Lehren aus der deutschen Revolution

  • Zur Zeit befasse ich mich mit der Vorgeschichte der Revolution in Deutschland und welche Lehren wir aus dieser Revolution ziehen können.

    Welche Erfolge hat sie erzielt, welche Niederlagen hat sie erlitten? Was sind daher die Besonderheiten, die künftige Revolutionäre in Deutschland berücksichtigen sollten?

    Für diese Studien habe ich bisher sämtliche politischen Schriften von Rosa Luxemburg exzerpiert und als alphabetisches Stichwortverzeichnis veröffentlicht.


    Als eine der vorläufigen These gebe ich schon mal Folgendes zu bedenken:

    „Beobachter innerhalb und außerhalb Deutschlands ... haben seither (seit der Novemberrevolution 1918, w.b.) nicht aufgehört, die deutsche Arbeiterbewegung für ihre ängstliche Ordnungsliebe und ihren Mangel an revolutionärem Feuer zu verspotten. Nur wenige Historiker .... haben bemerkt, ... dass die Sorge um die Aufrechterhaltung der ‚Ordnung‘ in einer nationalen Krise, d.h. um die Kontinuität der Verwaltung, des Transportwesens, der Lebensmittelversorgung und des Gesundheitsdienstes, zu den Begleiterscheinungen komplizierter industrieller Zivilisation gehört.“ (Willy Brandt, 1957, zit. n. Eberhard Kolb, 100.).


    Hinter dieser Behauptung von Willy Brandt steht die Meinung dass die zentralisierte staatliche Verwaltung mindestens so wichtig sei wie die Lebensmittelversorgung und die Energieversorgung der Haushalte und der Betriebe: „Ein Aussetzung des Verwaltungsapparates auch nur für einige Tage muss in einem verstädterten Land zum Zusammenbruch der Lebensmittel- und Energieversorgung führen.“ Eberhard Kolb, Die Arbeiterräte in der deutschen Innenpolitik 1918-1919; S. 99.


    Ich schließe daraus: Der Erfolg einer jeder Revolution in Deutschland hängt davon ab, ob die Revolutionäre die Lebensmittel- und Energieversorgung der Städte ohne die bisherige staatliche Verwaltung aufrechterhalten und organisieren können. Revolutionäre - wie die von 1918, die sich auf den bestehenden Staatsapparat stützen wollen, haben schon verloren.


    Gruß Wal

  • Vorläufig fallen mir da für den Bereich Lebensmittel und Energie spontan die Begriffe:


    hochkomplex, digitalisiert, Just in Time, weitgehend zentralisiert gesteuert


    ein, da gibt es bestimmt noch mehr. Zentralismus erscheint mir der Hauptpunkt, um einen Staatsapparat entbehrlich zu machen müsste weitgehend dezentralisiert werden.


    renée

  • Das Buch über die VorGeschichte der Deutschen Revolution, das ich zu schreiben vor hatte, existiert schon.

    Sein Verfasser ist Klaus Dallmer, der Titel:
    „Die Meuterei auf der ‚Deutschland‘ 1918/19. Anpassung, Aufbäumen und Untergang der ersten deutschen Arbeiterbewegung“, erschienen in Die Buchmacherei Berlin, November 1918.


    Wal Buchenberg

  • Zur Rolle der Spartakusgruppe in der deutschen Revolution:


    Die Spartakusgruppe war zunächst innerhalb der USPD (linke Sozialdemokraten) organisiert, trat dort erst aus, als die USP-Führer in die Regierung der Mehrheitssozialdemokraten eintraten.

    Die Politik der Spartakusgruppe war direkt gegen die SPD-Regierung gerichtet, nicht gegen die Reaktionäre in Armee und Beamtenschaft, die sich hinter der Mehrheits-SPD versteckten. Das isolierte die Spartakisten von der Masse der Lohnabhängigen, die zwar mit der Monarchie, aber noch nicht mit der Sozialdemokratie abgeschlossen hatten.

