Kurze Frage zum Reproduktionsschemata der erweiterten Reproduktion

  • Ich habe mir grad das Reproduktionsschema angeschaut, das Marx im 2. Band des Kapitals benutzt, um die erweiterte Reproduktion zu erläutern. Hatte das schon vor Jahren gelesen und auch gemeint, es verstanden zu haben. Nun habe ich aber ein Problem entdeckt:



    Marx schreibt ab Seite 505 im Band 2:

    Wie soll das gehen? Erst verschwinden die 1000v und 500m für Konsumtion aus der Tabelle aus Abteilung I. Das ist erstmal klar, es ergibt sich dann nach Marx 4.000c + 500m für die Abteilung I. Dann werden 400 der verbleibenden 500m aus I akkumuliert. Damit sollen dann 4400c (klar 400 der 500 gehen da hin) und 1000v entstehen. Die Grösse von v ist mir aber hier schleierhaft: Es bleiben ja nur noch 100m übrig. Entsprechend müsste die Grösse für v doch eigentlich 100 heissen. Wo steh ich da auf dem Schlauch? Wie wird aus 4000c + 500m durch Akkumulation von 400m plötzlich: 4400c + 1000v(???) + 100m.
    Danke für eure Antworten

  • Hallo Cox,
    ich habe auch einige Zeit gebraucht, um mich da wieder einzulesen. Mein Erklärungsversuch geht so:
    Karl Marx operiert hier mit drei unterschiedlichen Größenverhältnissen. Einmal existieren Produktions- und Reproduktionsverhältnisse in der Größenordnung des Schemas A) einfache Reproduktion.
    In diesen Größenordnungen haben die Kapitalisten 5000 im Sektor I (=Produktionsmittel) angelegt und 2500 in Sektor II (Konsumtionsmittel). Der Produktionsmittelsektor soll vergrößert werden - aber so, dass das gesamtgesellschaftliche Reproduktionsschema nicht gestört wird. Die wichtigste Größenordnung für dieses gesamtgesellschaftliche Reproduktionsschema ist das Verhältnis I (v+m) = II c.
    Das ist die Ausgangslage.
    Nun sollen von I m = 1000, die in der einfachen Reproduktion von den Kapitalisten verkonsumiert wurden, 500 akkumuliert, das heißt in Kapital rückverwandelt werden. Die 500 sollen in 400c plus 100v verwandelt werden.
    Nun kommt der Satz, über den du gestolpert bist:
    "Der Umsatz innerhalb I der 400m, die so kapitalisiert werden sollen, ist bereits erörtert;" (Das bezieht sich auf das obige Reproduktionsschema: Konstantes Kapital der Abteilung I vermarktet/vertauscht sich untereinander. Davon sind also keine grundsätzliches Probleme im gesellschaftlichen Austausch zu erwarten.)
    Dann kommt die Formel, die beim ersten Anblick stutzig macht:
    "und wir erhalten dann für I:
    4400c + 1000v + 100m (die in 100v umzusetzen sind)."
    Der Satz in der Klammer ist entscheidend: Marx hatte das konstante Kapital von 4000c auf 4400c erhöht, aber die 1000v zunächst nicht erhöht, sondern die 100 m, die der Kapitalist noch in Geld zur Verfügung hat ("die aber in 100v umzusetzen sind"), daneben geschrieben, als Zwischenschritt. Erst dann kommt er zu der verwandelten Formel von I:
    "Wir haben dann für I ein Kapital von 4400c + 1100v (die letztren in Geld) = 5500."


    Es machte das Verständnis leichter, wenn wir diese Zwischenformel "4400c + 1000v + 100m" einfach wegließen. Und ohne Zwischenschritt die Ausgangsformel 4000c + 1000v + 1000m sofort in die Akkumulationsformel 4400c + 1100v verwandelten. Um mehr geht es hier nicht.


    Die Sache geht auch recht kompliziert weiter, weil Marx die Akkumulationsformeln immer so erweitert, dass die Reproduktion zwischen II c und I (v+m) nicht gestört wird.


    Soweit erst mal und Gruß
    Wal

  • Hallo Cox,


    Anhand des Schemas will Marx ja das Prinzip des verwickelten Verlaufs der Kapitalakkumulation darstellen. Es handelt sich (einfache Reproduktion vorausgesetzt) dabei um nichts anderes als den von den Kapitalisten subjektiv festgelegten Einbehalt von Gewinn (hier 500 m) zur Erweiterung ihrer Produktionsbasis, vergleichbar
    mit der bürgerlichen Bezeichnung „Selbstfinanzierung“.


