Trumps Wirtschaftspolitik
(Diese Analyse folgt im Wesentlichen dem verdienstvollen Blog von Michael Roberts)
Trumps Ideen für mehr Wirtschaftswachstum gehen in vier Richtungen:
1) Steuererleichterungen für Unternehmen und für Reiche;
2) Staatliche Ausgabenprogramme im Wert von 1 Billion Dollar für Reparaturen und Modernisierung der Infrastruktur;
3) Deregulierungen (Liberalisierung) von Bankgeschäften und von Arbeitsgesetzen.
4) Antiglobalisierung
Abgeschaut wurde dieses Programm teils von Ronald Reagan in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts, teils von den „Wachstumsprogrammen“ Japans seit den 1990ern.
Die „Reaganomics“ der 80er hatten tatsächlich einen Wachstums- und Profitschub für US-Unternehmen gebracht. Die japanischen „Abenomics“ sind kläglich gescheitert. Seit 2006 ist die innerjapanische Wirtschaftsleistung nicht mehr gewachsen.
Betrachten wir Trumps Vorschläge im Einzelnen.
Zu 1): Steuersenkungen für die Reichen
Unsere (Staats)Linken sprechen nicht gerne darüber: Wer Wachstum will (und Staatslinke glauben an Wachstum als Lösung für das kapitalistische Elend), der braucht Investitionen und Investitionen werden vor allem aus Gewinnen finanziert. Ohne Gewinne keine Investitionen, ohne Investitionen kein Wirtschaftwachstum. Das ist im Kapitalismus ein einfacher Zusammenhang.
Für die Unternehmen sind Steuern allerdings Abzüge vom Gewinn. Senkung der Unternehmenssteuern hat daher eine gewinnsteigernde Wirkung. Deshalb brachten Ronald Reagans Steuersenkungen für Unternehmen und für Reiche einen Wachstumsschub. Diese Wirkung ist aber inzwischen weitgehend verbraucht. Amerikanische Unternehmen habe eine offizielle Steuerrate von 35% ihres Gewinns. Durch verschiedene Steuerermäßigungen und Steuervorteile liegt jedoch die faktische Steuerrate bei 23 Prozent. Das liegt unterhalb der meisten Steuerraten in der kapitalistischen Kernzone. Im Jahr 1980 lag die maximale Besteuerung des Einkommens noch bei 70%. Von weiteren Steuersenkungen in den USA darf man also keine großen Sprünge und keine großen Wirkungen erwarten. Das Steuerpulver ist verschossen.
Eine Ausnahme betrifft die Gewinne, die amerikanische Unternehmen im Ausland geparkt und gebunkert haben, weil sie dort wenige oder gar keine Steuern bezahlen. Apple hat zum Beispiel 181 Milliarden Dollar außerhalb der USA gebunkert. Apple müsste 60 Milliarden Dollar an die US-Finanzbehörden zahlen, wenn er diese Gelder in die USA zurückführen würde. Es wird vermutet, dass die großen US-Konzerne 1,4 bis 2 Billionen Dollar im Ausland gebunkert haben.
Trump will nun durch einen einmaligen Steuererlass möglichst viel von diesen Auslandsmilliarden in die USA zurückholen. Als Einmalmaßnahme kann das vielleicht funktionieren. Andererseits beweisen all diese Milliarden, dass die großen Kapitalisten nicht unter Geldmangel leiden, sondern unter einem Überfluss an Kapital. Es ist ein Überfluss an Kapital, der nicht genügend profitable Anlagemöglichkeiten findet. Das ist die Wurzel der chronischen Krise in der kapitalistischen Kernzone. Und an diesem Überfluss an Kapital können Steuersenkungen für Unternehmen und für Reiche auch nichts bessern. Steuersenkungen vergrößern das überschüssige Kapital. Steuersenkungen machen den aufgehäuften Reichtum nicht profitabler.
Zu 2) Staatliche Ausgabenprogramme
Die amerikanischen Straßen und Brücken, die Stromtrassen, Wasserwege und Flughäfen sind längst marode. Im Durchschnitt ist das fixe Kapital in den USA fast 23 Jahre alt. Alles, was älter ist als 15 Jahre müsste eigentlich modernisiert, instand gesetzt oder ersetzt werden. Der amerikanische Ingenieursverein schätzt, dass bis zum Jahr 2020 mindestens 3 Billionen Dollar aufgewendet werden müssten, um auch nur die wichtigsten Reparaturen zu erledigen. Trump hofft nun, dass durch solche Reparaturen Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden können. Aber weder hat Trump das Geld für diese Programme, noch ist es für die Masse seiner Wähler eine wirkliche Alternative, wenn sie statt im Office zu arbeiten nun bei Straßenarbeiten Hand anlegen sollen. Die Hitler haben diese „Arbeitsbeschaffung“ nur durch Zwang und Hunger auf den Weg gebracht.
Die japanische Regierung hat mit einem ähnlichen Programm wenig bis nichts erreicht. Die chinesische Regierung dagegen hatte in den letzten zehn Jahren nicht nur 1 Billion, sondern sogar 11 Billionen in die Verbesserung der Infrastruktur gesteckt.