    Außerdem hatte die Spartakusgruppe keine Organisation, keine Führungsstruktur. Ihre Führer machten Aufrufe an die Arbeiterklasse, konnten aber nichts Eigenes außer Straßendemonstrationen in Bewegung setzen. Rosa Luxemburg hatte ein detailliertes Programm entwickelt, was geschehen solle, aber alles sollte quasi „von selbst“ geschehen.

    („Programm des Spartakusbundes“ vom 14. Dezember 1918")

    Ihre praktischen Vorschläge bezogen sich jedoch nur auf Propaganda: Herausgabe einer Tageszeitung, einer Wochenschrift, einer Jugendzeitung, einer Frauenzeitung, einer Soldatenzeitung. Aber die Spartakisten hatten allergrößte Mühe Druckereien nur für ihre Flugblätter zu finden.

    Rosa Luxemburg und die Spartakisten unterstützten wie die Revolutionären Obleute und die USPD die Macht der Arbeiter- und Soldatenräte. Aber die Spartakisten hatten kaum Vertreter unter den Räten, und die vorhandenen Räte arbeiteten wenig effektiv und zeigten zunehmend weniger Initiative. Anlässlich des deutschlandweiten Rätekongress am 16. Dezember in Berlin kritisierte Rosa Luxemburg die bestehenden Arbeiter- und Soldatenräte: „... wäre Stand und Bedeutung (dieser in Berlin versammelten Räte, w.b.) Gradmesser für Stand und Bedeutung der Revolution, so wäre es um die Revolution schlimm bestellt.“ (R. Luxemburg, Ges. Werke 4, 452)

    R. Luxemburg wollte jedoch nicht sehen, dass es – sechs Wochen nach Beginn der Revolution in Deutschland – um diese Revolution tatsächlich „schlimm bestellt“ war. Die Losung der Spartakisten „Alle Macht den Räten“ hatte sich als zahn- und wirkungslos erwiesen, weil sich die Räte an vielen Stellen als zahn- und wirkungslos erwiesen hatten. Luxemburg flüchtete sich in überzeitliche Geschichtsphilosophie „Aber die Schwäche der Räte ist nicht die Schwäche der Revolution. SIE ist mit allen Mittelchen nicht zu fassen und zu vernichten.“

    „DIE Revolution“ wurde von Luxemburg nicht als Selbsttätigkeit konkreter Menschen und Menschenklassen, sondern als übermenschliche und überzeitliche Macht gesehen, die auch wirkt, wenn die konkreten Menschen nicht handeln (wollen) oder verkehrt handeln, weil sie sich Illusionen machen.

    Auf dem Gründungsparteitag der KPD glaubte die Mehrheit der Genossen noch an einen raschen und leichten Sieg der Revolutionäre. Die SPD-Regierung könne innerhalb von 14 Tagen von ihnen aus dem Amt gejagt werden.

    Statt auf die bisherigen Erfahrungen und Fehler der Revolution in Deutschland einzugehen, hielt R. Luxemburg in ihrem Grundsatzreferat einen langatmigen Rückblick auf frühere Revolutionen und deren Einschätzung durch Marx und Engels. Ihr nur schwer nachvollziehbares Resümee: „Parteigenossen, wir stehen also heute, wie ich schon erwähnt habe, geführt durch den Gang der historischen Dialektik und bereichert um die ganze inzwischen zurückgelegte 70jährige kapitalistische Entwicklung, wieder an der Stelle, wo Marx und Engels 1848 standen, als sie zum erstenmal des Banner des internationalen Sozialismus aufrollten.“ (R. Luxemburg, Ges. Werke 4, 493.)

    Die Entwicklung der deutschen Revolution seit dem 9. November zeichnete sie – wider besseres Wissen? - in einem ganz rosigen Licht:

