Kommune Bochum. Mein Modell einer solidarischen und bedarfsgerechten Planwirtschaft

  • Kommune Bochum.
    Modell einer genossenschaftlichen Wirtschaft

    Vorbemerkung:
    Eine unbewältigte und unverarbeitete Erblast der Arbeiterbewegung und aller Emanzipationsbewegungen in Deutschland sind die unbefriedigenden Erfahrungen mit dem Staatssozialismus der DDR und der Sowjetunion. Es gab und gibt eine Fülle von negativer Kritik am Sowjetsystem, aber es gab und gibt bis heute kein alternatives Modell, das alle Emanzipationsversprechen der radikalen Arbeiterbewegung wahrmachen würde und Verhältnisse garantierte, in denen kein Mensch „ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (K. Marx, MEW 1, 385)
    Mit der „Kommune Bochum“ wird ein Modell der nachkapitalistischen Wirtschaft vorgestellt – einer Wirtschaft, die ohne Geld wirtschaftet und nicht am Profit orientiert ist, sondern an den Bedürfnissen der Menschen.


    Es gibt in der Linken eine breite Debatte über kapitalistisch geprägte Bedürfnisse der Menschen in der heutigen Gesellschaft. Es geht in dieser Debatte um die Vermeidung zerstörerischer Technologien. Es geht um Schonung und Erhaltung unserer natürlichen Umwelt. Es geht um die Erhaltung und Förderung der tierischen und menschlichen Gesundheit. Diese „Kritik der Bedürfnisse“ ist wichtig und zukunftweisend, dennoch spielt sie in dem folgenden Modell der selbstverwalteten, genossenschaftlichen Wirtschaft zunächst keine Rolle. Sie kann zunächst keine Rolle spielen, weil ich davon ausgehe, dass geänderte Bedürfnisse der Menschen nicht Voraussetzung, sondern Folge einer emanzipierten Gesellschaft sind. Mit der „Kommune Bochum“ skizziere ich ein sozialistisches Wirtschaftsmodell, das mit den heutigen Menschen und ihren heutigen Bedürfnissen funktionieren kann und funktionieren soll. Ich beschränke mich auch nur auf die Organisation der Wirtschaft. Wer eine ausgearbeitete „konkrete Utopie“ mit „politischer Verfassung“, Bildungs- und Kulturwesen usw. erwartet, den werde ich enttäuschen. Ich behandle im Folgenden allein die Selbstverwaltung der Wirtschaft, weil ich deren Organisation für die wichtigste und vielleicht auch komplizierteste Frage halte. Alles Weitere wird sich daraus ergeben.
    Ich nenne dieses Wirtschaftsmodell „Kommune Bochum“, weil es auf den Gedanken und Forderungen des „Bochumer Programms“ basiert und aus der Diskussion mit anderen Initiatoren des Bochumer Programms – vor allem mit Robert, Peter und Angela - erwachsen ist.


    In einem Brief an den deutschen Arbeiterführer Bebel schrieb F. Engels im Jahr 1875: „Die deutsche Arbeiterpartei erstrebt die Abschaffung der Lohnarbeit und damit der Klassenunterschiede vermittelst Durchführung der genossenschaftlichen Produktion in Industrie und Ackerbau auf nationalem Maßstab.“ F. Engels an Bebel (1875), MEW 19, 6.
    „Genossenschaftliche Produktion auf nationalem Maßstab“ entspricht der Beschreibung der klassenlosen Gesellschaft bei Marx als „eine Gesellschaft von Individuen, die vereint sind auf der Grundlage der gemeinsamen Aneignung und Kontrolle der Produktionsmittel.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 77. Und Marx fügte seiner Beschreibung der klassenlosen Gesellschaft noch hinzu: „Letztere Vereinigung ist nichts Willkürliches: sie setzt die Entwicklung materieller und geistiger Bedingungen voraus...“


    Im Folgenden versuche ich zu klären, wie eine genossenschaftliche Produktion auf nationalem Maßstab, bei der die Gesellschaftsmitglieder die Produktionsmittel gemeinsam anwenden und kontrollieren, mit den heutigen materiellen und geistigen Bedingungen aussehen könnte oder aussehen müsste.



    1. Planungsschritt: Erfassung der vorhandenen Bedürfnisse
    Die kapitalistische Produktion wird vom „Markt“ gesteuert. Marktteilnehmer sind Menschen mit viel oder mit wenig Geld in der Tasche. Der Markt ist der heilige Gral der Kapitalisten.
    Eine selbstverwaltete und selbstbestimmte Wirtschaft kann nicht mit den Zufällen des Marktes beginnen und noch weniger mit der zahlungskräftigen Nachfrage. Geld und Markt sind kapitalistisch und können und dürfen in einer genossenschaftlichen Produktion keine Rolle spielen. Eine selbstverwaltete, genossenschaftliche Wirtschaft muss mit den wirklich vorhandenen Bedürfnissen beginnen. Bevor ein Individuum produziert und produzieren kann, muss es schon konsumieren.
    Bevor ein Individuum im Kapitalismus konsumieren kann, muss es über Geld verfügen. Kapitalistische Lohnarbeiter verfügen über eng begrenzte Geldmittel. Bevor sie ihr Geld weggeben, müssen sie sich auch gut überlegen, was sie kaufen und in welcher Menge. Der Lohnarbeiter „ist aber nicht an besondere Gegenstände seines Konsums, noch an eine besondere Weise seines Konsums gebunden. Er ist nicht qualitativ vom ... Kreis der Genüsse... ausgeschlossen, sondern nur quantitativ. Dies unterscheidet ihn vom Sklaven, Leibeigenen etc...“ Karl Marx, Grundrisse, 194.
    In der genossenschaftlichen Produktion benötigen die Individuen kein Geld. Sie benötigen aber ein Bewusstsein ihrer Bedürfnisse nach Art und Menge gegliedert. Sie erhalten ihre Konsummittel nicht über Geld, sondern über Bestellung.
    Als Privatmensch kennt man das vom Versandhandel und vom Internethandel. Tatsächlich kaufen die Kapitalisten schon seit Jahrhunderten ihre Produktionsmittel und auch einen Teil ihrer hochwertigen Konsumtionsmittel nur über Bestellung und im Auftrag.
    Auch die freien Genossenschaftler einer Kommune müssen sich vor ihrem Konsum und vor ihrer produktiven Arbeit überlegen, was sie in welcher Menge benötigen und wünschen. Diese Überlegungen werden leichter, wenn man die Konsumartikel ein bisschen strukturiert und sortiert.
    Zum Beispiel, wenn der Bestellbogen der individuellen Bedürfnisse folgendermaßen strukturiert ist:


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    Die Welt des privaten, individuellen Konsums ist hier in acht Gattungen eingeteilt. Jede Gattung teilt sich in verschiedene Arten. Bei der Gattung „Nahrung“ sind es fünf Nahrungsarten. Die Nahrungsarten unterteilen sich in Lebensmittelsorten. Bei der Nahrungsart „Getränke“ sind es hier sechs Lebensmittelsorten. Und jede Sorte unterteilt sich in einzelne Artikel. Bei der Getränkesorte „Bier“ sind es hier die fünf Artikel Weizenbier, Malzbier, Pils, Kölsch, Dunkles.
    Mit Hilfe einer so gegliederten Liste kann jeder einzelne Genossenschaftler und jeder Haushalt seinen privaten Bedarf für den täglichen, wöchentlichen oder längerfristigen Verbrauch anmelden. Das könnte zum Beispiel so aussehen:


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    Stellvertretend für alle Konsumgattungen sind hier die Artikel aus der Getränkesorte Bier aufgeführt.


    Die Individuen und Haushalte der Kommune haben zwar private Bedürfnisse, aber zur Erfüllung dieser Bedürfnisse benötigen sie die Mithilfe und Mitarbeit der anderen Kommune-Mitglieder. Deshalb geben die Individuen und Haushalte der Kommune ihre aktuellen Bedürfnisse bei der Kommune in Auftrag. Diese Bestellungen können über Telefon, über Internet oder durch die Briefpost erfolgen, aber sie müssen in einer kommunalen Rechnungsstelle gesammelt, sortiert und summiert werden.
    Resultat des 1. Schrittes ist dann die kommunale Bedarfsliste der gemeldeten privaten Konsumtionsmittel.
    Die könnte dann so aussehen:


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    Eine kommunale Rechnungsstelle sammelt und sortiert die Aufträge für den privaten Bedarf. Nach dem Sammeln und über das Addieren hinaus muss diese Rechnungsstelle die Konsumartikel noch in Produktionsaufgaben umrechnen. Brot und Backwaren oder Milch werden täglich verzehrt und müssen wie Energie und Leitungswasser täglich neu geliefert oder auch produziert werden. Kartoffeln, Bekleidung oder Bier haben eine längere Haltbarkeit und können in größeren Abständen auf Vorrat produziert werden. Fahrzeuge und Wohnraum benötigen lange Produktionszeiten, haben aber auch eine lange Lebensdauer. Im Kapitalismus regelt der Markt den zeitlichen und saisonalen Auf- und Abschwung der Nachfrage nach verschiedenen Warengruppen. In der genossenschaftlichen Wirtschaft muss das gemeinsam durchdacht und geplant werden. Aber es werden sich hier bald Erfahrungswerte einstellen.


    Zwischenbemerkung:
    Für jemanden, der in der kommunistischen Literatur bewandert ist, dürfte auffallen, dass hier nur individuelle Bedürfnisse, aber nicht die individuelle Arbeitsleistung erfasst werden. Bezugnehmend auf die Ausführungen von Karl Marx in der Kritik des Gothaer Programms ist es linke Gewohnheit oder gar linkes Dogma, dass im Sozialismus die Deckung des Konsums durch die Produktion auf individueller Ebene berechnet wird, so dass jedes Individuum nur soviel an Konsumtionsmittel erhält, als es an individueller Produktionsleistung für die Gemeinschaft beiträgt.
    Karl Marx hat diese Verteilung auf der Basis individueller Arbeitsleistung deutlich als „Missstand“ und als „bürgerliches Rechtsprinzip“ gekennzeichnet, das nur „in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft unvermeidbar“ sei. Ich gehe davon aus, dass die Kommunikations- und Produktionsmittel inzwischen soweit entwickelt sind, dass im 21. Jahrhundert diese „erste Phase der kommunistischen Gesellschaft“ vielleicht nur wenige Wochen oder Monate dauert und deshalb in Modell der „Kommune Bochum“ keine Rolle spielt. Die Deckung der Bedürfnisse durch die Produktion, das heißt die Übereinstimmung von Konsumtion und Produktion wird in der Kommune Bochum nicht auf individueller Ebene hergestellt, sondern auf der gemeinschaftlichen Ebene der Kommune. Sofern die Summe alle Konsumtionsmittel nach Art und Menge auf der Ebene der Kommune durch die gemeinschaftliche Produktion gedeckt wird, spielt es keine Rolle mehr, ob ein einzelnes Kommunemitglied viel oder wenig oder gar nicht gearbeitet hat. Wie bei einer Haushaltsgemeinschaft müssen in der Kommune die gesamten Konsumtionsmittel durch die gesamten „Einkünfte“, also durch die Gesamtproduktion gedeckt sein.


    Unter den Voraussetzungen der Deckung „von Nachfrage und Zufuhr, von Produktion und Konsumtion; in letzter Instanz proportionale Produktion, ... so wird die Geldfrage ganz sekundär, und speziell die Frage, ob Scheine, blaue oder grüne, blecherne oder papierene ausgegeben werden oder in welcher anderen Form die gesellschaftliche Buchführung gehandhabt wird.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 71.


    In der Kommune Bochum wird die gesellschaftliche Buchführung so gehandhabt, dass zunächst die individuellen und öffentlichen Bedürfnissen erfasst werden, aber der Abgleich und der Ausgleich dieser erfassten Bedürfnisse mit den produktiven Möglichkeiten nicht auf individueller Ebene, sondern auf der Ebene der Kommune erfolgt.


    2. Planungsschritt: Erstellung einer kommunalen Bedarfsliste des öffentlichen Konsums
    Jeder Mensch lebt zunächst als Individuum und hat als Individuum individuelle Bedürfnisse. Darüber hinaus existiert eine Vielfalt von öffentlichen Bedürfnissen, die ebenso erfasst, geplant erarbeitet und bereitgestellt werden müssen, wie die privaten Bedürfnisse. Dazu gehören Bildungsstätten, Verkehrseinrichtungen, Gesundheitsversorgung, aber auch Vorsorge für Notfälle und Katastrophen. Anders als in der kapitalistischen Wirtschaft zählen auch die Produktionsmittel, da sie gemeinsam genutzt werden, zu den öffentlichen Aufgaben. Erneuerung und Erweiterung der Produktionsmittel ist in der genossenschaftlichen Wirtschaft Teil der öffentlichen Aufgaben.


    Aus der Erfahrung der kapitalistischen und der staatssozialistischen Länder gibt es bestimmte Größenordnungen zwischen privatem und öffentlichem Konsum. In den USA macht der private Konsum derzeit rund 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in Deutschland macht der private Konsum rund 60 Prozent der Wirtschaftsleistung. In der Sowjetunion waren es zuletzt 25 Prozent.
    In diesen Ländern und Wirtschaftssystemen haben und hatten die Werktätigen keinen Einfluss auf die Teilung des gesellschaftlichen Reichtums in privaten und öffentlichen Konsum. In einer genossenschaftlichen, klassenlosen Gesellschaft entscheiden die Genossenschaftler auch über diese Frage. Darüber muss dann gemeinsam beraten und entschieden werden. Bei der Frage ist zu beachten, dass individueller und öffentlicher Konsum eng miteinander verzahnt sind. Zum Beispiel sind öffentliche Verkehrsmittel oder Restaurants gemeinschaftliche Konsumgüter, aber genutzt werden sie meist individuell und sie befriedigen individuelle Bedürfnisse. Anders ist es allerdings bei der Erneuerung oder Erweiterung von Produktionsmittel. Sie werden gemeinschaftliche genutzt, nicht individuell. Für die meisten öffentlichen Güter gilt, dass ihre Bereitstellung längere Vorbereitungs- und Arbeitszeiten erfordern. Das geht in der Regel auf Kosten des individuellen Konsumtionsfonds.
    Der Einfachheit halber nehme ich an, dass die Genossenschaftler der Kommune Bochum nach Diskussion und Klärung der verschiedenen Bedürfnisse sich auf ein Verhältnis des privaten zu öffentlichem Konsum von 50 : 50 einigen.


    Die ersten beiden Schritte des Planungsprozesses erfassten die Wünsche der Kommune für den privaten und den öffentlichen Konsum. Nun folgen die Planungsschritte zu ihrer Realisierung.


    3. Planungsschritt: Erstellung der kommunale Bedarfsliste der Produktionsmittel
    Aus der kommunalen Bedarfsliste der privaten und öffentlichen Konsumtionsmittel muss der aktuelle Bedarf der Kommune an Produktionsmittel berechnet werden. Produktionsmittel sind Energie, Gebäude, Rohstoffe, Werkstoffe, und schließlich der vorhandene und willige Arbeitseinsatz auf den jeweiligen Produktions- und Qualifikationsfeldern.
    In jedem kapitalistischen Großbetrieb gibt es heute schon so einen Planungsprozess, in dem festgelegt wird, was und wie viel im folgenden Jahr produziert werden soll, und wie und wofür die vorhandenen Sach- und personellen Mittel eingesetzt werden sollen. Diese innerbetrieblichen Planungsprozesse gilt es auf die verschiedenen Branchen und Wirtschaftszweige der Kommune zu übertragen.
    Neu und anders ist allerdings, dass in der Kommune alle Gesellschaftsmitglieder gemeinsam diese Frage entscheiden. Weder im Kapitalismus noch im Staatssozialismus besaßen die Werktätigen diese Entscheidungsfreiheit. Im Kapitalismus entscheidet allein der Kapitalist (in Gestalt der Geschäftsführung), im Staatssozialismus entschieden die Planungsbürokraten.
    Ziel und Zweck dieses Planungsprozesses ist die Übereinstimmung von Konsumtion und Produktion. Siehe Karl-Marx-Lexikon: „Verteilung“


    „Gesellschaftliche Produktion heißt, ... dass die Gesellschaft, wie nach einem Plan, ihre Produktionsmittel und Produktivkräfte verteilt in dem Grad und Maß wie nötig zur Befriedigung ihrer verschiedenen Bedürfnisse, so dass auf jede Produktionssphäre das zur Befriedigung des Bedürfnisses, dem sie entspricht, nötige Anteil des gesellschaftlichen Kapitals falle.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 529.


    Die unterschiedlichen Bedürfnisse müssen nach Art und Umfang aus unterschiedlichen Produktionszweigen bedient werden. Dazu ist es hilfreich, die einzelnen Produktionszweige überschaubar zu gliedern. Siehe dazu die folgende Grafik am Beispiel des Bierbrauens.


    kommune04.jpg


    Zunächst teilen sich die Produktionsmittel in sachliche und personelle Mittel.
    Siehe im Karl-Marx-Lexikon: Produktionsmittel
    Die sachlichen Mittel sind hier in fünf Arten unterteilt, die sich jeweils in Unterarten gliedern. Da hier die Bierbrauerei als Beispiel dient, gibt es die vier Rohstoffe Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Aus den sachlichen und personellen Produktionsmitteln muss eine Bedarfsliste der benötigten Produktionsmittel erstellt werden. Vielleicht wie in der folgenden Gliederung:


    kommune05.jpg


    Bei den personellen Mitteln spielen die vorhandenen Qualifikationen eine Rolle – wo benötigte Qualifikationen fehlen, müssen diese in den öffentlichen Bildungsbedarf aufgenommen werden – und nicht zuletzt die Arbeitsstunden, die zur Herstellung dieser verschiedenen Arten und Artikel des privaten und öffentlichen Konsums nötig sind. Der Einfachheit halber halte ich hier nur eine einzige Zahl fest: Die Arbeitsstunden, die zur Erfüllung der privaten und öffentlichen Bedürfnisse als nötig berechnet wurden. Das seien insgesamt 6 Millionen Wochenstunden.


    In diesem 3. Planungsschritt wurden die unterschiedlichen Bedürfnisse als Produktionsaufgabe unterschiedlichen Wirtschaftszweigen zugeteilt.


    4. Planungsschritt: Kommunale Produktionsbilanz (Bedarf/Wunsch – Realisierbarkeit)
    Im nächsten Schritt muss eine kommunale Bilanz erstellt werden, die die Wünsche und Bedürfnisse auf ihre Realisierbarkeit prüft.


    „Nur wo die Produktion unter wirklicher vorherbestimmender Kontrolle der Gesellschaft steht, schafft die Gesellschaft den Zusammenhang zwischen dem Umfang der gesellschaftlichen Arbeitszeit, verwandt auf die Produktion bestimmter Artikel, und dem Umfang des durch diese Artikel zu befriedigenden gesellschaftlichen Bedürfnisses.““ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 197.


    Dabei stehen auf der einen Seite alle sachlichen Mittel, die für den gemeldeten Bedarf nötig sind: alle Rohstoffe, alle Hilfsstoffe, alle Energiearten und Energiemengen, alle Maschinen, alle Gebäude. Dem wird gegenübergestellt, was die Kommune an Rohstoffen und Hilfsstoffen selber produzieren kann, bzw. welche sie bevorratet hat. Die erforderlichen Maschinen und Anlagen werden abgeglichen mit den vorhandenen Maschinen und Anlagen. Die erforderlichen personellen Ressourcen werden abgeglichen mit den vorhandenen personellen Ressourcen.
    Nehmen wir einmal der Einfachheit halber nur die personellen Ressourcen. Die kommunale Rechnungsstelle hat errechnet, dass für alle gemeldeten Bedürfnisse 6 Millionen Wochenarbeitsstunden nötig sind.


    "Es ist, als ob die verschiedenen Individuen ihre Arbeitszeit zusammengeworfen und verschiedene Mengen der ihnen gemeinschaftlich zu Gebote stehenden Arbeitszeit in verschiedenen Gebrauchswerten dargestellt hätten." Karl Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 20.


