Die emanzipatorische Rolle von Kommunen

  • Dieser Text ist ein übernommener Beitrag (von mir) aus einer Diskussion bei Neoprene.


    Ich halte die Konzentration auf die Entwicklung von Kommunen auf die Gegenwart bezogen für ein richtiges Konzept. Auf den Übergang bezogen bleibt es aber nur ein Teilkonzept. Gegenwärtig ergibt sich für diese Bewegung aus meiner Sicht, die sich wohl von franziska’s unterscheidet, folgende Fragestellung:


    Ist mit der Gründung einer Kommune nicht sowohl die Eigentumsform als auch die Wertform (innerhalb der Kommune) aufgehoben? Und sollte mit dem Wegfall der Wertform nun das Verhältnis zwischen den Kommunarden nicht auf menschlichen Beziehungen beruhen? Wenn es so ist, dann dürfte es eigentlich, wenn wir einmal von gewissen menschlichen Schwächen absehen, zu keinen nennenswerten Problemen zwischen den Kommunarden kommen.


    Aber die Wertform besteht noch außerhalb der Kommune und wirkt in sie hinein. Liegt da nicht der Haken, warum es mit den Kommunen einfach nicht klappen will? Müssten die Kommunarden sich nicht darüber bewusste sein, dass es bei der Gründung einer Kommune nicht darum gehen kann, sich subjektiv der vom Kapitalismus aufgezwungenen Not zu entziehen zu wollen, sondern seine Entscheidung als einen Akt zur Aufhebung der allgemeinen Not der Lohnarbeiter zu begreifen .


    Würde das Leben in solchen Kommunen nämlich so verstanden, sich mit ihrer Gründung das persönliche Leben zu erleichtern, entstehen daraus lediglich Gemeinschaften, in die die Not verlagert worden ist und von nun an selbst verwaltet wird. Damit kann, obwohl in der Kommune nicht mehr für Wert gearbeitet wird, die menschliche Arbeit nicht die Rolle übernehmen, die ihr geschichtlich zufällt, nämlich die Menschen aus der Not zu befreien. Statt befreiend zu wirken, dient auf Dauer nur noch, wenn überhaupt, der Befriedigung der Grundbedürfnisse und wird, nicht anders wie bei der Produktion für Wert, zur täglichen Last. Es wäre also nichts gewonnen, weder für die Emanzipation der Lohnarbeiter noch für den Fortschritt der Menschheit.


    Ich meine also, dass erst einmal das Wertproblem erkannt sein müsste, bevor wir zur kapitalistisch organisierten Arbeit schreiten, die ihn ihrer aktuellen Form als Lohnarbeit, sicher nicht als eine Übergangsform in Frage kommt. Ja man muss, bevor man auf alle Unterformen - Industrie, Arbeitsteilung, Dienstleistung u. a. – zu sprechen kommt, erst einmal als nächsten Schritt angehen und begreifen, dass sie natürlich alle anderen Formen der Arbeitsorganisation beeinflusst. Entfällt die Lohnarbeit stellen sich mit einem Schlag so viele Funktionen, vor allem die unter kapitalistischen Bedingungen notwendigen Überwachungsfunktionen als überflüssig heraus und die Schwierigkeiten der Arbeitsorganisation beschränken sich nur noch auf das Problem der Kenntnisvermittlung und Koordination. Hat man das begriffen,
    stellt sich die Lohnarbeit als anachronistische Form der gesellschaftlichen Arbeit dar, die sich dem Fortschritt der Menschen in den Weg stellt, weil die Arbeit unter ihrer Form, durch die auferlegten Zwänge, die Lebensverhältnisse der Menschen zunehmend schädigt und ruiniert.


    Sind Form von Wert und Lohnarbeit aufgehoben, können sich die durch die industrielle Produktion bestimmten Notwendigkeiten nur dann gegen die Bedürfnisse der Menschen wenden, wenn a) die Gesellschaft von einem allgemeinen kulturellem (technischen) Unwissen bestimmt wäre, wenn b) die Organisierbarkeit der Zusammenhänge einem Spezialistentum überlassen würde und wenn c) die Entscheidungsprozesse hinsichtlich Bedürfnis und Produktion den Kommunarden entzogen wären.


    Wäre a) gegeben, würde das niedrige kulturelle Niveau zu vielen Unverständnissen führen, die Raum für Interpretationen und irrationale Beeinflussung zuließe. In einer solchen, durch Zufall und Absicht bestimmten Welt, werden sich stets gewitzte Figuren oder Gruppen finden, die aus der Unverstandenheit Vorteile zu ihren Gunsten ziehen. Ähnliches gilt für die in b) und c) von der gesellschaftlichen Produktion getrennten Personen. Diesen Personen und Gruppen ginge es, wie heute den Kapitalisten und ihren Nutznießern, darum, ihre Privilegien durch Macht abzusichern, um damit ihr privilegiertes Leben verfeinern und in immer größerem Luxus leben zu können.



    Sind also Wert und Lohnarbeit aufgehoben und liegen diese drei Voraussetzungen nicht vor, ist die Frage zu stellen, ob wegen der Form der industriellen Produktion die emanzipatorische Funktion der Arbeit dennoch nicht vollzogen werden kann, weil diese Form durch die massive Anwendung von Technik (Maschinen, Hochtechnologie) eine menschliche Beziehung zwischen den Menschen unmöglich macht. Die Beziehungen müssen dann über Institutionen (Behörden, Verwaltungen) und umständliche Verfahren (Abstimmung, Repräsentation usw.) hergestellt werden, die neben der Zeit- und Ressourcenverschwendung jederzeit die Gefahr bergen, missbraucht werden zu können und sich als Instrumente gegen die Lebensverhältnisse der Menschen richten können.


    Kim

  • Ich würde ebenfalls meinen, nicht alle Technologien können in eine nachkapitalistische Gesellschaft übernommen werden, weil sie sich nicht emanzipatorisch verwalten lassen und Ausdruck kapitalistischer Ausformung sind. Klar ist auch, dass keine Kommune all das im Alleingang durchziehen kann. Bei all diesen Überlegungen ist eine internationale soziale Bewegung und deren Koordination stets vorausgesetzt. Scheinbar ist unklar, was unter Kommune verstanden wird. Du schreibst bspw. von "Gründung einer Kommune".


    Ich habe den Kommunebegriff stets als Synonym für Gemeinde aufgefasst, mindestens so groß wie ein Landkreis oder eine Stadt. Bei einer solchen Größenordnung stellen sich bereits notwendig Fragen der Arbeitsorganisation im größeren Stil inkusive interkommunaler Planung und Koordination. Vollends autarke Kommunen sind weder möglich, noch wirklich emanzipatorisch. Im Gegenteil, solche Kleinvereinigungen würden als bald zu reaktionäre Sektengemeinschaften verkommen, in denen sich verschiedenste Irrationalismen (Esoterik usw.) tummeln.


    Kommunale Autonomie (was nicht Autarkie meint!) und Aufhebung der Lohnarbeit können nur als ein internationaler Prozess verstanden werden, als Zusammenschluss der Kommunen in Form eines Verbundes/einer (Kon-)Föderation.

  • "nicht alle Technologien können in eine nachkapitalistische Gesellschaft übernommen werden, weil sie sich nicht emanzipatorisch verwalten lassen und Ausdruck kapitalistischer Ausformung sind."


    Wie soll man sich das ganz konkret am Beispiel der Stahlproduktion vorstellen?



    "Bei all diesen Überlegungen ist eine internationale soziale Bewegung und deren Koordination stets vorausgesetzt."


    Wie entstehen diese?


    "Vollends autarke Kommunen sind weder möglich, noch wirklich emanzipatorisch."


    Da kann ich nur herzlich zustimmen. Vor allem auch bei dem Gedanken, dass damit auch solche Technologien wie KKW, Staudämme etc. sich selbst überlassen würden.


    "Kommunale Autonomie (was nicht Autarkie meint!) und Aufhebung der Lohnarbeit können nur als ein internationaler Prozess verstanden werden, als Zusammenschluss der Kommunen in Form eines Verbundes/einer (Kon-)Föderation."


    Sorry für meine mangelnde Abstraktionsfähigkeit, aber ich verstehe hier die praktische Umsetzung nicht. Ein Prozess hat m. E. immer einen Anfang. Dieser muss erst einmal nicht unbedingt deutlich erkennbar sein. Z.B. drückt für mich der Wunsch nach Autarkie zumindest die Ablehnung des Bestehenden aus, auch wenn die Umsetzung alles andere als emanzipatorisch ist. Etliche Menschen haben dem System schon ihre "innere Kündigung" erteilt, wissen aber nicht, wie sie zum Augang finden. Und ich denke, dass wir auch nur die ungefähre Richtung kennen.


    Ich persönlich glaube nicht an den einen einzig wahren "Königsweg".