    „Die erste Phase vom 9. November bis zu den letzten Tagen (sic!) ist charakterisiert durch Illusionen nach allen Seiten hin. Die erste Illusion des Proletariats und der Soldaten, die die Revolution gemacht haben, war: die Illusion der Einigkeit unter dem Banner des sogenannten Sozialismus. Was kann charakteristischer sein für die innere Schwäche der Revolution des 9. November als ihre erstes Ergebnis, dass an die Spitze der Bewegung Elemente getreten sind, die zwei Stunden vor Ausbruch der Revolution ihr Amt darin erblickten, gegen sie zu hetzen. ... Sämtliche Illusionen sind zerronnen. ... Wohin kann sich der Kurs der sogenannten sozialistischen Regierung bewegen, nachdem, wie ich gezeigt habe, sämtliche Illusionen verschwunden sind? Diese Regierung verliert mit jedem Tag mehr den Rückhalt in den großen Massen des Proletariats, es sind neben dem Kleinbürgertum noch Reste, traurige Reste der Proletarier, die hinter ihr stehen, von denen es aber sehr unklar ist, wie lange sie noch hinter Ebert-Scheidemann stehen werden.“ (R. Luxemburg, Ges. Werke 4, 496-499).


    Luxemburgs Beschreibung der Illusionen, mit denen die Novemberrevolution geboren wurde, war ganz richtig gesehen. Die Behauptung, dass diese Illusionen zur Jahreswende 1918/19 schon verschwunden waren, hat sich als tragischer Irrtum erwiesen. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Januar 1919 erhielt die SPD knapp 38 % der Stimmen, die USP nur 7,6 %. Die KPD war nicht zur Wahl angetreten.


    Unterstützt von dem revolutionären Pathos der R. Luxemburg glaubte die Mehrzahl der Delegierten auf dem Gründungsparteitag der KPD, sie könnten innerhalb weniger Wochen die SPD-Regierung aus dem Amt jagen. In ihrer revolutionären Euphorie lehnten sie alle besonnenen taktischen Vorschläge von Luxemburg und Liebknecht ab.

    R. Luxemburg gründete 1919 mit der KPD eine Partei, in der Besonnenheit in der Minderheit blieb, während die Mehrheit von blindem Aktionismus beherrscht war.


    Wal Buchenberg, 25. April 2019

  • Vor einiger Zeit sah ich ein Youtube-Fragment, in dem Slavoj Zizek auf einen entscheidenden Faktor hinwies , der zum Erfolg der Oktoberrevolution fuehrte: Trotzky organisierte damals die Besetzung essenzieller Infrastruktur in Petrograd (Wasserwerke, Telegraphen, etc.) durch revolutionaere Soldaten und (Fach-) Arbeiter.

    Deutet irgendetwas darauf hin, dass man sich damals in Deutschland dessen bewusst war?


    PS Eine Revolution, die in der heutigen Zeit Aussicht auf Erfolg haben will, muss dafuer sorgen, dass z.B. die Spezialisten die in den Rechenzentren sitzen fuer sich gewinnen.

  • Vor einiger Zeit sah ich ein Youtube-Fragment, in dem Slavoj Zizek auf einen entscheidenden Faktor hinwies , der zum Erfolg der Oktoberrevolution fuehrte: Trotzky organisierte damals die Besetzung essenzieller Infrastruktur in Petrograd (Wasserwerke, Telegraphen, etc.) durch revolutionaere Soldaten und (Fach-) Arbeiter.

    Deutet irgendetwas darauf hin, dass man sich damals in Deutschland dessen bewusst war?

    Hallo vaccaro,

    Ja, es gab solches Bewusstsein in der USPD. Vielleicht komme ich in einem weiteren Beitrag darauf zurück.

    Das Problem aber damals war, dass der Einfluss der Mehrheits-SPD in der Arbeiterbewegung noch ungebrochen war, obwohl die SPD mit den reaktionären Kräften paktierte.

    Die USPD zog daraus die Schlussfolgerung, dass man ohne die SPD-Leute nichts reißen könne, und arbeiteten deshalb mit der Mehrheits-SPD zusammen. In dieser Kooperation wurde die USPD jedoch ausgebootet und ausgetrickst und erreichte kaum etwas.

    Die Spartakisten zogen den gegenteiligen Schluss und lehnten jede Zusammenarbeit zunächst mit der Mehrheits-SPD ab, im Dezember lehnten sie dann auch noch jede (offene) Zusammenarbeit mit der USPD ab. Dadurch isolierten sie sich komplett von der Arbeiterbewegung und konnten nicht einmal die revolutionären Metaller-Obleute, die in Berlin die eigentlichen Träger der Revolution waren, für ihre Politik gewinnen.