    In der Kommune Bochum seien aber von den rund 375.000 Einwohnern nur 200.000 arbeitsfähig und arbeitswillig. Als durchschnittliche Arbeitszeit haben diese Genossenschaftler 4 Arbeitsstunden an 5 Werktagen gemeldet. Das macht für jeden von ihnen 20 Wochenstunden produktive Arbeit, insgesamt 4 Millionen Wochenstunden. 4 Millionen Wochenstunden ist das (freiwillige) Arbeitsangebot. 6 Millionen Wochenstunden war die als nötig errechnete Arbeitszeit. Ein Drittel der Arbeitszeit ist unterdeckt. Entsprechend unterdeckt wird auch die Bilanz der Roh- und Hilfsstoffe sein.
    Dass die Wünsche größer sind als die Möglichkeiten ihrer Verwirklichung, wird niemanden von uns überraschen. Immer schießen unsere Wünsche und Bedürfnisse über das Maß der Realisierbarkeit hinaus. Und der Zuwachs an Wünschen und Bedürfnissen ist einer der vorwärtstreibenden Elemente der Menschheitsgeschichte.


    „Je mehr die selbst geschichtlich – durch die Produktion selbst erzeugten Bedürfnisse, die gesellschaftlichen Bedürfnisse – ... als notwendig gesetzt sind, umso höher ist der wirkliche Reichtum entwickelt. Der Reichtum besteht stofflich betrachtet nur in der Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426.
    „... was früher als Luxus erschien, (ist) nun notwendig ... und so genannte Luxusbedürfnisse (erscheinen heute)... als Notwendigkeit ....“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426.
    Siehe im Karl-Marx-Lexikon „Luxus“
    Wenn sich Produktionsmöglichkeiten und gemeldete Bedürfnisse nicht decken, muss also eine zweite Runde der Diskussion, Klärung und Entscheidung folgen, welche öffentlichen und privaten Bedürfnisse im laufenden Jahr unerfüllt bleiben, und welche Vorrang haben. Hier ist dann auch der Ort und die Gelegenheit der „Kritik der Bedürfnisse“. Hier beginnt die bewusste und freiwillige Orientierung der Kommunemitglieder auf nachhaltigen und ökologischen Konsum.


    Ein Appell an alle, mehr und zusätzliche Arbeitsstunden zu leisten, wäre möglich, aber ich gehe mal davon aus, dass ein solcher Appell außer in einer wirklichen Notsituation wenig bringt. ;-) Schließlich müssen auch alle Kommunemitglieder alle öffentlichen Verwaltungsaufgaben mitüberlegen und mitentscheiden. Das wäre unmöglich, wenn für jeden die tägliche Arbeitszeit in der Produktion mehr als 4 oder 5 Stunden betragen würde.


    So eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung ist keine Utopie. Im Jahr 2008 wurden in Deutschland insgesamt 57 Mrd. Arbeitsstunden geleistet. Würden diese Arbeitsstunden auf alle Erwerbstätigen gleichmäßig verteilt, dann folgte daraus – bei gleicher Wirtschaftsleistung – eine tägliche Arbeitszeit von 6,8 Stunden für alle. Rechnet man noch die rund 10 Millionen Menschen hinzu, die arbeiten können und arbeiten wollen, aber im kapitalistischen Deutschland keinen akzeptablen Arbeitsplatz finden, so ergäbe sich eine tägliche Arbeitszeit von fünfeinhalb Stunden für alle. Eine weitere Arbeitszeitverkürzung ist sicherlich erreichbar durch den Verzicht auf schädliche oder verschwenderische Produktionsleistungen, wie sie im Kapitalismus massenhaft üblich sind.


    „Wenn alle arbeiten müssen, der Gegensatz von Überarbeiteten und Müßiggängern wegfällt – und dies wäre jedenfalls die Konsequenz davon, dass das Kapital aufhörte zu existieren, ... – und außerdem die Entwicklung der Produktivkräfte, wie das Kapital sie hervorgebracht hat, in Betracht gezogen wird, so wird die Gesellschaft den nötigen Überfluss in 6 Stunden produzieren, mehr als jetzt in 12, und zugleich werden alle 6 Stunden ‚Freizeit‘, den wahren Reichtum haben; Zeit, die nicht durch unmittelbar produktive Arbeit absorbiert wird, sondern zum Genuss, zur Muße, so dass sie zur freien Tätigkeit und Entwicklung Raum gibt.““ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III,, MEW 26.3, 252.
    „Der wirkliche Reichtum der Gesellschaft und die Möglichkeit beständiger Erweiterung ihres Reproduktionsprozesses hängt ... nicht ab von der Länge der Mehrarbeit, sondern von ihrer Produktivität und von den mehr oder minder reichhaltigen Produktionsbedingungen, worin sie sich vollzieht.
    Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion.
    Wie der Wilde mit der Natur ringen muss, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muss es der Zivilisierte, und er muss es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen.
    Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse sich erweitern; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehen, dass der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur am würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehen. Aber es bleibt dies immer in Reich der Notwendigkeit. Jenseits desselben beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit, das aber nur auf jenem Reich der Notwendigkeit als seiner Basis aufblühen kann.
    Die Verkürzung des Arbeitstags ist die Grundbedingung.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 828.


    „Gemeinschaftliche Produktion vorausgesetzt, bleibt die Zeitbestimmung natürlich wesentlich. Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu anderer Produktion, materieller oder geistiger. Wie bei einem einzelnen Individuum, hängt die Allseitigkeit ihrer Entwicklung, ihres Genusses und ihrer Tätigkeit von Zeitersparnis ab. Ökonomie der Zeit, darein löst sich schließlich alle Ökonomie auf.
    Ebenso muss die Gesellschaft ihre Zeit zweckmäßig einteilen, um eine ihren Gesamtbedürfnissen gemäße Produktion zu erzielen; wie jeder Einzelne seine Zeit richtig einteilen muss, um sich Kenntnisse in angemessenen Proportionen zu erwerben oder um den verschiedenen Anforderungen an seine Tätigkeit Genüge zu leisten. Ökonomie der Zeit, sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiedenen Zweige der Produktion, bleibt also erstes ökonomisches Gesetz auf Grundlage der gemeinschaftlichen Produktion. Es wird sogar in viel höherem Grade Gesetz.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 89.


    In jedem Fall müssen jedoch die Genossenschaftler ihre Wünsche auf das Maß der vorhandenen Produktionskapazitäten kürzen. In unserem Beispiel müssten die individuellen und öffentlichen Konsumwünsche um rund ein Drittel gesenkt werden, um eine Deckung des Konsums durch die vorhandene Produktionsleistung zu erreichen.


    Neben der Kürzung des privaten und öffentlichen Konsums gäbe es allerdings noch eine zweite Möglichkeit, die vorhandenen Bedürfnisse zu realisieren. Diese Möglichkeit besteht in der Zulieferung von sachlichen oder personellem Mitteln aus anderen Kommunen.
    Eine Kommune hat vielleicht einen Mangel, wo eine andere Kommune Überfluss hat. Um solche Ungleichgewichte auszugleichen, benötigen die Kommunen eine landesweite und letztlich auch eine internationale Kooperation.


    4. Landesweite Bilanzierung und internationaler Warenaustausch
    Jede Kommune stellt also ihren Saldo in einen landesweiten Abgleich. Jede Kommune meldet ihren jeweiligen Überschuss bzw. ihr Defizit an Sachmitteln und an Arbeitsressourcen an alle anderen Kommunen.


    In einer landesweiten Bilanzierung oder auch in zweiseitigen Abmachungen werden diese Bilanzen dann soweit ausgeglichen, bis nur noch die gemeinsame, internationale Bilanz übrig bleibt. Die internationale Bilanz gibt an, welche Sachmittel landesweit fehlen und deshalb aus dem Ausland bezogen werden müssen, und welche Sachmittel oder Arbeitsressourcen überschüssig sind, so dass sie dem Ausland zur Verfügung gestellt werden können.


    Im Jahr 2008 hatte das kapitalistische Deutschland Roh-, Hilfsstoffe und Energieträger im Wert von 350 Mrd. Euro aus dem Ausland bezogen. Das waren rund 12 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung (BIP). Man kann also damit rechnen, dass auch ein genossenschaftlich organisiertes Deutschland in dieser Größenordnung, sagen wir Produkte im Umfang von 15 Prozent seiner Wirtschaftsleistung aus dem Ausland beziehen muss. Der Bezug von Rohstoffen und Energieträgern aus dem Ausland wird aber noch auf lange Sicht als Warenverkehr organisiert sein.
    Die landesweite Genossenschaft Deutschland müsste also rund 15 Prozent ihrer Arbeitsleistung als Waren ins kapitalistische Ausland verkaufen, um damit Rohstoffe und Energieträger einzukaufen, die in Deutschland genötigt werden, aber dort nicht herzustellen sind. 85 Prozent seiner Wirtschaft wären schon genossenschaftlich und kommunistisch, 15 Prozent seiner Wirtschaftsleistung wäre für den kapitalistischen Export bestimmt und müsste sich an den Weltmarktpreisen orientieren. Das mag ein gewisser Nachteil sein, aber der Nachteil ist nicht groß und ein grundsätzliches Hindernis für die Errichtung einer genossenschaftlich-kommunistischen Wirtschaft in Deutschland wäre das nicht.
    Ein genossenschaftlich organisiertes Deutschland oder Europa wäre dann vergleichbar einer einzelnen Genossenschaft in einer kapitalistischen Umgebung: Nach innen ist es kommunistisch, nach außen ist es noch zu Warenproduktion gezwungen. Allerdings würde in diesem Fall die Warenproduktion nur einen geringen Anteil der Gesamtproduktion ausmachen.


    Mit dem Bestellung der notwendigen Rohstoffe und Energieträger im Ausland und der dafür nötigen Bereitstellung einer entsprechenden Produktmenge, die zu Weltmarktpreisen im kapitalistischen Ausland verkauft werden muss, (siehe dazu: Doppelwirtschaft) wäre der Planungsprozess der Kommune Bochum abgeschlossen. Jetzt bleibt noch die Arbeit der Umsetzung und Realisierung.
    Soweit es die Kommune Bochum geschafft hat, ihre Bedürfnisse mit ihren produktiven Möglichkeiten abzugleichen und die Produktion nach den eigenen Vorgaben zu steuern, dann kann das gemeinsame geplante und erarbeitete Produkt an jeden Einzelnen wie an die gemeinschaftlichen Aufgaben verteilt werden, ohne dass dafür Geld nötig ist. Jeder gibt, was er in der Lage und bereit ist zu geben. Jeder erhält – im Rahmen des gemeinschaftlich erstellen Produktionsplans der Kommune -, was er wünscht.


    „... Die ganze, aus lauter Arbeitern bestehende Gesellschaft wird Besitzerin des gesamten Produkts ihrer Arbeit, das sie teilweise zur Konsumtion unter ihre Mitglieder verteilt, teilweise zum Ersatz und zur Vermehrung ihrer Produktionsmittel verwendet und teilweise als Reservefonds der Produktion und Konsumtion aufspeichert.“ F. Engels, Wohnungsfrage, MEW 18, 222.


    „Stellen wir uns ... einen Verein freier Menschen vor, die mit gemeinschaftlichen Produktionsmitteln arbeiten und ihre vielen individuellen Arbeitskräfte selbstbewusst als eine gesellschaftliche Arbeitskraft verausgaben. ... Das Gesamtprodukt des Vereins ist ein gesellschaftliches Produkt. Ein Teil dieses Produkts dient wieder als Produktionsmittel. Es bleibt gesellschaftlich. Aber ein anderer Teil wird als Lebensmittel von den Vereinsgliedern verzehrt. Er muss daher unter sie verteilt werden. Die Art dieser Verteilung wird wechseln mit der besonderen Art des gesellschaftlichen Produktionsorganismus selbst und der entsprechenden geschichtlichen Entwicklungshöhe der Produzenten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 92f.

    „Innerhalb der genossenschaftlichen, auf Gemeingut an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft tauschen die Produzenten ihre Produkte nicht aus; ebenso wenig erscheint hier die auf Produkte verwandte Arbeit als Wert dieser Produkte, als eine von ihnen besessene sachliche Eigenschaft, da jetzt, im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, die individuellen Arbeiten nicht mehr auf einem Umweg, sondern unmittelbar als Bestandteile der Gesamtarbeit existieren.““ K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 19f.


    5. Schlussbemerkung
    Man sieht, das Leben in einer Kommune hat zunächst wenig mit Politik zu tun, aber viel mit Arbeitsplanung, Arbeit und Arbeitsorganisation. Wer nur ein paar Bände Lenin kennt, und sonst nichts gelernt hat, der wird seinen Genossenschaftlern in einer nachkapitalistischen Gesellschaft wenig nützen. Anders ist es allerdings mit dem Hauptwerk von Karl Marx, dem „Kapital“. Dort findet man vor allem im zweiten und dritten Band äußerst wertvolle Überlegungen, an denen künftige Kommunarden kaum vorbeikommen werden – bei Strafe von Mangel und Unterversorgung und gleichzeitiger Fehlleitung und damit Verschwendung von Arbeitsleistung.


    „Wir haben ... gezeigt, dass die Aufhebung der Verselbständigung der Verhältnisse gegenüber den Individuen, der Unterwerfung der Individualität unter die Zufälligkeit, der Unterwerfung ihrer persönlichen Verhältnisse unter die allgemeinen Klassenverhältnisse etc. in letzter Instanz bedingt ist durch die Aufhebung der Teilung der Arbeit.
    Wir haben ebenfalls gezeigt, dass die Aufhebung der Teilung der Arbeit bedingt ist durch die Entwicklung des Verkehrs und der Produktivkräfte zu einer solchen Universalität, dass das Privateigentum und die Teilung der Arbeit für sie zu einer Fessel wird.
    Wir haben ferner gezeigt, dass das Privateigentum nur aufgehoben werden kann unter der Bedingung einer allseitigen Entwicklung der Individuen, weil eben der vorgefundene Verkehr und die vorgefundenen Produktivkräfte allseitig sind und nur von allseitig sich entwickelnden Individuen angeeignet, d. h. zur freien Betätigung ihres Lebens gemacht werden können.
    Wir haben gezeigt, dass die gegenwärtigen Individuen das Privateigentum aufheben müssen, weil die Produktivkräfte und die Verkehrsformen sich so weit entwickelt haben, dass sie unter der Herrschaft des Privateigentums zu Destruktivkräften geworden sind, und weil der Gegensatz der Klassen auf seine höchste Spitze getrieben ist.
    Schließlich haben wir gezeigt, dass die Aufhebung des Privateigentums und der Teilung der Arbeit selbst die Vereinigung der Individuen auf der durch die jetzigen Produktivkräfte und den Weltverkehr gegebenen Basis ist.
    Innerhalb der kommunistischen Gesellschaft, der einzigen, worin die selbständige und freie Entwicklung der Individuen keine Phrase ist, ist die Vereinigung der Individuen bedingt eben durch den Zusammenhang der Individuen, ein Zusammenhang, der teils in den ökonomischen Voraussetzungen besteht, teils in der notwendigen Solidarität der freien Entwicklung Aller, und endlich in der universellen Betätigungsweise der Individuen auf der Basis der vorhandenen Produktivkräfte.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 424.


    Wal Buchenberg (mit besonderem Dank an Robert und Angela), 04.01.2012
    Update 07.12.2016.


    Kurze Anmerkung:
    1. Was ist das Ziel der Produktion?
    Im Kapitalismus ist das Ziel der Produktion der größtmögliche Profit für den/die Kapitalisten. Darüber sind sich die meisten Linken einig.
    Im Sozialismus/Kommunismus ist das Ziel der Produktion die Befriedigung der Bedürfnisse. Auch darüber sind sich die meisten Linken einig.
    Was unter „Befriedigung der Bedürfnisse“ zu verstehen sei, darüber gehen die Meinungen weit auseinander.


    Die Traditionslinke meint: Eine irgendwie legitimierte Avantgarde analysiert und definiert die Bedürfnisse und organisiert dementsprechend die Produktion. Durch diese Bedürfnisdefinition durch Wenige wird diese Avantgarde zwangsläufig, ob sie will oder nicht, zu Herren über die Gesellschaft. Aus ihrer Definitionsmacht folgt notwendig wirtschaftliche Macht. Aus ihrer wirtschaftlichen Macht folgt soziale und politische Macht.
    Davon abgesehen schafft es keine Minderheit, die Bedürfnisse von Allen (der Gesellschaft) zu kennen und zu "managen". Das wusste schon Marx als er schrieb: „Nur wo die Produktion unter wirklicher vorherbestimmender Kontrolle der Gesellschaft steht, schafft die Gesellschaft den Zusammenhang zwischen dem Umfang der gesellschaftlichen Arbeitszeit, verwandt auf die Produktion bestimmter Artikel, und dem Umfang des durch diese Artikel zu befriedigenden gesellschaftlichen Bedürfnisses.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 197.


    Anders die ökologische Linke. Die ökologische Linke kritisiert die bestehenden „kapitalistischen Bedürfnisse“. Die Forderung nach einer allgemeinen Änderung der privaten und öffentlichen Bedürfnisse ist zwar gut gemeint, aber unrealistisch, weil dieser Appell die materielle Basis der Bedürfnisse ignoriert.


    Die „Kommune Bochum“ nimmt einen anderen Ansatz.


    Die „Kommune Bochum“ sieht die Veränderung der Bedürfnisse nicht als Voraussetzung einer nachkapitalistischen Wirtschaft, sondern vielmehr als ihre Folge. Und: Die „Kommune Bochum“ legt die Definition der Bedürfnisse in die Hände aller Genossenschaftler.
    Dazu Karl Marx:
    „Gesellschaftliche Produktion heißt, ... dass die Gesellschaft, wie nach einem Plan, ihre Produktionsmittel und Produktivkräfte verteilt in dem Grad und Maß wie nötig zur Befriedigung ihrer verschiedenen Bedürfnisse, so dass auf jede Produktionssphäre das zur Befriedigung des Bedürfnisses, dem sie entspricht, nötige Anteil des gesellschaftlichen Kapitals falle.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 529.


    Ziel der sozialistischen und kommunistischen Produktion ist die Deckung des wirklichen, das heißt gemeinschaftlich bestimmten Bedarfs durch die gemeinschaftliche Produktion. Das ist schon (fast) alles, was man über diese Wirtschaft wissen muss.


    Die zweite, weniger wichtige Frage ist:
    2. Wie geschieht die gesellschaftliche Buchführung?
    Dazu Karl Marx:
    Unter den Voraussetzungen der Deckung „von Nachfrage und Zufuhr, von Produktion und Konsumtion; in letzter Instanz proportionale Produktion, ... so wird die Geldfrage ganz sekundär, und speziell die Frage, ob Scheine, blaue oder grüne, blecherne oder papierene ausgegeben werden oder in welcher anderen Form die gesellschaftliche Buchführung gehandhabt wird.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 71.


    In seiner Kritik des Gothaer Programms erläuterte Karl Marx ein Verteilungsmodell, das auf der individuellen Ebene ansetzt: Dort bekommt jeder Einzelne in dem Maße einen Anteil des gemeinschaftlichen Produkts wie er in Arbeitszeit (und nach Qualifikation) zur gesellschaftlichen Produktion beiträgt.
    Marx sagt dazu, dass diese Buchführung auf individueller Ebene ein Mangel und ein „Missstand“ sei, der baldmöglichst beseitigt werden müsste.
    Deshalb plant und bucht die Kommune Bochum auf der Ebene der Kommune.
    Auf Kommuneebene werden "die Produktionsmittel und Produktivkräfte verteilt in dem Grad und Maß wie nötig zur Befriedigung ihrer verschiedenen Bedürfnisse".
    Auf Kommuneebene wird überprüft, ob „auf jede Produktionssphäre dem zur Befriedigung nötige Anteil der gesellschaftlichen Arbeit falle.“ (sinngemäß bei Karl Marx, MEW 26,2, 529)


    Kurz: Die „Kommune Bochum“ geht nicht über das hinaus, was Karl Marx über die sozialistische und kommunistische Wirtschaft gedacht und geschrieben hat. Sie macht die Gedanken und Vorschläge von Karl Marx anschaulich und stellt sie im Zusammenhang und in der notwendigen Reihenfolge dar.


