Armut ist nicht nur Mangel an Geld

  • Armut in Deutschland wächst. Für einen allein lebenden Erwachsenen liegt die offizielle Armutsgrenze derzeit bei einem Netto-Einkommen von unter 1.000 Euro im Monat. Offiziell gelten rund 13 Millionen Menschen in Deutschland als arm.

    Armut wächst in Deutschland durch Rationalisierung und Export von Arbeitsplätzen ins billigere Ausland. Armut wächst durch steigende Lebenshaltungskosten in den Großstädten. Armut in Deutschland wächst auch durch den Zuzug von Migranten, die ein doppelt so hohes Armutsrisiko haben wie Einheimische.

    Wer unter Armut leidet, leidet nicht nur unter Mangel an Geld. Wer arm ist, leidet zunehmend unter Behördenwillkür, Schikanen und sozialer Ausgrenzung.


    Im letzten Jahr hatten HartzIV-Empfänger fast 640.000 Widersprüche gegen Strafbescheide der Sozialbürokratie eingelegt. In rund 35% der Fälle wurden vom Gericht die schikanösen Strafbescheide kassiert.

    Außerdem wurden Im letzten Jahr über 340.000 Haushalten in Deutschland der Strom abgestellt, weil sie eine Stromrechnung von mehr als 100 Euro schuldig waren. Da spielen sich private Energieversorger als Richter über andere Menschen auf und verhängen wegen vergleichsweise kleiner Geldbeträge Strafen, die tief in unser Alltagsleben eingreifen: Ohne Strom keine warme Wohnung, kein warmes Essen, keine Musik, ohne Strom keine saubere Kleidung.




    Wer arm ist, ernährt sich zwangsläufig ungesund, lebt unfreiwillig ungesünder, ist häufiger krank und stirbt früher.

    Arme Frauen sterben acht Jahr früher, arme Männer sterben fast elf Jahre früher als normale Lohnempfänger. Wer arm ist, kommt häufiger mit dem Gesetz in Konflikt und landet häufiger im Gefängnis.







    Karl Marx über Armut

  • Armutsbegriff

    Der bürgerliche Armutsbegriff selbst ist eine Verschleierung der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft. Wer Armut nach durchschnittlichem Einkommen o. Ä. bemisst, der verfehlt den Begriff der Armut, der gewaltsame Bereicherung an dem Arbeitsprodukt anderer und damit Ausschluss einiger vom gesellschaftlichen Reichtum implizieren muss. Obendrein ist Einkommen selbst wieder in der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft eine ausgesprochene Ideologie, indem das Kapitaleinkommen mit dem Lohn gleichgesetzt wird. Armut ist ein gesellschaftliches Phänomen, während Mangel an Ressourcen natürlich vorkommen kann. Auch die falsche Vorstellung von „absoluter Armut“ lebt immer vom genannten gesellschaftlichen Vergleich.

    Primitive Jäger-Sammler-Gesellschaften etwa der Vorgeschichte können nur von einer produktiveren Gesellschaft aus als arm definiert werden, doch sie selbst können unter sich in dem Sinne keinen Ausschluss von Reichtum, keinen Unterschied im Wohlstand ausmachen, damit entfällt ein Armutsbegriff. Ihre Produktionsweise kennt keine Entwicklung der Produktivkräfte und damit keinen Überschuss, der auszubeuten wäre; ihre nomadische Lebensweise keine Ansammlung von Reichtümern, keinen Ausschluss von ihnen, da die primitiven Güter ohnedies zumeist leicht an Ort und Stelle wiederhergestellt werden können.


    Armutsrisiko

    In dieser Gesellschaft erscheint es den Leuten als absolute Selbstverständlichkeit, dass die Geburt eines Kindes, ein höheres Alter, Krankheit, Erwerbslosigkeit oder geringe wie unbrauchbar gewordene Qualifikation sich gleich als Armutsrisiko erweisen, wo doch diese Probleme sich eigentlich erst einmal als ziemlich natürliche oder höchstens technische Tatsachen darstellen. Wahr ist die kapitalistische Verschleierung namens Armutsrisiko jedoch keineswegs, jedenfalls bereits nicht für alle Bürger. Die Verschleierung will implizieren, dass Armut eine natürliche Konsequenz des Sachverhalts sei, der da als Armutsrisiko definiert wurde – doch er ist gesellschaftlich produziert. Wenn berufstätige Professoren oder Erben millionenschwerer Unternehmen Kinder in die Welt setzen, alt oder krank werden usw., stellt sich im Allgemeinen nie Armut ein. Ganz anders verhält es sich für den durchschnittlichen Angestellten, der bei jedem üblichen Umstand, der sich in dieser Klassengesellschaft gleich als Defizit auswirkt, schon ganz unten landen kann in der reichsten aller Gesellschaften, da mit ihnen durch die Arbeitgeber entsprechend kalkuliert wird.


    Quote

    Wer arm ist, ernährt sich zwangsläufig ungesund, lebt unfreiwillig ungesünder, ist häufiger krank und stirbt früher.

