwas davon haben.


    Die Antwort darauf ist nicht sehr erfreulich.
    Begriffe, begriffliche Zusammenhänge und Theorien sind keine Gebrauchsgegenstände, die man bedienen und nutzen kann, ohne zu wissen, wie sie genau funktionieren.
    (Leute, die versuchen, sie dennoch so zu behandeln, würde ich AUTORITÄR nennen.)


    Man kann schon an fremdem Denken entlang sein eigenes ausbilden, aber dann muss es eben auch EIGEN und DENKEN sein. Meist hat einem der andere dann kaum etwas abgenommen. Die Erleichterung durch das "Vordenken" des Autors ist in Wahrheit eine verdeckte Form von autoritärer Einstellung: Man übernimmt eben nicht die VOLLE Verantwortung für das, was einem am Text einleuchtet oder plausibel erscheint.


    Die einzig nicht-autoritäre Form der Präsentation und des Nachvollzugs von Begriffs-Gebilden der einen durch andere wäre dann die Verständigunugs-Situation, wo sie versuchen, ihre Begriffe aufeinander abzustimmen und darin Gemeinsamkeit herzustellen. Da wäre es dann aber wechselweise, und keiner nimmt dem andern was ab, weder die Verantwortung dafür, dass alles (für die Beteiligten) Wichtige bedacht ist, noch die Mühe, die genau das kostet.


    Aber der Wegfall der autoritären Komponente legt einen anderen und viel grundlegenderen Mangel von "Theorie" frei: Sie ist erzwungen, eilt der Erfahrung voraus, die sie organisieren helfen soll, und an der entlang die Begriffe der Theorie (Unterscheidungen, Zusammenfassungen des Wichtigen in diesen Erfahrungsverläufen, das Aufmerksamkeit erregte) gebildet werden. Dass Leute so etwas Verrücktes machen, kommt freilich nicht von ungefähr. Die Ausgangssituation jeder nicht-naturwissenschaftlichen Theoriebildung (von der spreche ich hier) ist eine verzweifelte: Ordnung in das Chaos an Meinungen, Bewertungen, Einschätzungen zu bringen, das (spätestens) in modernen Gesellschaften herrscht, und unbewältigt und unbewältigbar so belassen wird, weil Leute (wenigstens darin sind sie sich einig) auch ohne Verständigung glauben damit zurechtkommen zu können. Solche wie ich, solche, die ihr Leben mit Theorie zubringen, halten das für Wahnwitz. Ihir Versuch, das nicht Bewältigbare zu bewältigen, durch Vorwegnahme JEDER denkbaren Verständigungs-Situation, das Alles-Einordnen-, Alles-(jedem)-Erklären-.Können, ist die angemessen verrückte Antwort. Und natürlich scheitert das - "TheoretikerInnen" sind tragische Figuren.


    Die Angestrengtheit dieser ewig vorwegnehmenden, ewig hinter ihrem unendlichen Stoff zurückbleibenden, also ewig unzulänglichen Arbeit des Begreifens und Begriffsbildens machtr sich natürlich im Schreiben dieser Leute bemerkbar. Neoprene hat genau falsch rum vermutet: Das wirklich Geklärte lässt sich sowohl flüssig als auch dicht vortragen, der Widerspruch zwischen beidem (Stoffreichtum, Übersicht) ist dann gelöst. Wenn es in meinen Texten hakt, dann darum, weil ich selber ständig Neuland betrete. Übrigens auch das Ausdruck der zugrundeliegenden Unruhe: Nie sich Zeit lassen, das immerhin einmal halbwegs Herausgefundene aufzubereiten, ordentlich und geordnet hinzuschreiben. Wenn die Lösung sich andeutet, rennt unsereins auch schon wieder weiter, zum nächsten Problemfeld, wo noch garnichts klar ist, der Zustand also der (für unsereins) schlimmst-denkbare ist. (Und das, nebenbei, im Rahmen eines Alltags, wo es mit beinah allem andern ebenso geht, Ausnahmezustand in Permanenz...)


    "Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich fähig macht, das Philosophieren abzubrechen, wann ich will." (Ludwig Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, §133)

  • Hallo Franziska,
    Du meinst, du müsstest dich für die Unübersichtlichkeit deiner Texte rechtfertigen. Das sehe ich anders. Wenn renee oder Wat. Probleme benennen, die sie mit deinen Texten haben, dann beweist das ihr reges Interesse an deinen Gedanken. Gerade weil die Leute deine Gedanken verfolgen und verstehen wollen, kommen solche formellen Vorschläge.
    Deine Blogs haben mit Abstand die höchsten Zugriffszahlen und kommen schnell über 100 Zugriffe. Es gibt also ein reges Bedürfnis an deinen Texten.


    Andererseits ist das Blogformat nicht so gut für längere Texte (und Antworten darauf) geeignet.


    Mein Vorschlag deshalb: Kopiere deine bisherigen Blogs (soweit sie thematisch zusammengehören) als Thema in das Forum "Kapitalkritik" oder das Forum "Was wollen wir eigentlich", indem du die einzelnen Folgen als Antworten untereinander hängst. Dann ist das bisherige erst einmal geordnet und zusammenhängend lesbar. Und wer will kann sich dazu äußern. Was bisher im Blog steht, sollte dort stehen bleiben.
    Für alle kommenden theoretischen Beiträge solltest du ein neues Thema beginnen, aber mit Links zum Vorherigen.
    Im Forum werden Texte auf Seitenformat umgebrochen, das lässt sich leichter lesen und dort lässt sich leichter und gezielter antworten.


    Soweit mein Vorschlag. Ansonsten: Nicht aufgeben! :thumbsup:


    Gruß Wal

  • Hallo franziska,

    "Nie
    sich Zeit lassen, das immerhin einmal halbwegs Herausgefundene
    aufzubereiten, ordentlich und geordnet hinzuschreiben. Wenn die Lösung
    sich andeutet, rennt unsereins auch schon wieder weiter, zum nächsten
    Problemfeld, wo noch garnichts klar ist, der Zustand also der (für
    unsereins) schlimmst-denkbare ist. (Und das, nebenbei, im Rahmen eines
    Alltags, wo es mit beinah allem andern ebenso geht, Ausnahmezustand in
    Permanenz...)"

    Hört sich gruselig an, ich dachte, nur ich bin so drauf. Allerdings weniger als "Produzent" von Informationen sondern als Rezipient. Leider bin ich im Formulieren von Text sehr langsam - trotz "10-Finger-blind".


    Den Ausnahmezustand lebe ich seit ca. 20 Jahren.
    .......


    An obigem Text merke ich allerdings, dass (für mich) ein gewichtiger Teil die äußere Form für die Verständlichkeit hat. Am eingängigsten sind für mich Informationen im Tabellenformat, wenig Text und komprimierte Info.