    Wal Buchenberg, 05.01.2012


    edit: 14. Juni 2019

  • Hallo Wal, in meinen Beiträgen habe ich schon oft (ohne es immer zu sagen) Bezug genommen auf das Modell Kommune Bochum, aber eine Frage (und etliche im Anschluss daran) scheint mir fast die wichtigste:


    A. Wie ist eigentlich der Übergang in den von dir beschriebenen (End?)Zustand zu denken?
    Wie wünschenswert bzw. wahrscheinlich sind welche Übergangsformen/phasen (Ko-Existenz eines Kommune-Sektors mit der kap. Rest-Wirtschaft)?
    Gibt es da so etwas wie einen Vorlauf, der schon jetzt beginnt (was könnten wir, die Mitglieder des Marx-Forums, und Sympathisanten tun?)....?
    ... und/oder ein langsamer Zuwachs?
    ...plötzliche Erweiterungen, wodurch (Zusammenbruch, Zerrüttung der Verhältnisse, Revolution)?
    ...und wie bettet sich das ein in eine nationale oder globale Übergangs-Prognose oder -Strategie?


    Als drängendste nächste Fragenkomplexe:
    B. Der Zusammenhang von (persönlichem) Bedürfnis und (persönlichem) Beitrag ist ausdrücklich "vergesellschaftet".
    Wie wird dann aber der Einfluss der "Werktätigen" auf diesen Zusammenhang organisiert? Wie allein schon ihre Information über diese Zusammenhänge? Man hat nicht den Eindruck, dass die "Besteller" ihren Produktionsprozess im Ganzen überschauen, wohl nicht mal die Rechner, die offenbar nur nicht näher qualifizierte Arbeitsstunden zusammenzählen. Wie sollen die Bochumer die Gesamtheit der Bochumer Produktionsmittel (um)gestalten oder "kommunal verwalten"? Wieviel Zeit verbrauchen sie DAFÜR?


    C. Die allererste knappe Ressource scheint Arbeitsbereitschaft relativ zu den ("unterdeckten") Bedürfnissen zu sein. Aber das blosse Mehr-Angebot (etwa nach der 2.Verhandlungsrunde) ist ja nicht notwendig bedarfsdeckend bei BESTIMMTEN Mehrbedarfen (könnte sein, dass es da auch zu qualitativen Verschiebungen kommt)?
    Wie schafft man die nötigen Umverteilungen, wie geschieht Anpassung aktuell knapper Ressourcen (qualifizierte Arbeitskräfte vorneweg) an den (neuen) Bedarf? Und mit welcher Priorität werden Bedürfnisse (etwa derer, die nicht arbeiten können) in Knappheits-Situationen bedient?


    (Von all dem andern, vergleichsweise Luxus-Wünschen wird schon garnicht mehr gesprochen: Kann man sich die Produktion angenehmer und interessanter machen? Wie schnell sollen die "Rücksichtslosigkeiten" der kap.Produktionsweise verschwinden? Wieviel Aufwand treibt man für Risikovorsorge, wieviel für "internationale Solidarität"? Wieviel Aufwand wird für wieviel produktivitäts-Steigerungs-Fortschritt betrieben, in welche Richtungen soll er vorangetrieben werden? Voll-Automatisierung?)


    OK das sind halt so die Billigfragen im ersten Moment, da muss man nicht viel nachdenken, um sie zu stellen...


  • Hallo franziska,
    du nennst deine Fragen "Billigantworten". Da wird es mir erlaubt sein, mit spontanen "Billigantworten" zu kommen:



    [font='Times New Roman, Times, Georgia, serif']A. Wie ist eigentlich der Übergang in den von dir beschriebenen (End?)Zustand zu denken?
    Wie wünschenswert bzw. wahrscheinlich sind welche Übergangsformen/phasen (Ko-Existenz eines Kommune-Sektors mit der kap. Rest-Wirtschaft)?
    Gibt es da so etwas wie einen Vorlauf, der schon jetzt beginnt (was könnten wir, die Mitglieder des Marx-Forums, und Sympathisanten tun?)....?
    ... und/oder ein langsamer Zuwachs?
    ...plötzliche Erweiterungen, wodurch (Zusammenbruch, Zerrüttung der Verhältnisse, Revolution)?
    ...und wie bettet sich das ein in eine nationale oder globale Übergangs-Prognose oder -Strategie?



    Meine/unsere Gedanken zum Verlauf einer revolutionären Bewegung sehen ungefähr aus wie der ganz linke Weg aufzeigt:
    (Das ist unter uns "Bochumern" andiskutiert, aber nicht ausdiskutiert)



    C. Die allererste knappe Ressource scheint Arbeitsbereitschaft relativ zu den ("unterdeckten") Bedürfnissen zu sein. Aber das blosse Mehr-Angebot (etwa nach der 2.Verhandlungsrunde) ist ja nicht notwendig bedarfsdeckend bei BESTIMMTEN Mehrbedarfen (könnte sein, dass es da auch zu qualitativen Verschiebungen kommt)?
    Wie schafft man die nötigen Umverteilungen, wie geschieht Anpassung aktuell knapper Ressourcen (qualifizierte Arbeitskräfte vorneweg) an den (neuen) Bedarf? Und mit welcher Priorität werden Bedürfnisse (etwa derer, die nicht arbeiten können) in Knappheits-Situationen bedient?


    Meine Antwort: Grundsätzlich sind in diesem Modell Produzenten und Konsumenten identisch. (Abgesehen von Krankheit, Ausbildung etc.) Wir können nur das verbrauchen, was vorher produziert wurde. Wird wenig produziert, kann nur wenig verbraucht werden. Das ist ein Zusammenhang, den jedes Schulkind begreift. Über die Prioritäten muss man sich auch grundsätzlich einigen. Dass Mindestniveau, das allen und jeden zur Verfügung gestellt wird, muss gemeinsam festgelegt werden. Das kann als Prozentsatz der jeweiligen Produktionsleistung benannt werden, so dass das Mindestniveau an Verbesserungen des allgemeinen Niveaus teilhat.

    (Von all dem andern, vergleichsweise Luxus-Wünschen wird schon garnicht mehr gesprochen: Kann man sich die Produktion angenehmer und interessanter machen?


    Meine Antwort: Von Luxuswünschen kann man natürlich sprechen. Aber Luxus ist immer ein Zusatz über das Normale hinaus.
    Aber der höchste Luxus ist laut Marx für jeden frei verfügbare Zeit:
    [color=#990000]"Die wirkliche Ökonomie – Ersparung – besteht in Ersparung von Arbeitszeit; ... diese Ersparung ist aber identisch mit Entwicklung der Produktivkraft. Also keineswegs Entsagen vom Genuss, sondern Entwickeln von ... Fähigkeiten zur Produktion und daher sowohl der Fähigkeiten, wie der Mittel des Genusses. Die Fähigkeit des Genusses ist Bedingung für die Entwicklung der Fähigkeit zur Produktion ... Die Ersparung von Arbeitszeit gleich Vermehren der freien Zeit, d. h. Zeit für die volle Entwicklung des Individuums ... Die freie Zeit – die sowohl Mußezeit als Zeit für höhere Tätigkeit ist – hat ihren Besitzer natürlich in ein anderes Subjekt verwandelt und als dies andere Subjekt tritt er dann auch in den unmittelbaren Produktionsprozess.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 599.

    Das Ziel ist, die (gemeinsame) notwendige Arbeit als Grundlage unserer menschlichen Existenz möglichst zu vermindern. Und ich hoffe doch sehr, das sich jeder einzelne und alle zusammen die Produktion angenehmer machen. Das findet doch auch heute schon statt.
    Und interessanter wird die produktive, notwendige Arbeit zunächst und vor allem durch Jobrotation.


    Wie schnell sollen die "Rücksichtslosigkeiten" der kap.Produktionsweise verschwinden? Wieviel Aufwand treibt man für Risikovorsorge, wieviel für "internationale Solidarität"? Wieviel Aufwand wird für wieviel produktivitäts-Steigerungs-Fortschritt betrieben, in welche Richtungen soll er vorangetrieben werden? Voll-Automatisierung?)


    Meine Antwort: Das Verschwinden der "Rücksichtslosigkeiten" ist weniger ein Problem des Sollens, sondern vor allem des Könnens.
    Dass man nicht die gesamte alljährliche Produktionsmenge privat und individuell konsumieren kann, das ist auch eine Selbstverständlichkeit, die man nicht lange erklären muss. Dazu steht einiges in Marxens "Kapital Band II." (MEW 24)
    Steigerungen der Produktivität hängen sehr stark davon ab, wieviel Arbeitszeit in die Verbesserung der Produktionsmittel gesteckt wird. Diese Arbeitszeit steht freilich nicht für Konsumtionsmittel zur Verfügung. Auch hierzu hat sich Marx in in seinem Kapital Band II. ausführlich geäußert. Ausgangspunkt dieser Überlegung muss - so denke ich - immer das Niveau der privaten und öffentlichen Konsumtionsmittel sein. Sie stehen an erster Stelle. Im Staatssozialismus stand die Förderung der Produktionsmittel an erster Stelle.


    Soweit erst mal meine schnelle Antwort. Ich hoffe, ich habe keine Frage übersehen und ausgelassen. ?(
    Gruß Wal

  • Hallo zusammen,


    wenn man die Gesellschaft als Gesamt-Genossenschaft denkt, dann reichen allgemeine Aussagen zur Verteilung - so in der Art, man könne nicht mehr konsumieren als man produziert hat - m.E. nicht aus.


    Wenn das Konsum-Niveau des Einzelnen nicht der Willkür seiner jeweiligen Kommune unterliegen soll, sondern am gesellschaftlich möglichen Durchschnitt zumindest orientiert werden soll, braucht man hierfür eine Methode der Quantifizierung. Sonst wird es Unmut geben, wenn man z.B. im Norden mehr bewilligt bekommt als im Süden, denn das hieße, eine Region bereichert sich im Grund auf Kosten einer anderen, indem sie ihren Mitgliedern mehr zubilligt.


    Den entsprechenden Überblick können eigentlich nur Leute haben, welche die gesamte Planung aus einer Top-Sicht überblicken und daher die entsprechenden Statistiken erstellen können. Für diese Aufgabe werden sie von den Regionen delegiert und sind entsprechend rechenschaftspflichtig und abwählbar. Auf diese Weise werden die Bedürfnisse zwar von "unten" angemeldet (bestellt), - also nicht von oben "definiert"! - aber "oben" wird - weil man es "unten" nicht kann - das Niveau der Realisierbarkeit geprüft und aus dieser Prüfung heraus die Höhe des individuellen Konsumbudgets abgeleitet.


    Die Methodik einer solchen zwingend notwendigen Quantifizierung ist mir im Bochumer Modell nicht sichtbar. Ohne das funktioniert aber der ganze Laden nicht, und zwar ganz einfach deshalb nicht, weil man für die fälligen Entscheidungen keine Kriterien zur Verfügung hat.


    Das Verhältnis von produktiver und konsumtiver Verwendung muss natürlich gesamtgesellschaftlich beschlossen werden: verschiebt man das Verhältnis zugunsten des Konsums, geht der Fortschritt bei der Produktivität eben langsamer voran. Deutliche regionale Unterschiede dabei könnten zu ständiger Fluktuation führen, eine Völkerwanderung neuen Typs sozusagen. Daher sollte man dort, wo "Zentralismus" für das Funktionieren und für die Sicherstellung sozialer Gleichheit wichtig ist, diesen auch als notwendig anerkennen.



  • Hallo Mattis


    Die Kommune, die da zubilligt, sind die Menschen, die da wohnen.


    Sie selbst billigen sich zu, durch das, was sie (freiwillig) bereit sind, dafür zu tun - sonst ist nämlich nichts da, was sie unter sich verteilen könnten.


    Wie produziert wird, entscheidet schon darüber, wie anschließend nur verteilt werden kann.
    Umziehen steht Dir frei ;-), falls Du in einer bist, in der Du so nicht leben willst/kannst.


    Du kannst Dir gern die Gesellschaft als Gesamt-Genossenschaft denken, aber zu der muß es erst einmal kommen. Mit Willkür hat das nichts zu tun, gar nichts.


    Hätte es aber, wenn ich zwar meine Bedürfnisse anmelde, ein anderer aber entscheidet, was mir nun wichtig(er) zu sein hat und was nicht - dann kann ich mir die Anmeldung auch gleich sparen - denn es würde für mich und über mich und meine Bedürfnisse willkürlich entschieden.
    Ich hätte nicht mal die Möglichkeit nachzuvollziehen, warum eine Entscheidung so und nicht anders gefällt worden ist und könnte nicht nur deshalb auch nicht 'eingreifen', um eine andere Entscheidung herbei zu führen.


    Wer plant, muß über die Produktionsmittel verfügen (können)!!!

    Das wäre dann aber wieder nicht ich und all die anderen, die ihre Bedürfnisse befriedigen wollen...


    Was hätte sich dann für mich geändert zu heute?


    Liebe Grüße - Wat.

  • Ich frage mich, angesichts der hier grade aufbrechenden und völlig ungelösten Grundsatzkonflikte, ob das Wort und die Dimensionierung von "Kommune", und das womöglich schon bei Marx, wo er darauf positiv Bezug nimmt, irgendwie einen Kompromiss bezeichnen soll: Grad noch gross genug, dass man - man weiss auch nicht wie, aber wird doch gelingen - die Nah-Aufgaben noch in Reichweite der Produzenten abwickeln kann, und die dann hoffentlich nicht allzu mickrig ausfallen, das andre aber (abgetrennt davon) als Aussen(tausch)handel (dann schon wieder irgendwie übersichtlich, wirft offenbar nur Bilanzprobleme auf). Als ob das Mattis-Problem (ungleiche Ausgangsbedingungen, sollen da Angebot und Nachfrage regulieren? oder Zuzugsverbote, wie früher in der SU und heute in China, von Schengen und Grenzzäunen ganz zu schweigen?) damit erledigt wäre. Oder das Robert-Problem (überregionale Arbeitsteilung bleibt bestehen, wie wird denn die von "ihren"Produzenten verwaltet?). Oder das Franziska-Problem: Die Verwaltung der Produktionsmittel. Sind sie verwaltbarer, weil man sagen kann: sie sind halt kommunal?

  • Selbst bestimmen kann ich immer nur dort, wo ich auch anwesend sein kann. Nun kann ich heutzutage auch über eine Konferenzschaltung mit Worten anwesend sein, mit Taten dann doch aber immer nur dort, wo ich selbst bin. Da ist mit unseren heutigen Möglichkeiten einiges möglich, aber daß die Akkumulation von Macht über Menschen außen vor bleibt, geht definitiv nur, wenn die Produzenten auch die Konsumenten sind.


    Insofern ist die Kommune mein im wahrsten Wortsinn erlebbares direktes Umfeld.


    Der Haken liegt mE im "verwaltbar" - wer damit (bestimmten Produktionsmitteln) produzieren will, der verwaltet doch nicht, oder hab ich da eine andere Vorstellung von dem Begriff?

  • Eben - im "verwaltbar".


    "Gemeinsam, gesellschaftlich, arbeitsteilig" machen wir jetzt auch - über den Markt, unter ständiger Konkurrenz zueinander und gleichzeitig in nie dagewesener Kooperation.
    Aber eben unter 'den unsichtbaren Kräften des Marktes'.


    Diese möchte ich ungern gegen sichtbare ausgetauscht wissen. Wohl aber gegen unsere eigene, ja wirklich unsere eigene, gemeinsame Kraft.
    Wenn wir uns die nicht mal zutrauen, weil wir von vorherein meinen (würden), wir könnten das nie und nimmer, werden wir es auch niemals können.


    Diesen 'Haken' kriegen wir nur über den sozialen Prozeß heraus, vorausgesetzt wir wollen das. Wir wollen das selbst (jeder) für uns gemeinsam...
    ... und gehen dabei, so wie Du auch vorschlägst @franziska, Schritt für Schritt von unten immer einen Schritt weiter, wenn wir das eine kleine (so was wie sicher) stemmen können, können wir das nächste angehen.
    Menschen nehmen sich aber mE eh nicht wirklich mehr vor, als sie auch meinen schaffen zu können.


    Was im kleinen schon oder noch nicht geht, wird in größer erst recht nicht funktionieren.

  • "Die Kommune, die da zubilligt, sind die Menschen, die da wohnen.
    Sie selbst billigen sich zu, durch das, was sie (freiwillig) bereit sind, dafür zu tun - sonst ist nämlich nichts da, was sie unter sich verteilen könnten.
    Wie produziert wird, entscheidet schon darüber, wie anschließend nur verteilt werden kann.
    Umziehen steht Dir frei ;-), falls Du in einer bist, in der Du so nicht leben willst/kannst." (Wat.)

    Zu dem, was ich "zubilligen" nannte: der Einzelne ist doch in der Tat sehr abhängig von der Kommune und muss da auch schon manche Kröte schlucken, machen wir uns da nichts vor! Trotzdem zu bleiben ist dann eine Frage der Abwägung. Umziehen in eine andere Kommune verschiebt ja nur den Schauplatz bis zum nächsten Interessens-Konflikt, ist also keine Lösung.


    Ich kenne z.B. Fälle, wo ein Arbeitsbereich aufgelöst wurde, weil dort nicht die erhofften Einkünfte beim Verkauf erreicht werden konnten. Die KommunardInnen, die in diesem Arbeitsbereich seit längerem eingearbeitet waren und gerne dort weitergemacht hätten, hatten keine Wahl. Das Prinzip, dass jeder genau das arbeitet, was er gerne möchte, und dadurch deckungsgleich die Versorgung der Kommune gesichert ist, funktioniert eben nicht wirklich. Daher bin ich beim Begriff "Selbstbestimmung" sehr reserviert, denn die jeweilige Gemeinschaft relativiert meine Bedürfnisse durchaus. Ich halte da nichts von leeren Versprechungen. Das ist bitte nicht als Vorwurf an die Kommunen zu verstehen, die können da gar nicht anders. Aber in der Koppelung von Arbeit und Leben liegt eben m.E. eine viel zu starke Beschränkung auf das, was die jeweilige Kommune organisatorisch bieten kann, vor allem bei überschaubaren Größenordnungen.


    Nochmal zum Konsum-Niveau, also zur Verteilungsfrage: es sollte doch durchaus vermieden werden, dass neue Ungleichheiten entstehen anstelle der alten, und solche Ungleichheiten wären ganz schnell da, wenn jede Kommune ausschließlich auf ihre eigenen Ressourcen verwiesen wäre. Viele Menschen würden wahrscheinlich solidarisch zu ihrer Kommune stehen, aber zufrieden wären sie damit auf Dauer nicht. Das ergibt dann Unterschiede von blühenden und nicht-blühenden Landschaften. Also ich will das nicht, denn das ist für mich keine echte Gesellschaftlichkeit, sondern ein Ausgeliefertsein an kommunale und regionale Zufälligkeiten, für die der Einzelne nichts kann.

  • Zu dem, was ich "zubilligen" nannte: der Einzelne ist doch in der Tat sehr abhängig von der Kommune und muss da auch schon manche Kröte schlucken, machen wir uns da nichts vor! Trotzdem zu bleiben ist dann eine Frage der Abwägung. Umziehen in eine andere Kommune verschiebt ja nur den Schauplatz bis zum nächsten Interessens-Konflikt, ist also keine Lösung.


    Ich kenne z.B. Fälle, wo ein Arbeitsbereich aufgelöst wurde, weil dort nicht die erhofften Einkünfte beim Verkauf erreicht werden konnten. Die KommunardInnen, die in diesem Arbeitsbereich seit längerem eingearbeitet waren und gerne dort weitergemacht hätten, hatten keine Wahl. Das Prinzip, dass jeder genau das arbeitet, was er gerne möchte, und dadurch deckungsgleich die Versorgung der Kommune gesichert ist, funktioniert eben nicht wirklich. Daher bin ich beim Begriff "Selbstbestimmung" sehr reserviert, denn die jeweilige Gemeinschaft relativiert meine Bedürfnisse durchaus. Ich halte da nichts von leeren Versprechungen. Das ist bitte nicht als Vorwurf an die Kommunen zu verstehen, die können da gar nicht anders. Aber in der Koppelung von Arbeit und Leben liegt eben m.E. eine viel zu starke Beschränkung auf das, was die jeweilige Kommune organisatorisch bieten kann, vor allem bei überschaubaren Größenordnungen.

    Du kannst umziehen, so oft Du willst, es ändert aber tatsächlich nichts an der Tatsache, daß ein Mensch allein gar nichts gebacken bekommt und immer eine Gemeinschaft braucht. Diese Kröte muß er immer und überall schlucken.


    Kommunismus wird kein Schlaraffenland - ich sag mal wieder salopp: Gebratene Tauben können nicht fliegen, nicht mal fangen und braten schaffen sie selbst.


