Olympia in Rio

  • Die Olympischen Spiele in Rio werden vor allem Eines zeigen: Trotz wirtschaftlicher und politischer Krise macht der Kapitalismus immer noch eine gute Show.


    Brasiliens Wirtschaftswachstum schrumpft seit 2010 Jahr für Jahr. Rat- und hilflose brasilianische Politiker werfen sich gegenseitig Korruption und Verrat vor. Die Verbrechensrate in Rio bleibt trotz riesigen Polizei- und Militäraufgebots immer noch hoch. Die lokalen Polizeikräfte wurden mit 27.000 Soldaten der Nationalgarde verstärkt, und allein im Mai diesen Jahres erschossen „Sicherheitskräfte“ 40 Menschen in Rio.
    Hinzu kommt der Zika-Virus, der vor allem fürschwangere Frauen hoch gefährlich ist.
    Im Grunde ist Rio de Janeiro seit dem Umzug der brasilianischen Hauptstadtfunktionen nach Brasilia 1960 eine Stadt im Niedergang. Das werden die Olympischen Spiele nicht ändern.
    Es gibt in Rio Gründe genug, um öffentliche Gelder für andere Zwecke als für Medien-Großereignisse auszugeben.


    Nichtsdestotrotz: Die Sportstätten sind fertig. Kleinere Mängel werden während der Wettkämpfe durch farbenfrohe Bilder, HD-Technik und Superzeitlupe vergessen gemacht. Für Unterhaltung ist gesorgt, und Unterhaltung, nicht Profit ist der Zweck der Olympischen Spiele: von 17 Olympiaden seit dem Zweiten Weltkrieg, deckte allenfalls eine einzige (in Los Angeles) die gesamten Ausgaben.


    Kino, TV, Computerspiele, Theater, Konzert und Sport: Trotz wirtschaftlicher und politischer Krise macht der Kapitalismus immer noch eine gute Show.


    Wal Buchenberg

  • Hallo Wal,


    die Olympischen Spiele selbst machen natürlich keinen Profit. Der Profit entsteht aber für diejenigen, die die Stadien bauen oder die Hot Dogs verkaufen usw.


    Ich denke, der Kapitalismus macht überhaupt keine gute Show mehr. Die Fassade bröckelt ohne Ende und dahinter wird die hässliche Fratze immer deutlicher erkennbar. Außerdem wird der Irrsinn der Machthaber immer deutlicher. Da braucht man sich nur einmal die Nachrichten anzuschauen.


    Gruß


    Franz

  • Hallo Wal,


    die Olympischen Spiele selbst machen natürlich keinen Profit. Der Profit entsteht aber für diejenigen, die die Stadien bauen oder die Hot Dogs verkaufen usw.

    Hallo Franz,
    das ist schon richtig.
    Von den 10 Milliarden Euro(geschätzte Gesamtkosten für Rio) landen vielleicht 7 Mrd in den Taschen von brasilianischen und ausländischen Kapitalisten, was abzüglich ihres Aufwandes für sie vielleicht 1 Milliarde Euro Profit bringt. Die restlichen 3 Milliarden landen in den Taschen des IOC und der korrupten brasilianischen Bürokratie.


    Kapitalistisch gerechnet sind diese 10 Milliarden in Rio Euro NICHT profitabel GENUG verwendet. Kapitalistisch gerechnet müssen die Einnahmen immer alle Ausgaben übertreffen.
    Es gibt daher in unseren Medien auch immer eine Kritik, die olympische Verschwendung anprangert. So eine Kritik ist nicht wirklich links, sondern kapitalistisch.


    Der Kapitalismus besteht halt NICHT NUR aus Profitmacherei, sondern auch aus Machtausübung.
    Für die harte Machtausübung werden vom Staat enorme Kosten für „innere Sicherheit“ und für Krieg und Rüstung ausgegeben. Diese Kosten sind – abgesehen vom Rüstungsexport – allesamt „unprofitabel“.
    Für die weiche Machtausübung werden Kultur und Sport gefördert. Die Lohnabhängigen sollen auch Spaß haben dürfen, damit sie nachher wieder fleißig ihren Job machen.