    Marx geht, weil es sich ja nur um ein Schema handelt, willkürlich von einem einbehaltenen (annexierten)Betrag von 500 Mio Mark etc. aus. Diesen teilt er im Verhältnis zur Ausgangsgleichung in 400 Mio auf, für die der Kapitalist neue Produktionsmittel kauft und in 100 Mio, für die der Kapitalist zusätzliche Arbeitskraft kauft (entspricht dem Umsetzen der 100 Mio m in der Klammer).


    Es geht nun um die Entwicklung der Produktionsbasis vor und nach Einverleibung des einbehaltenen Gewinns.




    Produktionsbasis vor Einverleibung:



    4000c + 1000v = 5000




    Einbehalt von 500m und Kauf von Produktionsmitteln (400) und Arbeitskraft (100)




    Produktionsbasis auf erweiterter Stufenleiter nach Einverleibung:



    4400 c + 1100v = 5500



    Ist zwar nur eine Paraphrasierung von Wals Erklärung, hilft aber vielleicht, weil etwas anders beleuchtet.




    Beste Grüße
    Kim

  • Vielen Dank für die rasche Antwort!


    Und: Schuppen von den Augen... Das ist ja alles Kapital in Händen der Kapitalistenklasse! Am Ende des Produktionszyklus haben sie Waren im Wert von 6000 die sich in 4000c, 1000v und 1000m aufteilen. Diese Waren müssen sich nun im Austausch realisieren und ein Teil des Mehrwerts muss akkumuliert werden. Von dieser Gesamtmenge ist natürlich nur der unproduktiv konsumierte Mehrwert ein Abzug. Mein Fehler war von Anfang an, dass ich davon ausging, dass die 1000v die Arbeiter seien, die mit ihren Löhnen auf den Markt treten; dabei repräsentieren die 1000v bloss die Löhne der Arbeiter, sind aber Waren-Kapital in Händen der Kapitalisten. Darum verschwinden die 1000v auch mit ihrer Realisierung nicht aus der Rechnung, wo hingegen die 500m tatsächlicher Abzug vom Kapital sind. Alles klar...

  • Die Darstellung von Marx ist natürlich falsch, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass es sich nur um Notizen von ihm handelte, die nach seinem Tod von Engels herausgegeben wurden, offenbar ohne sie auf Korrektheit zu prüfen.


    Die 1.500 I (v + m) tauschen sich natürlich NICHT gegen 1.500 II c, sondern gegen 1.500 II W' und die 1.500 II c tauschen sich gegen 1.500 I W'.
    Der Rest ist schon richtig dargestellt.
    Peter

    "So Ihr aber begehrt, ein wahrer Mann der Wissenschaft zu werden und nicht nur ein schäbiger Handlanger und Experimentator, so beherzigt meinen Rat und beschäftigt Euch mit sämtlichen Zweigen der Naturwissenschaft, einschließlich jenes der Mathematik" (Mary W. Shelly: Frankenstein)

  • Hallo Peter,
    Das ist nicht das erste Mal, dass du Marx "verbessern" willst.
    Du liest die I v+m und IIc als Geldmenge. Das widerspricht der Marxschen Darstellung.
    Das ganze Kapitel handelt vor allem von Warenmengen, die sich gegeneinander tauschen. Größe und Art dieser Warenmengen sind von Marx korrekt und unmissverständlich mit 1500 Iv+m und 1500 IIc benannt.
    Die entsprechenden Geldmengen werden von Marx im Anschluss an diese Darstellung betrachtet.


    Gruß Wal

  • Hallo Wal,
    ja stimmt, und es ist nicht das erste Mal, dass Du mich nicht widerlegen kannst;-)


    Deine Deutung meiner Aussage ist nicht nur falsch, sondern für mich auch nicht nachvollziehbar. Woraus willst Du denn entnehmen können, dass ich die Angabe bei Marx als "Geldmenge" verstehe?


    Deine Aussage, die Angaben von Marx seien "korrekt und unmissverständlich" zeigt mir einmal mehr, dass Du die von ihm dargestellten Verhältnisse nicht verstehst, sondern nur Marx reproduzierst.
    Peter


    P.S.: die Zahlenangaben sind natürlich Tauschwertgrößen und können insofern als "Geldmengen" gedeutet werden, aber das wäre dann bei Marx auch der Fall.

    "So Ihr aber begehrt, ein wahrer Mann der Wissenschaft zu werden und nicht nur ein schäbiger Handlanger und Experimentator, so beherzigt meinen Rat und beschäftigt Euch mit sämtlichen Zweigen der Naturwissenschaft, einschließlich jenes der Mathematik" (Mary W. Shelly: Frankenstein)

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