    Es wird nicht das große Wunschkonzert, bei dem jeder machen kann, was er gern möchte - kann er, nachdem das notwendige für alle gemeinsam erledigt ist, dann hat der einzelne die Freiheit, zu tuen oder zu lassen, was er sonst noch so lustig oder nicht lustig ist.


    Die Freiheit zu entscheiden, ob er Lebewesen ist, die hat er zu keinem Zeitpunkt. Das notwendigste für die Existenz muß da sein, dann kann er nach seiner Façon selig werden.


    Und um das notwendige für die Existenz zu haben, muß er sich mit anderen ins Benehmen setzen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Falls sich dabei dann auch (mal) ergibt, daß das was sein Beitrag dabei ist, mit seinen persönlichen Präferenzen übereinstimmt, umso besser, aber davon ausgehen kann er nicht.
    Auch der Müll muß beseitigt werden, das machen wohl alle nur, weils halt notwendig ist und bestimmt nicht, weil sie den 'Job' so toll finden.


    Ja, die jeweilige Gemeinschaft relativiert Deine Bedürfnisse, aber weit aus weniger, als wärest Du allein.
    Ich sehe die Lösung aber nicht darin, daß mir deshalb eine zentrale Verwaltung meine Bedürfnisse relativiert, dann doch lieber die Bedingungen vor Ort, die mir die Chance lassen, mit meinen Mitmenschen gemeinsam eine Lösung zu finden.


    Es macht nämlich einen (so finde ich) gewaltigen Unterschied, ob ich selbst sehe und erfahre, daß jetzt etwas nicht machbar ist, oder ob das wer anders festlegt. Das ist dann nicht nur Relativierung, das ist Fremdbestimmung.


    Zu Deinem letzten Absatz mit der Vermeidung der Ungleichverteilung zwischen den Kommunen:
    Dann wirke bitte dafür, daß sich die Kommunen freiwillig verknüpfen, anders ist das nicht zu haben.


    Oder weißt Du einen Weg über eine Zentrale, die durch ihre Planung der Produktion nicht Eigentümer der Produktionsmittel wird und damit bestimmt, wann ich was und wieviel zu tun habe - dann verrate ihn mir bitte.

  • So - DAS können wir nun das Wat-Problem nennen; oder den Wat-Gesichtspunkt (neben den Gescihtspunkten/Problemen/Einwänden, die weiter oben stehen: Mattis (Ungleichverteilung zwischen Regionen/Kommunen wahrscheinlich), Robert (überregionale Arbeitsteilung notwendig), Franziska (Selbst-Verwaltung der Produktionsmittel komplex).
    Und viielleicht wird nun anschaulich, wovon ich gesprochen habe, als ich sagte: Hier sind Konflikte, die Prioritätensetzungen erfordern; zunächst die eines jeden Beteiligten (Werktätigen), der sich dazu stellt; dann gemeinsame (was die jeweils unterschiedlichen Prioritätem-Setzungen in Konflikt bringt).
    Übrigens zeigen sich die Prioritäten-Konflikte nicht nur bei der Erst-Einrichtung der Kommune, sie bleiben bestehen, wenn Fortschrittspfade entworfen werden sollen, und gefragt wird, welche der anfangs inkaufzunehmenden Miss-Verhältnisse wie schnell abzubauen sind.
    Die Frage "wie schnell" verweist auf eine weitere: Wieviel über das hinaus, was sie "eigentlich bloss" (ein weites (Debatten)Feld) bräuchten, wollen die Kommunarden in diesen Abbau von bestehenden Unzulänglichkeiten investieren? (Ich sage ausdrücklich: investieren, weil es auch um knappe Ressourcen jenseits von Arbeitsquanten geht; angefangen bei Qualifikationen, die erstmal erworben werden müssen, und das sind nicht die einzigen).


    PS: "Müll" muss man beseitigen, besser ists, so zu produzieren, dass erst garkeiner entsteht. (Der "Müll" (und die Immissionen) von morgen sind die verbrauchten Rohstoffe und materialisierten Energien von heute und gestern, die nicht zurückgewonnen werden und verloren sind..)

  • Hallo Franziska,
    offenbar suchst du nach Problemen und Hürden, die irgendwo entstehen oder entstehen können. ;( 
    Sind solche Meinungs- und Interessenunterschiede - du nennst das "Konflikte" - nicht Alltag in jeder Partnerschaft, in jedem Haushalt und an jedem Arbeitsplatz? Falls Linke vielleicht besonders unfähig sind, mit unterschiedlichen Meinungen und Interessen umzugehen, so ist das keineswegs übertragbar auf die Mehrheit der "normalen" Menschen.
    Ganz abstrakt gesagt: Wer meint, alle Probleme verschwinden in einer Revolution oder durch eine Revolution, der liegt ebenso weit daneben wie derjenige, der meint, in einer nachkapitalistischen Gesellschaft würden die Probleme im Vergleich zum Kapitalismus zunehmen. Ich habe fast den Eindruck, dass du letzteres unterstellst. ;(


    Gruß Wal

  • Da sind aber, Wal, schon einige Einwände geäussert worden, mit denen du dich auseinandersetzen könntest, und die man weder personalisieren (die andern von mir erwähnten Mitschreiber hatten keine Einwände zu machen?) noch banalisieren (Probleme gibts überall) sollte. Die Beziehung zum Kapitalismus ist zumindest von mir so dargestellt worden, dass Kapitalismus UNTER ANDERM (ist also nicht darauf reduzierbar) durch hohle Heilsversprechen (der Markt reguliert alles, schafft Bürokratie ab usw) unverantwortlich mit wichtigen Produktionsaufgaben (Steuerung, Informationsverarbeitung, Ökologisch-Bedürfnisorientiert-Gefälleabbauend) und Produktionsvoraussetzungen umgeht, von der Konsensfindung (die ja, dank Privateigentum an den Produktionsmitteln und Regierungsgewalt, der übergrossen Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder weggenommen ist) ganz zu schweigen.
    Diese Problemstellungen werden ignoriert, und daher gibt es keine Lösungsstrategien, sie müssen völlig neu entwickelt werden.
    Und... wenn du schon ein Bild benutzt, dann nicht das der Hürde, die man mal überspringt oder übersteigt; da ist ein BERG (lies das im Sinne von "Niveau" der Lösungen, die zu finden sind), und auf den müssen wir ALLE hinauf, die sich kommunal organisieren wollen.
    Und genau die Klage,die du führst, erwidere ich von meinem Standpunkt aus: Die Linke hat den Kapitalismus für ein Hindernis genommen, nach dessen "Abschaffung" das Wesentliche geleistet ist. Während ich (zugespitzt) sage: Dass es sowas Archaisches wie Kapitalismus überhaupt noch gibt, ist Ausdruck einer mörderischen kollektiven Zurückgebliebenheit. Und wenn etwas abzuschaffen ist (der Ausdruck passt halt bei "Mangel"-Zuständen immer weniger), dann die. Die Notwendigkeit, dass wir hier solche (Anfänger-)Debatten (aber wer ist heute nicht Anfänger im bezug auf diese Problemstellungen?) führen und uns über elementarste Aufgabenstellungen verständigen müssen, ist, ebenso wie die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse, Ausdruck dieser historischen (Mangel)Situation.

  • ... "Kommst du an den Berg, dann findest du den Weg".
    Ich glaube, ich muss dir den Sinn nicht erklären.
    Aber es könnte ja sein, dass du auf dem gemeinsamen Weg uns ein Stück voraus bist und Probleme siehst, die ich oder andere hier nicht sehen. Dann liste doch diese Probleme auf, und wir diskutieren ein konkretes Problem nach dem anderen - aber bitte nicht darüber, dass die Welt im Allgemeinen und in der Zukunft im Besonderen doch so komplex und unüberschaubar ist. Das bringt es nicht.
    Weiter oben in diesem Thema hattest du konkrete Fragen zu dem Modell meiner Bedarfswirtschaft. Ich hatte darauf geantwortet, aber du hattest nicht nachgehakt. Sind denn deine Fragen dazu befriedigend beantwortet? Welche nicht?


    Gruß Wal

  • So - DAS können wir nun das Wat-Problem nennen; oder den Wat-Gesichtspunkt (neben den Gescihtspunkten/Problemen/Einwänden, die weiter oben stehen: Mattis (Ungleichverteilung zwischen Regionen/Kommunen wahrscheinlich), Robert (überregionale Arbeitsteilung notwendig), Franziska (Selbst-Verwaltung der Produktionsmittel komplex).
    Und viielleicht wird nun anschaulich, wovon ich gesprochen habe, als ich sagte: Hier sind Konflikte, die Prioritätensetzungen erfordern; zunächst die eines jeden Beteiligten (Werktätigen), der sich dazu stellt; dann gemeinsame (was die jeweils unterschiedlichen Prioritätem-Setzungen in Konflikt bringt).

    Es wäre ja fast 'schön', wenn das nur ein "Wat.-Problem" wäre, dann könnte ich mich nach weiterem Nachdenken ja einordnen und nach einem Kompromiss suchen.


    Hier bei der Entscheidung: Wollen wir selbst gemeinsam entscheiden (lernen), oder es einer Zentrale (Verwaltungsbehörde, Bürokratie, Planungsbehörde) überlassen, geht es aber doch mE um Grundsätzliches an der Weggablung aus dem Kapitalismus heraus.


    Dieses "Wat.-Problem" entscheidet darüber, ob es überhaupt eine ausbeutungsfreie Gesellschaft werden kann...


    Verzeiht mir (@franziska, @mattis), aber möglicherweise unterscheiden sich schon unsere Gründe, weshalb wir aus dem Kapitalismus heraus wollen?
    Bauen wir uns mit den (@mattis) 'Glorifizierungen' einer nachkapitalistischen Gesellschaft nicht einen Berg, vor dem wir schon im Ansatz des Loslaufenwollens scheitern müssen?


    Ich bin bei den (anderen) Problemstellungen auf Eurer Seite, aber ob sie sich überhaupt stellen können, das sagt mE die 'Lösung des Wat.-Problems' ;-)


    Liebe Grüße - Wat.

  • Also nein. Ich benenne Probleme nicht, um aufzugeben,sondern um sie anzugehen, und weils mir mit der "Kommunalisierung" ernst ist. Warum sonst schreib ich mir hier denn die Finger wund?
    Und... ich wollte nicht exklusiv irgendelchen Schreibern hier Probleme zuordnen, als hätten die sie erfunden - "das Wat-Problem" ist, wie ich finde, eins von uns allen! Und so die andern. Und... wenn jemand wie Robert gestern abend empfindlich reagiert, dann hätte er sehr recht im Fall, dass das von ihm speziell angemahnte Thema hier einfach weggewischt würde, oder eben nicht mit dem nötigen Ernst behandelt. Und das gilt für all die von mir mit Mit- Schreiber-Namen belegten "Themen" (wenn euch das weniger "problematisch" erscheint, nenn ichs gerne so). Und.. ich hab schon früh drauf hingewiesen, was jetzt von dir, Wal, kurz nochmal infragegestellt wird: dass man diese Probleme weder in unserer Diskussion noch in der Praxis schön eins nach dem andern abarbeiten kann. Dazu sind sie zu eng verknüpft (wie die hierzu entstandenen Beiträge der letzten Tage lebhaft vor Augen führen). Ich spreche diese Verknüpftheit nicht an, um den Berg höher zu machen, als er ist. Ich zeige bloss, wo wir hin müssen. denn wenn auch nur EINS ungelöst bleibt, macht sich das störend in allem andern bemerkbar. Kommunismus-Aufbau ist kein Deckchen-Sticken... (Und.. nebenbei: Wir sid umgeben von Kommunismus-Kritikern, die auf diese unsere Debatten hämisch runterschauen würden (wenn sie sie kennen würden): haben wir immer schon gesagt, das scheitert schon im Ansatz, die können sich nicht mal über die einfachsten Ausgangs-Voraussetzungen einigen (müssen sie aber).
    Und, nochmal: Die Ausflucht aus der 1.grammatischen Person in die 3., also vom Ich und Wir ins "Die" (das werden "dann" schon "die Werktätigen" regeln), gilt nicht: Wir sind die, ums die geht - wir, und die, die noch dazukommen.

  • Wal.. also ich dachte, ich liste doch schon die ganze Zeit auf, mehr jedenfalls als alle andern, und klage doch nicht abstrakt drüber, wie komplex alles ist (nebenbei IST es das, braucht man nicht schönreden). Da du nachfragst: Du hattest den Fragenkomplex B übersehen.
    Oder war da eine Antwort? Diese Fragen stellen eine Konkretisierung des von mir speziell in die Debatte eingebrachten, darum von mir so benannten Franziska-Problems dar: Wie können die Produzenten denn ihre auch bloss Bochumer Produktion steuern, wie sehen Informationsflüsse, Fragestellungen, Beratung und Entscheidungsfindung aus? Das Wort "gemeinsam" ist da eigentlich eher die benennung des Problems...
    Unbeantwortet sind eigentlich ALLE aufgelisteten Fragestellungen (s.o.) - und ich denke, jeder wird das von IHM Betonte ähnlich besprechen wie Wat grad: DAVON (etwa der Selbstbestimmung; oder dem Erhalt der überregionalen Arbeitsteilung; oder der Berücksichtigung von inter-kommunalen Ungleichgewichten usw) hängt doch ab, ob das ganze überhaupt Sinn macht.
    Ich bin GANZ eurer (aller) Meinung...
    (Kim und Peter hab ich noch vergessen: Die hatten jeder nämlich auch so ein Spezialanliegen vorgebracht, und zwar Kim das der RELATIVEN Autarkie (bzw Dezentralität) der Kommune (als Selbstverwaltungseinheit), und Peter die Fortschrittsperspektive und Nichtstagnation. Das mit den "Anliegen" ist nichts weniger als spöttisch gemeint: Wenn nicht auch das, so wie alles andre, in der Gesamt-Strategie berücksichtigt ist, braucht man garnicht erst anfangen. (Am Fusse des Bergs, also da, wo wir grad stehen...))


    Also nochmal die Liste der Probleme/Themen für die Strategie zur Einrichtung und Optimierung der Kommune(n):
    1. Unmittelbar gesellschaftliche (gemeinsame) Bestimmung des Zusammenhangs von Wünschen und ihrer gesellschaftlich-arbeitsteiligen produktiven Umsetzung (Wal)
    2. alle dafür nötigen Entscheidungen werden von allen Kommunemitgliedern gemeinsam getroffen (Wat)
    3. dazu müssen sie instandgesetzt werden (Franziska)
    4. soviel sie schon mal selbst produzieren, soviel können sie auch so entscheiden (Kim)
    Aber es gibt auch eine Welt jenseits dieser Kommune...:
    5. ...nämlich andere solche "Selbstverwaltungs-Einheiten" - sie müssen ihren Zusammenhang und die Tatsache möglicher Ungleichgewixchte zwischen ihnen mit möglicherweise andern als den inner-kommunalen Prozeduren "verwalten" (Mattis)
    6. ...nämlich vielfältige konkret überregionale Produktions-, Liefer- und Arbeitsteilungs-Zusammenhänge, die von den Beteiligten geplant und ausgehandelt werden müssen (Robert);
    7. ...nämlich eine mögliche Zukunft, der Fortschritt dorthin muss mit all diesen Mitteln und Potentialen erarbeitet werden (das ist das Wal-Thema auf höherer Stufenleiter) (Peter)


    Der Ansatz, den ich für die Bewältigung der Aufgabenstellungen 1- 7 vorschlage, ist das Stufenkonzept: Einfachste Aufgabenstellungen im Nahbereich (sehr kleine Gruppen bzw Kommunen) lösen - je nächste durch Zusammenschluss solcher kleinerer Einheiten, die ihr internes Produtkionsproblem so gelöst haben, dass sie Freiräume für den nächsten Schritt (seine Umsetzung wie auchdie dafür nötige "(Selbst)Verwaltung") gewinnen.
    Ich weiss nicht, wie es anders gehen könnte, ohne dass auf irgendetwas von 1-7 in gravierender Weise verzichtet werden muss (dh. so, dass man garnicht erst anfangen braucht).

  • Hallo franziska,


    an dieser Stelle erstmal meinen Dank für Dein Engagement und Deine Geduld hier mit uns, ehrlich.


    Mag sein, nein, ist wohl auch so, daß in der Praxis viele Problemstellungen 'parallel' laufen, sich wechselseitig beeinflussen usw. - aber noch haben wir hier im Forum auch eine Möglichkeit sie nacheinander 'zu behandeln'. Ich finde, das sollten wir auch tun.
    Dabei dann die 'Nebenwirkungen', die sich einstellen können, schonmal anzusprechen, ist völlig unbenommen. Mir scheint aber, daß wir hier an Stellen ins Detail gehen, wo noch nicht mal Klarheit/ Gemeinsamkeit unter den Diskutierenden (von 'draußen' ganz zu schweigen) besteht, ob denn der Weg über die Kommunen überhaupt als Weg anzusehen ist.
    Wenigstens in der Radikalen Linken ist das doch sehr umstritten.
    ... oder auch wieder nicht. Denn ich denke, für sehr viele ist eine andere 'Denke' als die der Zentrale noch so etwas wie 'undenkbar'.
    ... sogar für jene, die nicht Macht über Menschen haben wollen.


    Hier scheint es mir wichtig, eine Perspektive aufzuzeigen, die zentrale Verwaltung und Organisation durch einige wenige ausschließt.
    Gingen wir zu sehr ins auch nur heute gedachte Detail, denn ob sich die Fragen tatsächlich so unter den dann Beteiligten stellen, wissen wir nicht wirklich, kommt es mir ein wenig zu schnell - daß das ja alles dann nicht ginge - und es darum ja (wieder) einer Zentrale bedarf.


    Insofern können wir mE hier nur abstrakt diskutieren, konkret 'geht' nur draußen mit den Menschen vor Ort. Mir ist wichtig, daß Menschen sich einigen (lernen), auf was, ist dabei (auch wenn das bestimmt wieder Zorn bei dem einen oder anderen hervorruft) beinahe egal.


    Daß sie/wir uns einigen, auf etwas was wir gemeinsam wollen und das dann umzusetzen versuchen, das ist/wäre die neue Qualität.
    Die neue Qualität ergibt sich keinesfalls daraus, daß wir uns einem Ziel unterordnen - wir müssen das Ziel machen.
    Und uns Mittel suchen, mit denen wir das auch erreichen können. Denn die Wahl der Mittel entscheidet schon, ob ein bestimmtes Ziel erreicht werden.
    Ich kann eben nur mit freien Mitteln eine freie Gesellschaft erreichen.


    PS - Der Beitrag geht nicht nur an @franziska, so ich mich im letzten Absatz mit ihr auch einig sehe...


    Liebe Grüße - Wat.

  • ...der "letzte Absatz" war wohl der vorletzte, weil du den letzten @Wal gerichteten wohl nicht mehr lesen konntest.
    Danke für die Geduld aller mit allen. Wir habens nicht einfach mit uns..
    :cursing:

    Mir ists ernst mit der Ansprache - ich lade euch - getrennt von den Diskussionen hier - ein, euch am ganz konkreten Kommune-Aufbau praktisch zu beteiligen. ((Zur "integrierten" Arbeit an diesem Aufbau gehört unter anderm (genau darüber muss man ua. wieder beraten) die Vertretung dieser Strategie gegenüber den anderen Linken.)) Ich gebe keine Organisationsnamen an, weil wir auch zT offiziellen Status haben, und es uns nicht leisten können, (ganz unnötigerweise) beim Googeln plötzlich in so einem Forum aufzutauchen. Da denkt sich so ein braver Amtsmensch doch sein Teil. Aber wer Interesse hat, kann mich gerne privat per Mail ansprechen. Mitstreiter sind sehr willkommen.
    Was die andern Linken angeht, gibts einen Vorgeschmack in den jüngsten Debatten bei Neoprene und Nestormachno. Einige hier haben ja dort mitgeschrieben.
    Ich hab bereits den Vorschlag gemacht, unter uns theoretische Debatten auf die Inhalte zu beschränken, die praktisch wirklich einen Unterschied begründen im Vorgehen. Das Tableau der unterschiedlichen "Übergangs"-Szenarien in Wals Antwort an mich oben ist da ja ein erster Ausgangspunkt. Was erwarten wir (womit müssen wir rechnen, womit im äussersten Notfall, was könnte uns entgegenkommen? was müssen wir (politisch, ergänzend) tun?
    Vertrackterweise kann ich dir, Wat, nicht ganz rechtgeben von wegen "eins nach dem andern". Die konkrete Absicherung in einer funktionierenden Selbstversorgungs-Einheit ist Teil der politischen Strategie: Die Vereinzelung von Linken aufheben, mehr zusammenrücken, sich helfen und entlasten, scheint mir extrem wichtig. Politische und Verständigungsarbeit braucht Freiräume. Ich will das nicht übertreiben, weil zumindest die hier Schreibenden sich solche offenkundig halbwegs geöffnet haben. Dann gilts eben für die, die hier (noch) nicht mitreden und -schreiben können...


