Wie geht Kommunismus?

  • Wo ein Individuum für ein anderes Individuum einen Gebrauchswert schafft, befinden sich beide in vorindustriellen Verhältnissen. Anhand zweier Handwerker, die füreinander produzieren, aufzeigen zu wollen, wie eine Bedarfswirtschaft ohne Geld und ohne Lohnarbeit funktioniert, ist so unterkomplex, dass sich daran kein Planungs- und Entscheidungsprozess einer nachkapitalistischen Wirtschaft aufzeigen lässt.

    Der Kapitalismus hat es dazu gebracht, dass kaum ein Individuum mehr fertige, verwendbare Produkte herstellt und herstellen kann. Auf jeder Produktionsstufe sind eine Vielzahl unterschiedlicher, aber kooperativer Tätigkeiten nötig und jeder Produktionsstufe sind eine riesige Anzahl Vorstufen der Produktion (Lieferketten) vorgeschaltet.

    Alle Verteidiger der Marktwirtschaft behaupten, die moderne Produktion ist in ihrer Gesamtheit nicht überschaubar, daher auch nicht planbar. Wer eine Gebrauchsproduktion ohne Lohnarbeit und ohne Geld nicht nur für wünschenswert, sondern auch für möglich hält, muss aufzeigen können, wie die Komplexität industrieller (gemeinschaftlicher) Produktion für jeden von uns überschaubar werden kann.


    Ein Schritt, vorhandene Produktionsmittel und gewollte Produktionsziele überschaubar und entscheidbar zu machen, wäre natürlich, wenn jede einzelne Kommune erste und unterste Planungs- und Produktionseinheit wird. Dennoch bleibt dann immer noch eine hohe gesellschaftliche Komplexität, die durchschaubar gemacht werden muss, sonst ist sie nicht gemeinschaftlich planbar.


    Jede bedarfsgerechte Produktion hat Ausgangsbedingungen und eine Zielvorstellung. In einer Bedarfswirtschaft muss über die Produktionsziele im Vorhinein gemeinsam beraten und entschieden werden. In der Bestimmung der Zielvorstellung sind die Ausgangsbedingungen notwendig enthalten – je nachdem das Produktionsziel weiter oder näher von den Ausgangsbedingungen entfernt ist. Die gemeinsame Beratung und Beschlussfassung muss allerdings beides durchsichtig machen: Welche einsetzbaren Stoffe, Technologien, Fähigkeiten und freiwilligen (!) Arbeitsmengen sind vorhanden? Welche Stoffe, Technologien, Fähigkeiten und Arbeitsmengen benötigen wir zur Realisierung unserer Ziele?

    Auf diese beide Fragestellungen lässt sich der nachkapitalistische Planungs- und Entscheidungsprozess reduzieren.


    Womit wir es hier zu tun haben, lässt sich (cum grano salis) an einem neuen Forschungsbericht der IAB studieren, der die Folgen einer teilweisen Umstellung des Autoverkehrs auf E-Fahrzeuge analysiert. Dieser IAB-Bericht kann uns als grobes Modell dienen für eine Gesellschaft, die den Verbrennungsmotor abschaffen und durch E-Motorik ersetzen will - allerdings mit folgender grundsätzlicher Einschränkung: Was in dem IAB-Bericht als Schätzung oder als Prognose enthalten ist, wäre zu ersetzen durch bewusste und gemeinschaftliche Zielsetzung und Planung.

    Sorry, dass Wirtschaftsplanung nicht einfacher zu haben ist!

    http://doku.iab.de/forschungsbericht/2018/fb0818.pdf


    „Gemeinschaftliche Produktion vorausgesetzt, bleibt die Zeitbestimmung natürlich wesentlich. Je weniger Zeit die Gesellschaft bedarf, um Weizen, Vieh etc. zu produzieren, desto mehr Zeit gewinnt sie zu anderer Produktion, materieller oder geistiger. Wie bei einem einzelnen Individuum, hängt die Allseitigkeit ihrer Entwicklung, ihres Genusses und ihrer Tätigkeit von Zeitersparnis ab. Ökonomie der Zeit, darein löst sich schließlich alle Ökonomie auf.

    Ebenso muss die Gesellschaft ihre Zeit zweckmäßig einteilen, um eine ihren Gesamtbedürfnissen gemäße Produktion zu erzielen; wie jeder Einzelne seine Zeit richtig einteilen muss, um sich Kenntnisse in angemessenen Proportionen zu erwerben oder um den verschiedenen Anforderungen an seine Tätigkeit Genüge zu leisten. Ökonomie der Zeit, sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiedenen Zweige der Produktion, bleibt also erstes ökonomisches Gesetz auf Grundlage der gemeinschaftlichen Produktion. Es wird sogar in viel höherem Grade Gesetz.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 89.



    Siehe auch:

    Eine hochentwickelte kapitalistische Produktionsweise als Voraussetzung für den Sozialismus?


    Was macht der Kommunismus mit Mehrarbeit und Mehrprodukt?


    Kommunismus und Bio


    Zum Ökosozialismus


    Kommune Bochum. Mein Modell einer solidarischen und bedarfsgerechten Planwirtschaft


    Rechnungswesen einer kommunistische Ökonomie (Update)


    Kommunistisches Rechnungswesen 2): Umweltcontrolling und Ökounternehmensbilanzen


    Kommunistisches Rechnungswesen 3) Ökologischer Rucksack und MIPS-Maßzahl

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