Notwendigkeit "Bochumer Programm" (Altes Forum)

  • verfasst von Wat. (R), 10.12.2011, 23:31



    In der Diskussion auf dem NAO-Blog im Thread G. Karfeld bei „scharf-links“ zum „revolutionären Bruch“ ergab sich die Frage, wie die Lohnarbeit verschwinden würde und was denn die Gegentendenzen sein können, die man politisch stärken muss, um einer Gefahr der Tendenz der Bürokratisierung in der Arbeiterbewegung zu begegnen?
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    Auf dem Weg aus dem Kapitalismus müssen sich die Lohnabhängigen von Lohnarbeit befreien (können) – Sie müssen sich vom Kapitalverhältnis emanzipieren!


    Das ergibt sich als Konsequenz aus der Einsicht, dass Lohnarbeiter/Besitzlose niemals diejenigen sind, die die gesellschaftliche Produktion, also ihre(!), kontrollieren.


    Um die gesellschaftliche Produktion zu kontrollieren, also über die gesellschaftliche Produktion entscheiden zu können, müssen die Lohnarbeiter zu Arbeitern werden.


    Ein Arbeiter ist ein Lohnarbeiter, der nicht mehr von Lohn abhängig ist, der selbst gemeinsam mit anderen Arbeitern bestimmt, was und wie, durch wen und wozu hergestellt und verbraucht wird.


    Wird die gesellschaftliche Produktion über die ‚Zuhilfenahme‘ von zb. Räten, Parteien, Gewerkschaften, Organisationen, also irgendwelcher die Lohnarbeiter/Werktätigen vertretenden Stellvertreter, ‚organisiert‘, würden diese Stellvertreter dadurch zu ihrer neuen sie beherrschenden Klasse werden.


    Wie könnte es nun gelingen, dass ein Lohnarbeiter zu jemandem wird, der Arbeiter ist, also selbst gemeinsam mit den Anderen über die gesellschaftliche Produktion entscheidet?


    Sie müssen sich die „Staatsmacht erobern“!


    Das ist etwas anderes, als die „Staatsmacht zu übernehmen“.


    Denn mit einer (politischen) „Staatsmachtübernahme“ werden im Wesentlichen nur die alten Strukturen ersetzt.
    Statt der Kapitalistenklasse bestimmte dann eine „Stellvertreterklasse“, gebildet aus zb. Räten, Parteien, Gewerkschaften, Organisationen oder – was hier in der NAO, so scheint es mir, gar keiner auf dem Schirm hat – der alten ‚Funktionselite‘ (Wissenschaftler, Ingenieure, Beamte), wie die gesellschaftliche Produktion zu gestalten ist.


    Das ist kein Sozialismus als Übergangsphase zum Kommunismus!


    Denn in einer Übergangsphase, also etwas was ohne erneuten revolutionären Bruch zum Kommunismus hinüberwachsen kann, gäbe es keine „Stellvertreter“ mehr, die die gesellschaftliche Produktion für Alle arbeitenden Menschen organisieren. Im Sozialismus, so er einer ist, würden sie das schon allein gemeinsam ‚bewältigen‘ (können)


    Wie gelingt nun aber „Staatsmacht erobern“?


    Die Frage aller Fragen… die es zu beantworten gilt, wenn es tatsächlich eine Neue Antikapitalistische Organisation, wie auch immer diese dann heißen wird, werden soll:


    Die Besitzlosen holen sich nach und nach die Bestimmung über immer mehr Teilbereiche der Gesellschaft.


    Sie nehmen immer größeren Einfluss darauf, was/wo produziert wird.


    Sie entscheiden auch, ob in einem Betrieb überhaupt (noch) produziert wird (siehe AKWs)


    Das, was wir im "Bochumer Programm" als „Kommunalisierung und Demokratisierung“ beschrieben haben.


    Sie werden in immer mehr Betrieben, in denen sie arbeiten, die Selbstverwaltung übernehmen.


    Sie werden sich über die Forderung „Gleiche theoretische und praktische Ausbildung für Alle bis zum 18. Lebensjahr“ das Rüstzeug dafür holen, in den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft, zu arbeiten und mit anderen entscheiden zu können.


    Sie werden sich immer mehr Mitsprache und sogar Selbstentscheidung in den Kommunen holen.


    Und vieles andere mehr. Das Programm kann da sicher noch um einige Punkte erweitert werden.


    Es würde ein wohl langsames aber stetes Zurückdrängen des Staates sein, wenn sie in immer mehr Betrieben und Kommunen selbst bestimmen und diese Betriebe und Kommunen, in denen das schon funktioniert, untereinander verbinden.
    Ich sehe das auch nicht als nationale Beschränkung…


    Zum „Bochumer Programm“ gibt es inzwischen mehrere Erläuterungen bzw. Herleitungen einzelner AutorInnen, von Wal Buchenberg , von Robert Schlosser , dieser Text hier soll meine Begründung für dessen Notwendigkeitsein.


    Klar ist, dass mit allem, was das „Bochumer Programm“ bisher als gemeinsame Aktionspunkte der unterschiedlichsten Antikapitalisten für die Unterstützung der Besitzlosen auf ihrem Weg vorschlägt, noch nicht der Zwang zur Lohnarbeit in Gänze aufgehoben ist, das Kapitalverhältnis (mit Lohnarbeit, Ware, Tausch, Geld, privatem Eigentum an Produktionsmitteln) noch nicht gänzlich beseitigt ist - dazu bedarf es dann des Revolutionären Bruchs mit dem kapitalistischen System - Aber den werden die Lohnabhängigen dann vollziehen, wenn sie nicht mehr weiter Lohnarbeiter sein wollen, können und müssen. Wenn sie selbst diese dann noch verbliebenen Strukturen des Kapitalistischen Systems nicht mehr ertragen können und auch nicht mehr müssen, weil sie mehr als eine Vorahnung haben, was Selbstständig sein, und Selbstbestimmen können, ist.


    Die zu vereinigenden antikapitalistischen Kräfte sind diejenigen, die ihnen, als welche der ihren, die zusätzliche Kraft, Fähigkeit und das Wissen geben, dass wir alle gemeinsam (die antikapitalistischen Kräfte und die Besitzlosen) den Kapitalismus überwinden werden – und dann in einer neuen Gesellschaft, die wir durch Marx und Engels „Sozialismus“ nennen, frei leben und über unsere gesellschaftliche Produktion selbst und gemeinsam bestimmen.


    Für die Emanzipation der Lohnabhängigen ist uns kein Weg zu lang und erst recht kein Weg zu schwer – dafür nehmen wir jeden Kampf an!
    Für die Emanzipation der Lohnabhängigen vereinen wir uns.


    Wat.
    10.12.2011



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