    Gruß Wal


    P.S. Dass die Sportveranstaltungen "nicht ehrlich und gerecht" sind, weil Leistungssportler dopen, ist auch keine linke, sondern eine illusionäre Kritik. Nirgends geht es in der kapitalistischen Welt "ehrlich und gerecht" zu. Überall herrscht Klientelwirtschaft, Bestechung und Betrug. Die Lüge ist notwendiger Bestandteil einer Klassengesellschaft und einer gnadenlosen kapitalistischen Konkurrenz.
    Lug und Trug sind daher häufig Mittel, um die nackte kapitalistische Konkurrenz zu mildern und um den Etablierten ein Schnippchen zu schlagen.
    So geben die Olympischen Spiele ein aufregend buntes Spiegelbild unseres kapitalistischen Alltags: Setzen sich die etablierten "Favoriten" durch, oder gewinnt ein Außenseiter?
    Das Gesamtresultat ist allerdings klar: Der Kapitalismus und der Sport produzieren wenige Gewinner und ganz viele Verlierer.


    Die gefährlichste Illusion liegt dann darin, wenn wir Lohnabhängigen uns mit den Gewinnern identifizieren statt mit den Verlierern.
    Wir Lohnabhängige gehören im Kapitalismus allesamt zu den Verlierern. Das lässt sich auch durch Fahnen und Nationalhymnen nicht vertuschen.
    Warum wir Lohnabhängige notwendig zu den Verlierern gehören, das wäre eine Einsicht, die wir Linke während der Spiele erklären könnten.

  • Hallo Wal,


    das ist halt die kapitalistische Illusion, dass alles immer Profit abwirft und abwerfen soll. Läuft der Laden mal nicht so, wie er soll, dann fangen sie an, durchzudrehen.


    Derzeit überwiegt ganz klar die harte Machtausübung. Die Machthaber werden doch von Tag zu Tag irrer.


    Im übrigen stimme ich dir natürlich voll und ganz zu.


    Mal schauen, wie das alles endet. Ich habe da ein mulmiges Gefühl.


    Gruß


    Franz

  • Wie das enden wird kann man nie sagen. Aber Menschen bewegen sich nicht von allein. Ohne Eigeninitiative der Lohnabhängigen selbst, ohne Kreativität mit der Fähigkeit diese Lohnabhängigen für revolutionäre Kämpfe zu begeistern und mitzureißen und nicht aufgrund eigener Vorteilserwägungen, Vorurteile oder taktischer Differenzen wieder zu verlieren wird da auch nichts kommen. Bei der Unterschicht und erst Recht bei der Mittelschicht ist nach wie vor noch was zu holen. Insofern glaube ich das die Löhne in Deutschland zu hoch sind für eine revolutionäre Situation. Es gibt noch sehr viele Illusionen in das Vertrauen von Politikern und Wirtschaftsvertretern, damit in das Wahlsystem, in das Kreditsystem, in das Steuersystem, in Gesetze... kurz: es fehlt wie auch schon zur Deutschen Revolution das Verständnis was der Kapitalismus seinem wissenschaftlichen Wesen nach ist und das Verständnis was den Sozialismus ausmacht sowie das Interesse sich mit ihm und seinen/ unseren gesellschaftlichen Problemen 'konkret' auseinander zu setzen. Es gibt auch unter Linken viel Konkurrenzdenken, es für 'sich', die Gruppe oder der Partei und nicht für die Idee zu tun. Es gibt auch wenig Verständnis sich konkret auszudrücken. Es werden viele linksradikale Begriffe verwendet, die einem Laien nichts sagen, zu komplizierte Texte geschrieben, vielleicht auch um die eigene Kompetenz und Weitsichtigkeit zu unterstreichen. Laien könnten annehmen man zitiere nur, ohne Selbstreflexion, ohne selbst zu denken, dies auf die gesamte Bewegung verallgemeinernd anwenden und sich zurückziehen, da das sozialistische Verständnis nicht gefördert wurde. Dann verstärken sich die Illusionen, die Bewegung verliert an Kraft, der Wachstum schreitet langsamer voran, vielleicht werden viele depressiv, weil der Erfolg ausbleibt und die Wut richtet sich auch untereinander gegen die Genossen, sie machen Druck aufeinander, was die Bewegung nochmal schwächt. Derweil rüsten die Länder auf und die herrschenden Klassen haben den Mangel an Verständnis unter Linken und in den Reformismus immer geschickt auszunutzen gewusst, um ihre Herrschaft zu sichern. Ich glaube das die Möglichkeit eines dritten Weltkriegs von Jahr zu Jahr steigt, wenn die internationalistische Linke nicht schafft eine Perspektive zu bieten. Und die Perspektive beginnt bei der Betriebsarbeit und nicht beim Samstag—/ Sonntagsspaziergang mit ein paar Fahnen zur Modeschau internationalistischer Organisationen.

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