Zu 3) Deregulierung
Das ist das klassische Programm des „Neoliberalismus“, das wir seit 30 Jahren über uns ergehen lassen müssen. Jeder kleine und jeder große Unternehmer klagt über Behördenkram. Jeder kleine und große Unternehmer will sich lieber auf „sein Business“ konzentrieren. Formulare, Anträge und Nachweise halten ihn von seinem Business ab. Da haben diese geplagten Kapitalisten ganz recht, dass ihnen dieser Behördenkram nicht nur Geld, sondern auch Zeit kostet. Deregulierung kann also die Gewinne und die Gewinnraten von Unternehmen steigern. Trotzdem gibt es keinen Automatismus, mit dem sich Deregulierung in höheres Wachstum umsetzt.
Es gilt hier das selbe wie bei der Besteuerung: Deregulierung senkt die betrieblichen Unkosten, so wie eine Steuersenkung betriebliche Unkosten senkt. Wachstum entsteht jedoch nicht durch Unkostensenkung, sondern allein und vor allem durch Investitionen. Diese Investitionen werden nur kommen, wenn auch entsprechende Gewinne winken.
Deregulierung verbessert möglicherweise die aktuelle Gewinnsituation von Unternehmen, aber Investitionen hängen nicht von aktuellen, sondern von den künftigen, den zu erwartenden Gewinnsituationen ab.
Zu 4) Antiglobalisierung
Seinen Wahlsieg hat Trump seinen Sprüchen gegen die weltwirtschaftliche Verflechtung zu verdanken. Diese Globalisierung ist allerdings ein jahrhunderte alter, säkularer Entwicklungsprozess des Kapitalismus. Dieser Entwicklungsprozess begann mit dem Zeitalter der Entdeckungen. Das war in Wahrheit ein Zeitalter der weltweiten Plünderung. Die europäischen Raubfahrer sind in alle Winde, zu allen Erdteilen und zu allen Küsten ausgefahren und haben mit der Waffe oder im Austausch für billigen Tand in die Schiffe geladen, was ihnen wertvoll schien: Gold, Elfenbein, Gewürze, Sklaven.
Das war die Periode des Raubkapitalismus. Karl Marx nannte das auch „ursprüngliche Akkumulation“.
Dann kam der Welt-Handelskapitalismus des 18. Und 19. Jahrhunderts. Die Briten zum Beispiel kauften Baumwolle, Tee und Seide in Indien und China und verkauften dort ihre Fertigwaren: Tuche, Bekleidung, Uhren, Geräte usw. Und jede kapitalistische Nation versuchte es den Briten gleich zutun. Das brachte zwei katastrophale Weltkriege über uns.
Diese imperialistische Arbeitsteilung der Weltwirtschaft des 20. Jahrhunderts, wo die kapitalistische Kernzone in der Peripherie Rohstoffe und Halbzeuge einkauft und hochwertige Fertigprodukte dorthin zurückverkauft, diese Form der Arbeitsteilung ist schon Geschichte, auch wenn es unsere Linken noch nicht bemerkt haben.
Für die heutige globale Arbeitsteilung des Kapitalismus verlieren nationale Grenzen und unterschiedene Volkswirtschaften immer mehr an Bedeutung. Während des Welthandelskapitalismus war der Handel global, die Produktion national. Der heutige Kapitalismus des 21. Jahrhunderts wirtschaftet nun zunehmend so, als wäre der ganze Globus eine einzige Wirtschaftszone, eine einzige Volkswirtschaft. Wir haben heute einen globalen Produktionskapitalismus.
Der Buchautor John Smith (Imperialismus in the 21. Century“) schätzt, dass wertmäßig 80 Prozent des weltweiten Handels „is linked to the international production networks of Transnational Coporations“. Die UNCTAD schätzt, das „about 60 percent of global trade ... consists of trade in intermediate goods and services that are incorporated at various stages in the production process of goods and services...“
Jeder kennt das Beispiel vom Iphone, das in “Silicon Valley” entworfen wird. In Asien werden die Einzelteile für rund 225 Dollar gefertigt und montiert. Dann wird es in die USA verschifft. Das macht noch einmal rund 85 Dollar Kosten. Dann wird es in den USA für 650 Dollar verkauft.
Wenn Donald Trump nun behauptet: „Ich gehe hin und sorge dafür, dass Apple seine Computer und Iphons wieder in den USA produziert, und nicht in China!“, dann will Trump das Rad des Kapitalismus zurückdrehen.
Das wird bei Apple und anderen betroffenen Unternehmen schwer knirschen, bei den Lohnarbeitern in den USA wird es Widerstand geben, wenn sie künftig zu „chinesischen“ Bedingungen arbeiten sollen (dies umso mehr, je mehr „Illegale“ des Landes verwiesen werden), und bei den Verbrauchern in den USA wird es lange Gesichter hervorrufen, weil die Verbraucherpreise deutlich steigen werden.
Gruß Wal Buchenberg