    So sind die Menschen halt unterschiedlich - in ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen.
    :)
    Laß dich von mir nicht aufhalten und deine Gedanken weiter galoppieren, nur öfter mal Absätze im Text sind schon hilfreich - dafür wurden sie ja "erfunden".


    cu
    renée

  • Vielen Dank für das bekundete Interesse, um Besessene wie mich zu motivieren, brauchts leider keine Ermutigung (wir sind ja auch nicht so leicht zu stoppen).
    Das mit der leichteren Lesbarkeit im Forum ist ein Argument, allerdings könnte ich auch Absatz-Numerierung einführen, was ich in meinen privaten Texten fast immer mache, das ist dann eine Art inhaltsbezogene Seitengliederung. Mein Gedanke bisher war, dass solche Links wie deiner hier in der Thread-Eröffnung genügen, um auf meinen Text zu verweisen und ihn zur Diskussion zu stellen. Das Problem der Texte ist aber ein grundsätzliches, und es stellt ihre Diksutierbarkeit ein wenig in Frage: Da werden doch ziemliche Rundumschläge veranstaltet, vielerlei kommt zur Sprache und wird verknüpft (das ist ja grad die Absicht, diese behaupteten Zusammenhänge zu zeigen), da könnte von Lesern vieles zugleich zum Thema gemacht werden, oder eben auch nichts - weil (die du es für dich selbst sagst, Wal), die meisten Nicht-TheoretikerInnen kein alternatives Zusammenhangs-Konzept, also keine alternative Theorie, anbieten, und meine von da aus bestreiten wollen. Das erklärt, warum gelesen, aber kaum geantwortet wird (oder wenn, dann so, dass es dem Antwortenden selber unangemessen punktuell und eben zusammenhangslos vorkommt).


    Bei der Form gehts ähnlich zu, was renee über ihre Verarbeitungsweise sagt, ist garnicht ihre individuelle Besonderheit, sondern sie möchte einfach begriffliche Klarheit, die aber noch nicht daist. - Nicht alles lässt sich in die Form von Tabellen und knapper Info als Eintrag in die Tabellenfelder bringen, aber ich nehm das mal als renees Vorstellung von Übersicht, und die Forderung danach ist völlig korrekt, bloss dass ihr nicht genügt werden kann. (Sinnvoll die Frage, ob man das öffentliche Auftreten mit Unausgegorenem dann nicht grundsätzlich unterlassen sollte. Von wirklichem Nutzen ist das alles höchstens für andere Theoriearbeiter, die an derselben Materie werkeln...)
    Das mit den Absätzen ist leicht umzusetzen, es dient wahrscheinlich auch der Verlangsamung der Lese-Geschwindigkeit, und liefert erste Unter-Glieder, obwohl die Sinn-Bögen meist weiter reichen, und das durch die starke Untergliederung übersehen wird.
    Die Kunst in der theoretischen Erfassung von Material ist eben, Material und Übersicht zugleich zu haben. Es ist ein Kraftakt, zu dem man sich nur entschliesst, wenn man gute Gründe hat. Und woher soll man die kriegen (ausser aufgrund autoritären Zutrauens), bevor man den Kraftakt absolviert hat? (Zentrales Argument gegen die Vermittelbarkeit von eigener theoretischer Übersicht an andre...)

  • "keine alternative Theorie, anbieten und
    meine von da aus bestreiten können. Das erklärt, warum gelesen, aber
    kaum geantwortet wird" ...


    "Bei der Form gehts ähnlich zu, was renee über ihre Verarbeitungsweise
    sagt, ist garkeine individuelle Besonderheit, sondern sie möchte einfach
    begriffliche Klarheit, die aber noch nicht daist."


    Woher weißt du, was ich möchte?
    Ich erkläre es mal so rum: Ich möchte, um dir zu antworten, erst einmal verstehen, WAS du in deinen Texten schreibst. Du beklagst fehlende Resonanz - oder möchtest du doch lieber keine?

    "obwohl die Sinn-Bögen meist weiter reichen, und das durch
    die starke Untergliederung übersehen wird."


    Du wärst vielleicht erschüttert, wenn du wüsstest, wie weit meine "Sinn-Bögen" reichen, in meinem Kopf gibt es keine Kompartments für die verschiedenen Themen. Genau darum ist mir gut strukturierter Input am liebsten, weil ich es dann besser in das vorhandene Puzzle integrieren kann. Die weiteren Verknüpfungen und Sinnbögen möchte ich schon gerne selber kreieren.

    "Die Kunst in der theoretischen Erfassung von Material ist eben, Material
    und Übersicht zugleich zu haben. Es ist ein Kraftakt, zu dem man sich
    nur entschliesst, wenn man gute Gründe hat. Und woher soll man sie
    kriegen (ausser aufgrund autoritären Zutrauens), bevor man den Kraftakt
    absolviert hat? (Zentrales Argument gegen die Vermittelbarkeit von
    eigener theoretischer Übersicht an andre...)"

    :?:


    Möchtest du hier evtl. ausdrücken, dass unsereiner nicht in der Lage oder zu bequem ist, selber zu denken oder zu entscheiden?

    Du schreibst immer wieder von "Theoriearbeiter
    n", ich kann mir darunter viel oder gar nichts vorstellen. Wen zählst du zu den "Nicht-TheoretikerInnen"?


    Vielleicht wäre es doch angebracht, dass du im eigenen Interesse mal ab und zu einen Gang runterschaltest. Wie ich schon schrieb, halte ich deine Texte - soweit ich sie verstehen konnte - für interessant und bedenkenswert. Ich würde auch die anderen Beiträge gerne verstehen.


    Du kannst mit meinen Anmerkungen hier machen, was du für richtig hältst, ich bin da überhaupt nicht autoritär.
    :)


    cu
    renée

  • renée : Unterschrieben in allen Punkten, diese Seelenverwandtschaft ist beinahe beängstigend.


    Ich habe mich beim Antworten im Blog schon gefragt, ob es angemessen ist, mir einen (mir besonders wichtigen) Punkt herauszupicken und nur darauf einzugehen - allein schon, daß ich mir diese Frage stellte.^^
    Ich bin hier in einem Forum, da muß ich weder eine komplette Theorie haben, noch sie im ganzen vorstellen - ich wüßte allerdings auch keinen anderen Ort, wo das der Fall sein würde, weiß nur ganz sicher, da kriegt mich keiner hin.


    Hier geht's doch um Klärung, Verständigung, Aufzeigen eigener Ansichten, Nachfragen, Anmerkungen, Korrekturen aus eigener Sicht.
    Die Beleuchtung aus einem anderen Blick- und Erfahrungswinkel sind/wären für mich das s.g. Salz in der Suppe.


    Ansonsten tät's im iNet ein persönliches Blog ohne Kommentarfunktion...


    @franziska: Ich falle wohl auch unter die Nicht-Theoretiker, kann ich mit leben. Meine s.g. Praxis ist aber bei keiner Theorie zu unterschätzen.
    Schreib bitte weiter Deine Gedanken hier auf, wenn Dir daran liegt, daß sie andere vielleicht sogar teilen. Dafür müssen sie/wir sie aber eben auch verstehen (können) ;-)


    Liebe Grüße - Wat.

  • ...sind leider objektiver Art, und durch meine guten oder weniger guten Absichten nicht zu beheben. Darum hat es so wenig Sinn, über MICH zu sprechen oder mit mir zu hadern. Ich habe mich und meine Arbeitsmotive bloss erwähnt, um das Thema dann vom Tisch zu haben, und auf das Objektive zu kommen. Die objektiven Hindernisse für klare Darstellungen kann ich leider nur noch benennen, euch zu überzeugen versuchen, dass es sie gibt, wäre widersinnig - weil dazu gehören würde, die verbesserte Version für dieselben Themen vorzuzeigen. An der würde deutlich, was der weniger ausgereiften Darstellung noch gefehlt hat. Bloss: Ich kann nicht klarer reden, als icih grade kann, und verfüge nur über den vorläufig erreichten Stand an Einsicht. (Die Zwischenbemerkung 3 würde ich darum eher als Arbeitsprotokoll einordnen - das müsste noch eine ganze Zeit lang so weitergehen, bis halbwegs haltbare Resultate in Sicht sind.)