  • Hallo Franziska,
    Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist dein Stufenkonzept (1-7) der für dich (einzig) gangbare Weg.
    Ich denke, das ist ein Weg, der mindestens ein Stück weit parallel verläuft zu all den Wegen, die ich mir vorstelle.
    Was deine praktischen Erfahrungen angeht, so hatte ich dir schon vorgeschlagen, dass du davon in lockerer Folge in deinem Blog hier berichtest. Je nach Thema kann/soll sich daraus dann eine erneute/vertiefte Diskussion ergeben.
    Das Karl-Marx-Forum ist ein (weitgehend) anonymes Forum. Aber es wird ja wohl nichtanonyme, offizielle Links im Netz zu Kommunen/Kommunegründungen geben, die dir am Herzen liegen, und die wir hier verlinken können. Wer sich also dort praktisch einklinken will, kann das dann über diesen Weg tun.


    Gruß Wal

  • Hallo Wal, ich wollte kein Bekenntnis oder Willenserklärung abgeben. Meine Frage lautet doch nur: Gibt es Wege, die Ziele 1-7 dauerhaft (dh spätestens auf Dauer, in mittleren und langen Fristen) zu verwirklichen, ohne ein solches Stufenkonzept? Ich sage nicht mal, dass diese Ziele unverzichtbar sind, vorübergehend oder dauerhaft. Vielleicht muss man sehr lange inkaufnehmen, dass eben nicht alles geht, oder nicht gleichzeitig. Oder... man will es nicht einmal, hält es garnicht für so entscheidend. Das bedürfte alles weiterer Klärung unter uns - auch, wenn das auf der hier nur ansprechbaren Ebene der "strategischen" Prioritäten relativ abstrakt geschieht. Grundsätze sind nun mal was allgemeines, aber auch wichtiges. Ich möchte hier unter uns vor allem für Klarheit darüber sorgen (soweit wir das können), welche Entscheidung wofür wahrscheinlich mit welchen Konsequenzen verbunden sein wird. Wofür oder wogegen ich mich derzeit persönlich entscheide und erkläre, ist da nicht so wichtig. Vielleicht sehe ich ja meinerseits ein, dass ich was aufgeben muss :) Genau darum diskutieren wir hier doch erstmal und beraten uns miteinander.


  • "Es macht nämlich einen (so finde ich) gewaltigen Unterschied, ob ich selbst sehe und erfahre, daß jetzt etwas nicht machbar ist, oder ob das wer anders festlegt. Das ist dann nicht nur Relativierung, das ist Fremdbestimmung.
    ...


    Oder weißt Du einen Weg über eine Zentrale, die durch ihre Planung der Produktion nicht Eigentümer der Produktionsmittel wird und damit bestimmt, wann ich was und wieviel zu tun habe - dann verrate ihn mir bitte." (Wat.)


    Eine Beschränkung, die aufgrund des begrenzten Aktionsradius einer Kommune zustande kommt, ist mir persönlich nicht lieber als eine zentral gewährte Freiheit. Da hilft mir auch die lokale Transparenz der Entscheidung nicht.


    Diese Transparenz schwindet im übrigen auch ziemlich rasch bei der Verknüpfung von Kommunen. Soll diese Verknüpfung permanent und verbindlich werden, braucht es eine ständige Koordinaton, und da können einfach nicht mehr alle Kommunemitglieder aktiv mittun. Insofern entsteht rasch eine Art Stufenleiter. Da muss man eben die Kontrollmöglichkeiten absichern, statt obere Ebenen abzulehnen.


    Wenn man Kommune-Verknüpfungen akzeptiert, aber eine gesamtgesellschaftliche Ebene als "Zentrale" und daher (?) "Fremdbestimmung" abkanzelt, ist das m.E. ein großer Widerspruch.


    Wieso soll das oberste Koordinationsgremium der Gesellschaft, aus Delegierten von unten zusammengesetzt und kontrolliert - wieso soll das schon aus Prinzip gegen die Leute agieren? Wenn die Leute das nicht zulassen, passiert das auch nicht. (Umgekehrt gilt auch: in der kleinsten Kommune kann eine muntere Despotie stattfinden, wenn die Leute sich das bieten lassen).


    Für mich ist die Gleichheit (z.B. Gleichverteilung der Produktivitätsfortschritte) als Grundsatz wichtiger als das Mittun bei jeder Art von Entscheidung und Koordination. Kontrolle freilich muss schon sein, aber das ist ein anderer Aspekt und kein Einwand gegen etwas "Zentrales".

  • Hatten wir schon (zuletzt) im alten Forum...


    Wenn aus den jeweiligen Kommunen heraus bei ihrer Verknüpfung eine Koordinierung erfolgt resp. erfolgen muß, weil sich herausstellt, daß so die Verknüpfung realisiert werden kann, hab' ich damit kein Problem.


    Das habe und kriege ich nur, wenn da nix von 'unten' gewachsen ist und die Kommune, also die Menschen die da leben, nicht die wirkliche Entscheidungsinstanz sind.


    Es gäbe 'nur' zu koordinieren, was die Menschen der jeweiligen Kommunen freiwillig bereit sind, an andere ab- bzw. weiter zu geben.
    Wenn da koordiniert würde, was die Menschen in den jeweiligen Kommunen zu tun haben, daß da eine von Dir @mattis s.g. Gleichheit entsteht bzw. gehalten wird, dann will wenigstens ich damit nichts (mehr) zu tun haben. Das ist dann alles, aber weder eine freie Gesellschaft noch eine, die es mal werden kann.


    Für mich (wie es für andere aussieht, weiß ich nicht) ist wichtig, daß die Menschen 'unten' in den jeweiligen Kommunen entscheiden, was koordiniert wird - und am allerwichtigsten - daß sie (immer wieder) auch darüber entscheiden können, ob da überhaupt koordiniert wird.
    Denn innerhalb einer Struktur nur Gesichter austauschen, bringt es mE nicht.


    Es ist aber eine andere Diskussion, wie sich die jeweilige Kommune selbst aufstellt - das entscheiden eben die Menschen, die da leben (wollen).

  • Für mich ist die Gleichheit (z.B. Gleichverteilung der Produktivitätsfortschritte) als Grundsatz wichtiger als das Mittun bei jeder Art von Entscheidung und Koordination. Kontrolle freilich muss schon sein, aber das ist ein anderer Aspekt und kein Einwand gegen etwas "Zentrales".

    Hallo Mattis,
    was du uns da vorschlägst ist nichts anderes als eine Variante von "Staatssozialismus", der nichts anderes ist ein als eine Variante des Sozialstaates. Aufgabe diese Staates ist es dann für die Gleichheit der Verteilung zu sorgen. Diese Gleichheit der Verteilung ist dir wichtiger, als Mittun bei Entscheidungen etc. Das genau ist kein Kommunismus und das hatten wir schon. Aus meiner Sicht hat das nichts mit Emanzipation zu tun, sondern allenfalls mit "sozialem Ausgleich".


    Grüße
    Robert

  • ...Mattis ist doch bloss der, der es anspricht - wo Mattis sich in dem Konflikt derzeit positioniert, ist demgegenüber zweitrangig; der Konflikt selbst ist der Skandal. Er beruht darauf, dass man glaubt, im Konzept "Kommune" sehr geschickt eine Entscheidungsebene gewählt zu haben (im alten Forum wurde das auch explizit so gesagt), wo eben "das meiste und wichtigste" (spätestens nach Rückholung der entsprechenden Fertigungs-Kapazitäten, wie von Kim vorgeschlagen) von den Kommunarden entschieden werden kann. Und man hoffen darf, dass darüberhinaus nicht mehr soviel Entscheidungsbedarf besteht. Oder sich das irgendwie durch "Bilanzieren" erledigen. Leider hat Bilanzieren mit Balance zu tun, Gleichgewicht; das Mattis-Problem, dass die eine Kommune dre andern nichts zum Ausgleich zu bieten hat, geht aber genau da erst los. Die zufällige Verteilung von Produktionsstandorten ist dann ausschlaggebend dafür, was eine Kommune ihren Mitgliedern an Produktivität zu bieten hat. Es sei denn, die kollektive Verwaltung wird von Anfang an ganz energisch und problembewusst angepackt; dann werden die versammelten Kommunarden bemerken, dass sie ein (Mangel)Verhältnis zum Rest der Welt haben, von dem sie längst abhängen, ohne darüber verfügen zu können. Wal geht an solchen Stellen gern zum Prozente-schätzen über, mal grosszügig (30% für die Landwirtschaft sollten drinsein), mal beschwichtigend: 15% der Gesamtarbeit gehen in den Aussenhandel. Tja... wenn anderswo überall Benötigtes höchst produktiv hergestellt werden kann, brauchen die dort jedenfalls nicht soviel zu arbeiten: Ungleicher Tausch, Ausbeutung, wie gehabt. Wie überhaupt das Bilanzieren als Alternative zum Staatssozialismus die kaum verbrämte (Waren)Tausch-Kategorie ist (Dialogausschnitte im Interkommunalen Rat: "ihr kriegt bloss, wenn..., X können wir uns nicht leisten, wenn nicht...; alle wollen unser Y, wir können uns doch nicht zerreissen... uswusw)
    Die Alternative heisst: Kommunalisierung der gesamten Produktion.
    Und die verwaltet mal.
    Das ist das Problem. (Neben andern...)


    PS: Das hat sehr viel mit der gigantischen "Diversifizierung" zu tun. Darum eben die Kim-sche Version des Hereinholens wichtiger Fertigungskapazitäten in die eigene Verfügung. Um den Preis, dass sie erstmal wieder aufgebaut werden müssen... und um den Preis, dass sie (uU dramatisch) unproduktiver sind als anderswo. Tja: Was ist wichtiger, Unabhängigkeit und souveräne Verfügung über die EIGENE (??) kommunale Produktion...? Oder Produktivität, also Arbeitsersparnis (wofür?)? - Mich erinnern solche Fragestellungen an die alte Neue-Frankfurter-Schule-Scherzfrage: was ist schlimmer, Durst oder Heimweh? Kann man ja drüber abstimmen...

  • Hallo Franziska,
    Du hast schon recht, wenn du feststellst, dass die Kommunarden wirklich frei und sebstbestimmt nur dort sind, wo sie selbst über das nötige Knowhow und die Mittel bzw. Ressourcen verfügen. Das ist keine neue Erkenntnis. Eine Kommune ist nicht "autonom", auch wenn sie 10.000 bis 50.000 Bewohner hat. Wir Bochumer ziehen daraus den Schluss, möglichst viel in die Verfügungsgewalt der Kommunemitglieder legen zu wollen.
    Das unterscheidet uns sowohl vom Kapitalismus wie von aller zentralistischen Planwirtschaft.
    Das unterscheidet uns aber auch von deinem Kinderglauben, man könnte oder müsste Alles innerhalb der Kommune produzieren und entscheiden. Das ist umso mehr ein Kinderglaube, weil deine "autonomen" Kommunen nur wenig mehr als eine Handvoll Mitglieder haben. Das ist der direkte Weg in eine HartzIV-Lebensgemeinschaft. Ich will und kann niemandem diesen Weg ins kollektive HartzIV versperren, aber ich protestiere energisch, wenn man das als Weg zur sozialen Emanzipation Aller ausgibt.


    Gruß Wal

  • Hallo Wal, die "Lösung", die du mir da unterstellst, ist in der Tat auch keine. Ich befürworte doch nicht den Rückzug in solche Kleinst-gruppen, sondern den sorgfältigen langsamen Aufbau von Grosskommunen (das kann ja an verschiedenen Orten starten) aus vielen solchen Gruppen - also ihr Zusammenwachsen. Nach oben hab ich da keine Grenze gesetzt - eigentlich sollten alle Menschen eines Tages der globalen Kommune angehören können...
    Das Problem ist das der Wissens-Verwaltung. Um die Produktion zu beherrschen, müssen die Kommunarden sie kennen.
    Und auch für mich gilt: Entweder was ich sage, ist falsch und erledigt sich - dann beunruhigt es auch nicht weiter. Wenn aber nicht - dann war auch ich, so wie Mattis, bloss Überbringer der schlechten Nachricht, der nämlich, dass etwas schwerer ist als gedacht. Und das... ist dann unser GEMEINSAMES Problem.
    PS: Der sarkastische Schluss in meinem letzten Beitrag soll nochmal drauf hinweisen, dass solche Konflikte nicht mit Gewalt oder "Kompromissen" gelöst werden - das ist nur eine Form des Umgangs mit den Konflikten, solang sie bestehen. Ich bin aber dafür, sie zum verschwinden zu bringen (etwa durch den langsamen Aufbau und das "subsidiäre" Draufsetzen immer anspruchsvollerer Produktionsaufgaben auf die vorläufig und gut funktionierend gelösten.)

  • Dialogausschnitte im Interkommunalen Rat: "ihr kriegt bloss, wenn..., X können wir uns nicht leisten, wenn nicht...; alle wollen unser Y, wir können uns doch nicht zerreissen... uswusw

    Hallo Franziska,
    sollte es einen modernen Kommunismus jemals geben, dann wird das mit Sicherheit keine Welt sein, in der sich alle Widersprüche aufgelöst haben und eine Zeit angebrochen ist, in der Probleme konfliktfrei gelöst werden. So oder besser so ähnlich, wie du hier den "interkommunalen Rat" zitierst dürfte da diskutiert und gestritten werden. Diese praktisch auftretenden Probleme zwischen Kommunen, zwischen selbstverwalteten Betrieben können jedoch nur in einer entsprechenden Praxis gelöst werden. Wir werden Probleme, die mit weiterhin bestehenden Interessenkonflikten zu tun haben nicht heute im theoretischen Streit lösen können. Du benennst das Problem und erklärst im Grunde den Konflikt für nicht lösbar durch Kommunikation und Verständigung. Wie du das Problem benennst und aufwirfst, wäre schon die Selbstverwaltung eines Betriebes nicht möglich. Auch in einem einzelnen Betrieb wird Arbeit verteilt ... heute sehr ungleich und von einer Zentrale, von oben bestimmt. (Das geschieht ganz ohne Markt und Tauschbeziehungen im Betrieb.) Die KollegInnen streiten untereinander, wer am meisten arbeitet, wer am wenigsten dafür erhält etc. Solche Probleme gibt es selbstverständlich in ähnlicher Form auch unter den Bedingungen von Selbstverwaltung, wenn die Belegschaftsversammlung das höchste Organ ist und dort entschieden wird, wie man die Arbeit untereinander verteilt. (Beispiele dafür gäbe es genug.) Solche Probleme müssen einvernehmlich durch Diskussion und Entscheidung gelöst werden. Wenn wir diese Probleme für unlösbar erklären und den Menschen - unter anderen gesellschaftlichen Veraussetzungen!! - nicht zutrauen solche Probleme durch Kommunikation zu lösen, dann erübrigt sich meiner Meinung nach jede weitere Diskussion über soziale Emanzipation. Das gilt für einzelne selbstverwaltete Betriebe, für Kommunen wie für den Verbund, die großräumige gesellschaftliche Organisation.
    Das alles heißt: wir können die auftretenden Probleme von morgen nicht heute lösen. Wir können nur bestimmte Voraussetzungen benennen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden. Streit wird es mit Sicherheit im Kommunismus geben. Den wird es umso mehr geben, als noch die alten Verhältnisse nachwirken und die Menschen von Einstellungen geprägt sind, die aus der allgemeinen Konkurrenz entspringen.
    Ich gehe also davon aus, dass der "interkommunale Rat" im Stande sein wird, deine angesprochenen Probleme zu lösen. :thumbsup: Wie er sie lösen wird, kann ich aus heutiger Sicht nicht sagen und schon gar nicht entscheiden.


    Viele Grüße
    Robert

  • Robert, du sagst: "Wir können nur bestimmte Voraussetzungen benennen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden."
    Genau darüber beraten wir hier, wenn ich es recht verstehe.
    Das Mattis-Problem der Ungleichgewichte und Quasi-Tauschbeziehungen taucht auf, weil die kommunale "Souveränität" ganz automatisch an die lokal (als erbe der übernommenen kap. Unternehemnsstruktur) verfügbaren Produktionsmittel gebunden ist. Mattis empfahl, die Ungleichheit überregional-"politisch", wenn auch räte-demokratisch - anzugehen, was dich, Robert, zu einer Replik veranlasste: Das sei doch kein Kommunismus, und Wal: ja, schon, aber bitte soviel echt-kommunistische Verfügung in die Kommune ziehen wie möglich. Mattis' Vorschlag als Staatssozialismus zu etikettieren, geht etwas weit, denn ich frage mich, wie denn die inner-kommunale Verfügung über die "eigenen" Produktionsmittel organisiert werden soll, wenn nicht nach Mattis-Art. Und die "Bilanzierung" und "Saldierung" ist eben etwas sehr Markt-nahe... wenn da nicht am Ende, wegen der besseren-Berechenbarkeit, die interkommunale Verrechnungseinheit steht...
    Die Alternative ist dann: Auch die höheren ebenen kommunalisieren. ALLES planen und gemeinsam entscheiden. Ok, das scheint die unteren Kommune-ebenen zu überfordern.
    Und da sage ich: Die sind schon auf Bochumer ebene heillos überfordert, wenn das relativ unvermittelt eingeführt wird.
    Es hat dann acuh keinen Sinn, Robert, zu argumentieren: Schau im Betrieb gehts doch auch, und so dann in der Kommune, bloss halt viel komplexer. Die Komplexität ist eben das Problem. Und die Lösung, die ich dafür vorschlage, ist nicht, den Konflikt zu leugnen, sondern ihn durch eine angemessen komplexe Strategie anzugehen: Subsidiäre Vergrösserung kleinerer (aber noch nicht voll reproduktionsfähiger, voll-produktiver) Einheiten, einerseits, entlang wichitgen und sinnvollen Erweiterungs- und simulatn Zusammenschluss-Schritten. UND: Umrüstung der vorhandenen technologie auf ökologische und menschen-verträgliche, darum auch beherrschbare Ausmasse (und ebensolche Fortschritts- und Lernoptionen). Also bitte nicht immer das eine gegen das andre wenden; und nicht die niedrigeren Entwicklungsstufen (die zu überwinden sind) polemisch mit dem angestrebten Resultat gleichsetzen. Und nicht, sobald beim Benennen der "bestimmten Voraussetzungen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden" erste Schwierigkeiten auftauchen (und zwar solche, die jeder Adressat, den mangewinnen möchte, auf Anhieb sieht), gleich sich ins Ignoranz-Asyl flüchten: Ich hab zwar was gesagt, aber ALLES kann ich doch nicht vorwegnehmen. Nein.. eben bloss die "bestimmten Voraussetzungen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden." Die aber schon.


  • Das Problem was sich stellt, und hier ja ausgiebig diskutiert wird und m.E. ebenfalls unzureichend beantwortet ist, zum gegebenen Zeitpunkt aber auch schwer beantwortet werden kann, "liegt in der Ableitung des Gemeinwesens, - also die Frage, wieweit dieses sich auch aus dem wirklichen Verhältnis der Menschen begründet, ob es nur eine weitergreifende Vorstellung bürgerlicher Einigkeit in einer erhabenen Gemeinschaft, also bloße Ideologie ist oder nicht, ob es überhaupt offen sein kann, bzw. geschlossen sein soll und wieweit es überhaupt ohne die gesellschaftliche Rückvermittlung von allgemeinen Zusammenhängen eine Gliederung der Teile geben kann. Man gerät leicht in einen regionalen Subjektivismus, wenn die wirtschaftlichen Grenzen zugleich als kulturelle und politische Grenzen angesehen werden (...)" (Wolfram Pfreundschuh, Wikipool.net -> Kommunalismus).