    "Ich halte die Konzentration auf die Entwicklung von Kommunen auf die Gegenwart bezogen für ein richtiges Konzept. Auf den Übergang bezogen bleibt es aber nur ein Teilkonzept."


    Genossenschaften oder Betriebsübernahmen durch die Belegschaft sind auch nur Teilkonzepte für einen Übergang. Was für welche Phase richtig ist, sollte hier nicht durcheinander geworfen werden.


    Irgendwo hat hier mal jemand (Franziska?) geschrieben, wir stünden jetzt "vor dem Berg" als Sinnbild für die Umsetzung der Ideen zur Errichtung eines neuen Produktions- und Gesellschaftssystems. Ich muss gestehen, ich sehe noch nicht mal die Ahnung von dem Berg, vielleicht bin ich aber auch blind.


    cu
    renée

  • "Wie soll man sich das ganz konkret am Beispiel der Stahlproduktion vorstellen?"


    Solche Fragen an die Befürworter der Kommune-Strategie oder des Kommune-Konzepts (das fällt ja nicht ganz zusammen) sind ja wahrlich nicht neu und liegen ja auch auf der Hand. Da kamen bisher leider immer nur verharmlosende Zugeständnisse wie jetzt auch wieder. Rein logisch gibt es da nur zwei Lösungen:
    Entweder gibt es dann eben nur noch die Technologien, die man innerhalb einer Kommune überhaupt noch managen kann, dann landet man höchstens bei den lausigen Mini-Hochöfen der bäuerlichen Volkskommunen in China (eine historische Katastrophe nie gesehenen Ausmasses), oder man entscheidet gesellschaftsweit, ob und wo ein "richtiges" Stahlwerk hin soll. Manchmal kommt die lokale "Kommune" dann überhaupt erst dazu, wie z.b. im Fall Eisenhüttenstadt in der DDR.

  • Hallo mario, hallo renée,



    @Mario: "Vollends autarke Kommunen sind weder möglich, noch wirklich emanzipatorisch."



    Ich weiß nicht warum immer wieder in den Diskussionen, unterschwellig eine Forderung nach Autarkie unterstellt wird. Hier im Forum hat sie, soweit ich
    mich entsinne, nie jemand eingefordert. Man braucht ja auch kein Experte zu sein, um zu verstehen, dass, um auf hohem kulturellem Niveau leben zu können, Autarkie von Kommunen nicht möglich ist. Ich denke allerdings, dass aus Sicherheitsgründen die Grundversorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Wohnraum autark sein sollte, dass also im Fall von Engpässen bei Fehlentscheidungen oder Katastrophen über einen ausreichenden Zeitraum, die Menschen ausreichend versorgt sind.


    Generell gibt es auf der Erde und über die Erde hinausgehende Lebenszusammenhänge, die den Horizont von Kommunen übersteigen. Ich denke da an die Weltraumfahrt oder an den Umgang mit den Meeren und Flüssen und ihrer Nutzung. Weiters gibt es die Bedürfnisse zu berücksichtigen, die den Horizont von Kommunen übersteigen. Ich denke da an das Bedürfnis, Urlaub am Meer oder in den Bergen zu verbringen oder geschichtliche Orte aufzusuchen. Um diese Zusammenhänge zu vermitteln und in Einklang zu bringen wird es überkommunale Einrichtungen, Regelungen, Abmachungen und Börsen geben müssen.


    @ renée: „Wie soll man sich das ganz konkret am Beispiel der Stahlproduktion vorstellen?“


    Hinsichtlich des Reizwortes „Stahl“ fällt mir nur folgendes ein. Erst einmal weiß niemand ob dieser Werkstoff in der Zukunft noch gebraucht wird. Und falls ja, dann
    verweise ich auf die Ministahlwerke, die etwa eine Kommune in der Größe eines Landkreises mit Stahl versorgen können. Das positive dabei ist, dass in diesen
    Stahlwerke der Stahl durch Einschmelzen von Schrott gewonnen wird und damit die Reproduktion als Kreislauf organisiert ist. Natürlich muss dabei berücksichtigt werden, dass Stahlwerke errichtet werden müssen und dass nicht jede Kommune, über die Kapazitäten, die Technik und die Fertigungstiefe verfügen kann, um diese
    herzustellen. Da spielt dann der Verbund hinein.



    @ renée: „Z.B. drückt für mich der Wunsch nach Autarkie zumindest die Ablehnung des Bestehenden aus, auch wenn die Umsetzung alles andere als emanzipatorisch ist. Etliche Menschen haben dem System schon ihre "innere Kündigung" erteilt, wissen aber nicht, wie sie zum Augang finden. Und ich denke, dass wir auch nur die ungefähre Richtung kennen.“


    Die kommunalistische Bewegung geht doch davon aus, den Reproduktionsprozess für die Produzenten durchschau- und kontrollierbar zu machen, um auf Autoritäten und Spezialisten verzichten zu können. Es geht im Kern darum, Produktions- oder Lebensverhältnisse zu schaffen, unter denen die Menschen selbst die
    Entscheidungen über Bedarf und Notwendigkeiten in ihrem Gemeinwesen bestimmen. Auf die Gegenwart bezogen folgt aus dieser Erkenntnis die praktische Zielsetzung, dass sich die Lohnarbeiter an den Orten, an denen sie leben, politisch organisieren, um durch gemeinsames Handeln notwendige Aufgaben an ihren Orten übernehmen, um sich so gegen die politischen Interessen von Staat und Kapital zu stellen, ihnen Respekt, Anerkennung und Zustimmung zu versagen. Das wäre aus meiner Sicht der Anfang des kommunalistischen Prozesses und der Anfang vom Untergang des Kapitalismus. Und in diesen Prozess passen auch Kommunegründungen, genauso wie Genossenschaften und Betriebsübernahmen hinein, wenn sie etwa das Selbstverständnis haben, wie ich es oben zu begründen versucht habe.


    Beste Grüße
    Kim

  • "Ich denke allerdings, dass aus Sicherheitsgründen die Grundversorgung mit Lebensmitteln, Kleidung und Wohnraum autark sein sollte, dass also im Fall von Engpässen bei Fehlentscheidungen oder Katastrophen über einen ausreichenden Zeitraum, die Menschen ausreichend versorgt sind."


    Was soll denn hier wieder der schöne Begriff "Grundversorgung" bedeuten? In Murmansk hat man früher mit irrem Aufwand lokal Obst und Gemüse produziert. Natürlich könnte man auch in Städten irgenwie Fleisch herstellen. Aber wie soll den eine Kommune Wohnungsbau hinkriegen?? Das ginge dann nur recht und schlecht, Fenster schon mal gar nicht, jedenfalls kein Iso-Glas, befürchte ich. Und Stahlbetonkellerdecken gibt es dann auch nicht. Und wo kriegt man die Dachziegeln her?

  • Neoprene : „Entweder gibt es dann eben nur noch die Technologien, die man innerhalb einer Kommune überhaupt noch managen kann, dann landet man höchstens bei den lausigen Mini-Hochöfen der bäuerlichen Volkskommunen in China (eine historische Katastrophe nie gesehenen Ausmasses).


    neoprene,


    es gibt ja, s. o., auch noch andere Methoden Stahl herzustellen, als entweder in Großstahlwerken oder in den chinesischen Hinterhofhochöfen.



    Neoprene : „oder man entscheidet gesellschaftsweit, ob und wo ein "richtiges" Stahlwerk hin soll.“



    Nun ja „gesellschaftsweit“ darunter kann man sich viel vorstellen, sowohl eine Kommune bestimmten Ausmaßes als auch die ganze Welt.



    Gruß
    Kim



  • Ich halte das für ein interessiertes Gerücht, daß sich Alles und Jedes an Technologien vernünftig umstellen läßt auf Mini-Einheiten.Und spätestens bei einer Herzklappenoperation möchte ich auch nicht mehr auf meinen Hausarzt angewiesen sein.


    Es ist unehrlich, den Kommunebegriff, also das sich bewußte Beschränken auf "kleine" Einheiten dann fallen zu lassen, wenn sich erweist, daß doch groß beautiful ist. Ein Gebiet der Größe auch nur der BRD z.b. kann man nicht mehr als Kommune bezeichnen, ohne daß die Spezifika des Konzepts flöten gehen.

  • neoprene,
    Bei Grundversorgung mit Lebensmitteln denke ich zuletzt an Süßkartoffeln, Bananen
    oder Fleisch. Fenster kann, wenn es nötig ist, jede Schreinerei bauen und (iso)
    Glas lässt sich leicht bevorraten. Ob man unbedingt Kellerdecken aus Stahlbeton
    braucht, weiß ich nicht, aber es gibt genügend andere, z. B. Holz-,
    Konstruktionen und die Dachziegelherstellung ist wohl eine der einfachsten industriellen
    Fertigungen und zugleich eine mit der geringsten Fertigungstiefe: man braucht
    Ton, Wasser und Hitze. Soweit ich informiert bin, gibt es noch heute in vielen
    Landkreisen Dachziegelhersteller.