    Ich denke nicht, dass die Schwierigkeiten in unserem Dialog nur dumme und äusserliche Querelen sind. Eher sind sie Ausdruck genau der Verhältnisse, die ich in meinen Texten versuche einzukreisen und zu fokussieren: Es geht da um die (unterschiedlichen) Motive der Begriffsbildung (und damit: der Erfahrungsverarbeitung). Wir machen diese Motive nicht einfach selbst, durch Entschlüsse, die so oder anders ausfallen können (insofern: kein freier, grundloser Wille, der jederzeit auch anders könnte; warum sollte er, ohne Grund?). Aber so, wie wir sie erstmal aufweisen, müssen sie nicht bleiben: Ausgehend von unserm Ausgangsstand, lernen wir um und auch dazu. In diesem unserm Dazulernen vollzieht sich, durch unsere Biographie hindurch (so wie zuvor in unzähligen anderen, die wir "beerbt" haben), ein Stück historischen Fortschritts, von dem, - hoffentlich! - etwas bleibt, das sich tradieren, an andre weitergeben lässt (aber wie? wenn es nicht auf autoritäre Weise geschehen soll? Das ist eine ganz vertrackte Frage...)


    Ich verkörpere, durch die leider nicht so ganz kurze Lebensspanne, die ich fast ausschliesslich mit "Theorie" zugebracht habe, schon auch ein Stück Lernen, Dazu-Lernen. Maximal lehrreich ist das aber wahrscheinlich nur für Leute, die sehr ähnliche Ausgangspunkte wie ich hatten. In Leben wie meinem zeigt sich (spätestens für solche; andre haben das mehr oder weniger immer schon gedacht), dass die kulturelle Form und Zielsetzung "Theorie", arbeitsteiliges Begriffebilden, grundsätzlich verfehlt ist und niemandem mehr guten Gewissens empfohlen werden kann.


    Zugleich zeigt sich (so behaupte ich es wenigstens; auf den ersten Blick: paradoxerweise), wie wichtig (gemeinsame) Begriffsbildung bei der (kollektiven) Erfahrungsverarbeitung ist. Damit sind wir, wie ich finde, zurück bei unserem Haupt-Diskussions-Gegenstand: Dem gemeinsamen Produzieren in gesellschaftlichem Masstab. Und der Frage: Was kann da getrost andern überlassen und AUFgeteilt werden an Aufgaben - und was darf keinem Einzelnen je weggenommen werden, und muss vielmehr von allen GETEILT und gemeinsam "besessen" werden? Als Kommun(al)isten sagen wir (das ist ja unser Ausgangspunkt): Das Entscheiden soll gemeinsam sein, darf nicht arbeitsteilig an (dann kommunalistische) Politiker, Bürokraten, Wirtschaftsführer, Ökonomen delegiert werden. Zumindest das Entscheidende am Entscheiden, das Wesentliche, wo es einen - eben entscheidenden - Unterschied macht. Im Grund wollen wir nichtmal solche Zwangsverhältnisse, wo sich Minderheiten zähneknirschend Mehrheiten fügen sollen; sondern Entscheiden (in allem Wesentlichen) im Konsens (das war, zur Erinnerung, der Konflikt mit Mattis, der demokratische Abstimmungsprozeduren verlangte).


    Aber hinter dem Entscheiden (und darum ist es auch kein "freies", oder allenfalls genau darin frei, dass es sich so bestimmen lässt) tauchen die GRÜNDE, die vernünftigen und maximal informierten, auf, die auf es zuführen. Und damit... die Grundsätze der Wissensverarbeitung, die Orientierungslinien der Aufmerksamkeit, die Begriffe.


    Obwohl Wat und renee sich über mich beschweren, stimmen wir, wie mir scheint (das kann falsch sein, renee, ich WEISS es nicht, ich vermute bloss!), in etwas sehr wichtigem überein. Sie sagen es (bislang) eher implizit, indem sie sich gegen (vermeintliche) Zumutungen (zB meinerseits) wehren, ich dagegen spreche es (spätestens jetzt) unumwunden offen aus: Die Lebensführung, die Lebenspraxis der Einzelnen, also von jedem, jeder von uns, und die Kapazitäten, Handlungs- und Aufmerksamkeits-Spielräume, die DORT verfügbar sind, ziehen dem, was gesellschaftlich Geltung haben kann, Grenzen. Es darf nicht mehr sein, und führt zu nichts gutem, und ist auch auf Dauer nicht haltbar, dass gesellschaftlich wichtige und das Leben aller betreffende Entscheidungen (für Ziele, Werte, Prinzipien) von Einzelnen nicht einmal nachvollzogen werden, geschweige denn bestimmt werden können. Wo es doch geschieht, darf es nur nach sorgfältiger Prüfung (und dann nachvollziehbar für alle) so stattfinden, ob und dass es sich auch wirklich um indifferente Themen handelt, die man getrost den "Zuständigen" überlassen kann, weil man mit diesen Zuständigen über die Prinzipien des Vorgehens grundsätzlich verständigt ist und einfach keinen Grund hat, ihnen zu misstrauen.


    In der derzeitigen Gesellschaft bin ich mit so gut wie nichts vertraut, geschweige denn einverstanden und verständigt, nicht mit den Entscheidungsträgern, nicht mit den Entscheidungen, nicht mit den Gründen, die dafür oder dagegen sprechen. Wo ich überhaupt etwas erfahre, spricht ALLES für grösstes Misstrauen und schärfsten Widerspruch. Dieser Zustand ist aus meiner Sicht VÖLLIG unhaltbar.


    Was die Frage aufwirft, warum er den andern, den derzeitigen Normalbürgern, nicht so erscheint. Sie behandeln, für mich völliig unverständlich, unsern gesellschaftlichen Zustand so, als wäre er schon "kommunalistisch", vertrauen, wo ich es nie täte, befürworten, wo ich tiefgreifende Zweifel oder Einwände habe usw. Ihre Erfahrungsverarbeitung muss eine völlig andre als meine sein. Genau dem wäre zukünftig von seiten einer aus ihrer Sicht fortgeschrittenen kommunalistischen Gemeinschaft (unter anderm, denn sie ist ja auch mit ihrer eigenen Reproduktion beschäftigt) weiter nachzuforschen. - Worin, umgekehrt, besteht wahrscheinlich eine wesentliche Besonderheit der derzeit kleinen Minderheit der kommun(al)istisch Eingestellten? Meine Vermutung ist: In dem Punkt der Reduktion allen Stoffs auf das in einem Leben, ja sogar im Rahmen der täglichen Lebenseinrichtung, Bewältigbaren; und der Verweigerung der Anerkennung für alles, was darüber hinausgeht.