    Weiter heißt es: "Ein Kommunalismus, welcher sich gegen kulturelle Grenzziehung richtet und Kultur nicht als bindende, also verbindliche Beziehung, sondern als Resultat wirklich menschlicher Beziehungen auffasst, kann sich demnach politisch nicht aus einer lokalen Reproduktionskultur begründet, sondern selbst nur international sein."


    Reden wir von Kommune, so habe ich darunter meist größere Einheiten verstanden. Stadtbezirke, Städte, Landkreise, Regionen. Inwieweit sich diese neu gliedern oder vernetzen, kann heute nicht vorhergesehen werden. Es ist aber anzunehmen, dass die zukünftigen Kommunen in etwa die Größenordnungen heutiger Städte und Landkreise annehmen werden. Soweit diese über eine kommunale Reproduktions-Industrie verfügen bzw. diese aufbauen (und damit das Ende der ausbeuterischen "Arbeitsteilung" wie z.B. Billiglohn-Sklaverei in Fernost einläuten), können sie ihren Einwohnern ein kommunales Grundeinkommen zur Verfügung stellen (unklar ob per "Chipgeld" oder sonstwie bemessen, da wir ja auch z.B. ein Bestellsystem diskutierten, was ebenso denkbar ist. Da das aber alles nur Modelle sind, kann das niemand abschließend sagen).


    Wie im Bochumer Programm beschrieben, sind also die grundlegenden Eckpunkte der Reproduktion wie Wohnen, Wasser-, Energie-, Lebensmittel-, und Gesundheitsversorgung, Kommunikationsmittel und Transport direktes Eigentum der Kommune und Teil des kommunalen "Grundeinkommens". Die Entmonetarisierung der genannten Bereiche dürfte wohl der erste Schritt sein, der in den Gemeinden vorgenommen würde, weil sich die meisten Konflikte vielerorts an diesen Reproduktionsfragen entzünden und der Kapitalwirtschaft durch die Unnötigkeit der Lohnarbeit damit direkt der Teppich unter den Füßen weggezogen würde.


    Logischerweise müssen die Kommunen/Gemeinden/whatever in Kontakt und Austausch zueinander treten. Es liegt nahe, dass sie eine (internationale) Föderation bilden und hierzu Delegierte aussenden (oder in Konferenzräume vor eine Webcam setzen), welche die synergetische Zusammenarbeit der Kommunen diskutieren und aushandeln. Im Ergebnis kommt es zu einer kooperativen Ergänzung, welche vermutlich in Form von Verträgen festgehalten wird. Weniger revolutionär als wir es uns vermutlich vorstellen, weil's einfach in der Sache der Notwendigkeit liegen dürfte und Vertragsverhältnisse, wenn sie erstmal aus dem Rahmen der Geldbeziehungen und bloßer Formalitäten gehoben sind, Meiner Ansicht nach die Frage der Planung lösen könnten ohne eine quasi-staatliche Rechenzentrale aufzubauen, die den Gesellschaftsmitgliedern diktiert, was sie wie und wann zu konsumieren und tun haben.


    Selbstverständlich wird das nicht ohne Reibereien ablaufen und wo heute das politische Blabla steht, wird in dieser kommunistischen/kommunalistischen Gesellschaft die Diskussion um Arbeitsverteilung, Arbeitsbedingungen, Mehrarbeit vs. Mehr an Freizeit, Aushandlung von Ergänzungsverträgen (wenn wir bei meinem Modell bleiben wollen) das "post-politische" Leben und deren öffentliche Fragen ausmachen.


    Damit dies aber funktioniert ist es aber umso wichtiger, dass es keine "sozialistischen Allgemeinplätze" geben kann und darf, welche von einer auch wie immer gearteten Organisation/Zentrale vorgegeben werden, weil diese der Meinung ist aus ihrer Ideologie das Wohl aller Menschen ableiten zu können (ein Grund, weshalb die "realsozialistische" (Pseudo-)Rätedemokratie eine Farce war. Denn letztlich wurde diese durch den Allwissenheitsanspruch der KP/SED aufgehoben. Von daher kann ein moderner kommunistischer Anspruch gar nicht anders als ein quasi "antipolitischer" sein, wenn er sich gerade gegen jene Allgemeinheitsansprüche wendet, wie sie stets jede soziale Emanzipation versumpfen ließen).


    Ich glaube außerdem, dass wir die aufkommenden Herausforderungen zu schematisch betrachten. In einer synergetisch-interkommunalen Ökonomie, dürfte das Konfliktpotenzial zwar nicht gering sein, aber weitaus geringer als wir es heute gewohnt sind. Einfach deshalb, weil es um Ergänzung geht. Niemand hätte ein Interesse daran Informationen oder Wissen vorzuenthalten, wenn jeder nur vorankommen kann, wenn er kooperiert. Das macht ja m.M.n. gerade das kommunistische "Prinzip" aus, welches keine Moralismen oder "ökonomische Ethik" benötigt, weil jeder seine Eigeninteressen nur befriedigen kann, insofern er mit anderen zusammenarbeitet, weil alle voneinander abhängig sind. Des Weiteren glaube ich daran, dass die Menschen ihre Fähigkeiten und ihr Wissen verbreiten WOLLEN. Open Source/Access/Design-Projekte sind ein gutes Beispiel hierfür. Hier spielt also noch ein psychologischer Faktor mit rein. In einem international organisierten Kommunalwirtschafts-Netzwerk, dürfte der Abschottungs-Egoismus der bürgerlichen Persönlichkeit schrittweise ebenfalls ad acta gelegt sein und der Mensch sich vielmehr als Teil eines Ganzen begreifen, das mehr als die Summe seiner Teile ausmacht. Sowohl individuell als auch in seiner gesellschaftlichen Position.


    So, vermutlich bin ich ein wenig über das Thema hinausgeschossen, aber soviel zu meinen 0,02 Cent. ;)


    PS: "Es geht bei einer internationalen Kommunalwirtschaft aber nicht einfach um dezentralisierte Wirtschaft, die sich aufsummiert, sondern um eine Art von weltweiter Vernetzung der Wirtschaft, die sich in der Breite und Tiefe verhält, wobei die Tiefe als Zentralisierung funktionieren müsste, die einem Verallgemeinerungsprozess der Projekte zukommen muss, und die Breite die jeweilige Ausdehnung der Bedürfnisse in der jeweiligen Tiefe betreffen würde. Man kann sich das auch wie ein 3D-artiges Netzwerk vorstellen. (...) Um das zu erreichen, muss allerdings noch einiges gedacht, getan und entwickelt werden. Allerdings darf man nicht unterschätzen, dass vieles hierfür auch bereits aus den Verbindungen der Marktwirtschaft bereits substanziell zur Verfügung steht und lediglich aus dem Geldverhältnis und den Geldverträgen heraus in politische Vertragsverhältnisse auf der Basis konkreter Arbeitsaufwände gebracht werden müsste. Auch gibt es längst vielerlei wirtschaftliche Verbindungen von Kommunen und Regionen und sogar von Unternehmungen, die lediglich “politisch korrigiert” werden müssten, um für die Menschen tragfähig zu werden." (Wikipool.net -> Netzwerk)


    Grüße





    Mario

  • Hallo Mario,
    du hast ein paar Autoritäten zum Thema zitiert. Von einer weiteren Autorität ein weiteres Zitat:
    „Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse. Die Herrschaft des Proletariats wird sie noch mehr verschwinden machen. Vereinigte Aktion, wenigstens der zivilisierten Länder, ist eine der ersten Bedingungen seiner Befreiung.“ K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 479.


    Gruß Wal

  • "Diese Gleichheit der Verteilung ist dir wichtiger, als Mittun bei Entscheidungen etc." (Robert)


    Herrje, wie voreingenommen muss man sein, um meine Position immer wieder zu verdrehen? Ich sage, ich will nicht alles und jedes mittun und auch nicht alles und jedes entscheiden, WEIL DAS GAR NICHT GEHT. Da bleibt eben einiges, was DELEGIERT - und freilich dann auch kontrolliert! - werden muss. Delegieren ist natürlich auch eine Art "Mittun bei Entscheidungen" - aber du wirst doch den Unterschied zum direkten Selbermachen wohl kennen?
    Jetzt mal klartext: wer gar nichts delegieren will, der kann auch in einer Kommune nicht glücklich werden. Auch dort werden nicht alle Einzelheiten jedes Arbeitsbereichs im Plenum diskutiert!


    Selbst der alte Marx hat anlässlich der Pariser Kommune davon gesprochen, dass vom alten Staat eine Art Administration übrig bleibt, bestimmt durch beauftragte Abgesandte aus all den befreiten Regionen, um die für alle gleichermaßen relevanten Pläne und Festlegungen zu erarbeiten. Aber der war wohl auch ein "Staatssozialist".

  • Hallo zusammen,


    nachdem ich die wesentlichen Problemfelder benannt habe, die eine kommune-orientierte Alternativ-Ökonomie mit sich bringt, und auch Lösungsansätze angedacht habe - franziska hat daran jetzt sogar schon mehrfach erinnert -, muss ich leider eine gewisse Diskussionsunwilligkeit aus Richtung Bochumer Fraktion zu diesen Punkten feststellen.


    Da werden Kommune und Selbstbestimmung beschworen, aber die Konsequenzen bei Realisierung solcher Konzepte wollen hier einfach nicht debattiert werden. Einerseits will man eine Verknüpfung der Kommunen, die über bloße gegenseitige Hilfe hinausgeht, aber nach welchen Kriterien das vor sich gehen könnte, dazu schweigt man und verschiebt auf später. Wie das ohne Quantifizierungen gehen soll, erklärt keiner, Hauptsache, man ist dagegen und wiederholt endlos den Verdacht auf einen üblen Staatssozialismus. Dabei wird immer wieder auch das Delegationsprinzip der Bildung von Herrschaft bezichtigt. Wie aber ohne verbindlichen gesellschaftlichen Gesamtrahmen die von mir recht konkret gezeigten schädlichen Entwicklungen verhindert werden könnten, ist wohl auch keinen Beleg wert.


    Dass die meisten Konfliktthemen bereits in der jetzigen Kommune-Szene durchaus zu beobachten sind und weitere sich in den dortigen Debatten andeuten, habe ich ebenfalls gezeigt. Das sind also keine Fantasieprobleme.


    Von wenigen löblichen Ausnahmen abgesehen, lese ich hier im Forum einfach zuviel Abwehr und Schubladendenken. Warum dann überhaupt hier debattieren? Wenn alle Probleme entweder geleugnet oder auf später verschoben werden, nur weil diese momentan nicht akut sind, dann ist das für mich eine Absage an den wissenschaftlichen Sozialismus. Es ist die Unwilligkeit, selbst die glassklar zu erwartenden Konflikte wirklich zu besprechen und Lösungen zu finden.


    Für Interessierte noch ein Buchtipp: Gisela Notz, Theorien alternativen Wirtschaftens. Hab ich erst dieses Jahr entdeckt. Hört sich theoretischer an als es tatsächlich geschrieben ist. Die Autorin schaut sehr genau hin und lässt sich von ihren Sympathien für die genossenschaftlichen und Kommune-orientierten Ansätze dennoch nicht den Blick auf deren objektiven Probleme verstellen; diese werden klar benannt und wo es geht praxisnah bebildert. Jedenfalls ein guter Überblick über diese Szene und eine gute Materialsammlung.

  • Zitat Franziska:
    Und nicht, sobald beim Benennen der "bestimmten Voraussetzungen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden" erste Schwierigkeiten auftauchen (und zwar solche, die jeder Adressat, den mangewinnen möchte, auf Anhieb sieht), gleich sich ins Ignoranz-Asyl flüchten: Ich hab zwar was gesagt, aber ALLES kann ich doch nicht vorwegnehmen. Nein.. eben bloss die "bestimmten Voraussetzungen, wie die Probleme von morgen in einer anderen Praxis gelöst werden." Die aber schon.“

    Hallo Franziska,
    neben verschiedenen Differenzen zwischen uns gibt es vor allem eine, die die Verständigung besonders schwer macht und kaum angesprochen ist. Das werde ich jetzt – für mich - abschließend nachholen. Du willst innerhalb des Kapitalismus, am liebsten sofort, in überschaubaren Zusammenhängen eine andere Produktions- und Lebensweise einführen. Wer das will, muss natürlich eine Utopie entwickeln, die ins Detail geht. Wer das will muss einen ähnlichen Plan verfolgen, wie etwa Fourier oder Cabet, um 2 große Utopisten mal zu erwähnen.
    Das hältst du für eine realistischen Perspektive. Der Klassenkampf, also Massenbewegungen von Lohnabhängigen, und deren spontane Kreativität spielen darin absolut keine Rolle. Du hast beiläufig sehr deutlich gemacht, dass du darin keine Perspektive siehst. Ich halte dagegen wenig von solchen Utopien, bin misstrauisch gegen alle „Modelle“ - selbst die Kommune von Wal, mit dem mich so viel verbindet - und vertraue und hoffe auf die spontane Kreativität, die sich in Massenbewegungen gegen das Kapital entwickelt. Ich vertraue also auch darauf, dass in solchen Bewegungen, in der Praxis, Lösungen gefunden werden. Könnte ich darauf, auf diese Kreativität, nicht vertrauen, dann könnte ich auch nicht vertrauen auf die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Selbstverwaltung etc. Das eine geht nämlich aus dem anderen hervor und nicht aus den klugen Überlegungen von Utopisten. Wir können hier bis zum jüngsten Tag diskutieren und uns einbilden, wir könnten dadurch die praktischen Probleme einer kommunistischen Produktions- und Lebensweise oder die Fragen des Übergangs zu ihr lösen. Mir wäre es leicht möglich – auf sagen wir 50 DIN A4 Seiten – ein utopisches Modell zu entwickeln und kurz zu begründen, ausgehend von meinen Erfahrungen und meinen Kenntnissen in Geschichte und Kritik der Politischen Ökonomie. Für wenige Leute wäre das sicher ganz interessant, aber ich halte das für reine Zeitverschwendung und verzichte deshalb auf einen solchen „Beitrag“:
    1. Weil sich das – im Unterschied zu deinen Überlegungen – auf die gesamtgesellschaftliche Reproduktion beziehen würde, aber wegen eines solchen Modells – und mag es noch zu gut ersonnen sein – keine Revolution erzeugt wird!!!
    2. Weil Massenbewegungen grundsätzlich nicht entstehen, um irgendwelche Gesellschaftsmodelle umzusetzen. Solche Bewegungen werden vielmehr durch die Umstände und die Kritik an diesen Umständen erzeugt.
    Darum konzentriere ich mich lieber auf die Kritik des Kapitals und bemühe mich, aus dieser Kritik bestimmte grundlegende und naheliegende Ziele abzuleiten, um einen Beitrag zu leisten zur emanzipatorischen Orientierung der sozialen Bewegung, die das Kapital als Widerstand gegen sich unvermeidlich erzeugt.
    Dass du eine solche Haltung als „Ignoranz-Asyl“ betrachtest, ist klar und ich kann darüber nur lächeln. Wer den durch die Produktionsverhältnisse unvermeidlich erzeugten Klassenkampf und seine schöpferische Kraft vollständig ausblendet, und ganz vertraut auf die folgerichtig ersonnene Utopie mag immerhin von anderer Leute „Ignoranz-Asyl“ sprechen. Ich denk mir auch mein Teil dabei! :S


    Abschließend:
    Klügere Leute als ich haben erkannt, worin die Ursachen der sozialen Misere bestehen. Sie haben erkannt, dass diese Misere unvermeidlich sozialen Widerstand erzeugt, der sich bis zum Klassenkampf steigert. Sie haben erkannt, dass dieser Klassenkampf ein „Motor der Geschichte“ ist, eine große Kraft zur Gesellschaftsveränderung. Dieser Klassenkampf wird dann die gesamte Gesellschaft umwälzen, wenn er sich gegen die Ursachen der Misere selbst wendet.


    Ich zieh mich jetzt mal ganz in mein „Ignoranz-Asyl“ zurück, schließlich will ich ja aktuell keine kommunistische Kommune gründen, sondern allenfalls etwas beitragen zu einem „Parteibildungsprozess des Proletariats“ im Sinne des Kommunistischen Manifests. Was ich in dieser Absicht aus der Kritik des Kapitals herleiten kann ist:

    • Gemeineigentum statt Privateigentum
    • Selbstverwaltung statt Kommando über fremde Arbeitskraft
    • Kontrolle sozialer Produktion durch soziale Ein- und Vorsicht

    Damit sind wesentliche programmatische Punkte benannt, nämlich der neuen sozialen Form der Gesellschaft und dem Zweck, dem das dienen soll. Das sind Eckpunkte sozialer Emanzipation, die sich aus der Kritik der Verhältnisse gut ableiten lassen.


    Mit solchen Allgemeinplätzen kann man natürlich nichts anfangen, wenn man hier und heute kommunistische Kommunen gründen will und Leute sucht, die dabei mitmachen. Dann muss schon ein richtiges Modell her, und ich muss mir alles mögliche einfallen lassen, wie das wohl gehen soll.
    Wenn ich jedoch darauf setze, dass Kommunismus nur das Produkt von Aneignung in Klassenkämpfen, großen Massenbewegungen sein kann und davon ausgehe, dass diesen Massenbewegungen eine große Kreativität innewohnt, dann muss ich heute nicht viel konkreter werden. Dann kann ich darauf vertrauen, dass die konkreten Formen von Gemeineigentum, Selbstverwaltung etc. in der Aneignungsbewegung durch die breite Masse selbst gefunden werden. Dann kann ich ferner davon ausgehen, dass "kollektiv" dann Lösungen gefunden werden, wenn die praktischen Probleme anstehen. Gibt es diese Kreativität in Massenbewegungen nicht, dann bedeutet dass, dass die Leute der "Führung" bedürfen, also soziale Emanzipation unmöglich ist. (Da helfen dann auch keine "konkreten" Utopien.) Die soziale Umwälzung selbst wird so oder so ein großes Experimentierfeld sein, wenn sie nicht durch Bolschewisten "verdorben" wird.


    Ich habe mich ein ganzes Stück weit auf Diskussionen um deine konkreten Fragestellungen eingelassen. Jetzt wird es mir zu bunt bei all den wenns und abers und der Vorablösung von Konflikten, mit denen sich revolutionäre Kommunen und selbstverwaltete Betriebe zweifellos herumschlagen müssen.


    Wer meint, mit seiner Bezweifelung der Fähigkeiten zur Selbstverwaltung immer wieder auf eine unverzichtbare zentralstaatliche Macht hinweisen zu müssen, der soll das tun.(damit meine ich dich natürlich nicht.) Wer meint, Kommunismus verlange, dass wir uns mit Waschtrog, manueller Kartoffelernte, Holzbestecken und „selber singen“ usw. begnügen müssten und das keinesfalls als Beschränkung oder Verzicht empfindet, weil alles andere auf die Selbstzerstörung der Menschheit hinausliefe, der soll das tun … und er oder sie kann das auch heute schon – im Kapitalismus – realisieren! (damit meine ich dich ausdrücklich!) Prima und viel Glück dabei.


    Das habe ich jetzt noch einmal zugespitzt und polemisch formuliert, aber ich bin dabei ganz relaxed und ohne alle Aufregung. Ich kann und will aber nicht ständig dagegen an argumentieren und meine Postion rechtfertigen. Es sind sehr verschiedene Ansätze von Kritik und Vorschläge zu verändernder Praxis, die sich nicht vereinbaren lassen, was punktuelles zusammengehen ja nicht ausschließt … wenn man sich eben trifft. In diesem Sinne vielleicht mal auf bald ...


    Viele Grüße
    Robert


    p.s.: Es mag dir genauso gehen, aber ich habe oft den Eindruck, dass du meine Sachen entweder nicht richtig gelesen hast oder einfach komplett daran vorbei argumentierst. Ich könnte viele Beispiele bringen aus deinen vielen Beiträgen, wähle aber nur eins aus, deine Verteidigung von Mattis gegen meine Kritik. Da schreibst du u.a.:
    „Mattis empfahl, die Ungleichheit überregional-"politisch", wenn auch räte-demokratisch – anzugehen...“


    Ich habe mich überhaupt nicht mit Mattis Empfehlungen auseinandergesetzt, sondern mit dem, was ihm „wichtiger“ ist:
    „Für mich ist die Gleichheit (z.B. Gleichverteilung der Produktivitätsfortschritte) als Grundsatz wichtiger als das Mittun bei jeder Art von Entscheidung und Koordination. Kontrolle freilich muss schon sein, aber das ist ein anderer Aspekt und kein Einwand gegen etwas "Zentrales".