    Gruß


    Kim

    The post was edited 1 time, last by Kim B.: Änderung: "in den meisten" in "vielen" ().

  • Neoprene : "Es ist unehrlich, den Kommunebegriff, also das sich bewußte Beschränken auf "kleine" Einheiten dann fallen zu lassen, wenn sich erweist, daß doch groß beautiful ist."



    Unehrlich? Wohl weil
    du unbedingt unter dem Begriff
    „Kommunalismus“ nur klein, klein
    verstehen willst und diese Begrifflichkeit dann als Maßstab anlegst. Eigentlich
    ist es doch ganz einfach zu verstehen (wenn man will): Wenn Großproduktion notwendig ist, dann wird
    sie eben an einem bestimmten Standort in einer bestimmten Kommune aus
    traditionellen Gründen oder welchen Gründen auch immer wahrgenommen. Aber es
    entscheiden die Kommunarden vor Ort gemäß ihren Abmachungen mit den andern
    Kommunen was, wie viel, wann, von wem usw. produziert wird.


    Gruß
    kim






    Mario hat ja schon festgestellt was unter der Größe einer Kommune verstanden werden könnte. Es wäre nicht schlecht, sich vorerst daran zu halten und nicht, wie's passt, mal von klein, klein und ein ander mal vom Umfang der BRD zu reden.

  • Ich hab zu diesen Themen bei Neoprene geschrieben: http://neoprene.blogsport.de/2…arx-forums/#comment-85382 (und der folgende Kommentar). Die Beherrschung der eigenen Produktion (im Kern auch Wissensproduktion) auf gesellschaftlicher Stufenleiter durch die Produzenten ist nicht die einzige Anforderung, auf die das "kommunalistische" Konzept anwortet. Ähnlich wichtig sind:
    a) Die Bedeutung ökologischer Produktionsweisen, ua. daher auch Recycling-Verfahren, aber auch naturnahe Landwirtschaft (auf Dauer, so die dazu gehörenden Konzepte, arbeitssparender als traditionelle, aber benötigt längere Zeit der Einrichtung auf einem Gelände)
    b) die Unwahrscheinlichkeit und letztlich auch Nicht-Bewältigbarkeit eines plötzlichen simultanen Übergangs zu eigentumsfreier Vergesellschaftung ("Revolution")
    Eher wahrscheinlich ist mittelfristig eine Pluralität koexistierender nicht-kapitalistischer Vergesellschaftungs- und Selbstversorgungsprojekte (etwa auch der "solidarischen Ökonomie", Genossenschaftsmodelle) mit teilweiser oder kompletter Marktunabhängigkeit.
    Erst in diesem Zusammenhang ist die Bedeutung der Bemühungen um (ökologisch ausgerichtete) Teil- und Not-Autarkie zu sehen.
    Man sollte hier immer Konzepte für Anfänge (und die Motive unter verschiedenen Optionen dabei: etwa Mittelausstattung), diverse Entwicklungsszenarios und projektierte Utopien unterscheiden - natürlich gehört alles mit allem zusammen. ((Akllein schon das Szenario "Revolution - und dann" begründet natürlich komplett andere Fragestellungen als "lange Koexistenz eines wachsenden kommunalistischen sektors mit anderen Vergesellschaftungsformen").

  • Hallo Neoprene, hallo Kim,
    die Fragestellung, was auf kommunaler Ebene technisch machbar ist und was nicht, ist meiner Meinung nach ein Nebenschauplatz. Von den Kritikern wird mit diesem Thema darauf abgezielt, dass die Befürworter des Kommunekonzepts technische Analphabeten seien und an Illusionen hängen.
    Die Frage, was auf Kommuneebene technisch möglich ist, ist eine untergeordnete Frage, die sich praktisch lösen wird und nicht durch verbalen Streit.
    Entscheidender als die Frage, was auf Kommuneebene technisch machbar ist, ist meiner Meinung nach, was auf Kommuneebene politisch machbar ist. Da unterscheiden sich allerdings die politischen Geister. Wer politisch auf Zentralismus pocht, der hat notwendig und immer die schlimmen Erfahrungen mit dem Staatssozialismus gegen sich. Wir „Kommunarden“ suchen nach einem Gesellschaftsmodell, das Emanzipation – wie Marx – in die Individuen verlegen will, nicht in einen wie immer gearteten gesellschaftlichen Gesamtkörper:


    "Innerhalb der kommunistischen Gesellschaft, der einzigen, worin die selbständige und freie Entwicklung der Individuen keine Phrase ist, ist die Vereinigung der Individuen bedingt eben durch den Zusammenhang der Individuen, ein Zusammenhang, der teils in den ökonomischen Voraussetzungen besteht, teils in der notwendigen Solidarität der freien Entwicklung Aller, und endlich in der universellen Betätigungsweise der Individuen auf der Basis der vorhandenen Produktivkräfte.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 424.
    In der Neugründungserklärung des Marx-Forums heißt es deshalb: „Unsere gemeinsame Zielsetzung ist ein selbstbestimmtes Leben für Alle in einer freien Gesellschaft. Die gemeinsame Organisation der notwendigen Arbeiten wird die wichtigste und schwierigste Aufgabe dieser Gesellschaft sein. Die Arbeitsorganisation kann nicht „von oben“ eingerichtet werden, sondern muss „von unten“ – von der Mehrheit - gemeinsam geplant, gemeinsam gemanagt und gemeinsam erledigt werden.“
    Diese Bestimmung ist richtig und wegweisend, hat aber offenbar einen großen Mangel: Sie weist nicht daraufhin, was heute – im Kampf gegen den Kapitalismus – auf kommunaler Ebene möglich und nötig ist.
    Wenn wir uns die großen politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart anschauen, in Nordafrika, in Ägypten, in Brasilien, in Indien, dann entstehen diese Protestbewegungen nicht in Betrieben, nicht an Arbeitsplätzen, sondern auf öffentlichen Plätzen, in der Kommune. Natürlich wirken sie auch in die Betriebe hinein, aber die öffentlichen Plätze sind die Sammlungspunkte, wo große Emanzipations- und Protestbewegungen ihre große Zahl zur Geltung bringen können.


    Ich behaupte: Wer sich für Bewegungen auf kommunaler Ebene ausspricht, denkt politisch über alle Minderheitenbewegungen hinaus, die im linken Denken – vor allem in Deutschland? – immer noch eine dominierende Rolle spielen, was da sind: Asylanten, Trikont, Schwule, Lesben etc. Und selbst dort, wo die Interessen der lohnabhängigen Mehrheit direkt und unmittelbar involviert sind, wie bei HartzIV, der Leiharbeit, dem Niedriglohnsektor etc, dort versäumen linke Aktivisten häufig, die gemeinsamen Interessen aller Lohnabhängigen in den Mittelpunkt zu rücken, um so zu versuchen, mehr Leute anzusprechen, mehr Leute für die Bewegung zu gewinnen.
    Ich behaupte: Auch in Deutschland werden kommunale (Protest-)Bewegungen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ich denke da nicht nur an Stuttgart21. Ich denke, dass die gesamte Antiatombewegung im Kern immer eine lokale, kommunale Bewegung war und von lokalen, kommunalen Kräften getragen wurde. Die Anti-AKW-Bewegung ist - neben der Frauenbewegung - nach meiner Meinung die einzig erfolgreiche Protestbewegung der Bundesrepublik. Die ostdeutsche Wende war wohl auch im Wesentlichen eine kommunale Protestbewegung. Dazu müssten sich unsere "Ehemaligen" äußern, ich habe das nur aus großer Entfernung verfolgen können.
    Kurz: kommunal gewinnt und selbst tun emanzipiert. Vertretungspolitik samt
    Protesttourismus ist tot, aber die Linken haben es noch nicht gemerkt.