    Dieser unscheinbare Gesichtspunkt, dies Beharren, ist revolutionär und etwas epochal Neues. Es ist genau solches Epochales, wie ich es in der 2.Zwischenbemerkung ausgeführt habe: Einfach zu benennen; schwer auszuführen.(Also Brechts Spruch zum Kommunismus: er ist "das Einfache, das schwer zu machen ist").

  • Was die Frage aufwirft, warum er den andern, den derzeitigen Normalbürgern, nicht so erscheint. Sie behandeln, für mich völliig unverständlich, unsern gesellschaftlichen Zustand so, als wäre er schon "kommunalistisch", vertrauen, wo ich es nie täte, befürworten, wo ich tiefgreifende Zweifel oder Einwände habe usw. Ihre Erfahrungsverarbeitung muss eine völlig andre als meine sein. Genau dem wäre zukünftig von seiten einer aus ihrer Sicht fortgeschrittenen kommunalistischen Gemeinschaft (unter anderm, denn sie ist ja auch mit ihrer eigenen Reproduktion beschäftigt) weiter nachzuforschen. - Worin, umgekehrt, besteht wahrscheinlich eine wesentliche Besonderheit der derzeit kleinen Minderheit der kommun(al)istisch Eingestellten? Meine Vermutung ist: In dem Punkt der Reduktion allen Stoffs auf das in einem Leben, ja sogar im Rahmen der täglichen Lebenseinrichtung, Bewältigbaren; und der Verweigerung der Anerkennung für alles, was darüber hinausgeht.


    Hallo Franziska,
    deine Beobachtung trifft einen ganz wunden Punkt.
    Auch mir sind etliche Verhaltensweisen ziemlich unverständlich - allerdings häufiger von Linken, bei denen ich (fälschlicherweise) mit mehr Verständnis rechnete, als von "Normalos". Wenn Linke gegen dieses Forum oder gegen einzelne Leute, die hier häufiger schreiben, mit Hass und Wut reagieren, verstehe ich das nicht. Die Ziele und Wertvorstellungen der Mehrzahl der Lohnabhängigen sind für mich leichter zu begreifen als die Ziele und Wertvorstellungen der heutigen (radikalen) Linken.
    Was das naive Vertrauen der Meisten angeht, so sehe ich darin auch eine Sprengkraft, die aus der Enttäuschung wächst. Gerade hörte ich in einer Politrunde eine Frau sagen: "Jedes Kind hat das Recht auf individuelle Förderung!". Tatsächlich gibt es individuelle Förderung in unserem Bildungssystem nur dort, wo mit bezahlter Nachhilfe und elterlichem Druck aus- und nachgeholfen wird. Wahrscheinlich gehörte diese Frau zu den Begüterten, die ein Interesse haben, die Verhältnisse im Bildungswesen zu beschönigen. Doch bei allen anderen reißt so ein Satz eine Kluft auf zwischen Wunsch und Wirklichkeit.


    Insgesamt wünschen sich die Menschen den Kapitalismus schön, oder sie trinken ihn sich schön, oder sie weigern sich weiter darüber nachzudenken, weil das Leben sonst noch anstrengender wird. Sind wir radikale Linken denn glücklicher? Für mich kann ich diese Frage bejahen. Aber von außen ist dieses Glück nicht so leicht zu sehen. Von außen haben es radikale Linke schwerer noch als der Durchschnitt. Auch das ist in einer Klassengesellschaft mehr oder minder zwangsläufig. Nein, in unserem Rechtsstaat müssen wir radikale Linke (im Normalfall) nicht um unser Leben fürchten. Aber ansonsten bekommt man als radikaler Linker tausend Steine in den Lebensweg gelegt. Das macht es (scheinbar) irrational radikal und links zu werden und zu bleiben.


    Gruß Wal

  • Liebe Franziska,


    eine Bemerkung vorab: ich beziehe mich auf deine Texte, so wie ich sie verstanden habe, also das, was bei mir ankommt. Falls deine Botschaft etwas anderes implizieren sollte, dann solltest du mich korrigieren. Ansonsten "reden" wir bis auf weiteres aneinander vorbei.
    .....


    "Die objektiven Hindernisse für klare Darstellungen kann ich leider nur noch benennen, euch zu überzeugen versuchen, dass es sie gibt, wäre widersinnig."


    Soweit ich bisher verstanden habe, peitschen dich deine Ideen so schnell voran, dass du gar nicht damit nachkommst, sie geordnet in Textform zu bringen.

    " Es geht da um die (unterschiedlichen) Motive der Begriffsbildung (und damit: der Erfahrungsverarbeitung). Wir machen diese Motive nicht einfach selbst, durch Entschlüsse, die so oder anders ausfallen können (insofern: kein freier, grundloser Wille, der jederzeit auch anders könnte; warum sollte er, ohne Grund?)."


    Meine "Motive der Begriffsbildung" bestehen im Wesentlichen darin, dass eine gewisse Einigkeit darüber herrscht, was diese Begriffe bedeuten. So etwas erleichtert die Kommunikation ungemein. Einige meiner "Leib- und Magen-Themen" sind u.a. Lern- und Entwicklungspsychologie, Psychologie allgemein als auch Kommunikations"wissenschaft".


    "In diesem unserm Dazulernen vollzieht sich, durch unsere Biographie hindurch ..., ein Stück historischen Fortschritts, von dem, - hoffentlich! - etwas bleibt, das sich tradieren, an andre weitergeben lässt (aber wie? wenn es nicht auf autoritäre Weise geschehen soll? Das ist eine ganz vertrackte Frage...)"


    Vermutlich hast du keine Kinder ...
    Ich kann die versichern, dass jedes gesunde Kind ein kaum auszulöschendes Bedürnis nach Lernen hat!!! Wahrscheinlich jeder Erwachsene auch, sofern dieser Drang nicht durch autoritäre Maßnahmen zerstört wurde.


    Die vertrackte Frage ist also wohl, wie man autoritäre Lernsysteme vermeidet.


    Oder habe ich das falsch verstanden?


    "Ich verkörpere, durch die leider nicht so ganz kurze Lebensspanne, die ich fast ausschliesslich mit "Theorie" zugebracht habe, schon auch ein Stück Lernen, Dazu-Lernen. Maximal lehrreich ist das aber wahrscheinlich nur für Leute, die sehr ähnliche Ausgangspunkte wie ich hatten. In Leben wie meinem zeigt sich (spätestens für solche; andre haben das mehr oder weniger immer schon gedacht), dass die kulturelle Form und Zielsetzung "Theorie", arbeitsteiliges Begriffebilden, grundsätzlich verfehlt ist und niemandem mehr guten Gewissens empfohlen werden kann."

    :?: :?: :?:
    Hier verstehe ich beim besten Willen nicht, was du damit ausdrücken willst. Was genau soll hier verfehlt sein?