    Gleichverteilung von Produktivitätsfortschritten ist ihm also wichtiger als „das Mittun bei jeder Art von Entscheidung und Koordination.“ Damit ist er nicht weit weg, von der oft gescholtenen Masse der LohnarbeiterInnen, meinen lieben KollegInnen, mit denen ich soviel diskutiert habe. Denen ist auch die „Gleichverteilung“ wichtiger als das „Mittun bei Entscheidungen“. Deshalb wird ja allenthalben verlangt, dass der Staat gerechter verteilen soll, dass der Chef mal gerechter verteilen soll. Im Unterschied zu den KollegInnen verlangt Mattis aber eher einen anderen Staat, der es dann richten soll. Offenbar sieht Mattis nicht den Zusammenhang zwischen der Möglichkeit von „Gleichverteilung“ und dem „Mittun“. Die von ihm erwünschte Gleichverteilung wird eben nur möglich durch das „Mittun“ bei vielen Entscheidungen. Ich will das nicht weiter aufführen, aber es ist eine sehr grundsätzliche Frage. Das Streben nach „Mittun“ ist Voraussetzung für die „Gleichverteilung“!! Die größte Barriere für soziale Emanzipation, ist die Hoffnung, dass „Gleichverteilung“ sozusagen möglichst ohne oder mit wenig „Mittun“ möglich ist. Das läuft immer auf die eine oder andere Variante von „Sozialstaat“ hinaus.
    Bolschewisten rechtfertigen bis heute Unterwerfung unter den Zentralstaat, staatlichen Terror und Entmündigung mit dem Hinwies auf größere "Gleichheit bei der Verteilung von Produktivitätsfortschritten". Das ist kein "Kavaliersdelikt" und ich will und kann daher die subjektive Meinung von Mattis, was ihm "wichtiger" ist, nicht unwidersprochen durchgehen lassen!
    Das nochmal zur Erläuterung zu meinem kurzen Einwurf Richtung Mattis. Und so könnte ich an manchen Stellen zeigen, das du ziemlich komplett an meinen Argumenten, meiner Position vorbei argumentierst ... obwohl du mich meinst.
    Zu all dem, was du da über die Position von Mattis sagst, habe ich keinerlei Kommentar abgegeben. Du hast dir einfach das rausgepickt, was in dein Koordinatensystem passt und in welche Richtung du die Diskussion führen möchtest. Für mich ist jetzt also mal gut.

  • Hallo Robert,


    ich habe gerade im Thread "Arbeitsteilung .." deine Kommentare gelesen und bin verwundert über deine Aufregung dort. Du verteidigst dort die Arbeitsteilung, bringst richtige Beispiele wie die verlässliche Altenpflege und die medizinische Versorgung. Soweit alles ok.


    Wenn es um die Entscheidungsebenen geht, fällst du leider hinter dieses Niveau zurück. Denn lokale Autarkie und radikale Selbstbestimmung sind doch dasselbe Prinzip. Das eine regt dich auf, das andere verteidigst du (gegen mich). Meine Position gegen die radikale Selbstbestimmung heißt doch nicht, dass man irgendwelche Macher machen lässt gerade so wie es heute die Lohnabhängigen tun! Wenn es für dich nur die Alternative gibt: radikale Selbstbestimmung oder Bolschewismus, dann darfst du streng genommen noch nicht mal in einer Kommune leben (Wat. hat mir ja offen zugestanden, dass man da etliche "Kröten" schlucken muss).


    Franziska ist wenigstens konsequent, ihre Position ist in sich irgendwie stimmig, weil sie auch die Konsequenzen sieht und diese akzeptiert (auch wenn ich nicht so leben will). Aber deine Position ist voller Widersprüche.


    Wie willst du denn z.B. die von dir angesprochene flächendeckende medizinische Forschung und Versorgung sicherstellen ohne dass dies Aufgabe übergeordneter gesellschaftsweiter Institutionen wäre? Wie soll denn aus der flachen Nicht-Hierarchie von hunderttausenden von Kommunen eine Verlässlichkeit für so ein Thema - und die dazu nötige ökonomische Leistungsfähigkeit! - herkommen?


    Für mich wäre die zentrale Regelung solcher Themen KEINE HERRSCHAFT, nur weil ich dabei nicht in allen Punkten direkt mitwirke, sondern nur die Verantwortlichen und die Hauptaufgaben mitbestimme. Ich weiß halt nicht, wieviele Computertomographen oder Herzchirurgen oder Reha-Zentren man braucht und will mich nicht auch noch da einarbeiten! Die Richtung des Ganzen ist doch entscheidend, die will ich mitentscheiden, aber nicht alles und jedes (was schon rein physisch gar nicht geht). Genauso wenig wie es für mich Fremdbestimmung ist, wenn eine zentrale Instanz die industriellen Normen festlegt (z.B. für Schrauben), ohne dass ich dabei mitwirke.




  • Das von mir Vertretene wird derzeit grotesk entstellt wiedergegeben.
    a) Ich will nicht auf Kleinkommunen hinaus, sondern "Kommunalisierung" auf planetarem Niveau - dabei sind die von Robert angeführten 3 Prinzipien (oder das, worauf sie zielen) "Gemeineigentum statt Privateigentum, Selbstverwaltung statt Kommando über fremde Arbeitskraft, Kontrolle sozialer Produktion durch soziale Ein- und Vorsicht" als fundamentaler Bestandteil der Zielsetzung unterstellt. Ich spreche ausschliesslich über die hierfür aus meiner Warte zu wählende Strategie.
    b) Auch ist nicht wahr, dass ich eine Vielzahl von Problemen aufwerfe, stattdessen versuche ich, eine Vielzahl von Problemen, die andere hier einbringen, argumentativ (ob zurecht, bleibt zu erörtern) auf das Kernproblem der gesellschaftlichen Wissensverarbeitung zurückzuführen.
    c) Schliesslich bemühe ich mich ständig darum, Konsens über Prioritäten in der Abarbeitung von Differenzen oder Unklarheiten zwischen uns herbeizuführen. Die Frage der zu unterstellenden Übergangs-Szenarien (und ihrer theoretischen Voraussetzungen) wurde von mir mehrfach aufgeworfen. Ich halte sie für genau so fundamental wie Robert. Wenn Robert sich mit anderen Kommunalisierungs-Befürwortern hier in seiner derzeitigen Theorie zum Übergang einig ist, und Zustimmung hierzu zur (nicht mehr diskutierbaren) Voraussetzung für Diskussions-Teilnahme gemacht wird, sollte man das spätestens jetzt deutlich machen.
    Meine Prognosen bzw. Übergangs-Szenarien und Strategie-Vorschläge gehen aus von der Erwartung einer längeren Phase der Koexistenz kommunistischer Minderheiten mit einer stark verunsicherten und instabilen sozialen Umgebung, die nicht kommunistisch organisiert ist und auch nicht sein will (!). Daher kommen in meinen Übergangs-Szenarien auch Bedrohungsszenarien vor im Sinne von von - sei es linksradikaler, sei es allgemeinmenschlicher Perspektive- destruktiven Zuspitzungen der Lage der Gesamt-Gesellschaft, die noch dazu eine ganz massive ökologische Komponente einschliessen könnten (zB Nahrungsmittelkrisen). In diesem (bislang hier unerörterten) Kontext standen meine Hinweise auf Waschzuber, Holzbesteck, und "selber singen" - mehrfach in ihrem Stellenwert seither eingeordnet durch den Zusatz "zur Not". (Es waren ihrerseits Antworten auf provokative Anfragen, die mir als Ausdruck der Weigerung erschienen, sich dem Ernst der aufgeworfenen Fragen zu stellen (und sei es auch durch Nachweis ihrer Unbegründetheit).) Ähnliches gilt für die strategisch begründete Reduktion von Reproduktionsaufgaben auf solche, die die jeweiligen Kommunarden eines Zusammenschluss-Niveaus ohne Überforderung je als erste bzw. nächste beherrschen lernen können. Dies wird in einem fort übersetzt in einen Selbstzweck, der es ganz und gar nicht ist. Ich spreche ganz gewiss soviel von Technik (sogar von einem Neuaufbau bzw. Umrüstung der gesamten Technologie von Grund auf) wie Robert und Peter.
    Die logische Hierarchie der Themen stellt sich, bei unterschiedlichen Positionen, unterschiedlich dar. Auch darüber muss man sich erstmal einen Überblick verschaffen, kann das nicht einfach als gleich voraussetzen. Ich will und kann niemand zwingen, sich mit mir zu unterhalten. Ich meinerseits würde die Erwartungen hinsichtlich des Übergangs, die im Bochumer Programm unterstellt sind, gerne diskutieren.
    Dass Robert persönlich unter starkem Druck durch Arbeitsprojekte und private Verpflichtungen steht, daraus macht er hier ja kein Geheimnis. Ich wollte und will zu diesem Druck nicht durch Erzwingung von Debatten zur Unzeit beitragen. Das war der Grund, warum ich bislang darauf verzichtet habe, von andern Unangesprochenes, das mir wichtig schien, meinerseits zum Thema zu machen und den Vorschlag zu machen, "die Diskussion in diese Richtung zu führen".

    The post was edited 2 times, last by franziska: korrektur kleiner fehler ().

  • Hallo Mattis


    inhaltlich werde ich immer wieder darauf hinweisen, was Staatssozialismus wird, was diese Tendenz zeigt, wohin das führt.
    Das ist mein gutes 'Recht', wie Deines, daran, im Gegensatz zu mir, nix 'Schlimmes' zu finden.


    Begründet habe ich das auch Dir gegenüber schon mehr als genug - nicht nur hier auch im alten Forum und an anderer Stelle im iNet.


    Du hast bisher keines meiner Positionen und Argumente gelten lassen, nicht mal meine persönliche Erfahrung, die ich, sehe es mir bitte nach, daß ich das so sagen muß, auch im Gegensatz zu Dir, in dieser Sache in der Praxis (und da sogar auf beiden s.g. Schreibtischseiten) habe.


    Seis drum.


    Wenn Du Deinen Account löschen möchtest, kannst Du es selbst in Deinen Profil-Einstellungen tuen, es steht Dir selbstverständlich frei.


    ... müssen mußt Du nicht, ich fand nämlich inhaltlich(!) Deine Argumentation mit den Kommunen und den zb. Reha-Centren und dem Gesundheitswesen vs. Robert gut - die Art, wie Du sie vorbrachtest, hält mich einzig ab, darauf einzugehen ;-)


    Liebe Grüße - Wat.
    (Man liest sich, wenn nicht hier, dann eben anderswo)

  • ich bin dabei mir das ganze durchzulesen und ich habe mir währenddessen ein paar fragen notiert, die sozusagen "systemrelevant" sind:
    zu 1) die grundidee ist vernünftig. ja, auch im kapitalismus wird nach bestellung produziert und gehandelt. ich setze mal voraus, dass auf diesem bestellungsbogen wirklich alle möglichen bedürfnisse erfasst werden, aber ich kann trotzdem schon auf dem 1. makel hinweisen: die einführung neuer güter, die der kunde sich wünscht. wie wird das erfasst was der kunde noch brauchen KÖNNTE? im kapitalismus investiert man, geht ein risiko ein und sieht nach wie es sich verkauft. wie kann der kunde etwas bestellen, was er nicht kennt?
    das ist aber nur eines der geringsten probleme. bei weitem schwerer wiegt das problem der WERTUNG. ein kunde kann einen bestellbogen ausfüllen, aber es ist nicht wahrscheinlich, dass er alles bekommt was er sich wünscht (wenn er es bekommt, dann macht die liste überhaupt keinen sinn, dann müsste einfach stets alles verfügbare zugestellt werden, erschwerend hinzu kommt noch, dass man kann ja jede beliebige menge angeben kann...). es muss entschieden werden, wer konkret wieviel von was bekommt und sogar wie wichtig das bedürfnis für den einzelnen kunden ist. der eine kunde mag einen fernseher einem computer vorziehen, der andere umgekehrt. es müsste in dem bestellungsbogen eine möglichkeit geben, die bedürfnisse nach relevanz zu sortieren. doch selbst das wird nicht reichen, denn die wichtigkeit des zu erfüllenden bedürfnisses ist nicht für jede einheit eines gutes gleich. bspw. ist der erste liter wasser für mich lebenswichtig, der zweite stillt einen starken durst, den dritten brauche ich für meine toilettenspülung, den 4. zur hygiene etc., und den letzten kippe ich mir zur abkühlung über den kopf. wenn ich nun wählen müsste zwischen den ersten litern und einem porsche, würde ich natürlich das wasser nehmen, aber wenn ich zwischen dem wasser zur abkühlung und einem porsche wählen muss, dann will ich das auto. das verkompliziert die sache sehr, da das bedürfnis nach JEDEM gut diesem muster folgt. wenn man nach relevanz sortieren müsste, müsste man eine ordnung für jede mögliche teilmenge eines gutes angeben können! ein ding der unmöglichkeit. was das schlimme ist: diese bedürfnisse kann man nicht einmal feststellen und gut ist, sie ändern sich ständig, also muss die unendlich lange mammutliste periodisch neu erstellt werden. es wird also darauf hinauslaufen müssen, eine recheneinheit einzuführen, etwas wie GELD, von dem jeder eine bestimmte quantität bekommt. nur so ist es möglich, die schwierigkeiten bei der bewertung zu umgehen. der kapitalist bestellt ja auch nicht einfach alles, was er will, sondern er achtet darauf, dass er nicht sein budget sprengt. solange replikatoren wie in star trek uns nicht alles liefern was wir wollen, wird dasselbe auch im kommunismus nötig sein! wieviel von dem geld man bekommt wird von der produktivität der wirtschaft definiert werden müssen. es wird zwangsläufig auf diese restriktion hinauslaufen, damit das system nicht überbeantsprucht wird, denn es können nicht beliebige mengen von allem geliefert werden. das problem wird nun sein, die verschiedenen produktionsfaktoren (arbeit, boden, rohstoffe, kapitalgüter) so zu verteilen, dass die kaufkraft des zugewiesenen geldbetrags oder der betrag selbst bei gleicher kaufkraft möglichst groß wird.
    zu 2) die verteilung zwischen öffentlichem und privaten konsum ist eine wichtige sache, aber hier existiert sie überhaupt nicht. denn jeder konsum ist eine öffentliche angelegenheit, theater, schwimmbäder, alle dienstleistungen kann man genauso bestellbar machen wie alles andere. was ihr meint ist der unterschied zwischen dem, was dem kunden aufgezwungen wird und was nicht. 50:50 ist wahrscheinlich eine schlechte relation, denn in eurem system bräuchte man höchstens die straßen, stadtparks und deren beleuchtung jemandem aufzuzwingen, oder gibt es einen grund theater zu betreiben, die zu wenige besucher haben? oder schwimmbäder? es wäre unfair, wenn der eine kunde ins theater gehen kann ohne seine ration aufzubrauchen, während der andere vielleicht lieber ins kino geht und dafür seine ration aufbrauchen muss. denn dann hätte der theaterbesucher zugriff auf mehr arbeit als der kinobesucher, was doch ausbeutung ist.


    anm.: noch unendlich viel wichtiger ist die aufteilung zwischen dem, was in den konsum fließt und dem was investiert wird. auch im sozialismus wird investiert werden müssen, d.h. es müssen produktionsfaktoren aufgewendet werden um maschinen und ähnliches herzustellen, damit die produktion gesteigert oder nur erhalten werden kann. nun gibt es aber niemanden, der privat von produktionssteigerungen profitiert. der maßstab, an dem die regierung gemessen wird, wird wohl der gegenwärtige konsum sein, sodass sie dazu angehalten ist, auf kosten der zukunft zu verbrauchen indem sie die produktionsfaktoren aus dem investitionsbereich abzieht. es wird darauf hinauslaufen müssen, dass eine feste quote entscheidet, wieviel zurückgelegt wird, da die regierung das nicht aus ihrem eigenen antrieb macht. mit einer solchen willkürquote, die niemals auf die erforderunisse der dynamischen wirtschaft abgestimmt werden kann, gibt es hier aber raum für ineffizienz. es könnte mal nötig sein, die investitionen zu erhöhen, weil neue erfindungen gemacht werden, von denen der kunde noch nicht einmal weiß, dass er sie morgen so brauchen wird wie wir die smartphones heute. im kapitalismus wird das wegen dem gewinninteresse erkannt und es werden entsprechende signale in form höherer preise für investitionsgüter ausgesandt, was die kapitalisten veranlasst sich mehr in diesem bereich zu plazieren und den konsum so automatisch reduziert. die kapitalisten, die auf das falsche pferd setzen machen verluste und verlieren die verfügung über die produktionsmittel. da sich durch die erfüllung neuer wünsche viel verdienen lässt, gibt es ein reges interesse neue bedürfnisse ausfindig zu machen und dafür sogar in der gegenwart zurückzulegen, aber im sozialismus gibt es keinen profit und somit keine besondere anregung dafür. die planer könnten ein risiko eingehen und für über das zur erhaltung des produktionsapparates notwendige maß an investitionen bestimmte ressourcen alloziieren, aber damit zwingen sie der gesellschaft die folgen von eventuellen fehlentscheidungen auf, denn es könnte sein dass das nicht notwendig war. der kunde kann es nur im nachhinein wissen, der kapitalist kann auch nur spekulieren, aber da seine privaten einnahmen an die ergebnisse gebunden sind wird er dabei im erfolgsfall sich und gleichzeitig der gesellschaft durch erfüllung der bedürfnisse einen saftigen gewinn verschaffen, während er im verlustfall alleine verliert.


    fortsetzung folgt, sobald ich mir auch den rest durchgelesen habe. die kritik wird sich bei 3 noch steigern und es wird klar werden wie sehr eine geldrechnung nicht nur für die erfassung der bedürfnisse, sondern auch für die produktion notwendig ist und wieso die awt ein mieser ansatz zur bestimmung von werten ist.

  • und weiter gehts mit 3)
    wie ich gezeigt habe impliziert die ausrichtung der wirtschaft nach den bedürfnissen der verbraucher geldrechnung, da die aufstellung einer bedürfnisliste die aufstellung von unendlich vielen vergleichen erfordern würde (was man sicher durch quantisierung der mengen etwas einschränken könnte, aber dennoch wären es millionen anzustellende vergleiche). nehmen wir an, dieser einwand wäre für die folgende betrachtung der produktion selbst irrelevant, weil man zur zuweisung einer geldsumme übergegangen ist, oder er würde irgendwie durch eine andere modifikation des systems gelöst. wir gehen also davon aus, dass der wirtschaft die bedüfnisse der kundschaft genaustens bekannt sind. sie wird dennoch ineffizient sein:
    alle sachlichen produktionsmittel nach ihren physikalischen eigenschaften zu klassifizieren wird sicherlich eine triviale aufgabe sein. bei den arbeitskräften ist es komplizierter. es ist nämlich möglich, eine arbeitskraft für verschiedene produktionen zu benutzen. im kapitalismus passiert das automatisch: eine arbeitskraft geht tendenziell dahin, wo sie den höchsten lohn (+alle möglichen benefits) erzielen kann, denn der kapitalist kann aus nur einem grund soviel bezahlen: seine produkte erfüllen ein dringendes kundenbedürfnis und sind deswegen begehrt. auch im sozialismus kann es vorkommen, dass ein kundenbedürfnis so dringend ist, weil viele verbraucher die nachfrage erzeugen, dass mehr arbeitskräfte in einem bereich benötigt werden für der nicht optimal auf ihre qualifikation passt. die ausbildung kann das nur mit einer verzögerung von mehreren jahren kompensieren. das gewinnmotiv der arbeitnehmer besorgt das bei weitem schneller.
    außerdem muss damit gerechnet werden, dass man mit der bildung nicht auf ein unbegrenztes potential an ausbildungsfähigen zurückgreift, weil bei einigen menschen einfach nicht das talent oder, was noch viel wichtiger ist, der wille gegeben ist, das zu werden, was die planungsbehörde als wichtig erachtet. womit motiviert man die menschen zu einer schwierigen ausbildung, auf die sie keinen bock haben? ihr anteil am gewinn des produktionsfortschritts, wenn sie das opfer einer langen ausbildung auf sich nehmen, während andere party machen, muss größer sein als der der anderen. sonst geht der mensch den weg des kleinsten widerstandes. aber wieviel größer ist gerecht? im kapitalismus wird das vom markt entschieden, die nachfrage der verbraucher gibt den kapitalisten, die somit sehr in ihren handlungen beschränkt sind, wieviel sie ihren arbeitskräften bezahlen dürfen und müssen.


    fortsetzung folgt...