    Gruß Wal

  • Wal, ich bin mir nicht sicher, ob mit einer "machtvollen" oder gar explosiven Unzufriedenheit sehr viel anzufangen ist. Ja klar, auf den Riesen-Demos haben hundertttausende EINEN Willen (im grossen ganzen; sie sind integriert durch das, was sie ablehnen. Aber es wäre doch ein fürchterlicher Fehlschluss zu glauben, dass von da ein lückenloser Gang von Schlüssen zu einem ebenso klaren Plan führt. Es war und ist ja gerade die Erwartung, man könne Eliten aller Art das eigne Schicksal anvertrauen, deren Enttäuschung in den grossen Demos ausgedrückt ist. Zugespitzt gesagt: Die Leute könnten ebensogut gegen sich selbst demonstrieren. Oder gegen andere ihresgleichen, Parteigänger einer anderen Sache (meist Herrschaft, leider). Tatsächlich aber finden sich jenseits dieses getäuschten Glaubens und der integrierenden Wirkung, die er in seinem Zerbrechen ein letztes Mal ausübt, keine Massen mehr hinter irgendwelchen Parolen - schon garnicht selbstbestimmte. Denn da beginnen eben schon die Differenzen: "Wenn das SO ist, mach ICH da nicht mit". Sei sicher, Wal: Noch die entferntesten Aspekte, die wir hier durchkauen, gehen unsern Mitbürgern nicht weniger durch den Kopf, wenn sie die Möglichkeit ihrer "Emanzipation" je mal erwägen. Den Staatssozialismus streichen wir - und dann? Ich glaube nicht, dass die Divergenzen hier zwischen uns harmlos sind. Sie beruhen auf fundamentalen Orientierungen, bei denen man sich vernünftigerweise fragen sollte, wie sie zustandekommen. Zunächst mal gewiss nicht durch "Argumentieren". Die "Argumente" umkreisen und beleuchten, worum es den einzelnen da allgemein geht - ohne dass sie es in seiner Allgemeinheit sagen könnten (oder sagen können wollten). Nur eins dürfte feststehen: Wir sind hier keine Sonderlinge. Wir mögen früher dran sein als andre, aber diese Orientierungen können sich, im Mass, wie die Abwendung von bestehenden Verhältnissen sich beschleunigt, zu "Strömungen" und Gruppen auswachsen, die je unterschiedliches wollen; so sehr sie auch in sich gespalten sein werden (wenn auch weniger stark als gegenüber den "Aussenstehenden"). Darum (unter anderm) meine Erwartung von Ko-Existenz (auch mit einer Mehrheit, die erstmal noch weiterzumachen versucht wie bisher, vielleicht auch nur abwartend, was aus den Experimenten wird). Dieser Übergang wird nicht die Form "Revolution" annehmen - auch nicht einer sich hinziehenden, quasi langsam sich aufbauenden. Die Leute werden fragen: Was kommt danach? Und darauf gibt es keine einheitliche Antwort mehr.

  • "Wir „Kommunarden“ suchen nach einem Gesellschaftsmodell, das Emanzipation – wie Marx – in die Individuen verlegen will, nicht in einen wie immer gearteten gesellschaftlichen Gesamtkörper"


    In der Tat, in erster Linie geht es um solche prinzipiellen Einstellungsfragen, was technologisch geht, ist in solchen Auseinandersetzungen regelmäßig schon deshalb unerheblich, weil ja die wenigsten, die sich dabei zu Wort melden überhaupt technologische Kenntnisse von Belang haben.


    Ja, es geht um das Urmißtrauen aller antikommunistischen Freiheitsfans, seinen "individuellen" Weg partout gehen zu wollen und den offensichtlichen Fakt der eh schon vorhandenen, wenn auch aufs Unvernünftigste gestalteten "gesellschaftlichen" Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Erpressungspotentiale usw. einfach per Verdikt auszublenden.


    Da kommt dann solcher Eigentumsfanatismus wieder durch, daß z.B. ausgerechnet die paar Hanseln, die zufällig um ein zentrales Werk, hier ein Stahlwerk wohnen oder dort arbeiten, das Sagen haben sollen, wo es damit weiter langgehen soll in "ihrem" Kommunalismus. Dann könnte man glatt bei klassischem Privateigentum an Produktionsmittlen bleiben, den Markt zur verrückten Vergesellschaftung all dieser kleinen überschaubaren "Kommunen" hat man je schon, bzw. will man ja eh nicht abschaffen.

  • Wal: "Von den Kritikern wird mit diesem Thema darauf abgezielt, dass die Befürworter des Kommunekonzepts technische Analphabeten seien und an Illusionen hängen."


    Ich kritisiere das Kommunekonzept nicht, habe allerdings bei manchen Beiträgen das Zweifel am technisch-organisatorischen Wissen des Autoren. Und auch mit Ministahlwerken etc. wird es trotzdem überregional abzustimmende Projekte geben, z. B. Transport, Infrastruktur, Internetz ;-)


    "Die Frage, was auf Kommuneebene technisch möglich ist, ist eine untergeordnete Frage, die sich praktisch lösen wird und nicht durch verbalen Streit.
    Entscheidender als die Frage, was auf Kommuneebene technisch machbar ist, ist meiner Meinung nach, was auf Kommuneebene politisch machbar ist."


    Es geht doch um das Ziel der emanzipatorischen (Wieder?-)Aneignung der Produktionsmittel. Deinen Ausführungen entsprechend müssen dazu wohl äußere und innere "Befreiung" Hand in Hand gehen, sonst drohen wieder die schlimmen Entwicklungen. Ich konnte das bei "Occupy" beobachten, wie unfreie Geister per "Basisdemokratie" anderen unfreien Geistern ihre Agenda untergejubelt haben. Der gute Wille war wohl da, aber die übergroße Neigung zur Selbstdarstellung und ähnliche Motivationen konnten die "Wortführer" dann doch nicht im Zaum halten. Da gibt es für viele noch viel zu lernen. Die Frage "Zentralistisch oder Dezentral?" löst nicht automatisch alle Probleme.


    Meine eigene Denkdisposition erlaubt es mir kaum, strenge Grenzen zwischen den von dir genannten Bewegungen zu ziehen. Ich denke vorwiegend in Bildern, da ist alles eher miteinander vernetzt. Hochabstakte Theoriegebäude sind mir manchmal schwer zugänglich, wenn ich keine Bilder dazu entwickeln kann. Ich dürfte allerdings nicht der einzige Mensch mit dieser Art Denkmaschine sein, vielleicht gibt es ja mal das Kapital mit vielen Grafiken und Diagrammen und einem etwas abgespeckten Text. :)


    cu
    renée

  • Ja, es geht um das Urmißtrauen aller antikommunistischen Freiheitsfans, seinen "individuellen" Weg partout gehen zu wollen und den offensichtlichen Fakt der eh schon vorhandenen, wenn auch aufs Unvernünftigste gestalteten "gesellschaftlichen" Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Erpressungspotentiale usw. einfach per Verdikt auszublenden.


    Da kommt dann solcher Eigentumsfanatismus wieder durch, daß z.B. ausgerechnet die paar Hanseln, die zufällig um ein zentrales Werk, hier ein Stahlwerk wohnen oder dort arbeiten, das Sagen haben sollen, wo es damit weiter langgehen soll in "ihrem" Kommunalismus. Dann könnte man glatt bei klassischem Privateigentum an Produktionsmittlen bleiben, den Markt zur verrückten Vergesellschaftung all dieser kleinen überschaubaren "Kommunen" hat man je schon, bzw. will man ja eh nicht abschaffen.

    Hallo Neoprene,

    Weil wir „Kommunarden“ nicht deine Privatidee von Kommunismus teilen, werden wir als „antikommunistische Freiheitsfans“ beschimpft, die so dämlich sind, dass sie die Wirklichkeit „einfach per Verdikt ausblenden".
    Uns wird „Eigentumsfanatismus“ vorgeworfen, weil wir die wirtschaftliche Kooperation in den Betrieben und zwischen den Betrieben weder durch Geld (Kapitalismus), noch durch Befehl (Zentralismus), sondern durch freie Vereinbarungen geregelt wissen wollen.
    Unsere freiheitliche Gesellschaftsvorstellung ohne Lohnarbeit und ohne staatlichen Zwang stellst du auf eine Stufe mit dem Kapitalismus: „Dann könnte man glatt bei klassischem Privateigentum an Produktionsmitteln bleiben“.
    Dein Text ist voller Ressentiments und voller Pöbeleien.
    Auf so eine feindselige Tirade antworte ich nicht.
    Mit Pöblern wie dir diskutiere ich nicht.
    In
    deinem Profil
    gibt es einen Button: "Diesen Benutzer ignorieren". Ich habe bei dir diesen Button gedrückt.
    Falls du noch weiter Wert darauf legst, im Marx-Forum zu posten (wieso eigentlich?), werden mir deine Postings nicht mehr angezeigt.


    Gruß Wal

  • @Wal: Ich wollt keinen Vorwurf machen, es war dieselbe Feststellung nochmal: Wenn der Glaube (und ich denke, so sollte man es einordnen) an die Eliten zerbricht, entsteht Ratlosigkeit.. es stellen sich dann genau die Fragen, die wir hier verhandeln. - Und... das mit dem Abwarten der Mehrheit und der "Ko-Existenz" kann man zwar auch auf das Verhältnis verschiedener Vergesellschaftungs-Experimente zueinander beziehen, aber gemeint war: Die Mehrheit macht - desillusioniert - weiter, und schaut (wenigstens Teile von ihr tun es) zu, was die Experimente bringen. Auch das mag man "Revolution" nennen, aber es ist doch ein ganz anderer Übergang als früher - der sollte nämlich einer sein von einem schlechten Staat zu einem "guten". Der Übergang weg vom Kapitalismus hingegen ist das Dämmern der Einsicht: Wir müssen (im wesentlichen) alles selber machen ("es rettet uns kein höh'res Wesen, kein Gott kein Kaiser kein Tribun"). Darum scheint mir auch das, was du unkommentiert gelassen hast, ganz konsequent: Die Leute tragen ihre Meinungsverschiedenheiten dann miteinander aus, und kriegen endlich mal mit, wie wenig sie eigentlich teilen - wo sie sich vorher einig waren, dass der Gegensatz immer nur zur "Regierung" und "dem Staat" besteht, über die und den alle meckern - das gute Volk sind "wir" schliesslich alle. Diese Betrachtungsweise entfällt dann, und der Streit geht los so wie zwischen uns hier (wobei dann auch deutlich wird, wie wenig entwickelt die Kultur öffentlicher Dialoge derzeit noch ist - in den Internet-Foren wird sie grad mühsam aufgebaut).
    Auf den Punkt mit den Divergenzen und wie sie sich zu "Argumenten" verhalten, komm ich hoffentlich später noch...


