Arbeitszeit und Arbeitsleistung

  • Pro Arbeitsstunde schafft die Lohnarbeit ganz unterschiedliche Wertgrößen. Das hat wenig mit unterschiedlichen Löhnen, aber viel mit der unterschiedlichen Arbeitsproduktivität zu tun.


    „Das zur Produktion einer Ware notwendige Arbeitsquantum wechselt ständig mit dem Wechsel in der Produktivkraft der angewandten Arbeit. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto mehr Produkt wird in gegebener Arbeitszeit verfertigt, und je geringer die Produktivkraft der Arbeit, desto weniger.“ K. Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 126.


    Die Unterschiede in der Arbeitsproduktivität zeigen sich von Jahr zu Jahr in der Veränderung einer ganzen Volkswirtschaft. Die Unterschiede in der Arbeitsproduktivität werden auch sichtbar in der verschiedenen Produktivität einzelner Branchen.


    Siehe dazu die Tabelle:


    Branche in Deutschland

    Wertproduktion pro Stunde
    in Euro (Jahr 2000)



    Häusliche Dienste

    12,12



    Land- und Forstwirtschaft

    13, 56



    Hotel und Restaurants

    13,57



    Bau

    20,58



    Gesundheitswesen

    20,89



    Handel und KFZ-Reparatur

    22,55



    Bergbau

    27,46



    Logistik

    27,70



    Staatsdienst und Sozialversicherung

    29,46



    Bildung

    31,39



    Unterhaltung

    32,61



    private Dienstleister

    32,61



    Durchschnitt Gesamtwirtschaft

    32,94



    Verarbeitendes Gewerbe (Industrie)

    37,63



    Unternehmensdienstleistung

    38,21



    Finanzen und Versicherungen

    41,35



    Wasserversorgung

    47,65



    Kommunikation

    55,36



    Energieversorgung

    73,57



    Immobilien

    350,93




    Datenquelle: DIW Berlin 2019


    Im Durchschnitt der deutschen Wirtschaft lieferte im Jahr 2000 eine Lohnarbeitsstunde einen neuen Produktionswert von 32,94 Euro. Die Brutto-Arbeitskosten betrugen damals pro Stunde 15,75 Euro. Also blieben für das Kapital pro Arbeitsstunde 17,19 Euro Mehrwert oder Gewinn.*


    Diese Zahlen unterscheiden sich jedoch erheblich je nach den einzelnen Branchen in Deutschland.

    Die häuslichen Dienste basieren weitgehend auf Handarbeit und liefern deshalb auch nur ein Arbeitsprodukt von gut 12 Euro die Stunde. In der Industrie (verarbeitendes Gewerbe) liegt das Arbeitsprodukt pro Stunde dagegen bei 37,63 Euro.

    Den höchsten Einsatz von technischen Anlagen (konstantem Kapital) gibt es bei Kraftwerken und Stromnetzen. Deshalb ist dort die Wertproduktion pro Stunde am höchsten (73,57 Euro).

    In die Wertproduktion der Immobilienbranche gehen alle Baukosten ein, aber auch der Preis für Grund- und Boden. Sie enthält aber auch fiktive Gewinne („Wertsteigerung“).


    Die Entwicklung der Arbeitsproduktivität liefert ein größeres oder ein besseres Produkt. Diese Produktvermehrung fällt zunächst an den Kapitalisten.

    „Die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, innerhalb der kapitalistischen Produktion, bezweckt, den Teil des Arbeitstags, den der Arbeiter für sich selbst arbeiten muss, zu verkürzen, um gerade dadurch den anderen Teil des Arbeitstags, den er für den Kapitalisten umsonst arbeiten kann, zu verlängern.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 339f.

    Die Produktvermehrung kann aber auch zwischen Kapital und Lohnarbeit verteilt werden. Dadurch können reale Lohnsteigerungen bei gleichzeitigem Anwachsen des kapitalistischen Gewinns erreicht werden.

    Erhöhung der Produktivität der Arbeit geht in der Regel nur Einsatz von Maschinerie und modernere Technik.

    „Mit gegebenen Mitteln kann ein Schuster z. B. ein Paar Stiefeln in einem Arbeitstag von 12 Stunden machen. Soll er in derselben Zeit zwei Paar Stiefel machen, so muss sich die Produktivkraft seiner Arbeit verdoppeln, und sie kann sich nicht verdoppeln ohne eine Änderung in seinen Arbeitsmitteln oder seiner Arbeitsmethode oder beiden zugleich. Es muss daher eine Revolution in den Produktionsbedingungen seiner Arbeit eintreten, d. h. in seiner Produktionsweise und daher im Arbeitsprozess selbst.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 333.



    Die Steigerung der Arbeitsproduktivität führt im Kapitalismus zu einem Anwachsen des konstanten Kapitalteils (Maschinerie, Enregie, Rohstoffe etc.) auf Kosten des variablen Kapitalteils (Lohnsumme). Das führt zu massenhafter Arbeitslosigkeit und zum Sinken der kapitalistischen Profitrate (=Verhältnis des Gewinns zum investierten Gesamtkapital).


    „Kein Kapitalist wendet eine neue Produktionsweise, sie mag noch so viel produktiver sein oder um noch so viel die Rate des Mehrwerts vermehren, freiwillig an, sobald sie die Profitrate vermindert. Aber jede solche neue Produktionsweise verbilligt die Waren. Er verkauft sie daher ursprünglich über ihrem Produktionspreis, vielleicht über ihrem Wert. Er steckt die Differenz ein, die zwischen ihren Produktionskosten und dem Marktpreis der übrigen, zu höheren Produktionskosten produzierten Waren besteht. Er kann dies, weil der Durchschnitt der zur Produktion dieser Waren gesellschaftlich nötigen Arbeitszeit größer ist als die mit der neuen Produktionsweise nötige Arbeitszeit. Seine Produktionstechnik steht über dem Durchschnitt der gesellschaftlichen. Aber die Konkurrenz verallgemeinert sie und unterwirft sie dem allgemeinen Gesetz. Dann tritt das Sinken der Profitrate ein ..., das also ganz und gar unabhängig ist vom Willen der Kapitalisten.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 275.


    * Wer 15,75 Euro für die Lohnarbeit und 17,19 Euro für das Kapital pro Stunde nicht für Ausbeutung, sondern für eine fast gemütliche Teilung hält - jede Seite bekommt rund die Hälfte - der sei daran erinnert, dass die 17,19 pro Stunde an nur 10% der deutschen Bevölkerung, aber die 15,75 Euro an 90% der deutschen (lohnabhängigen) Deutschen geht, und dass das Kapital die 17,19 ohne eigene Arbeit und ohne eigene Kosten erhält.

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