    Die Revolutionäre hätten dringend mehr Zeit benötigt.

    In Russland gab es Arbeiterräte in Petersburg mindestens seit Februar 1917. Im Juli hatten die Bolschewiki eine geplante Machtübernahme abgebrochen. Erst im Oktober 1917 fanden Lenin und Trotzki eine Mehrheit unter den Räten für ihre Politik. Und diese Politik trat offiziell ganz "zahm" und populär mit der Parole auf "Land, Brot und Frieden!". Das war auch wirklich mehrheitsfähig.


    Die Revolutionäre in Deutschland hätten im November 1918 eine Taktik benötigt, die nicht die SPD frontal angreift, sondern gegen die offene und versteckte Reaktion gerichtet ist, die sich in den Revolutionstagen und -wochen hinter der SPD versteckten.


    Und ja: Wenn die Revolutionäre nicht die Grundversorgung (Strom, Wasser, Lebensmittel etc.) in den Kommunen sicherstellen können, dann ist ihre Macht auf Sand gebaut.

  • Zur Rolle der USPD in der deutschen Revolution:


    Während des Krieges wandten sich sowohl pazifistische Kräfte wie auch Strömungen, die an den sozialistischen Traditionen der Arbeiterbewegung festhielten, von der SPD-Führung und ihrem rein „parlamentarischen Weg“ ab. Wachgerufen durch die Russische Revolution organisierte sich auch eine Gruppe von rund 300 in Berliner Metallbetrieben aktiven Gewerkschaftsführern, die „Revolutionären Obleute“, mit der Perspektive einer sozialen Revolution und organisierten ab Januar 1918 politische Streiks . Auch die Vertrauensleute der Matrosen in den Seehäfen schlossen sich der USPD an oder orientierten sich an ihr.

    Im November 1918 betrachtete die USPD die Arbeiter- und Soldatenräte als die einzig legitimen Träger der politischen Gewalt. Damit standen sie auf revolutionärem Boden. Aber sie akzeptierten gleichzeitig, dass die große Mehrheit der Arbeiter weiter Vertrauen in die Mehrheits-SPD setzten und waren deshalb immer bestrebt, mit der SPD-Führung zu kooperieren.

    Während die radikalen Linken in der USPD (einschließlich Spartakus und Revolutionäre Obleute) für eine dauerhafte Übertragung der Staatsmacht auf Räte eintraten, sahen die Führer der USPD die Räte als einen nur zeitweiligen revolutionären Übergang zu einer „sozialistischen“, aber parlamentarischen Republik, in der die Arbeitervertreter eine dominante Rolle spielen sollten.

    Weil den USPD-Führern klar war, dass mit der Wahl einer Nationalversammlung, die Zeit der Räte und damit die Zeit der Revolution vorbei sein würde, wollten sie diese Wahlen möglichst weit in die Ferne schieben, um vorher den Staatsapparat weitgehend von reaktionären Kräften zu befreien. Die SPD-Führung beherrschte die Partei- und Gewerkschaftsapparate und setzte im Bunde mit den reaktionären Kräften alles daran, die USPD-Leute auszumanövrieren, und die Wahlen zur Nationalversammlung möglichst schnell abhalten zu lassen, um damit die Revolution (friedlich) zu beenden.

    Für die revolutionäre Übergangszeit forderte z.B. der Linkssozialdemokrat Hilferding eine vollständige „Demokratisierung der Verwaltung“ und „sozialistische Übergangsmaßnahmen“: „Wo ... Verwaltung Macht bedeutet, da gehört sie in unsere Hand.“ (Hilferding am 23. November 1918 in ‚Die Freiheit‘). Sein Parteifreund Heinrich Ströbel hatte schon am 12. November in den Städten und Gemeinden sofortige Wahlen für alle kommunale Körperschaften gefordert.

    Daraus wurde nichts, weil die USPD nur über geringe organisierte Kräfte verfügte und die SPD und ihre Anhängerschaft alle revolutionären Maßnahmen offen oder heimlich boykottierten. Die Anhänger der USPD wandten sich zunehmend nach links.