    @renee (und Wals Antwort):
    Was ich hier bei uns allen bemerke (und das setzt sich im quasi ausgelagerten Teil dieser Debatte bei Neoprene fort), ist das Nebeneinander von Skepsis, was die eigene Urteilsfähigkeit und die der Mitdiskutanten betrifft, und den dann doch immer wieder geäusserten Vermutungen ("ist doch wohl so, dass..", "es wird soundso sein..."), die immerhin so sehr einleuchten, dass man davon ohne weiteres praktische Schritte (Zustimmung und Ablehnung, sie btreffend) abhängig machen würde.
    Dabei wird unterstellt, dass das relevante Expertenwissen eines von Technikern, meinetwegen auch Betriebswirtschaftlern ist: technisch-organisatorisch.
    Die Produktivkräfte sind ja da, man könnte sie auch weiterentwickeln..
    Die Frage ist aber: was fangen wir alle zusammen mit ihnen an? wenn wir sie entwickeln - wohin?
    Und da kommen andere Wissensformen ins Spiel, und andere "Expertise". Ich sage die Beispiele:
    1.Grosstechnologie (ist nicht einfach mehr eine "Maschine", die man bedient, mit festgelegten "Mechanismen")
    2.Technische "Systeme" (Transport, Energie, Telekommunikation) - eigentlich ist die ganze moderne Industrie ein solches;
    3. Natürliche Systeme (geophysikalische (Klima, Meeresströmungen), Öko-Systeme)
    4. "Kulturlandschaften" (Landwirtschaft), anfällig
    5. Natürliche Systeme, beschädigt/destabilisiert
    6. System-artig weiterwirkende Technikfolgen ((Sonder)Müll-Deponien, schwer abbaubare Industriegifte)
    6. "wir selbst", "unser Körper"
    Der Umgang mit diesen Randbedingungen unserer Existenz erfordert weit reichende Eingriffe in die Lebensführung (Produktionsweise, Konsum) aller. Dazu müssen sie nachvollziehen können, worum es da geht. Hier ist ein Zusammenhang mit der "inneren Befreiung", die du erwähnst, renee: Es geht da um ganz elementare... naja, schon wieder: Orientierungen, Prinzipien (davon handeln, nebenbei, die "Divergenzen", die mit "Argumenten" so garnicht entscheidbar zu sein scheinen). Die möchte ich mit allen, die an meiner Stelle irgendwo forschen und entscheiden, teilen. Solange das nicht geklärt ist (klargestellt, worum es mir und den andern Beteiligten in diesen elementaren Hinsichten geht - bis heut hat ja kaum jemand drüber nachgedacht, stolpert bloss in Auseinandersetzunugen wie diesen hier drüber, wenn er merkt, dass etwas für selbstverständlich Gehaltenes auch ganz anders gesehen werden kann), und man glaubwürdig und absehbar zuverlässig darüber verständigt ist, trau ich keinem Experten. Zumal jeder Experte in so gut wie allem andern Nichtexperte ist, wie wir. Wer ist denn heute Experte fürs Grosse Ganze? Obwohl wir es erzeugen und von ihm abhängen, beherrschen "wir" es nicht, niemand beherrscht es. Und darum jetzt zu:


    Neoprene (und Wals Produktkreisläufe und Managerwissen): Der Wahnwitz der Privatverfügung über die Produktionsmittel ist nicht nur verbunden mit der elenden Klassenhierarchie, dem Ausschluss der allermeisten vom gesellschaftlichen Reichtum, ihrer Erpressbarkeit, Karnkheit, Armut - er ist eben auch verbunden mit diesem sozialreligiösen Wahn der Marktfreunde, gerade die NICHT-Übersicht und NICHT-Verständigtheit sei ganz besonders förderlich für die Abstimmung der Einzelproduktionen. Seltsam, Neoprene, dass es dir immer nur in DER Richtung ungut aufstösst: Einzelne erpressen viele; als ob es nicht genausogut andersherum gehen könnte: alle erpressen alle ("ihr seid nun mal jetzt die Stahlarbeiter, ihr kennt euch aus, und ihr habt zu liefern, sonst..."); als ob die Abstimmungen der "Allgemeinheit" (womöglich noch vermittelt von irgendwelchen Geschäftsordnungs-Leitern und -Vorsitzenden, die die Hand drauf haben, was zur Abstimmung gelangt) nicht auch getragen sein könnten von Rücksichtslosigkeit und Gleichgültigkeit gegen die betroffenen Minderheiten (und dazu gehören wir in irgendeiner Hinsicht alle). Der zentrale Einwand der "kommunalistisch" Orientierten lautet doch: Hört auf, solche Gegensätze VERWALTEN zu wollen, wenn ihr schon so fest mit ihrem Auftreten bzw Fortbestand rechnet; es kommt drauf an, sie verschwinden zu lassen.
    Hinter der Rede von Emanzipation taucht also eine andre auf: die Vorstellung einer Gesellschaft ohne Gegensätze - zumindest einer Gesellschaft, die sich nicht mit ihren Gegensätzen einrichtet.
    Zur Kontrolle der Produktflüsse will ich noch sagen: Gut möglich, dass man Reproduktion auf hohem Niveau halbwegs organisieren kann. Einfache Reproduktion, zumindest.
    Aber angesichts der aufgehäuften Schäden und Risiken wird die nicht stabil sein - man KANN eben nicht einfach auf diesem Niveau "weitermachen" - es ist nicht reproduzierbar. Und dann wirds schwierig.
    Wachsen, Schrumpfen, Umbauen, Neuentwickeln, Forschen... - nach welchen Prinzipien?


    Nochmal, zur Erinnerung: Die Leute werden fragen: Was kommt danach? Wie soll das gehen, wie organisiert sein?

    The post was edited 1 time, last by franziska: meine ewig blöden verschreiber ().

  • Franziskas Aufforderung, damit aufzuhören, den Dissens nur verwalten zu wollen, statt ihn zu überwinden, ist so richtig wie billig:
    Wenn sowieso schon inhaltlich Einigkeit darüber bestünde, was sein soll, dann wären so eigenartig formelle Streitereien Kommunalismis versus Kommunismus in der Tat verrückt und überflüssig. Da aber jetzt, und ich befürchte selbst in einer postkapitalistischen "Welt" (wie groß die dann wäre, erst mal dahingestellt) wird es inhaltlich eine ganze Bandbreite an unterschiedlich divergierenden Auffassungen geben. Und auch dann wird durch unterschiedliches organisatorisches damit Umgehen inhaltlich nichts geklärt und vereinheitlicht.


  • Ich bin ja nicht gegen Streit. Ich bin nur gegen unfruchtbaren Streit, der im Kern nur in dem Vorwurf an die andere Seite besteht, dass sie die eigene Ansicht nicht teilt.
    Aber noch ein Aspekt zum Stahlwerk - wir könnten ja auch ein Atomkraftwerk nehmen. Ich bin natürlich der Meinung, dass man nicht einfach so fortwirtschaften kann, wie der Kapitalismus gewirtschaftet hat. Ich bin auch der Meinung, dass es zwei grundlegende Motive für die Abschaffung des Kapitalismus gibt: Einmal der Wunsch nach Selbstbestimmung, nach Beseitigung der Fremdbestimmung. Der Kern und der Zweck (fast) aller Fremdbestimmung ist aber die Lohnarbeit. Die Lohnarbeit muss weg. Ich glaube, das ist das grundlegende Motiv, für das die große Masse der Lohnarbeiter gewonnen werden kann. Dann gibt es noch das Motiv, das dich umtreibt: Der Wunsch nach einer solidarischen und umweltschonenden Lebensweise. Ich denke, diese beiden Motive gehören zusammen. Ich denke, das eine geht nicht ohne das andere. Ich bin (wie du skeptisch), wenn man die Masse der heutigen Lohnarbeiter für ein bestimmtes Wirtschaftsmodell gewinnen will. Das muss, solange die wirklichen Produzenten keine wirkliche Entscheidungsmöglichkeit haben, wie ein Luftschloss aussehen. Ich hüte mich aber, die beiden Motive in ein "Stufenmodell" zu pressen. Mit "Stufen" und "Etappen" des Sozialismus haben wir nur schlechte Erfahrungen gemacht. Ich meine, was immer wir tun, es wird nur erfolgreich sein, wenn wir diese beiden antikapitalistischen Motive vereinen und gemeinsam anpacken.
    Hier in diesem Forum stehst du (bisher) relativ allein für das Motiv "alternative Wirtschaft", während ich und andere eher für das "Bremer" Motiv stehen: "Etwas Besseres als Lohnarbeit finden wir allzumal". Ich bin der Meinung, man kann und soll "alternative Wirtschaft" sofort und heute beginnen. Man kann und soll auch Betriebe ohne Lohnarbeit sofort und heute beginnen.
    Ich habe den Optimismus, dass das irgendwie und irgendwann zusammenwächst, wenn die Voraussetzungen da sind. :thumbsup:


    Gruß Wal

  • Zu dieser Fragestellung fällt mir ein Ingenieur ein, der Autobremsbeläge entwickeln muss, die bei gleichbleibender Dicke schon nach 35.000 Meilen verschleissen sollen anstelle von 50.000 Meilen. Verschwendet zwar Ressourcen, und steigert aber halt den Umsatz.