    Arme Frauen sterben acht Jahr früher, arme Männer sterben fast elf Jahre früher als normale Lohnempfänger. Wer arm ist, kommt häufiger mit dem Gesetz in Konflikt und landet häufiger im Gefängnis.


    Es wäre doch sinnvoll, nicht nur Fakten zu übermitteln, die man auch selbst überall recherchieren kann, sondern die richtige Erklärung der Empirie darzulegen.


    Die Erklärung, warum Leute das Eigentumsrecht verletzen und Verbrechen begehen, ist offensichtlich. Dass arme Menschen stehlen und betrügen, um ihr Überleben zu bestreiten, ist seit es Klassengesellschaften gibt bekannt und selbstredend.


    „Poverty is the mother of crime.“ (Armut ist die Mutter des Verbrechens) Marcus Aurelius n. Robert D. Ramsey, Well Said, Well Spoken (Corwin Press, 2001), S. 30.


    „Crime and bad lives are the measure of a State's failure, all crime in the end is the crime of the community.“ (Verbrechen und schlechte Lebensverhältnisse stellen Maßstäbe des Versagens eines staatlichen Gemeinwesens dar, alle Verbrechen sind letztlich Verbrechen der Gesellschaft.) H. G. Wells, A Modern Utopia (1905), Kp. 5


    „Wenn also Verbrechen, sobald man sie in großer Zahl beobachtet, in ihrer Häufigkeit und Art die Regelmäßigkeit von Naturerscheinungen zeigen, … besteht da nicht die Notwendigkeit - statt den Scharfrichter zu verherrlichen, der eine Partie Verbrecher beseitigt, nur um wieder Platz für neue zu schaffen -, ernstlich über die Änderung des Systems nachzudenken, das solche Verbrechen züchtet?“ (MEW 8, 509)


    Ein modernes Beispiel: Wenn regelmäßig ein paar tausend notorische (erwischte) Schwarzfahrer die Gefängnisse Berlins füllen, sind darunter die gut versorgten Bürger? Würde ein Wohlhabender das Risiko einer Strafe eingehen, bloß um seinen Geldbeutel relativ minimal zu schonen, dass es seinem Lebensniveau kaum schmerzt? Als ob es nicht nur jene prekäre Unterschicht treffen würde, die schwerlich ihren Lebensunterhalt besorgen kann, dass sie kaum weiß wie sie die Fahrtkosten stemmen soll und gleichzeitig alle anderen Lebenshaltungskosten, erst recht nicht die zusätzliche Geldstrafe fürs Schwarzfahren.


    Warum leben Frauen im Kapitalismus eigentlich durchschnittlich länger als Männer, auch innerhalb derselben Schicht? Ich habe nicht Medizin studiert, es mag zutreffen, dass die Biologie tatsächlich eine Rolle spielt. Doch, auch heutzutage mit der Emanzipation der Frau, ist der männliche Prolet im Kapitalismus mehr den schädlichsten Arbeitsverhältnissen ausgesetzt, vorwiegend in der Industrie und dem Handwerk. Schwerwiegende „Arbeitskrankheiten“ und das Risiko von „Arbeitsunfällen“ – alles Ergebnisse der unternehmerischen Kalkulation mit den Arbeitsknechten, deren Arbeitssicherheit einen Kostenfaktor in der Gewinnbilanz darstellt – treffen den männlichen Lohndiener häufiger.

    Der bessere Zugriff auf medizinische Behandlungen hängt vom Einkommen des Patienten ab und ist nicht nach gesellschaftlichem Bedarf geregelt, weil auch hier die Geschäftswelt alles beherrscht. Und auch mag zutreffen, dass die Armen vorwiegend nur auf das billige Sortiment der Lebensmittel zugreifen können. Die Unternehmen produzieren regelmäßig ungesunde Lebensmittel, da sie so Kosten sparen – bezüglich der Wahl der Zutaten –, den Kunden mit dem Geschmack verlocken wollen und die Herstellung von nicht verpesteten Bioprodukten zusätzliche Produktionskosten verursachen, die die verarmte Masse in dem Maße kaum tragen kann. Daher rühren häufigere Krankheit und tendenziell verfrühter Tod der armen Bürger – ganz zu schweigen von den schädlichen Verhältnissen des im Kapitalismus mit Notwendigkeit sozial produzierten Lumpenproletariats, die ständig direkt an die Existenz gehen: Schutz und Wärme durch eine saubere, ordentliche Wohnung ist Obdachlosen nicht gesichert, genauso wenig ausreichend Nahrung usw. usf.


    Quote

    Armut in Deutschland wächst auch durch den Zuzug von Migranten, die ein doppelt so hohes Armutsrisiko haben wie Einheimische.

    Inwiefern soll Armut durch Zuzug von Migranten per se zunehmen? Ist das ein allgemeines gesellschaftliches Gesetz (im Kapitalismus)? Wenn eine Nationalökonomie ordentlich boomt und Fachkräftemangel gerade feststellt, dann kann es schon zutreffen, dass dieser entsprechende Nachschub auch vorerst den Migranten „Wohlstand“ besorgt, heißt halbwegs ausreichende Löhne zeitweise beschert.

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