    "Zugleich zeigt sich (so behaupte ich es wenigstens; auf den ersten Blick: paradoxerweise), wie wichtig (gemeinsame) Begriffsbildung bei der (kollektiven) Erfahrungsverarbeitung ist. Damit sind wir, wie ich finde, zurück bei unserem Haupt-Diskussions-Gegenstand: Dem gemeinsamen Produzieren in gesellschaftlichem Masstab. Und der Frage: Was kann da getrost andern überlassen und AUFgeteilt werden an Aufgaben - und was darf keinem Einzelnen je weggenommen werden, und muss vielmehr von allen GETEILT und gemeinsam "besessen" werden? Als Kommun(al)isten sagen wir (das ist ja unser Ausgangspunkt): Das Entscheiden soll gemeinsam sein, darf nicht arbeitsteilig an (dann kommunalistische) Politiker, Bürokraten, Wirtschaftsführer, Ökonomen delegiert werden. Zumindest das Entscheidende am Entscheiden, das Wesentliche, wo es einen - eben entscheidenden - Unterschied macht. Im Grund wollen wir nichtmal solche Zwangsverhältnisse, wo sich Minderheiten zähneknirschend Mehrheiten fügen sollen; sondern Entscheiden (in allem Wesentlichen) im Konsens (das war, zur Erinnerung, der Konflikt mit Mattis, der demokratische Abstimmungsprozeduren verlangte)."


    Dieses "Entscheidende" sollte schon klar herausgearbeitet werden, da stimme ich dir zu. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es mir aber verfrüht, seine Zeit und Energie darauf zu verwenden, dies schon bis ins kleinste Detail zu klären.

    "Aber hinter dem Entscheiden (und darum ist es auch kein "freies", oder allenfalls genau darin frei, dass es sich so bestimmen lässt) tauchen die GRÜNDE, die vernünftigen und maximal informierten, auf, die auf es zuführen. Und damit... die Grundsätze der Wissensverarbeitung, die Orientierungslinien der Aufmerksamkeit, die Begriffe."


    :?: :?: :?:



    "Obwohl Wat und renee sich über mich beschweren"


    Nein, ich beschwere mich explizit nicht über DICH, sondern darüber, dass ich deine Texte kaum bis gar nicht verstehe. Und ich glaube nicht, dass es an den komplexen Inhalten liegt, sondern an der komplizierten Satzbauweise.



    "Die Lebensführung, die Lebenspraxis der Einzelnen, also von jedem, jeder von uns, und die Kapazitäten, Handlungs- und Aufmerksamkeits-Spielräume, die DORT verfügbar sind, ziehen dem, was gesellschaftlich Geltung haben kann, Grenzen."

    Leider, ja!



    "In der derzeitigen Gesellschaft bin ich mit so gut wie nichts vertraut, geschweige denn einverstanden und verständigt, ... Dieser Zustand ist aus meiner Sicht VÖLLIG unhaltbar.


    Was die Frage aufwirft, warum er den andern, den derzeitigen Normalbürgern, nicht so erscheint. ... Ihre Erfahrungsverarbeitung muss eine völlig andre als meine sein. ..."

    In diesen Punkten empfinde ich 100 % genau so.



    " - Worin, umgekehrt, besteht wahrscheinlich eine wesentliche Besonderheit der derzeit kleinen Minderheit der kommun(al)istisch Eingestellten? Meine Vermutung ist: In dem Punkt der Reduktion allen Stoffs auf das in einem Leben, ja sogar im Rahmen der täglichen Lebenseinrichtung, Bewältigbaren; und der Verweigerung der Anerkennung für alles, was darüber hinausgeht.


    Dieser unscheinbare Gesichtspunkt, dies Beharren, ist revolutionär und etwas epochal Neues. Es ist genau solches Epochales, wie ich es in der 2.Zwischenbemerkung ausgeführt habe: Einfach zu benennen; schwer auszuführen.(Also Brechts Spruch zum Kommunismus: er ist "das Einfache, das schwer zu machen ist")."


    Dem ist wohl so.
    ......................


    Es dauert wohl noch etwas, aber ich hoffe, dass ich deinen Gedankengängen irgendwann besser folgen kann. Von mir aus darf mir aber auch jeder andere die Texte dolmetschen, wo ich dicke Fragezeichen gesetzt habe.
    ?( ?( ?(
    cu
    renée

  • Liebe renee, vielleicht sollt ich ja lieber nochmal meine Texte überarbeiten, statt hier in immer neuen Anläufen meine Absichten breitzutreten. Beides zugleich geht nicht, weil ich nicht soviel Zeit habe zum Schreiben. (Auch ein Faktor, leider...)


    Also...


    1. Nicht meine Ideen peitschen mich voran (schön wärs), sondern der Wunsch, was klarzukriegen (dazu mehr unter 4. unten). Der lässt mich weiter grübeln und bohren, wo erstmal bloss alles trüb und verworren ist. "Vorankommen" ist da extrem anstrengend, und die Angestrengtheit zeigt sich unter anderm in der Angestrengtheit des sprachlichen Ausdrucks. Wenn ich Korrektur lese, und meinen eignen Gedanken misstraue, kann ich (passiert andauernd) die erstaunlichsten Schreib- und Satzfehler überlesen, weil ich immer noch auf den Inhalt starre und mich frage, obs so stimmt.


    2. Deine Motive der Begriffsbildung bestehen darin, (verstehe ichs recht, wenn ich ergänze: "..mitzuhelfen, dafür zu sorgen" oä.?) dass eine gewisse Einigkeit darüber herrscht, was diese Begriffe bedeuten. Es ist nun freilich niemand im Besitz der Wörter, und in speziellen Terminologien wird manches anders und oft mehr fixiert verwendet, als im Alltag üblich. BegriffsBILDUNG deutet darauf hin, dass zumindest einige Wörter auch fehlen und die "Bildner" Bedarf danach sehen (das muss nicht geteilt werden). Die Bedeutung, andererseits, eines Begriffs ist ein weites Feld, nämlich letztlich seine Stellung im SYSTEM der Begriffe und die daraus resultierenden Zusammenhänge*). Speziell philosophische Theorien oder solche, die nahe an ihnen entlang operieren, versuchen, Begriffe aufzuspüren (im philosoophischen Jargon: Kategorien), von denen direkt oder indirekt ständig Gebrauch gemacht wird, nach deren expliziter "Benennung" (in Worten) also ein starker Bedarf besteht, wenn wir unsere Praxis abstimmen und uns auf gemeinsame Vorgehensweisen verständigen wollen. Dass in diesem grundlegenden Bereich etwas grundsätzlich nicht stimmen oder auch bloss fehlen soll, wäre eine ziemlich bestürzende Entdeckung. Nur als Andeutung: Ja, ich glaube, dass unsere Konflikte als Linke untereinander und mit den Nichtlinken in unserer Umgebung massgeblich mit Mängeln in diesem Bereich zu tun haben: entweder, weil bestimmte Kategorien (wie "Natur", "Bedürfnis" ua) nirgendwo in der aktuellen Gesellschaft bereits explizit in ihrem Zusammenhang gedacht werden; oder eine mehr oder weniger grosse Zahl von Leuten Kategorien, die andre schon korrekt im Zusammenhang benutzen, sich nicht klargemacht haben (das ist mE. der Fall bei religiösen Leuten im Bezug auf die Kategorie "Person").


    *) an ungefähr dieser Einsicht haben Philosophen ca. 100 Jahre lang gearbeitet...


    3. wg. Kindern: Ich sehe mich derzeit in der äusserst verzweifelten Position, Nachwachsenden keine vernünftigen Lebensformen anbieten zu können, und richte deswegen all meine Anstrengungen darauf, es dahin zu bringen, dass ein solches Angebot möglich ist. - Autoritäres Denken (Übernahme der Einstellungen anderer ohne Prüfung der Gründe, aufgrund von "erfahrungsbestätigten" Kriterien, was tauglich sein könnte und was nicht) herrscht nicht nur im Erziehungssystem, sondern bestimmt beinah alle Einstellungen normaler Leute um uns herum. Eine solche durchweg autoritäre Lebensform kann nicht nicht-autoritär vermittelt werden.