    Das hältst Du doch im Kopf nicht aus, wenn Du für so einen Scheiss eingeteilt wirst.

  • Doch, diesen Scheiß halten die Leute aus:
    Ich arbeite im Bereich FIRE (englisch für die von einem vernünftigen, eigentums- und geldfreien Standpunkt der Bedürfnisbefriedigung her betrachtet völlig überflüssigen Arbeisbereiche: Finanz-, Bank- und Versicherungsbranche, Immobilienwirtschaft). Da stöhnt regelmäßig mein Kollege gegenüber auf und murmelt was von Umweltsünde, wenn ich wieder mal einen Packen Fehldrucke in die Papiermülltonne schmeiße. Ansonsten quälen den überhaupt keine Überlegungen, was das eigentlich für eine Verschwendung von Lebensarbeitszeit derer (wie wir) ist, nur dafür zu arbeiten, damit aus anderer Leute Geld noch mehr Geld werden möge.

  • Hallo,
    In diesem Forum wird eifrig über die Gestaltung der nachkapitalistischen
    Gesellschaft diskutiert. Zuvor bleibt aber eine Aufgabe zu bewältigen: die
    sozialistische Revolution. Mit Zukunftsmusik bringt man die Massen nicht
    zum Tanzen.
    Ich vertraue auf die Vernunft der künftigen Generationen, die eine sozialistische
    Gesellschaft einrichten werden.
    Wenn sie das schlecht machen, müssen sie halt die Suppe auslöffeln, die sie sich
    eingebrockt haben.
    Beste Grüße,
    mars ...
    Dieser Artikel wurde bereits 9 mal gelesen.

  • Marszenner, es mag dich überraschen, aber wohl so gut wie jeder, der hier postet, allen voran die Moderatoren, ist sich dessen bewußt und laboriert daran, daß das mit der "einen Aufgabe" nicht so klappt. Einige beschäftigt dies seit Jahrzehnten, andere sind erst jüngst dazu gestoßen.
    Es wird dich andererseits überhaupt nicht überraschen, daß hier (und an ähnlichen anderen Internet-"Orten") weder "Massen" zu finden sind, geschweige denn in "unserem" Sinne zum Tanzen gebracht wurden oder werden. Dies ist ein recht enger Zirkel von noch nicht mal homogenen politischen Auffassungen/Genossen, die zu den in der Tat wenigen gehören, die sich mit "Zukunftsmusik" auseinandersetzen.


    Und das ist schon deshalb etwas Vernünftiges, ja gar Notwendiges (jedenfalls für revolutionär gesinnte Linke), weil dein wohlfeiles "Vertrauen" in die "künftigen Generationen" (wieso eigentlich erst in die und nicht schon die jetzige?) ungefähr soweit tragen wird wie früher das Gottvertrauen, befürchte ich.

  • Ich würde gern etwas zum "Zusammenwachsen" verschiedener kultureller Fortschritts-Tendenzen sagen, und damit auch indirekt etwas Unterstützendes zu einem Standpunkt, wie Wal ihn einnimmt. Darin sind ja zwei Momente enthalten: Das Entstehen von mehreren Zuständen bzw. bzw. von auf sie zulaufenden Entwicklungslinien) - geplant, aber auch ungeplant; und: das Zustandekommen von etwas Neuem durch Zusammentreten und sich wechselseitig Unterstützen der ausgereiften Zustände - ein Neues, das auf einmal ungeheuer kompakt und lebenstüchtig wirkt - um Grössenordnungen mehr als alle seine Komponenten.
    Auch das ist ein (immer noch sehr einfaches) historisches Entwicklungsmodell. Auch auf solche Verlaufsformen kann man sich (praktisch) einstellen. Und es muss nicht immer der EINE alles entscheidende Umsturz und Übergang sein, die Neugründung, der alles verändernde Neuanfang; es kann auch einfach ablaufen als ein sich selbst Beschleunigen vielfältiger Einzel-Übergänge, die zuletzt in ein stabiles epochal neues Rahmenwerk (ein Rahmenwerk neues Typs) münden. Aber auch das etabliert sich oft NEBEN den älteren Lebensformen und beginnt dann zäh und erfolgreich, sie zu verdrängen.
    Die marxistische Linke ist extrem stark auf das "Paradigma" einer "Revolution", des Erkämpfens der politischen Macht (auch zum Zweck ihrer Nichtausübung durch andre) fixiert; eigentlich ist das, in den besseren Versionen dieses Gedankens, bloss die Übersetzung des angestrebten Ziels, dass der Mehrheitswille sich auf die gesellschaftliche Einrichtung eines eigentumsfreien Zustands richtet.
    Marx und Engels hatten in ihren Anfängen zusätzlich zu diesem "Paradigma" und um es es herum noch einige weitere Arbeitshypothesen (so möchte ich sie nennen) über zentrale Dimensionen der historischen Entwicklung formuliert, die im Grund heutzutage Allgemeingut auch der akademischen Wissenschaft (Geschichte, der "historischen Soziologie") sind. Dabei spielt das "Zusammenarbeiten" und "Zusammenpassen" elementarer gesellschaftlicher Zustände eine grosse Rolle: verfügbare Technologie auf verschiedenen Gebieten, die Regulierung der Arbeitsorganisation, Güterverteilung und Güterflüsse zwischen verschiedenen Abteilungen der gesellschaftlichen Reproduktion, die mittel- und langfristig stabilen Willens-Verhältnisse, die die Beteiligten zueinander eingehen (etwa als Klassenordnungen, Vertragsverhältnisse ua). Dazu als zentralem Kern jeder halbswegs stabilen (und daher "epochalen") historischen Gesellschaftsverfassung und ihren Formen kommen jeweils "stützende" Momente - passende und neue Formen der Anpassung bereits existierender und unentbehrlicher Bestandteile des Lebens der Gesellschaftsmitglieder (es ist oft schwer zu sagen, ob die Fortschritte solch weiterentwickelter oder neuer Formen einer eigenen Entwicklungslogik foigen, die durch den "allgemeinen Aufschwung" einer Gesellschaft unspezifisch stimuliert werden, oder ob sie spezifisch geformt werden (und sei es auch durch adaptierende Selektion der best-angepassten Muster). Neben dem "Dialektik"-Modell der historischen Entwicklung hatten Marx+Engels bekanntlich auch noch die hierarchische Basis/Überbau-Beziehung anzubieten. Ob dieses ihr Kategoriensystem immer so passt - ob mit wachsender Ausdifferenzierung von Gesellschaften nicht auch ständig neue Kategorien in das Gesamt-"Bündel" der zusammenwirkenden Komponenten aufgenommen werden müssen - das wird vielleicht heute, immerhin 150 mit explodierenen Neuerunugen prall gefüllte Jahre später, etwas anders zu beurteilen sein.
    Was im Rückblick Sinn macht und oft unausweichlich auf sein Ziel zuzulaufen scheint (die Seit-Triebe, Abbrüche, teuren Fehlversuche nicht gezählt), ist in der (planenden) Vorrausschau viel schwerer, oft garnicht einzuschätzen. Aber auf EINE historische Figur, die Marx/Engels seinerzeit sehr wichtig war, sollte doch noch verwiesen werden - darum, weil sie mehr als andre zu einer Berichtigung der einseitigen Orientierung der Linken auf Umsturz und Plötzlichkeit des Übergangs beitragen könnte: das Heranreifen der Elemente einer neuen Produktionsweise "im Schosse der alten". Epochen stossen nicht bündig aneinander; die Frage "In welchem Jahr begann das Mittelalter?" (in Deutschland, Frankreich, England, Russland, Indien, Persien, China?) ist unsinnig. Eher schon könnte man sagen: Epochen laufen lange nebeneinander her; die ausgehende dauert fort, hat noch lange Macht über die Köpfe und das Leben vieler Menschen, oder über vieles IN ihrem Leben; während die neue über viele Entwickungsstänge, die sich langsam bündeln, an Kraft gewinnt, in Bevölkerungsgruppen, die neben den und inmitten der andern wohnen (wie in der biologischen Evolution; Marx wollte das "Kapital" ja nicht umsonst Darwin widmen; Vergleiche zwischen Natur- und Sozialgeschichte (dem ungeplanten in der Sozialgeschichte) sind auch sonst häufiger angestellt worden).
    Es ist in dem Zusammenhang wichtig, diese beiden Momente zusammenzunehmen: Etwas Neues entsteht im wesentlichen VOR seiner endgültigen Durchsetzung (und zwar notwendigerweise); und: das wirklich Neue sind nicht unbedingt Innovationen in BESTEHENDEN Entwicklungsdimensionen (die mögen dazu gehören); sondern neu sind neue Dimensionen menschlicher Entwicklung, die zuvor garnicht für entwicklungs- und fortschrittsfähig (letztlich: rational verarbeitetem anwachsenden Wissenserwerb, also LERNEN unterliegend) gehalten wurden.
    In den drei zentralen Zielsetzungen, denen eine eigentumsfrei, gesellschaftsweit durch die Produzenten selbst geplante Reproduktion dienen soll, die ich angeführt habe:
    bedürfnisorientiert
    ökologisch
    Umgleichzeitigkeiten abbauend
    hat man unter Umständen die nächst-anstehenden epochal neuen Lern- und Entwicklungs-Dimensionen ausgedrückt:
    mit dem ersten Ziel würde entwickelt die Lebensführung (bis hin zum Lebensentwurf) jedes Einzelnen in Gesellschaft, also aller Einzelnen;
    mit dem zweiten würde entwickelt unser völlig undurchdachtes Verhältnis zur Natur (angefangen bei unserer eigenen);
    mit dem dritten würde entiwckelt unser Verhältnis zur Geschichte, die ständig gegenwärtig ist in Gestalt zurückgebliebener Standpunkte, bei denen derzeit niemand weiss, durch was sie zum Fortschreiten bewegt werden könnten.
    (Anm.Der Bedürfnisbegriff, der unterstellt ist, wenn von "Bedarfsermittlung" gesprochen wird, ist ein arg verkürzter. Er geht von uns als KONSUMENTEN aus, und der selbstverständlichen Abtrennung unserer Bedürfnisse dort von denen in der Produktion - einer fundamentalen Zerreissung unseres gesamten Lebenszusammenhangs.)
    Ich muss hier unterbrechen, und wollte das schon mal beigetragen haben.

