Im NAO-Blog weiß man erfreuliches zu berichten: Am 1. Mai gab es in Berlin eine revolutionäre Demonstration mit ca. 20.000 Menschen ... unter Führung der Berliner NAO-Gruppen? Hört sich fast so an!
"Die Berliner NaO-Gruppen waren auf allen Ebenen präsent. Im Bündnis, mit
5000 eigenen Mobilisierungsflyern und in der Vernetzung insbesondere
mit griechischen Kollegen. Dass wir solidarisch mit den Freunden von
ARAB und den internationalen 50 Genossinnen und Genossen die Demospitze
stellen konnten zeigt das Potential einer radikalen antikapitalistischen
Politik nicht nur in Berlin."
http://www.nao-prozess.de/blog…n-20000-leuten-in-berlin/
Ja, das ist schön, dass es die MLPD nicht geschafft hat, die erste Reihe zu bilden! ;( Die legen auch immer großen Wert drauf, auf solche Führung. Wenn man niemanden führen kann, weil niemand danach verlangt, dann möchte man doch wenigstens vorne weg laufen, damit man sich Führung wenigstens einbilden kann. Das deutet wirklich auf enormes Potential hin, "nicht nur in Berlin"!
Man stellt ferner fest, "dass alle Ziele erreicht wurden". Tatsächlich? So leicht geht das? Welche Ziele hatte man denn?
"Die Genossinnen von ARAB und den NaO-Gruppen konnten sich aber in einem
intensiven Diskussionsprozeß durchsetzen. Die Orientierung auf ein
politisches und organisatorisches Ziel, nämlich das so genannte “Myfest”
links liegen zu lassen und den Weg ins Zentrum der herrschenden Klasse
zu suchen hat sich als richtig und erfolgreich erwiesen. Das so genannte
“Myfest” in Kreuzberg ist eine völlig verkommene Freß und Saufparty
erlebnishungriger Touristen und unpolitischer Berliner. Das Fest, das ab
1997 als selbstorganisiertes Fest linker Gruppen begann wird inzwischen
von der Berliner Regierung mit 100’000 Euro bezuschusst. Ziel: die
Leute sollen saufen und sich ansonsten um nichts kümmern. Wir können
also mit Genugtuung feststellen, dass alle Ziele erreicht wurden."
Aha! Klare Ziele also, mit denen man sich "durchgesetzt" hat:
1. "den Weg ins Zentrum der herrschenden Klasse" suchen
2. die Leute vom Saufen abhalten, damit sie sich um was kümmern
Alle diese Ziele wurden erreicht: der "Weg ins Zentrum der herrschenden Klasse" wurde gefunden (Bravo!), statt auf dem Myfest zu saufen nahmen ca. 20.000 an der Demo teil. Ja, wenn in Berlin 20.000 tatsächlich "den Weg ins Zentrum der herrschenden Klasse" finden, sich dabei nicht verlaufen und nüchtern bleiben, weil ARAB und NAO-Gruppen sich durchsetzen konnten und vorne weg marschierten, dann zeugt das von enormem Potential: ein Meilenstein im Kampf um soziale Emanzipation ... nach intensiver Diskussion, versteht sich. Wenn man nach intensiver Diskussion "den Weg ins Zentrum der herrschenden Klasse" in Berlin gesucht und gefunden hat, dann erscheinen die Perspektiven doch glänzend. Die "Proletariar aller Länder" freuen sich natürlich über diesen Erfolg!
Die Maßstäbe für Fortschritte im NAO-Prozess sind beeindruckend schlicht. Hauptsache die auserwählten "subjektiven Revolutionäre" können "mit Genugtuung" feststellen, dass "alle (taktischen) Ziele", die sie sich für eine Demo am 1. Mai gesetzt haben, erst mal erreicht sind. Uff!!! Wie schön!
Natürlich erlaube ich mir mit diesen boshaften Zeilen keine Einschätzung der Demonstration selbst. Dazu fehlen mir die nötigen Informationen. Es geht hier nur um den Text und den Geist, der aus ihm spricht. Gewichtung und Sprache versprechen, dass da eine neue, wahrhafte "Avantgarde der Arbeiterklasse" beeindruckende Gestalt annimmt.
Robert
p.s.: Gepredigt wird in dem wegweisenden Text übrigens der "unbefristete Generalstreik", sozusagen als Wunderwaffe im Kampf gegen das Kapital:
"Den Kapitalismus bekämpft man nicht indem man sich in einen
Kleinkrieg mit den bürgerkriegsmässig aufgerüsteten Polizeiarmeen
einlässt, sondern in dem mensch in Richtung unbefristete Generalstreiks
arbeitet. Das gilt in Deutschland gleichermassen wie in Griechenland."
Welch eine Alternative!! Eine Alternative eben, die ausdrückt, dass man keine Perspektive sozialer Emanzipation zu bieten hat und sein Heil in "unbefristetem" Streik aller Lohnabhängigen sucht; in der Hoffnung, dass das dann "die (eigene) Partei" wenigstens an die Macht bringt! "Revolutionäre" Sprüche, "Radikalität", die sich im Wunsch nach Unbeugsamkeit eines "Proletariats" erschöpft, die es nicht geben kann! Es gibt weder dieses "Proletariat", von dem man da träumt, noch eine "historische Mission", die es durch "unbefristeten Streik" erfüllen könnte!
Ein "unbefristeter Generalstreik" ist nicht möglich! Es ist eine lächerliche Phrase! Das gilt für Griechenland, Deutschland und alle Länder! Einen "unbefristeten Generalstreik" kann nur jemand für möglich halten, der den Zusammenhang zwischen Arbeit und Reproduktion jeder menschlichen Gesellschaft nicht verstanden hat. (Heute gibt es ja genügend subjektive Revolutionäre, die die Arbeit abschaffen wollen und meinen es ginge auch ganz ohne.) Ein Generalstreik kann immer nur eine bestimmte Zeit durchgehalten werden! Ein "unbefristeter Generalstreik" überwindet nicht materielle Not, sondern treibt sie auf die Spitze! Sofern ein Generalstreik durchgeführt wird, kann er immer nur ein Mittel auf Zeit sein, um bestimmte Ziele durchzusetzen; Reformziele im Kapitalismus oder Einleitung der sozialen Revolution durch Aneignung der Mittel zur materiellen Reproduktion durch die Lohnabhängigen!!! Nicht Aneignung durch Partei und nicht durch Staat! Dass der Streik nur ein zeitlich begrenztes Mittel zu Durchsetzung von Zielen ist, gilt im übrigen für jeden Streik! Wahrhaft subjektive revolutionäre Avantgarden interessiert sowas jedoch nicht! Die können sich glatt über jede materialistisch begründete Erkenntnis hinwegsetzen! Hauptsache "revolutionär", am besten "unbefristet" und gewaltsam! Mit Grausen wende ich mich ab!