    4. Als verfehlt (und in meinem Fall, als gescheitert) sehe ich alle Versuche von "TheoretikerInnen" an, "abgehoben" und allen Erfahrungsmotiven dafür vorgreifend, bereits Begriffe, speziell Kategorien, bilden und in ihren Zusammenhängen denken und erklären können zu wollen. Das Motiv dazu ist normalerweise, andern diese Zusammenhänge dann zu vermitteln und deren Aufmerksamkeit durch Aussprechen oder Hinschreiben des von einem selbst gedachten/gesehenen Zusammenhangs darauf zu lenken. Da die TheoretikerInnen selbst kein unmittelbares (sondern ein ganz andres, übergreifendes, dazu gleich) Erfahrungsmotiv haben für die betreffende Begriffsbildung, ist ihr Vortrag ("Kritik") UNVERMITTELT und den Adressaten aufgedrängt. Er wird von den Adressaten darum zurecht schnell als Zumutung empfunden, und ignoriert. Die als "Kritiker" der Andern auftretenden TheoretikerInnen wiederum machen sich im allgemienen nicht klar, wie und warum sie selber zu ihrem exzessiv-vorauseilenden Begriffe-Bilden gekommen sind - fast immer ist es ein Vermittlungs- und "durch Worte einen Konflikt klären wollen"- Interesse, vordergründig - aber warum ist dies Interesse bei ihnen so stark ausgeprägt, und bei andern nicht? Würden sich TheoretikerInnen/KritikerInnen darüber Rechenschaft ablegen, würde ihnen vermutlich klarwerden, warum dieses IHR Interesse und IHRE starke Aufmerksamkeit auf Konflikt-Ursachen (Missverständnis, Unverständnis) von den Adressaten nicht geteilt wird. Vielmehr haben die Adressaten sowohl andere (einfachere) Formen des Umgangs mit Konflikten und nehmen (deshalb) Konflikte auch nicht so wichtig. - Grundsätzlich ist das Theorie-Machen im Dienste der "Kritik" ein wenn auch fortgeschrittener, so doch leider immer noch Ausdruck autoritären Denkens (im vorhin angegebenen Sinn). Diese Einsicht, wenn ich sie durch meine Lebenserfahrung vermitteln kann, ist von wirklichem Interesse bloss für Leute, die ähnlich fanatisch wie ich auf Verstehen, Erklären-Können-Wollen, Vermitteln-Können (durch Reden, Schreiben) gesetzt haben. Andre haben nach einer solchen Aufklärung derzeit eigentlich keinen Bedarf. Das etwa war es, was ich ausdrücken wollte.


    5. "Dieses "Entscheidende" sollte schon klar herausgearbeitet werden, da stimme ich dir zu. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es mir aber verfrüht, seine Zeit und Energie darauf zu verwenden, dies schon bis ins kleinste Detail zu klären." Nun ja, das "kleinste Detail" ist eben nicht das Entscheidende. Es geht ja nur um das Entscheidende am Entscheidenden :) Die Meinungen gehen aber darüber auseinander (und müssten in dem Punkt erstmal zusammenfinden) was dies Entscheidende ist, und welches die zu kleinen Details.


    6. Gemeinsames Entscheiden setzt gemeinsame Einschätzungen (Gesichtspunkte) voraus, was Aufmerksamkeit verdient und was nicht, bzw was man (als Entscheider) wissen sollte und was man nicht wissen braucht. Da ist also von den möglichst gemeinsamen Gründen des gemeinsamen Entscheidens die Rede. Darum reite ich so sehr darauf herum, dass kommunistische Gemeinschaften gemeinsame Regeln der Wissensverarbeitung haben müssen, und alles nach diesen Regeln relevante Wissen auch an alle Mitglieder gelangen lassen müssen. Wieder ein Fall von "einfach gesagt, aber schwer zu machen".


    7. Die blöde und ungeschickte Ausdrucksweise bei mir ist Ausdruck dessen, dass ich meinen Stoff nicht beherrsche (begrifflich geordnet habe, überschaue), sondern noch daran herumdoktere. Darum erscheint er bzw. die Darstellung "kompliziert". Was ich selbst überblicke, kann ich - wie alle andern - flüssig hinschreiben und erklären. Vielleicht sollte man es sich einfach zur Regel machen, nichts zu veröffentlichen, bevor es nicht so geschrieben werden kann. Oder auch.. nichts derartiges zu lesen...


    8. Wieso sagst du: "Leider, ja", wenn ich versuche, den vielleicht wichtigsten Grundsatz (aus meiner Warte) "kommunalistischer" Vergesellschaftung auszudrücken? Die Lebenspraxis, Lebensführung jedes, jeder Einzelnen dort und ihre Kapazitäten der Wissens- und Erfahrungsverarbeitung bestimmt, worüber diese kommunistisch vergesellschafteten Einzelnen überhaupt miteinander verhandeln und entscheiden können - keine Vordenker, keine Besserwisser, keine unbegriffenen Experten, keine "Repräsentanten" ausser solche, mit denen alle, von denen sie "entsandt" werden, verständigt sind (und die deshalb wirklich, einer, eine für alle andern, mitsprechen können). Wieso also leider? Was in ihrem Leben und Denken nicht Platz hat - was soll es die Lebenden und Denkenden angehen? Was gäbe es daran zu vermissen?


    War das jetzt etwas besser verständlich?


  • Hallo Franziska,

    "8. Wieso sagst du: "Leider, ja", wenn ich versuche, den vielleicht
    wichtigsten Grundsatz (aus meiner Warte) "kommunalistischer"
    Vergesellschaftung auszudrücken? Die Lebenspraxis, Lebensfürhung jedes,
    jeder Einzelnen dort und ihre Kapazitäten der Wissens- und
    Erfahrungsverarbeitung bestimmt, worüber diese kommunistisch
    vergesellschafteten Einzelnen überhaupt miteinander verhandeln und
    entscheiden können. keine Vordenker, keine Besserwisser, keine
    unbegriffenen Experten, keine "Repräsentanten" ausser solche, mit denen
    alle, von denen sie "entsandt" werden, verständigt sind (und die deshalb
    wirklich, einer, eine für alle andern, mitsprechen können). Wieso also
    leider? Was in ihrem Leben und Denken nicht Platz hat - was soll es die
    lebenden und Denkenden angehen? Was gäbe es daran zu vermissen?
    "

    Da hatte ich dich wohl völlig missverstanden bei folgendem Satz:

    "Die Lebensführung, die Lebenspraxis der Einzelnen, also von jedem, jeder
    von uns, und die Kapazitäten, Handlungs- und Aufmerksamkeits-Spielräume,
    die DORT verfügbar sind, ziehen dem, was gesellschaftlich Geltung haben
    kann, Grenzen."


    Ich dachte, es ginge darum, dass die meisten von uns durch mangelnde Kapazitäten neben dem Lebensnotwendigen nicht genügend Zeit und Energie übrig haben, uns ausreichend um die jetzt aktuell dringend notwendigen gesellschaftlichen Aufgaben zu kümmern. So geht es mir zumindest.