  • (Ich bin derzeit unterwegs und kann leider nur portionsweise weiterschreiben, auch zum Korrekturlesen oder Antworten komm ich jeweils erst später. Daher die Verzögerungen.)
    Was wäre denn aber das grundlgende Neue in der Beachtung dieser drei Ziel- und Entwicklungs-Dimensionen der gesellschaftlichen Reproduktion - sind sie nicht insgesamt hoch im Kurs stehende und allgemein anerkannte Werte moderner Gesellschaften, neben andern, wie: Produktivitätssteigerung, Erforschung der Natur zu ihrer Beherrschung, Umsetzung der so gewonnenen Erkentnisse in eine effiziente Technik und Produktion ua?
    Und scheint es nicht, als stünde einzig die private Verfügung über die Produktionsmittel dem entgegen?
    Der grundlegende Unterschied zu bisherigen Weisen, den genannten Anforderungen gerecht zu werden, ist: Dass man sie bislang zum Inhalt von arbeitsteilig betriebenen Abteilungen der gesellschaftlichen Reproduktion machen wollte (kapitalistisch auch gemacht hat, soweit sie im Kap. Beachtung finden). Dabei sind die je in diesen Abteilungen Beschäftigten Produzenten, gesellschaftlich ist als Folge ihrer zahllosen Einzelanstrengungen ein Haufen, oder besser: ein Fluss an Gütern und ein Konvolut, oder besser: ein System an Dienstleistungen verfügbar, das nun an zu bestimmende (im Kap.: zahlungskräftige) Konsumenten zu verteilen ist. Innerhalb ihres Lebens wechseln die Einzelnen (auch die der genannten Abteilungen) ständig - entlang der Grenze zwischen Beruf und Freizeit - zwischen den beiden Rollen von Produzent und Konsument hin und her - aus dem Leben der Produzenten fliessen die Güter und Dienste in das anderer (dann als Konsumenten). Dies ist die jedem Kind geläufige moderne Arbeitsteilung; allein der Name sagt es bereits: Was hier auf-geteilt werden soll, sind die Arbeiten; wenn alle Produzenten, voneinander getrennt, in Stellung gebracht sind, könnten "sie" (oder auch kap. die Konkurrenz) über die Widmung der Produkte (Güter und Dienste) verfügen - die Frage beantworten, wem als Konsumenten sie zukommen. - Der kommunalistische Ansatz sagt nun, etwas undurchsichtig: Den Produzenten soll das Produzierte zukommen, zumindest sollen sie "selbst" bestimmen, wem es zukommt, eigentlich und in der Hauptsache (von Kindern, Alten, Kranken abgesehen) "ihnen selbst".


    In der marxistischen Tradition gibt es da eine bemerkenswerte Spaltung, die in den diversen "Politischen Ökonomien" des Realsozialismus ausdrücklich umgesetzt war: JETZT, nicht anders als im überwundenen Kap., werden erstmal noch Produktivkräfte entwickelt - sobald die hinlänglich dasind, das Güter-"Füllhorn" ordentlich gefüllt, wird der Druck zurückgefahren, das Reich der Notwendigkeit geht in das der Freiheit über. Das Reich der Freiheit ist dann eines, wo Glück keineswegs nur im Konsum steckt, vielmehr, in Marx' Worten, die Arbeit sogar das wichtigste Lebensbedürfnis geworden ist - was (fatale Doppeldeutigkeit) hoffentlich nicht so gemeint war, dass nun alle workoholics geworden sind, und einfach nicht mehr merken, was sie sich im Produzieren antun; vielmehr ist in dem Satz anerkannt, dass produktive Tätigkeit beinah das ganze Leben ausfüllen KÖNNTE - und das ERFÜLLEND, beglückend. Ein wenig verbrämt ist damit hinzugesagt: Die produktive Tätigkeit zuvor hat diese potentielle Qualität nicht. Zwischen der einen Art zu produzieren und der andern steht ein Aufschwung der Technik: An der scheint es gefehlt zu haben, wenn wir nicht schon heute nach erfolgreichem Herausgang aus den kap.Verhältnissen, zum glücklichen Lernen, Leben, Arbeiten übergehen dürfen.
    Wann wäre der Punkt des Übergangs denn erreicht? In den Angaben, die die Befürworter dieses Konzepts dazu machen, lesen wir allenfalls etwas von einer Art Pegel, einer unbestimmten Messmarke, bis zu der der Güterfluss gestiegen sein muss. - Umschlag von Quantität in Qualität?
    Die Antwort liegt vielleicht im Begriff von Technik, der da ganz selbstverständlich unterstellt ist. Von dieser Technik wird nicht etwa behauptet, dass sie bedürfnis-feindlich ist, im Gegenteil: Sie ist ABSTRAKT gereichtet auf die Totalität ALLER Bedürfnisse, die man überhaupt haben kann; und das dadurch, dass sie darauf zielt, alles, was man will, zu KÖNNEN: Alle NOTWENDIGKEITEN zu meistern. Das Reich der Notwendigkeit ist ein unendliches Feld technologischer Herausforderungen - Herausforderungen, die darauf hinauslaufen, mit dem, was man schon kann, durch Zusammensetzung und systematische Abwandlung noch mehr zu können. - "Mehr", auf sich selbst bezogen und sein eigenes Mittel: Das kommt einem bekannt vor, aber wichtiger als diese Assoziation ist, dass diese Bewegung eben gerade keine in ihr liegende Schranke hat, sie ist gerade in ihrer reinen Mass-Bezogenheit masslos, kriterienlos. Der Punkt des Übergangs wird so NIE erreicht; er ist nurmehr die Riesen-Karotte zum Antrieb der Esel, die diesen Karren vorwärtsziehen, ohne begriffen zu haben, dass ihre Fortbewegung schon das ist, worauf es einzig ankommt.