  • „die einführung neuer güter, die der kunde sich wünscht. wie wird das erfasst was der kunde noch brauchen KÖNNTE? im kapitalismus investiert man, geht ein risiko ein und sieht nach wie es sich verkauft. wie kann der kunde etwas bestellen, was er nicht kennt?“


    In dem Beitrag über die Kommune Bochum wird im besten Fall angedeutet, wie Reproduktion unter emanzipatorischen Bedingungen funktionieren könnte. Du aber plapperst von Kunden, Investitionen und Risiko im Kapitalismus. Es ist also eine Fortsetzung des gleichen (monologisierenden) Kindergeplappers, wie wir es schon bei der Diskussion über den substantiellen Wert ertragen mussten. Ich habe gleich gar nicht mehr weiter gelesen und werde auch meine Zeit nicht damit vergeuden, dies zu tun.


    Ich verweise in diesem Sinne auf meine schon gegebene endgültige Antwort auf deine Frage 2):


    “Mach das mal schön alleine oder such dir einen andern Depp, den du volllabern kannst.“

  • weiterhin zu 3)
    * wort vergessen im letzten satz: die nachfrage gibt den kapitalisten vor wieviel sie ihren arbeitskräften bezahlen dürfen und müssen.
    in eurem modell würde - ohne zwangsmaßnahmen - kein anreiz bestehen dorthin zu gehen wo man gebraucht wird. aber auch hier kann man es nicht der willkür der werktätigen überlassen. durch die konsumwünsche ist eine gewisse struktur festgelegt, d.h. eine zentrale, staatliche behörde müsste existieren, auch wenn sie in eurem modell nicht vorgesehen ist, die arbeitszuweisungen unter androhung von strafe durchführt. im kapitalismus ist die "strafe" der geringere lohn, aber der werktätige hat immer noch die wahl, ob er den genuss einer aus seiner sicht attraktiveren arbeit der lohndifferenz vorzieht oder nicht. wenn ihr keine strafen dafür vorseht, dann wird es erst recht eine anarchie in der produktion geben, es wird nämlich nicht mehr nach dem ermittelten bedarf produziert, sondern je nach dem, worauf die produzenten gerade lust haben. eine abdeckung des bedarfs ist in diesem falle wahrscheinlicher als die sichtung eines dinosauriers auf dem mond.


    anm.: die zentrale behörde nennt ihr hier nicht "staat", sondern "kommune". es gibt aber keinen unterschied. wenn von einer kommunalen entscheidung die rede ist, dann ist es die entscheidung einer behörde, die über jedem arbeiter und jedem leiter jeder produktionseinheit steht. nur darauf kommt es an. es ist völlig egal, wie die entscheidungen dieser kommune entstehen, ob einer das alleine macht oder durch direkte wahlen. denn für die folgenden fragen ist der zugang zu informationen nötig, mit denen sich ein normaler arbeiter nicht beschäftigt. es wäre eine unfassbare verschwendung von produktivkräften, wenn jeder arbeiter genötigt wäre, die aufgaben der leitung zu überprüfen. wenn die hälfte der arbeitszeit für administative aufgaben draufgeht, für die die meisten nicht einmal qualifiziert sind oder sein können, dann setzt dass die produktivität so weit herab, dass der kapitalismus alleine wegen dieser tatsache weit überlegen wäre. und das schlimmste ist: damit wurde noch nicht einmal der kern des problems angegangen, denn es wird in punkt 4 gezeigt, dass die benötigten entscheidungen wegen dem fehlen der benötigten information überhaupt nicht getroffen werden können, egal wieviele leute darauf angesetzt werden!


    nun zu 4)
    dieser punkt baut schon auf einer falschen voraussetzung auf. es wird davon gesprochen, dass die erfüllbaren wünsche nun ausgesucht werden. dabei wird aber, wie schon in punkt 1 erwähnt, dass die wünsche nicht alle die gleiche bedeutung haben und auch nicht in bedürfniskategorien unterteilt werden können, denn auch bei den lebenswichtigen bedürfnissen wie nahrung gibt es unterschiede, einen teil braucht man zum leben, einer sichert die gesundheit, der nächste das wohlbefinden, dann kommt der genuss etc. und niemand weiß, wieviel von was für den kunden welche bedeutung hat, und wie es in relation mit anderen genüssen steht, was die aufstellung einer liste unmöglich macht, was eine geldrechnung zwingend notwendig macht. durch die zahlungsbereitschaft könnte man ermitteln, was produziert werden soll, und wenn man diese von jedem kunden angeben lässt (für mehrere verschiedene geldbeträge, die er potenziell erhalten könnte) , könnte man sich den betrag/kopf heraussuchen, den das system bei der derzeitigen produktivität gerade so noch hergibt. bei der folgenden betrachtung muss ich so ein system mit geldpreisen voraussetzen, da das problem der erfassung der kundenwünsche nicht anders zu lösen ist. zunächst wären die probleme so behoben...
    aus erfahrungswerten könnte man zunächst abschätzen, ob die menge, die produziert werden soll auch produziert werden kann. man weiß, wieviele arbeitsstunden man gebraucht hat und man kennt die alten preise der produkte, und kann aus ihnen abschätzen wieviele stunden ihre herstellung braucht. jetzt kommen aber die probleme: kunden ändern ihre wünsche ständig. produktionsverfahren ändern sich auch ständig. ein produkt wird nicht immer dieselbe arbeit benötigen, und auch nicht dieselbe art von arbeit. wenn der bedarf an einem produkt steigt, muss die wirtschaft hiernach umgestellt werden. es müssen neue anlagen dazu gebaut werden und es braucht (in der regel) mehr arbeitskräfte. aber das kann das system gar nicht erfassen, ohne in einen konflikt zu geraten. der preis wird ja nicht vom markt bestimmt, sondern von der kommune vorgegeben, die kommune guckt nur nach, wieviel arbeit für ein produkt aufgewendet wurde, und das wird unabhängig von der nachfrage der gleiche betrag sein. aber man kann nicht unbegrenzt viel von einem produkt herstellen, weil es auch rohstoffe benötigt, die nicht unbegrenzt vorhanden sind, und auch die arbeitskräfte müssen mitziehen. die kommune muss den preis nun hochsetzen, aber niemand kann ihr sagen um wieviel. man kann alle physischen eigenschaften der rohstoffe kennen, aber sie werden für unzählige produkte verwendet, wenn man sie für eine produktion heranzieht, nimmt man sie der anderen, d.h. das gesamte preisgefüge muss ebenfalls geändet werden, um das system nicht zu überlasten. doch rohstoffe haben wegen eurer theorie keinen wert und ein preis kann nur willkürlich zugewiesen werden, d.h. man hat keine bezugsgröße nach der man die preise ändern kann. ein produktionsleiter kann auch nicht sagen: gebt mir mehr rohstoffe, ich erfülle ein dringenderes bedürfnis als andere. denn man kann keine vergleiche anstellen, da in einer anderen fabrik bespielsweise die rohstoffe, verbaut in eine maschine, zur reduzierung der benötigten arbeitszeit beitragen und damit mehr arbeitskräfte freisetzen könnte, die wiederum zur produktion von einer anderen ware, für die der preis hochgesetzt wurde, genutzt werden. alle informationen müssen also gesammelt werden, alle entscheidungen müssen wegen ihrer unabschätzbaren rückwirkungen auf die kommune an eine zentrale stelle geleitet werden (hi, staatssozialismus), und dennoch wird es riesige schwierigkeiten geben, die rohstoffe in das preisschema einzuordnen, oder besser gesagt, es wird völlig unmöglich sein. dasselbe gilt auch von der landnutzung, hier tritt auch noch das problem von der verschiedenen qualität des bodens hinzu.
    weitere probleme ergeben sich aus den standortfaktoren. eine anlage an einem ort A ist nicht unbedingt so nützlich wie eine anlage an ort B. wenn die konsumenten näher an B wohnen, muss weniger transportaufwand betrieben werden. durch die ständigen änderungen der kundenwünsche ändert sich auch ihre profitablität, was nichts anderes bedeutet, dass mal mehr, mal weniger aufwand betrieben wird. bei der rechnung muss die notwendig existierende zentrale behörde auch darauf achten, d.h. sie bekommt noch mehr daten, erstickt in noch mehr bürokratie, denn eine produktionsleitung kann nicht alleine entscheiden, wieviele produktionsmittel sie bekommt, da diese ihr ja nicht gehören. sicherlich könnte jede fabrik mit mehr produktionsmitteln ihren output steigern. aber das darf sie nicht, sie muss genausoviel produzieren wie ihr aufgetragen wurde um den kundenbedürfnissen zu begegnen. im kapitalismus wird das durch den profit geregelt: eine fabrik die ihre produktion nicht nach den kundenwünschen ausrichtet wird unprofitabel und geht pleite. die zentrale stelle in eurem system hat nun nicht nur zwischen vielen möglichkeiten zu wählen, einen produktionsfaktor einzusetzen, sondern sie muss auch noch in die rechnung einfließen lassen, wo sie ihn einsetzt, da die produkte auf dem weg zum endkunden auch noch produktionsfaktoren verbrauchen.
    zu den qualifikationsunterschieden in der arbeit habe ich auch schon einiges gesagt. wenn ein arbeiter nicht so leicht ersetzt werden kann, dann kann von seinen produkten auch nicht auf wunsch die produktion gesteigert werden. ihr gebt zwar jeder arbeit den gleichen wert, aber in der realität werdet ihr den produkten des nicht ersetzbaren arbeiters einen höheren preis geben müssen, um zu verhindern, dass zuviele kunden die ware nachfragen und dann nicht bekommen. die awt, wird in der praxis völlig unbedeutend, in der realität werdet ihr euch mit der subjektiven wertlehre abfinden und euer handeln nach ihr ausrichten müssen. jetzt fehlt in dem sozialistischen modell ein objektiver parameter, der anzeigt, wie die gerade vorhandene qualifizierte arbeit tatsächlich zu bewerten ist. ein produkt könnte auf verschiedene arten zustande kommen, mittels einer geringen menge qualifizierter oder einer großen menge qualifizierter arbeit. ihr könntet nicht sagen, welcher gewählt werden soll, um aufwand zu sparen, denn ihr wisst nicht was im moment wertvoller ist: die geringe menge qualifizierter oder die große menge unqualifizierter arbeit.


    diese fragen sind natürlich keine kleinigkeiten, die man einfach so ignorieren könnte. die preisunterschiede für die qualifikationsunterschiede sind im kapitalismus beträchtlich, d.h. sie über einen großen einfluss auf die produktion aus. die arbeit ist alles andere als ein objektiver wertmaßstab. auch die rohstoffe und die bodennutzung werden in praktisch allen bereichen eine rolle spielen, denn jedes sachliche produktionsmittel ist entweder rohstoff oder besteht daraus. ohne bewertungsmaßstäbe kann die kommune alle physikalischen und technischen informationenüber die produktionsmittel sammeln, ohne jemals zu einem sinnvollen ergebnis kommen. die produktionswege, die verschiedene mittel erfordern, sind überhaupt nicht miteinander vergleichbar, wenn man ihnen keine zahl zuweisen und sagen kann: so, damit hole ich das meiste für die kommune heraus. das beste ist, dass diese probleme selbst bei eurer version auftreten würden, wenn man sie durch falsche annahmen überhaupt für soweit ausführbar hält. ich musste das system mit geldpreisen ergänzen, um weitere erklärungen überhaupt ansetzen zu können, weil die grundannahmen total verfehlt sind und das system schon nach punkt 1 begraben war.


    und noch zu dem letzten punkt: überschuss und mangel
    überschüsse oder mangel kann es per definition nicht geben. es wird doch angeblich nach bedarf produziert. wenn man aus dem ausland importieren möchte, muss man in den plan die produktion für das ausland miteinbeziehen. überschuss und mangel tritt nur durch unvorhergesehene abweichungen vom plan oder sicherheitsmargen (leichte überproduktion zur sicherheit, falls etwas durch katastrophen zerstört wird) auf.
    gut, das war nur eine rhetorische haarspalterei. aber sie kommt nicht grundlos, denn ich wollte damit zeigen, dass es zur feststellung eines richtigen mangels (mangel an einer ware, die man gemäß plan nicht durch tausch erwirbt) nur notwendig ist, dass die kommune ihre definition ändert. sie definiert bspw. wir hätten so und so viele pcs herstellen müssen, haben aber etwas anderes, also haben wir mangel. das ist natürlich unsinn: man hätte die not damit abstellen können, dass man die zuweisung der rationen ändert (bzw. die preise für pcs so weit hoch triebt bis genügend menschen die lust zum kaufen verlieren). jede kommune wäre also bestrebt, soviel mangel wie möglich anzugeben, damit sie von den anderen alles erhält was die haben. der "solidarische austausch" würde schnell zusammenbrechen, da niemand mehr so dumm wäre irgendetwas als überschuss zu definieren und stets mangel angeben würde. eine übergeordnete instanz könnte das verhindern, der preis wäre aber, dass die kommunen immer weniger produzieren, weil es überhaupt keinen sinn macht, da sie nur für die faulsten arbeiten müssen. euer system bräuchte schnell mauern und wächter, da es absolut nicht lebensfähig ist.

  • wenn ich vom kapitalismus rede, dann nur zur gegenüberstellung, um die mechanismen aufzuzeigen, mit denen die probleme hier gelöst werden. ich hätte ganz darauf verzichten können, aber ich wollte mir aussagen ersparen wie: "im kapitalismus ist es nicht besser, da gehts nur um profit!". eben nicht, der profit kommt nur zustande, wenn der kapitalist auf die bedürfnisse der kunden eingeht, das wollte ich mit den verweisen auf den kapitalismus stets zeigen.
    möglicherweise hattet ihr die diskussion bisher nur mit leuten, die prinzipiell eurer meinung waren und alles abgenickt oder nur unwichtige einzelheiten hinterfragt haben. aber man muss auch mal die andere seite betrachten. ich kann eure texte problemlos lesen, ohne unbehagen, ohne von meinen kapitalistischen grundüberzeugungen abgebracht zu werden. im gegenteil, durch erkannte fehler werde ich noch darin bestärkt. gut, für heute habe ich genug text geschrieben (1h oder mehr? ihre 1. antwort ist erschienen, während ich am letzten brocken geschrieben habe).

  • "im kapitalismus ist es nicht besser, da gehts nur um profit!". eben nicht, der profit kommt nur zustande, wenn der kapitalist auf die bedürfnisse der kunden eingeht, das wollte ich mit den verweisen auf den kapitalismus stets zeigen.

    Natürlich geht es um Profit. Du sagst es doch schon fast selber, die Bedürfnisse sind nicht Zweck, sondern Mittel. Mit Bedürfnissen werden Abhängigkeiten geschaffen. Was meinst du weshalb Großkonzerne sich Psychologen für ihre nächste Werbeaktion holen? Um die Leute möglichst wenig zu beeinflussen? In Zeiten, in denen geschälte Eier, V-Ausschnitte und Bild-Zeitungen verkauft werden, halte ich es für fragwürdig, ob Innovationen essentiell für das Glück einer Gesellschaft sind.

  • nicht die bedürfnisse sind mittel, die ERFÜLLUNG der bedürfnisse ist im kapitalismus mittel, die den kapitalisten in die lage versetzt, mehr von seinen eigenen bedürfnissen zu erfüllen (profit zu machen). eine "abhängigkeit" kann nur mit drogen geschaffen werden, man verletzt natürlich persönlichkeitsrechte und wird auch im liberalen kapitalismus vom markt entfernt. ich kenne keine ware, von der ich abhängig bin, ich sehe nur bedürfnisse, die ich immer erfüllt sehen will, weil ich es als teil meiner lebensqualität betrachte, und waren, die ich dazu als geeignet ansehe. die werbung lässt diese bedürfnisse nur deutlicher ins bewusstsein treten, es gibt werbungen, die in 1000 mal gesehen habe und von denen ich trotzdem nie auf die idee gebracht wurde, ein produkt zu kaufen. auch in einer sozialistischen gesellschaft wäre werbung sinnvoll, um dem konsumenten zu zeigen was es alles gibt. entscheiden muss man selbst.
    sie haben überhaupt kein moralisches recht, jemanden zu verurteilen, weil er etwas als bedürfnis ansieht, was für sie überflüssig ist. aus der wirtschaftswissenschaft können sie es nicht herleiten. die wissenschaft beschäftigt sich nicht mit den konkreten bedürfnissen und urteilt auch nicht über sie, sondern gibt lediglich an, mit welchen mitteln man am besten zu ihrer erfüllung gelangen könnte. was auch immer sie als bedürfnis ansehen, mit dem oben gezeigten system werden sie kaum in die lage versetzt, diese auch nur rudimentär zu erfüllen.

  • Das ist alles bürgerlicher, undifferenzierter Unsinn. Im Sinne von "Den Menschen gefällt es hier, also brauchen wir keinen Kommunismus". Eine Frage an dich, hast du Marx überhaupt schon mal gelesen? Also richtig gelesen, nicht nur Fragmente oder einzelne Schriften.

  • das relevante habe ich gelesen. ich denke, ich stehe damit nicht schlechter als die meisten hier, aber sie können ihn so oft durchlesen wie sie wollen, sie werden meine zahlreichen oben gebrachten einwände gegen das system nicht entkräften. außer natürlich, sie stempeln das alles ab als "bürgerliche" logik ab, worüber sie nicht weiter zu diskutieren brauchen. es wird natürlich ziemlich umständlich, dann noch ihre aktivität in diesem forum zu erklären, um nicht zu sagen, unmöglich.

  • Das ist alles bürgerlicher, undifferenzierter Unsinn. Im Sinne von "Den Menschen gefällt es hier, also brauchen wir keinen Kommunismus". Eine Frage an dich, hast du Marx überhaupt schon mal gelesen? Also richtig gelesen, nicht nur Fragmente oder einzelne Schriften.

    Hallo Alet,
    ich habe den Eindruck, diese "Pille" hält uns Linke und Kommunisten für ziemlich doof, weil er meint, wir leben auf einem anderen Stern und hätten keine Ahnung, mit welchen Argumenten Mainstream-Medien und Uniprofessoren den Kapitalismus anpreisen.
    Er wollte hier seine Kapitalverherrlichung präsentieren, das sei ihm gegönnt.


    Ricardo hatte sich ja größte Mühe gegeben, um mit "Pille" in eine sachliche Diskussion zu kommen, ohne jeden Erfolg.
    Wenn der Kapitalismus keine besseren Verteidiger findet, sehe ich schwarz für den Kapitalismus! :-)


    Übrigens: Ich denke nicht, dass jemand Marx gelesen haben muss, um mein Modell einer emanzipierten Gesellschaft ohne Lohnarbeit und ohne Geld zu verstehen.


    Gruß Wal

  • manche leute sind aus dem (realen) kommunismus abgehauen und wundern sich über die leichtfertigkeit, mit welcher hier ein funktionierendes system (oder wenigstens die funktionierenden elemente des systems, die finanzkrise wird von den nicht funktionierenden verursacht, die ich auch erklären könnte, falls ich in der lage wäre, jemanden hier dazu zu bringen, einige miener ökonomischen grundsätze als wahr anzusehen) gegen ein definitiv nicht funktionierendes ausgetauscht werden soll, wobei auf die kritik natürlich nicht einmal eingegangen wird. wie ich gezeigt habe, wird euer modell ebenso im staatssozialismus enden, falls es nicht schon in seinen grundannahmen scheitern soll und dieselben katastrophalen ergebnisse produzieren wie in der vergangenheit.

  • "Übrigens: Ich denke nicht, dass jemand Marx gelesen haben muss, um mein Modell einer emanzipierten Gesellschaft ohne Lohnarbeit und ohne Geld zu verstehen."
    Natürlich nicht, aber ich dachte man darf von jemandem, der Marx gelesen hat, erwarten, dass er weiß wie der Kapitalismus funktioniert.

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