    Diesen Beitrag konnte ich jetzt sehr gut verstehen, bis auf


    "(das muss nicht getilit werden)"
    :?:


    geteilt?


    "Eine durchweg autoritäre Lebensform kann nicht nicht-autoritär vermittelt werden."

    Wirklich so herum? Ich will doch keine autoritäre Lebensform vermitteln!

    ;(


    Editiert/Nachtrag:


    "1.
    Nicht meine Ideen peitschen mich voran (schön wärs), sondern der
    Wunsch, was klarzukriegen (dazu mehr unter 4. unten). Der lässt mich
    weiter grübeln und bohren, wo erstmal bloss alles trüb und verworren
    ist.
    "


    Mir hat es oft schon geholfen, wenn ich mich mit anderen ausgetauscht habe. Sogar der Input durch "einfache" Geister kann einen manchmal weiter voranbringen.


    Vielleicht würde es uns allen helfen, wenn du zumindestens einen klar erarbeiteten Hauptgedanken (Oberbegriff) als Anknüpfungspunkt anbieten könntest. Bisher habe ich viel Text gelesen und bin immer noch am Grübeln, worum es dir im Kern geht.


    Du bist verzweifelt, weil du keine "vernünftigen Lebensformen anbieten" kannst - ich kann dir versichern, dass ich mir solche Ziele abgeschminkt habe. Einer allein kann da gar nichts. Deine einzige Chance dabei ist, gemeinsam mit anderen daran zu arbeiten.


    cu
    renée

  • Hallo renee, zum nicht-autoritären Vermitteln: Ich hab halt keine vernünftige und auch nicht-autoritär gemeinschaftliche Lebensform anzubieten, drum hab ich derzeit nichts, was jedenfalls ICH Nachwachsenden anbieten, und nicht-autoritär vermitteln könnte.
    Ich glaub zwar sowenig wie du, dass man ALLEIN auf so eine Lebensform kommt. Aber auch wenn das Zusammengehen VIELER beim Versuch, eine solche Lebensform herzustellen, unerlässlich sein mag - es ist noch lange nicht hinreichend. Ich mach mir Gedanken darüber, was da noch hinzukommen muss. Das könnte man durchaus zumindest als meine Ausgangsfrage bezeichnen.
    In dieser Frage aber ist (in Wals Worten) "sozialer Sprengstoff" enthalten. Denn der Basisbegriff bei mir heisst: LEBENSFORM, und nicht etwa: "Produktionsweise"; "Produktionsweise" nur, wenn sie sich aus einer möglichen Form guten Lebens (Zusammen-Lebens mit andern) ergibt.
    Etwas ähnlich Eigenartiges, wenn nicht für Aussenstehende Befremdliches hat sich Wal oben geleistet, mit der Frage an sich und andre: Ob man als Linker glücklicher ist als andre? Womöglich: jetzt schon? So ist wohl schon lang nicht mehr gefragt worden. So, wie auch selten gefragt wird (wie Wal oben es ebenfalls getan hat), warum Linke oft so giftig gegeneinander sind. Andere, ich zum Beispiel, weisen auf die Beschädigungen hin, die sie "im Dienst" an ihrer linken Zielsetzung erlitten haben (und das war vergleichsweise glimpflich, verglichen mit dem was andre auf sich genommen haben an Lebensverausgabung, Verzicht, Leid). All das sind erste und noch wenig eindrückliche Anzeichen, dass wir hier vermutlich "anders" links sind als unsere Vorgänger.
    An dieses "Anders-Sein" lässt sich eine allgemeine Bemerkung über Begriffsbildung knüpfen.
    Nach einem speziellen Begriff wird Bedarf entwickelt, wenn uns an einer Reihe von Dingen eine wesentliche Gemeinsamkeit auffällt; oder, wenn etwas, das bis dahin einheitlich zu sein schien, sich in wesentlich unterschiedene Abteilungen aufgliedert, sich ein Unterschied daran auftut. Speziell dieser Fall, dass sich etwas als von anderem abgegrenzt und unterschieden heraushebt, Aufmerksamkeit auf sich zieht als etwas besonderes und gesondertes, nennt man im philosophsichen oder wissenschaftstheoretischen Fachjargon sein "Reflexiv-Werden", im Alltag sagt man oft auch einfach: Es fällt einem auf, wird einem bewusst, man wird aufmerksam drauf.
    Vielleicht also werden wir hier grade aufmerksam auf etwas, das uns vorher noch nie aufgefallen ist: Welche Rolle die Lebensführung, Lebenseinrichtung eigentlich in der "Politik" spielt, die wir vertreten. Vielleicht... erweist sich das Thema aber auch als eins, an dem sich die linken Geister (einmal mehr, auch hier) scheiden.


    @Wal:
    (1) Linke suchen doch, fast per definitionem, den Zusammenschluss mit andern, wie sollten sie sich da nicht aufregen oder frustriert sein, wenn der immer wieder misslingt, und sie auf Einzelkämpfer-Positionen zurückverwiesen werden (oft nach furchtbaren Anstrengunugen, daraus herauszukommen). - Aber dann muss man auch fragen, wie linke oder radikal-linke Positionen eigentlich zustandekommen: Als Ergebnis wasserdichter Beweise, quasi mathematisch - die dann doch widerlegt werden? Immer wieder frage ich mich, was eigentlich das Marxsche System für das Linkssein der verschiedenen Linken bedeutet. Hat es sie zu Linken gemacht, nachdem sie es vorher nicht waren? Und warum sie, und andre Marx-Leser nicht?


    (Auch hier nochmal die Frage nach den Nicht-Linken, auch mal Angehörigen der "Eliten": Von was werden denn die bewegt - vom krassen Eigennutz und Klasseninteresse? Sind sie keine Überzeugte, stattdessen immer bloss solche, die sich in die Tasche lügen? Haben sie denn da mit den Lohnabhängigen, über die sie "herrschen", und denen sie "ihr" (wessen?) System aufnötigen, nicht viel gemeinsam?)


    (2) Wal, dein Eröffnungsbeitrag für diesen thread ist noch garnicht wirklich besprochen, es geht dabei um die Vorstellung oder den Begriff von Geschichte im ML, der bürgerlichen Wissenschaft, und bei Marx - und es geht um die Bedeutung, die "Geschichtsbetrachtungen" somit für die Gegenwart und ihr Verständnis haben.


    Wenn ich es recht verstehe, ordnest du dem ML einen Geschichts-Determinismus zu, wo sich gewissermassen ein von Anfang der Menschheitsgeschichte an festgeschriebenes Fortschritts- und Heils-Programm entfaltet, "unaufhaltsam" und mächtiger als jeder Einzelne oder Gruppe, der und die sich ihm darum nur entweder fügen und dienstbar machen können als Vollstrecker (spätestens in der entsprechenden "Klassenposition"), oder von ihm gnadenlos überrollt werden.