    Das Reich der Freiheit, des Produzenten-Glücks - haben wir je mehr davon erfahren als dass es etwas ganz und gar JENSEITS aller Gegenwart Liegendes (etwas "Transzendentes", alles Gegenwärtige Überschreitendes) sein muss? Alle (ebenso unbestimmten) Sehnsüchte richten sich darauf, alles Gegenwärtige hingegen ist entwertet, der Nicht-Sehnsuchts- und Nichterfüllungs-Inhalt schlechthin, den es gilt wegzuarbeiten. (Schon wieder so ein Universalhindernis, das zwischen uns und dem Glück liegt...)
    Wer Technik durch ihren Bezug auf sich selbst definiert, hat dies Reich gleich zu Beginn verfehlt - er zielt in eine falsche Richtung, und läuft immer mehr in die Irre, je weiter er damit kommt. - Der Fehler liegt darin, das EXTERNE Ziel nicht wirklich zu bestimmen, auf das Technik und technologischer Fortschritt bezogen bleiben muss; davon haben alle kommunistischen Formeln zumindest eine Ahnung, die uns sagen: es solle endlich bedürfnis-bezogen geplant und entwickelt werden. Es bleibt bei der Ahnung,und insofern beim Allmachts-Technik-Begriff, als man sich den Befreiungschlag im Grund nur als Anhalten der unendlicihen Bewegung (auf dem erreichten hohen Stand der Produktivkräfte) denken kann.
    Marx war da etwas weiter; in der Anfangszeit seiner ökonomischen Studien wurde er allem Anschein nach angetrieben unter anderm von einer Kommunismus-Formel, die da lautete (solche Stellen gibt es ja im Umfeld der Grundrisse): Die Teilung der Arbeit endet dann. Damit, so die Idee, würde gleich ein zweifacher Bann gebrochen: Die wechselseitige Erpressung der Produzenten würde enden, aber zugleich das Elend der Einseitigkeit und Verkrüppelung, des Ausschlusses vom gesellschaftlich verfügbaren Reichtum an Lebensmöglichkeiten würde beendet werden. (Der Begriff der abstrakten Arbeit hat dann in der Marx'schen Ökonomie eine erstaunliche Karriere gemacht - aber davon müsste anderswo geredet werden.)
    Und dann gibt es da ja noch eine Kommunismus-Formel: Die Entwicklung JEDES EINZELNEN soll die Bedingung der Entwicklung aller sein. - Was heisst DAS denn? Ist über das wahrhaft Revolutionäre dieses Satzes je nachgedacht worden? Er läuft darauf hinaus zu sagen: Das Leben, ja womöglich sogar die Lebensführung von Tag zu Tag einzelner Menschen ist das Feld, auf dem sich ab dann abspielt, was da nur noch als Fortschritt gilt. NICHT "die" Produktivkräfte, "die" Wissenschaft, "der" Lebensstandard, oder was "wir" (vertreten durch : DIE Medizin, DIE Technik) derzeit schon alles können. Gewiss: das braucht man nicht gegeneinander ausspielen, im Gegensatz müssen diese beiden Entwicklungs-Dimensionen nicht stehen; aber dann muss man sie auch in jene Beziehung bringen, in der sie wirklich zusammenarbeiten, und nicht gegeneinander isoliert sind (wie es die Trennung von Existenzweisen "als Produzent" und "als Konsument" womöglich nahelegt).
    Wie arbeiten sie zusammen? Wir arbeiten technische Verfahren mit menschlichen Wünschen und (zwanglos und gern betätigten) Fähigkeiten zusammen? Wie sieht eine Technik aus, die unseren BEDÜRFNISSEN ALS PRODUZENTEN gerecht wird - einer Lebensform und Produktionsweise somit, wo man im guten Sinn sagen kann: "Wenn wir gut leben, arbeiten wir zugleich; wenn wir gut arbeiten, leben wir dabei gut: Das gute Leben ist da auch das produktive; der Widerspruch ist gelöst"?

  • Und dann gibt es da ja noch eine Kommunismus-Formel: Die Entwicklung JEDES EINZELNEN soll die Bedingung der Entwicklung aller sein. - Was heisst DAS denn? Ist über das wahrhaft Revolutionäre dieses Satzes je nachgedacht worden? Er läuft darauf hinaus zu sagen: Das leben, ja womöglich sogar die Lebensführung von Tag zu Tag einzelner Menschen ist das Feld, auf dem sich ab dann abspielt, was da nur noch als Fortschritt gilt. NICHT "die" Produktivkräfte, "die" Wissenschaft, "der" Lebensstandard, oder was "wir" (vertreten durch : DIE Medizin, DIE Technik) derzeit schon alles können. Gewiss: das braucht man nicht gegeneinander ausspielen, im Gegensatz müssen diese beiden Entwicklungs-Dimensionen nicht stehen; aber dann muss man sie auch in jede Beziehung bringen, in der sie wirklich zusammenarbeiten, und nicht gegeneinander isoliert sind (wie es die Trennung von Existenzweisen "als Produzent" und "als Konsument" womöglich nahelegt).
    Wie arbeiten sie zusammen? Wir arbeiten technische Verfahren mit menschlichen Wünschen und (zwanglos und gern betätigten) Fähigkeiten zusammen? Wie sieht eine Technik aus, die unseren BEDÜRFNISSEN ALS PRODUZENTEN gerecht wird - einer Lebensform und Produktionsweise somit, wo man im guten Sinn sagen kann: wenn wir gut leben, arbeiten wir zugleich; wenn wir gut arbeiten, leben wir dabei gut: Das gute Leben ist da auch das produktive; der Widerspruch ist gelöst.



    Hallo Franziska,
    hier sehe ich die große Trennlinie zwischen Karl Marx (plus dem Großteil des Anarchismus) auf der einen Seite und der Tradition der Arbeiterbewegung als sozialdemokratische wie kommunistische Ausprägung auf der anderen Seite.
    Für Marx, für den Anarchismus und für allen mehr oder minder spontanen Emanzipationsbewegungen besteht die Gesellschaft aus einer Kooperation von Individuen, auch wenn Teile dieser Individuen als Schichten und Klassen gewisse Gemeinsamkeiten aufweisen:„Was ist die Gesellschaft, welches immer auch ihre Form sei? Das Produkt des wechselseitigen Handelns der Menschen.“ K. Marx, Brief an Annenkow, MEW 4, 548.


    Die Gesellschaft ist hier Subjekt der Geschichte als Produkt aller Individuen der Gesellschaft, und gesellschaftliches Handeln ist da notwendig die Summe oder das Produkt allen individuellen Handelns: "Es stellt sich hierbei allerdings heraus, dass die Entwicklung eines Individuums durch die Entwicklung aller anderen, mit denen es in direktem oder indirektem Verkehr steht, bedingt ist, und dass die verschiedenen Generationen von Individuen, die miteinander in Verhältnisse treten, einen Zusammenhang unter sich haben, dass die Späteren in ihrer physischen Existenz durch ihre Vorgänger bedingt sind, die von ihnen akkumulierten Produktivkräfte und Verkehrsformen übernehmen und dadurch in ihren eigenen gegenseitigen Verhältnissen bestimmt werden. Kurz, es zeigt sich, dass eine Entwicklung stattfindet und die Geschichte eines einzelnen Individuums keineswegs von der Geschichte der vorhergegangenen und gleichzeitigen Individuen loszureißen ist, sondern von ihr bestimmt wird.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 423.


    Für die traditionelle Arbeiterbewegung (Sozialdemokraten und Kommunisten) ist "die Gesellschaft" ein Inneres oder Höheres, das von der Masse der Gesellschaftsmitglieder getrennt existiert. Nur als solches getrennt Existierendes kann "DIE Gesellschaft" von einer kleinen Gruppe von Menschen "repräsentiert" werden, ja okkupiert werden. Sie sind dann als Repräsentanten der Gesellschaft die "eigentliche", die "bessere Gesellschaft". Ihre Gedanken und ihr Wille repräsentieren die "Gesellschaft FÜR SICH", während die Masse der Gesellschaftsmitglieder nur eine "Gesellschaft AN SICH" bilden, eine Gesellschaft in embryonaler Form, die noch ausgebildet und zum "sozialistischen Menschen" umgeformt werden muss.
    Hier haben wir eine Gesellschaft als Subjekt - das sind die denkenden Planer als "Kopf der Gesellschaft" und wir haben eine Gesellschaft als Objekt - das sind ihre "Hände", die verplanten Produzenten. In dieser zweigeteilten Gesellschaft sind die
    die Repräsentanten der "Gesellschaft FÜR SICH" notwendig die Vormünder aller anderen Individuen. Aber das ist halt nur zu deren Bestem! Von Marx ist das weit entfernt und von Emanzipation als selbsttätige Befreiung ist das weit entfernt!
    Damit diese Vormundschaft noch halbwegs als Emanzipation aller hingestellt werden kann, wurde das "Zweistufenmodell des Kommunismus" entwickelt - eine niedere Stufe, die für die Masse der Individuen noch alle schlimmen Merkmale der alten Gesellschaft trägt, während sie für die kleine Minderheit der "Repräsentanten" schon etliche Elemente des "wahren Kommunismus", der bewussten Planung trägt.
    Und irgendwann in ferner Zukunft kommt dann die "zweite Stufe" des Kommunismus über die Menschheit, für die alles Glück und alle Verheißungen aufgespart werden sollen.
    Nein, danke!
    Gruß Wal

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