    Unter dem doppelten Druck – einem Ultimatum der Mehrheits-SPD auf der einen Seite und der wachsenden Unzufriedenheit mit der untätigen „revolutionären Regierung“ andererseits - stimmten die USPD-Vertreter in der Regierung der frühen Terminierung der Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar noch vor dem Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte zu.

    Indem der nationale Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte (16. bis 21. Dezember 1918 in Berlin) dieses Datum bestätigte, beendete dieses oberste Rätegremium seinen eigenen Machtanspruch und beendete die Erfolgsaussichten der Revolution in Deutschland.

    Die folgenden revolutionären Aktionen bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung („Januarunruhen“) , waren aus Unbesonnenheit oder gar aus Verzweiflung geboren und hatten kaum Erfolgsaussichten. Aus Angst vor den Revolutionären tagte die Nationalversammlung dann nicht in Berlin, sondern in Weimar ("Weimarer Republik").


    Die Wahlen zur Nationalversammlung brachten folgendes Ergebnis:

    Nationalversammlung-19-Januar-1919.jpg


    16, 574 Millionen Wählerinnen und Wähler unterstützten mit ihrer Stimme bürgerlich-antirevolutionäre Parteien.

    Für die Sozialdemokratie wurden 11,51 Millionen Stimmen abgegeben, für die USPD 2,3 Millionen. Allenfalls diese 7,6 % waren Stimmen für eine Fortsetzung der Revolution.


    Wal Buchenberg, 27. April 2019

  • Karl Liebknecht und die Novemberrevolution:

    Am Vormittag des 9. November zogen bewaffnete Demonstrationszüge der Arbeiter, die von den Revolutionären Obleuten organisiert waren, von den Fabriken in die Berliner Innenstadt. Sie wussten nicht, ob sie auf militärischen Widerstand stoßen würden, aber in der Nacht zuvor hatten die Soldaten des 4. Jägerbatalions, sich dem Befehl widersetzt, auszurücken und die drohende Revolution niederzuschlagen und waren in den Kasernen geblieben. Die Aufständischen stürmten das Depot der Straßenbahnen, die Maikäferkaserne und die Blücherkaserne. Sie öffneten die Gefängnistore von Moabit und des Strafgefängnisses in Tegel, dann versammelten sie sich in der Innenstadt vor dem Berliner Schloss. Dort hielt Karl Liebknecht eine Rede, in der er sagte: „Ich proklamiere die freie sozialistische Republik Deutschland, die alle Stämme umfassen soll, in der es keine Knechte mehr geben wird, in der jeder ehrliche Arbeiter den ehrlichen Lohn seiner Arbeit finden wird. Die Herrschaft des Kapitalismus, der Europa in ein Leichenfeld verwandelt hat, ist gebrochen.“ (zitiert nach: Richard Müller, Eine Geschichte der Novemberrevolution, Nachdruck 2011, S. 242.)


    Karl Liebknecht behauptete hier, "die Herrschaft des Kapitals sei gebrochen", aber gleichzeitig versprach er, dass in Zukunft die Lohnarbeit weiterbestehen werde. Für mich macht das keinen Sinn. Lohnarbeit ist das Grundelement des Kapitalismus. Wir können nicht den Kapitalismus beseitigen wollen, aber die Lohnarbeit bestehen lassen.

    Davon abgesehen: Die Revolution in Berlin war gerade mal wenige Stunden alt, der Kaiser hatte noch nicht abgedankt. Die amtierende Regierung hatte sich zwar verkrochen, aber war noch nicht gestürzt und durch eine Revolutionsregierung ersetzt worden. Und da meinte Liebknecht, "die Herrschaft des Kapitals sei gebrochen"? Die Herrschaft des Kapitals liegt nicht in einem Regierungsamt, sondern in der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, also in ihrer Leitung der Produktion.

    Ich frage mich, ob Karl Liebknecht tatsächlich verstanden hatte, was an diesem Tag in Berlin vorsichging.


    Wal Buchenberg, 24.Mai 2019

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