    Der bürgerlichen Wissenschaft wird eine Position zugetraut, die ich in ihr kaum wiederfinde - sie ist wesentlich so etwas wie Anthropologie, sucht das Übergreifend-Gemeinsame des Gegenwärtigen ind und mit der Geschichte, auch vielleicht das aus ihr (bei aller sonstigen Veränderung) in die Gegenwart Herüberragende. Dazu ist zu sagen, dass dies allerdings AUCH Kategorien sind, die in einer rationalen Geschichtstheorie Berücksichtigung finden sollten; nur ist die Geschichte damit natürlich lang nicht vollständig beschrieben.
    Es fehlt das, was du oben ausschliesslich Marx als Einstellung zuschreibst, was aber, wie ich denke, heute durchaus allgemein in der Geschichtswissenschaft anzutreffen ist, und das ist der evolutionäre Gesichtspunkt, durchaus analog zu seinem Pendant (der "Evolution") in der "Naturgeschichte".


    Meine eigene Darstellung von Gross-Epochen ("Mehrprodukt überhaupt", "Mehrprodukt in der Fläche") widerspricht diesem "evolutionären" Konzept keinesfalls. Ich würde höchstens behaupten, dass die der "bürgerlichen" Geschichtswissenschaft zugeschriebenen Kategorien "epochen- und kulturen-übergreifendes Substrat" und "nicht-abgebaute mächtige Restbestände massgeblicher historischer Phänomene" für Gegenwarts-Analysen ziemlich wichtig sind. Man muss die Geschichte dabei nicht erwähnen (denn die ist erschreckend gegenwärtig). Man kann es aber, um zu verdeutlichen, wovon man da redet.


    In EINER Hinsicht (das war mir ja in meiner Zusammenfassung oben sehr wichtig) darf man geradezu das Evolutionäre am Geschichtsprozess nicht ausblenden, wenn es um die Gegenwart geht: Dann nämlich, wenn man, wie ich es befürworte, diese Evolution näher als kulturellen Lernprozess (bleibt zu präzisieren, was das bedeutet!) charakterisiert.
    Dann kommen Kategorien ins Spiel, von denen ich hier im Forum immer wieder spreche:


    - gesellschaftlich überhaupt verfügbarer Erfahrungsstand;


    - Verteilung und Zugänglichkeit von Portionen dieser Erfahrung in der Bevölkerung;


    - unterschiedliche (uU zurückgebliebene) Weisen der Erfahrungsverarbeitung.


    Damit sind schon Rahmen-Kategorien festgeschrieben, auf die es in jeder Beschreibung eines Gesellschaftszustands wesentlich mit ankommt - neben den Marxschen, die von mir natürlich als ebenso grundlegende anerkannt werden:


    - Welche Produktionsaufgaben haben die Leute als nächste zu lösen, wenn sie weiterkommen sollen?


    - welche Mittel stehen ihnen auf ihrem Niveau dafür zur Verfügung?


    - wie organisieren sie den arbeitsteiligen Anteil an dieser Produktion?


    (deine Marx-Zitate, Wal, weisen ja auf die Notwendigkeit hin, dass es für den Anstoss einer zivilisatorischen Entwicklung erst einmal zu einer gewissen Arbeitsteilung und damit Geselslchaftlichkeit der Arbeit gekommen sein muss)


    - wie werden dabei auftretende Konflikte bewältigt bzw. in (wodurch? warum?) vorübergehend relativ stabile Verlaufsformen (Klassen- und Eigentumsformen, staatlich gesichert, legitimiert, beaufsichtigt, reguliert) gezwungen, die immer wieder krisenhaft in andere, eventuell auch differenziertere, neuen Aufgaben angemessenere solche Formen übergehen?
    (Das sind Fragestellungen, die auch bei bürgerlichen Historikern, wie du wohl aus deinem eigenen Studium weisst, durchaus häufig begegnen und die von ihnen, wie ich meine, für ebenso fundamental gehalten werden wie von Marxisten.)


    Die Zutat, die ich da ins Spiel bringe (jetzt nochmal als Benennung eines Ausgangspunktes für renee), ist die von Marx etwas unterschätzte Kategorie der Wissensverarbeitung - was aus meiner Sicht darunter fällt, etwa Religion, wurde von Marx nicht dem massgeblichen und konstitutiven "Basis"-Bereich des Gesellschafts-Aufbaus zugewiesen, sondern für eine abhängige, und in ihren Grenzen eben auch wortwörtlich "Variable" erklärt. Über die Grenzen der Variabilität und ihre Gründe hat er sich dann wenig Rechenschaft abgegeben, es im grossen ganzen bei der Behauptung, dass dies Bedingte zum es Bedingenden passen muss, belassen. Hier muss, natürlich speziell in Gegenwartsanalysen, wie ich meine, deutlich genauer hingeschaut werden.


    Mattis, der bis vor einiger Zeit hier noch Mitglied war, hat bei Neoprene auf das Marx/Engelsistische oder ML-Geschichtsmodell der "vorwärtstreibenden" Technik-Entwicklung (und der Anpassung der Produktionsverhältnisse und ihrer "Gesetzmässigkeiten" daran) bis hin zu deren "gesetzmässigen Anwendung bzw Ausnutzung" im Realsozialismus eine vernichtende Attacke geritten: http://neoprene.blogsport.de/2…um-17-juni/#comment-85185


    Es bleibt zu fragen, was nach einem solchen Angriff übrigbleibt - was an die Stelle des dermassen Angreifbaren zu setzen wäre - und ob nach einer solchen Ersetzung überhaupt Bedarf besteht.


    Um solche Fragen geht es in meinem Blog.


    Um mal ein bisschen vorwegzunehmen, was mir da vorschwebt:


    Eine "technologische Strategie" (mein theoretischer Jargon) stellt das Bindeglied dar zwischen einer gesellschaftlich, also kulturell massgeblichen Wissenserwerbsform (ich unterscheide: eine vorreligiöse, eine religiöse, eine moderne), genauer: dem damit jeweils erreichten Wissens- und Erfahrungsstand, einerseits; und den aus diesem Wissen bzw. Erfahrung erschlossenen Aufgaben der einfachen und erweiterten Reproduktion, die man in dieser Gesellschaft bzw. Kultur zu lösen versucht, andererseits.


    Die von mir so genannte "INDUSTRIELLE technologische Strategie" stellt die spezielle Form eines solchen Bindeglieds für die MODERNE dar: Moderner Wissenserwerb (naturwissenschaftliche Forschung) bzw seine spezifischen Resultate liefert quasi die Mittel und auch Zwecke (va in Gestalt von "Bedrohungen" durch derzeit Nicht-Kontrollierbares in der Welt), mit denen wir unsere Reproduktion modern - arbeitsteilig - gesellschaftlich planen.


    Diese Art, wie wir dabei unser Wissen über mögliche Mittel benutzen und im Gesamt der reproduktiven Zwecke organisieren, ist die gewählte "technologische Strategie", der ich also den Namen "industriell" gebe (ist ja wohl nicht ganz abwegig, aber hoffentlich auch nicht ganz banal).


    Wodurch sie sich auszeichnet gegenüber vor- wie (denkbaren) nachmodernen (etwa "kommunalistischen") Alternativen - worauf sie eigentlich zielt (Stichwort: Mittel für ALLE möglichen Wirkziele (Effekte, Können), die aber nie konkret "reproduktiv" (bedürfnis-bezogen) bestimmt sind) - das möchte ich hier in meinem Blog (nach Einschaltung der nächsten Zwischenbemerkung 4: Über Bedürfnisse) weiter untersuchen.

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