Konsumeinbruch durch Corona

  • In Deutschland gehen 60 Prozent der Wirtschaftsleistung in den privaten Konsum, 40 Prozent ersetzen die verbrauchten Produktionskapazitäten. In den USA ist das Verhältnis 70 zu 30.

    Der Shutdown wegen Corona hat vor allem den privaten Verbrauch reduziert.


    Man hat in den USA die Kreditkartenabrechnungen des zweiten Quartals (April bis Juni 2020) durchforstet und festgestellt:

    Die Reichen 10% der US-Bürger reduzierten wegen Corona ihren Konsum pro Tag um 3,1 Milliarden Dollar (minus 31%), die Armen 40% der US-Bürger reduzierten ihren Konsum um eine Milliarde pro Tag (minus 23 Prozent).


    Der Konsum der US-Reichen beträgt also normalerweise jeden Tag 10 Milliarden Dollar, der Konsum der US-Armen erreicht bloß 4,3 Milliarden Dollar am Tag, obwohl es viermal so viele Arme als Reiche gibt. (Alle Daten aus FAZ-Rainer Hank).


    Merke:

    Marx unterschied zwischen "notwendigem Konsum" (Massenkonsum) und "Luxuskonsum" (Konsum der Reichen). Die beiden Konsumarten unterscheiden sich nicht nur im Inhalt, sondern auch in der Quantität.

    Wer über Konsum ganz allgemein spricht, ohne den erheblichen Unterschied zwischen Massenkonsum und Konsum der Reichen zu beachten, der ist ein Holzkopf.

  • Laut einer Gießener Studie litten rund 50% ihrer Teilnehmer an psychischen Problemen wegen/im Corona-Lockdown. Ich halte von Psychologen wenig und sehe die Ursache-Wirkungs-Kette genau umgekehrt wie diese Wissenschafter. Die Psychologen nehmen unkritisch das Leben im und mit dem Kapitalismus als Normalzustand und definieren individuelle Abweichungen im Verhalten als Krankheit.

    Ich denke, der Corona-Lockdown wirkte wie ein kalter Entzug. Vieles, was Leute vorher als Droge konsumierten, war plötzlich weg: Partys, Einkaufsbummel, Cafégebabbel, Kultur (nein: KULTUR!), Restaurantbesuche etc. Für den Durchschnitt der Menschheit betrachtet, war der Corona-Lockdown keine Ausnahme, sondern ein Normalzustand. Wer unter dem Entzug gelitten hat, sollte sich fragen, was er/sie für ein zufriedenes/erfülltes Leben wirklich benötigt.


    Ein ganz unpsychologischer Blick auf die Googlestatistik gibt nützliche Hinweise auf das veränderte Verhalten der Leute.

    Während des Lockdowns gingen die Googleanfragen bis zu 50 Prozent zurück: bei Anfragen zu Wegbeschreibungen, bei Veranstaltungstickets und bei Restaurants.

    Während des Lockdowns stiegen dagegen die Anfragen bis zu 100 Prozent unter anderem für Kochrezepte, Lieferservice, Malen mit Zahlen, Haare selbst schneiden, Haare selbst färben, Fitness zu Hause, Stehpult, elektrisches Fahrrad.

    Die Leute mussten mehr mit sich selbst (und ihrer Familie) zurechtkommen. Das können einige besser, andere weniger gut.

    Aus dem veränderten Verhalten der Leute machen Psychologen dann einen Forschungsgegenstand und eine Einkommensquelle.

  • Psychologen nehmen unkritisch das Leben in Lohnarbeit als Normalzustand und definieren dann alle individuellen Verhaltensabweichungen, die sich mit Lohnarbeit schwer vereinbaren lassen, als Krankheit.
    Für den Durchschnitt der Menschheit betrachtet, war der Corona-Lockdown aber keine Ausnahme, sondern ein Normalzustand.
    Das heißt keineswegs, dass ich den Lockdown als Ideal romantisiere. Er ist halt für die kapitalistische Kernzone ein neues Normal, das wir Menschen vorfinden und mit dem wir leben lernen müssen. Dieses neue Normal wird keineswegs von Frau Merkel & Co. erzwungen, sondern von der Pandemie selbst. Auch wenn es keine Regierung gäbe, wäre es für uns alle notwendig und richtig, die Verbreitung des Virus möglichst zu stoppen.
    Genauso müssen wir mit den Folgen der Klimaerwärmung leben lernen. Niemand glaubt ja im Ernst, dass sich die Klimaerwärmung noch verhindern ließe.

  • Was hälst du von der Kritischen Psychologie, die die Ideen von Foucault und Co. anwenden? Die K. P. kritisiert an der herkömmlichen Psychologie, dass sie das Individuum losgelöst von seinem sozialen Kontext sieht und Machtstrukturen außer Acht lässt. Sie bezieht sich auch auf Marx und seine Entfremdungstheorie.

    (Gibt natürlich auch Kritik an der K. P., wie z. B. die postmodernen Elemente, Ablehnung von Strukturalismus und Essenzialismus)

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